Suche löschen...
Dresdner Nachrichten : 30.07.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-07-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-192207309
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19220730
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19220730
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-07
- Tag 1922-07-30
-
Monat
1922-07
-
Jahr
1922
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 30.07.1922
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Mt« DresNnri «Nkyr,»y„!n 2 Ar. ckü»ck Sonntag. ZV. IuU 1«2r Seite ^ Noch kt« K,is„"--ächt-. kt« t» Weltkrieg« Steg« ge blieben sink und die nun die Pflicht Mlen. gegen die llnterlegeuen Milde walten »u lassen, um den Wieder- aufbau Europas zu fördern, versiiirdtgen sich schon an der «ultur durch ihre hartnäckige Verzögerung des endgMtige» Verzichts »ruf das Marterinstrument des Versailler Ber» träges. SRange daS Versailler Gewattdiktat und seine Au- »äuglet. das Londoner illttmatuni, die Ausgleichszahlungen und die Besatzungskosten, existieren, ist an keine Gesundung Deutschlands u,rd Europas zu denken. An dieser unumstöf, Ucheu Tatsache vermag auch der augenblickliche Rückgang der Arbeitslosigkeit in Deutschland nicht zu rütteln. Das »st »rur eine »cheiirbare „Erholung" des deutschen Wirt- 'chaftslebens. Ein so klarblickender, scharfsinniger und kenntnisreicher Kopf wie der amerikanische Bankier Bänder ltp ist der Meinung, datz die deutsche Industrie bei ber fort» ichreiteuden katastrophalen Entwertung der Mark und der Angleichung der Inlandspreise an die Weltmarktspreise, bei der ungeheuren Steigerung aller Preise und Löhne — im Hamburger Hafen erhalten gewisse Arbeiterkategvrien setzt tOOO Mart Wochenlohn —. nicht mehr konkurrenzfähig blet ben tonne, sondern der Inflation erliegen müsse, lluter der Einwirkung dieser Entwicklung werde sehr bald eine ernste und wachsende Beschäftigungslosigkeit in Deutsch! 'inieoeii, die durch den Kredttmangel in Handel und Wandel noch verjch»rrsk werden und sich tn Revolten der Straße und sozialem Ebaos auslosen müsse. Wie groß die Nor »n wecren >lreisen der nicht mehr kaufkräftigen deutschen Bevölkerung bereilS geworden ist, erhellt auS der Meldrrng, datz daS ReichSgesuildheitsamt wegen des gehäuften Auf tretens des SrorbutS ein Kollegium von Sachverständigen zm'ainmenbeni-en hat. um über die Maßnahmen, die gegen »diese bedrohliche Erscheinung ergriffen werden können, zu beraten. Sv schwingt das Pendel der Ereignisse mehr und mehr in Teurichland und ganz Mitteleuropa nach der Seite der zunehmenden Verelendung hin auS. Wie steht eS nun mit der Hilfsaktion der Liegerstaaten, die eine allgemeine europäische Kultur- und Lebensfrage ersten Ranges ist? Frankreich kreist noch immer um den Drehpunkt üeS ellvangsgedankenS herum, datz es Deutschland nicht wieder hochkommcn lassen dürfe, weil dieses sonst in dem Augen blick, wo es seine wiedergewonnene Stärke fühle, alle Tribntzahlungen einstellen und auss neue zum Schwerte greisen würde, um Frankreich völlig zu vernichten. Eng land aber nimmt auf die unoersöhnliche Stimmung PoincaraS gegenüber Deutschland inrmer wieder Rücksicht, trotz aller gelegentlichen Versicherungen, datz äußersten Falles auch obne Frankreich gebandelt werden müsse. Die Staatsmänner und Politiker aller Länder außer Frankreich sind sich heute grundsätzlich darüber einig, datz unverzüglich vraktische Maßnahmen ergriffen werden müssen, um auS deak sortgesetzten Krise herausznrommLN, Sie alle Staaten mehr oder minder schwer bedrückt. Die führenden Mächte der Entente können sich jedoch zu keiner zielbewußten Initiative anfraf'en, weil sie sonst ihre eigenen Beziehungen zu gefährden fürchten. Dieses ewige Zögern verschlimmert daS liebet von Dag zu Tag. aber Puincarö bleibt unerbitt lich und trotzt gegen alle Bestrebungen zur Neuordnung ber Reparation-,'rage auf. Auf diese Weise ist es dahin gekommen, daß die finan zielle Katastrophe nicht bloß in Deutschland, sondern auch »n Oesterreich, Umgarn uirü Bulgarien ständig fortschreitet, bis zu der Gefahr deS unmittelbaren Zusammenbruches; auch Italien befindet sich in einer höchst bedenklichen finan ziellen Lage. Lus dem Friedenskongreß in London hat daS englische Mitglied Pelsh erklärt, man stehe »rugenülicklich vor dem Bankrott fast aller großen Staaten Europas. Wo mutz mu, die Ursache dieses umfassenden Unglücks suche»? Ist es der Krieg allein, der die ganze Schuld trägt? Ganz gewiß nicht! Wie liefe Wuirden auch der kriegerische Welt- zusammenprall dem europäischen Wirtschaftsleben geschlagen haben mag, sie hätten alle in absehbarer Zeit geheilt werben können, wenn die Siegerstaaten sich bei der Aufstellung der FriedenSbedingungen eine vernünftige Mäßigung auferlegt hätten, wie es Teuistlilanü unter Bismarck- Führung 1871 gegenüber Frankreich in geradezu vorbildlicher Weise getan hat. Nein, nicht der Krieg, sondern die verderbliche Natur des Versailler Friedens ist. wie Vanderliv mit Recht betont, für die Leiden. Nöte und Sorgen des heutigen Europas ver antwortlich zu machen, und die Entente versündigt sich schwer an der Kultur, indem sie trotz deS augenfälligen Elends nicht tatkräftig eingreift, sondern sich von Frank reichs veivenem Hatz gegen Deutschland gängeln läßt und. dem Druck der von Frankreich ausgehenden Hypnose iveichend, immer wieder in die Schwäche des Halbwollens, des KonserenzhaUenS und Redens ohne die Auswirkung fruchtbarer Tat zurücksällt. Vairderlip bat in München noch einmal laut und en,dringlich in alle Welt hinausgerufen, datz ein Volk von >15 Millionen wie das deutsche, wenn man es zier Verzweiflung treibt, unweigerlich ansteckend ans seine Umgebung wirken und leine Peiniger mit in den Ab grund reißen rmuß. Wird dieser Appell an bas Gewissen der einsichtigen Staatsmänner der Entente gehört werden? Wird er dazu beitraaen, daß die Weltintelligenz endlich wiedererwacht, den Fortschritt ber haßerfüllten Orgien eines nationalistischen lkeberegoiSmus hemmt und die Dinge, die sich nach dem Kriege bis fetzt unter dem Einfluß des Versailler GswaltdiktateS in völlig unvernünftiger Weise entwickelt haben, wieder in die Bahn der Vernunft lenkt? Wird endlich Deutschland erhalten, was es zu seinem eigenen und Europas Wiederaufbau umungänglich braucht: mehrsähriaeS Moratorium, große Anleihe- und Herab- setzuna der Gesamtsumme der Reparationsschuld? DaS sind die großen Fragen an das Schicksal, von deren Beant wortung durch den Lauf der Ereignisse es avbängt, ob Europa auf dem Grabe seiner «Lei, Herrlichkeit die Hoff nung auf eine bessere Zukunft auspflancen darf, oder ob es sich darauf gefaßt machen muß. baß die Sünde an seiner Kultur fortgesetzt wird, bis ibm nichts weiter übrig bleibt, als sich dem UmtergangsfataliSmuS in die Arme zu werfen. Banderlip über deutsche und weltpolitische Probleme. Deutschtaab »»r innere« Unruhen? — Der bayrische Äonslikt. — Ilnüberbrüekbaree Segensay On-tand—Arnnkreich. ti»i» Interview unsere» Münchner Vertreter» «it vouderUp.) Belgisches Todesurteil über deutsche Offiziere. Brügge, 28. Juli. Vor dem hiesigen Schwurgericht be gann der Prozeß gegen zwei frühere deutsch« Offiziere, Baron Nagern und ben Prinzen August zu Stolberg, von denen der erstere des Mordes deS Grasen Udekern b'Acoz aus Habgier während der Besetzung beschuldigt wird, der andere der Beihilfe zum Mord. Das Schwurgericht verurteilte die Angeklagten zum Tode. französische Truppen gegen die Griechen in Thrazien. Qonstarltinopel, 2V. Juli, Der Oberbefehlshaber der alliierten Besatzungstruppen befahl den senegalesisch.fran zösischen Truppen, den Bezirk vvn Tschataldscha zu besetzen und sich einem etwaigen Vormarsch der Griechen auf Koir- ktantinopel zu miöersetzen. München, W. Juli 1922. Krank Bauderlt», ber führend« amerikanische NuuuizpoMiker und fiuaazielle Berater ber Reglern«« im Weißen Sause, beschließt tu Bayern seine Enropasahrt. Wiederholt hat während dieser Siubienreise Banderltv Unterredungen gewährt, aber daS Wesentlichste ist doch, zu erfahren, welche Eindrücke bei ihm am Schlüsse dieser Survpafabrt haften geblieben sind und mit welchem Urteil er deutschen Boden verläßt. Bet der Unterredung war der amerikanische Konsul In München, Dturphy, zugegen. Das schneeweiße Haupt deS schlanken, hvch aufgeschossenen Amerikaners kündet von einer reichen Fülle von Jahren und Lebenserfahrungen. Banderlip ist tu, gewissen Ginne wortkarg, er erzählt nicht, sondern bittet, ihn zu fragen. Erste Frage: Mister Banderlip, Sie komme« soeben von zwei sehr wichtigen Audienzen, die Sie bei« dänischen Ministerpräsidenten und beim bäurische« Landwirtschafts minister gehabt haben: bars ich bitte», sich über diese beidenAudienzenza äußern, soweit sie nicht vertrau licher Natur waren? Vandertip: ES ist richtig, die beiden Audienzen haben soeben stattgefunden. Sic zogen sich etwas länger hin, als ich ursprünglich gerechnet hatte. Sie müssen darum auch meine Verspätung entschuldigen. Ich habe den Eirrdruck mit» genommen, mit zwei Persönlichkeiten gesprochen zu haben, die politisch und wirtschaftlich Weitblick haben Wir haben ganz allgemeine Fragen uird Probleme be sprochen, die sich nicht speziell mit Bayern beschäftigen. ES hanüelte sich um die allgemeine wirtschaftliche und politische Weltlage, um den Friedensverrrag und daraus sich ergeben- der Probleme, Es wnrde» mir verschiedene Vorschläge ge macht, die ich bei der Aussprache mit den führende» Staats männern Frankreichs in etwa vierzehn Tage» mit zur Er örterung stelle« werde. Wenn auch die Aussprachen nicht in dem strengen Sinne des Wortes vertraulich waren, so möchte ich mich doch über Einzelheiten nicht äußern. Ich bemerke nur, daß mir die Vorschläge sehr beachtenswert scheinen nud daß ich sie in Paris mit verwerten werde. Zweite Krage: Welche Ausgabe halte» Sie ae-enwärtig sür die wichtigste? Banderlip: Die größte und schwerste Aufgabe hat die Presse. Ich selbst bin auS der Presse hervorgegangen, habe mich dann der Finanzpolitik zugewendet und kehre setzt wieder zur Presse zurück. Die Presse hat die heilig« Pflicht, LaS Publikum politisch und wirtschaftlich richtig zu informieren. Ich fühle mich in meinem Inneren verpflich tet. nachdem ich persönlich Europa kennen gelernt habe — meine ganze Reise habe ich im Kraftwagen gemacht — die orientierende und aufklärende Arbeit durch die Presse zu leisten. Dritte Frage: Ist cS richtig, das, Amerika vor der neue» Präsidentenwahl entscheidend« Schritte nicht »nter« nehmen wird? Banderlip: Das ist richtig, und zwar einmal, weil eben die Wahlen bevorstehen, dann aber auch. waS man tn Deutschland nicht beachtet, well in Deutschland, mehr noch, weil in Europa keine moralische Führerschaft vorLande« ist. DaS europäische Problem läßt sich nickt fest greifen. WaS würde es nützen, wenn dem europäischen Wirtschaftsleben finanzielle Injektionen durch kleine Anleihe« gegeben wer den würden? Das wäre zwecklos. Amerika wird sich so lange zurückhakten. bis eine Lö'nuq gefunden ist, dann aber wird <-s eine kolossale Anleihe bieten. Vorher nicht. Vierte Frage: Hat irgendeine Persönlichkeit für die nächste amerikanische Präsidentenwahl schon «inen gewisse« Borlprung? Randerlip: Nein, daS ist noch zu srilü. Fünfte Frage: Darf ich fragen, ob Sie sich auch mit dem gegenwärtig innerpolitisch aktuelle» Problem Berlin-München beschäftigt habe»? Banderlip: Das habe ich. Es stehe» Nch auf Heiden Seiten Ansichten gegenüber. Dt« bayrisch« Regierung ver tritt mit aller Treue und Festigkeit ihre» Standpunkt, die Reichs regtrrung den ihrigen. Ich bu» jetzt da» erstemal ln Bayern. Der Eindruck, den München, den da» »ayrlsche Land und Volk auf mich macht, ist ein außerordentlich guter. Bevor ich noch Bayer« gereist dl«, hat man mir gesagt, daß Bayer» eine Monarchie anstreLt. Run, da ich selbst in Bayer» welle und die Dinge und die Mensche» sehe, muß ich sagen, daß wohl in Süddayer» die monarchlsche Ge sinnung vorherrscht, daß aber diese Gesinnung nicht» mit einem monarchistischen Putsch zu tun hat. Man ist auch ln Sttdbayeru viel zu klug, um sich nickt zu sagen, daß ber Weg zurück zur Monarchie noch lange nicht gangbar ist. Ganz und gar nicht darf man der bayrischen Regierung «achsagen, daß sie der Monarchie zustrebe. Ich habe gerade heut« »ieder ans meinen Audienzen im Ministerin« des Aenßere« «n» im LandwirtschastSministerlnm die feste Ueberzeugnng ge wonnen, daß dl« bayrisch« Regierung nicht, um d« M»n- archle und monarchistischen Strömungen Vorschub zu leiste«, ihre letzten Schritte unteruomnwu hat, sondern lediglich, «« Bayer« als Staat z» erhalte, und n« sür bi« bayrische« HoheltSrechte alle», waS in ihrer Kraft liegt, »« tn». Mit ber gleichen Offenheit sage ich aber auch, baß ich nicht »lanb« — und das sage ich aus Grund meiner persönlichen Ein drücke tu Rorddeutschland —> daß i« Norde» Deutschland» der Weg sür eine bolschewistische oder Sowjetreglerung fret ist. Di« industrleHeu Bezirke «nb Stützte Deutschland» werde» im kommende« Herbst und Winter von schweren Unrnhe» nicht verschont bleiben. Ob bl« Regierung in Berlin stark ge»«» sei« »leb. dieser Unruhen Herr z» werde», kann ich web« mit 1« «och mit »ei» beantworte». Sechste Frage: Ihr Gesamtes »druck weltwirt schaftlich ist demnach sehr pessimistisch? Panderlip: Ja. Einfach deshalb, weil Amerika, »«vor sich die Dinge in Deutschland und Europa nicht zur Klarheit durchgerungen haben, nicht elngreiseu wirb und auch nicht cingrelsen kam,. SiebcntcKrage: Letzte« Ende» läuft «Le» politisch und wirtschaftlich darauf hinan», wie sich das Verhältnis zwischen England «nb Frankreich gestalten wirb und gestalten läßt. Welches Horoskop -lauLe« Sie «ach dieser Richtung stellen zu können? Banderlip: Frankreich und England sind zwet Probleme für sich, die sich um die beiden Männer Lloyd George und Potncars kristallisieren. Ob eS iiberhaupt möglich ist, zwischen diesen politischen und wtrtschaftSpolltischeu Pole» eine Verbindung herzustellen, ist fraglich, ich neige persön- lich einem Nein zu. Frankreichs Mentalität ist so «tage» stellt, daß es vor einem erstarkende» Deutschland Angst hat» je mehr Deutschland sich wieder ans eigene Füße z» stell«» vermag, um so größer wird die Augst Frankreichs. Und ber Exponent dieser srauzösischeu DcutschlandeiufteLnaq ist Poincare. England wieder will den «itatno qno anta dallnrn Herstellen, eS will wirtschaftlich wieder dem Weltmarkt« nenes Leben elnflößen, will die Weltwirtschaft über bl« Weltpolitik stellen, soweit es Deutschland ln sein« Rechnung einsetzt. Und der Exponent dieser englische« «nffaflnnq ist Lloyd George- Ich urige der Ansicht ,,n. daß zwischen diese» beiden Exponenten niemals ein« Brück« sich wird schlage« lasse«. So bleibt «nr ein« gewaltsame Lösung nnb Netzer, brückuug «ad das ist die Revislo« deS Friede»», »ertrage- von Versailles. Amerika ist wetze- srankophU »och deutschfeindlich. Amerika will keine» Volkes und keines Landes Feind sei«. Aber dort, wo moralische , Führerschaft fehlt, dort kann anch Amerika nicht helfe», I moralische Führerschaft im weiteste« Sinne deS Worte»* Die katastrophale deutsche Kohlennot. Polnische Slaatsbeleillgung an Len Kohenlohewerken. Breslau. 20. Juli. Wie die „Grenzztg.* berichtet, ist eS ber polnischen Regierung gelungen, bei den Hoheu- lohewerken unter verhältnismäßig günstigen B dtngungen eine wichtige Kapitalanteilnahme zu erlangen. Ter Sitz der Werke soll nach Ostschleste » verlegt werden. Im Zusammenhang hiermit gewinnen die Nachrichten an Wahrscheinlichke t. baß d:r Kattowitzer Ober- bürgermetster Dr. Gormik von seinem Posten zurücktreten soll, um in ben Vorstand der Sohenlohewerke elnzntreten. AuS den offensichtlich inspirierten Ausführungen der „Greiv>ztg." geht hervor, daß auch hinsichtlich ande rer Unternehmen ähnliches bevor steht. Die darüber geführten Verhandlungen sollen bereits ln einigen Fällen zu gewissen Ergebnissen geführt haben. I» andere« sollen sie schon weit vorgeschritten sein. ID rabt Meldung unserer Berlin, 29. Juli. Der Neichskohlenrat trat heute zu einer Vollversammlung zusammen. Berghanptmanu a. D. Bcuuhcld erstattete einer, ausführlichen Bericht über die Lage der Kohlenwtrtschaft. Er führte u. a. auS: Die für ciue günstigere Gestaltung brr deutschen Brcun- tossvcrsorgui'.g aus das lausende Wirtschaftsjahr gerichteten Hoffnungen sind inzwischen säh zunichte geworden. Zu die sem bedauerlichen Ergebnis haben verschiedene Ursachen mitgewirlt, zunächst der Rückgang nuferer StelLkohlenfördernng. Schon die Aprilzahlen zeigten in allen Steinkohlenrevieren einen merklichen Abfall, der sich dann im Mai noch schärfer auSgewirlt und in, Juni namentlich tm Nuhrrevier ein ge rade erschreckendes Ausmaß angenommen hat. Nach einer täglichen Förderung im März von beinahe 500 000 Tonnen brachte der Juni nach vorläufigen Angaben eine Förderziffer von nur rund 463 000 Tonnen, wöbet allerdings zu berück- lÄttgen ist. datz seit dem IS. Juni tn Oberscklesien die neuen Grenzen gezogen sind. In dieser-Riickentwtcklung der Förde rung ist im besonderen Maße ber Ruhrbergbau beteiligt, dessen Tagesförderung im Juni um 40 000 Tonnen gegen die dcS März zurückgeblieben ist. Tie Ursache dafür liegt wohl zunächst in der Unruhe, die durch die anhaltenden Lohnbewegungen und auch durch die Entwicklung der politischen Verhältnisse ber Arbeitsintensität Abbruch ge tan hat. Dle Hoffnung, daß die mit dem 1. Juli bewilligte mvnat- liche Steigerung der Löhne wieder mehr Neigung zu stetiger Arbeit in die Reihen der Bergarbeiter zurückbriugeu würde, ist leider von neuem enttäuscht worden. Der arbcitstägliche Durchschnitt der Iunisürderung im Ruhrbergbau betrügt noch nicht 220 000 Tonnen.' Unsere Steinkohlennot wird setzt noch besonders verschärft durch die Abtrennung des polnisch gewordenen Teiles von Oberschlesien. Die deutsche Kohlenbilanz erleidet durch diese« oberschlesischeu Aderlaß eine bis zur Unerträglich keit gesteigerte Einbuße. Gegen 1913 hat sie sich um rund 73 Millionen Tonnen Steinkohle verschlechtert, was für die deutsche ZahlungS- bilaiyz eine jährliche Verschlechterung um rund 78 Mil liarden Paptermart bedeutet. Die politischen Wirkungen äußern sich in einer liberal! anzutresscnden Not indeut- scher Kohle. Dle Belieferung ber westlichen Hütten- tndustrie ist in, Juni zweimal fühlbar beschnitten worben, so daß sie zurzeit nur etwa die Hälfte ihrer BedarfSmenge beziehen kann und infolgedessen eine große Anzahl der deutschen Hochöfen zum Stillstand verurtetlt ist. 6s ist «ine völlige Umkehr der früher in ber «uro, päische« Eisenindustrie herrschenden Verhältnisse eingstrete». Während Frankreich und Belgien tn ben letzten Monaten auf de», besten Wege sind, die monatlichen Durch- schntttszahlen von 1913 zu erreichen, haben tn Deutsch, land, daS vor dem Kriege ein starkes Ausfuhrland tn Eisen und Stahl gewesen ist, die letzten Monate eine fortschrei tende Verschlechterung dieses Außenhandel» ergeben. In nicht weniger bedrängter Lage befinden sich di« össentlichen Unternehmungen. Der R e ich S e ts e n b a h n ist es bisher nicht gelungen, einen höheren Bestand als tm allgemeinen für etiva l2 Tag« anzusammeln, während zur entsprechenden Zeit deS Vor jahre» ber Bestand dt« bopelt« Höh« hatte. Verlirier T ch r t s»I e t» u » -.1 Die Aussichten für die Gasanstalte» und Elektrizi tätswerke gestalte» sich in Hohem Maße ernst. Die biShertgen Lieferungen haben in de» ersten sechs Moimten d. IS. zum Teil noch nicht einmal die Hälfte de» auf zwei Drittel LeS Bedarfs bemessenen Kontingents erreicht. Dazu kommt, daß die dauernde Verschiebung tu der Kohlei^uweisnng infolge derstarkenAnforveruu- gcn tn NeparattonSkohl« die Gaswerke zwingen, mit ständig wechselnden Kohlensorten zu arbeltem So haben z. B. die städtischen Gaswerke Berlin in den ersten drei Monaten d. IS. 43 verschiedene Lorten Kohle Uj verwenden müssen. Die Bevorratung deS Hausbrandes läßt tm allgemeinen und besonders in den weiter von den Erzeugungsrevieren liegenden Gebieten, namentlich in Süd- dcutschland, alle Fortschritte vermissen. Bei diesem Breun- stoffmangel kann e» kein Wunder nehmen, daß die Einfuhr sremder Kohlen eine» alle Er war tauge» überiressendc» Umfang angenommen hat. Der jetzige englisch« A«»»u macht rund KS Prozent mehr als im Friede«, »»L das bei etnem durch das Versailler Diktat wesentlich »er« kleinerten und wirtschaftlich um so schwerer belasteten Gebiet. Dieser Zustand wird aus die Dauer sür die deutsche Wirtschaft und auch sür die deutsche Finanzlage unerträglich. Trotz aller zurzeit mit dem Bezüge der fremden llohle für Deutsch lands Wirtschaftsleben verbundenen üblen Folgen bleibt vorderhand, um ben tn ganz Deutschland herrschenden Kohlenhunger einigermaßen zu stillen, kein anderer Ausweg übrig, als tn ber Zulassung der Elnluhr fortzusahrr», diese sogar btS zu einem gewissen Grade zu begünstigen De«» aus ein« nennenswerte Steigerung der Steinkohle»svrder«»g durch planmäßige Ueberarbeit wird i» absehbarer Zelt kan» gerechnet werde« können, tusolge der hartuScklg««AL, lehnung der Nnhrbergleute. So ist die Negierung gezwungen gewesen, bi« «rsprüng- lich nur Air dle vier Monate Mal"blS Ende August vor gesehene Steuerbefreiung auf eine weiter« Frist cnrS- zudelinen. Die neue GteuerSesreiung ist blS zum 81. Mär» nächsten JahreS festgesetzt, also bis zu dem Termin, an dem die Kohlensteuer überhaupt ibr Ende erreicht. Ha«b l«^ Hand mit diesen steuerlichen Maßnahme» geht der ' Mahnruf au alle Verbraucher , ln der Industrie, tm Gewerbe und im Hausbrand, sich recht, zeitig so viel wie möglich mit ausländischer Sohl« «luz», decken. Dieser bitterernste Mahnrus soll hier «achdrückltchst unterstriche» werden. Das Gespenst der besonder» sür de« nächste« Winter drohenden Not zwtugt R» «»gewöhnliche« Maßnahmen. Ter Reichskohlenkommlssar wird sich ge- zwungen sehen, solche VersorgungSaeLiete. dle günstig Ar die Einfuhr ausländischer Kohlen liegen, geringer mit In ländischen Kohlen beliefern zu lassen. Die Reparationslieferungen müssen Infolge ber geradezu krisenhaft geworbenen beutschen Kohlennot eine besonders eingehende »nd nachdrückliche Be handlung erfahren. Da» blö Ende dieses JahreS laufende Programm über die Lieferung von Kohle auf Reparation», konto sieht eine monatliche Menge von fast S Millionen Tonnen vor. darunter, was besonder» drückend ist. S88VOO Tonnen Koks gegen elwa 240 000 Tonnen im vorigen Win ter. Dies bedeutet, daß an iebem Arbeit-tage all« zohn Minuten ein Zug von 80 Eisenbahnwagen mit je zehn Tonnen Reparationskohle belade» über dt« Grenze rollen muß. Die Reparatlonskommtssto» «lwwt
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)