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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 05.10.1919
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1919-10-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19191005028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1919100502
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1919100502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1919
-
Monat
1919-10
- Tag 1919-10-05
-
Monat
1919-10
-
Jahr
1919
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Skrr»,rr «»chrichten «r.r<S Nanz mit der Urwahl. im höher«» Ausbau aber durchweg «st dem so viel geschmähten Sirvsystem arbeitet. Genau wie die Kirche! Das Kirä-enregtuient marschierte also mit seiner «allzu dürftigen" Vvrlage. die das Siebsyftem bei» ivehtelt und aus breitere Grundlage stellt«, unbewußt auf gleicher Linie wie die Unabhängige», und die Kirche kann sich rühme», anch hier vorweg geeilt zu sein: Dort Wunsch, vier Tat. Als im Bersassniigsausichnß die Lage kritisch wurde, weil radikale Neuerungen begehrt und die hochgradige Erregung des Äirchenvvlkcs über die geringe Tatkraft deS Konsisto riums und der Lnnode beängstigend an die Wand gemalt wurde, da war es Oberkirchenrat O. Cordes, der mit nüchternem tzitiek einen Weg zeigte, der von den »Listen zivar von vornherein als aussichtslos bezeichnet wu.d«, «rbrr lebten Endes alle Regionen der Synode eint«. Er beantragte, durch großzügige Richtlinie» den Aufriß de» kirchlichen Neubaues dem Kirchenoolk bekannt zu geben, damit es wisse, wohin sich die Kirche — wen» einmal die Trennung vom Staate vollzogen sein wir- — entwickeln werde. Diese Nichtlinien hier anzuführen, würde zu weit- goiien. sie halten a»r bewährten Alten sz. B. Bekenntnis) lest und gebe» dein Neuen die berechtigten Eiitwicklnngsmög- lichkeiteu, denen sich in der Snnode niemand entgegenzuitelle» gedenkt <z. B Vermehr»».! der Laien in der Snnodet. Freilich sind diese üiichtlinien nicht bindend. Sie sind ein Wunsch, eine Art letzter Wille an die kommende elfte Synode. Diese wird darüber enügüitig zn entscheiden haben, und Ueberraschungen sind nicht ausgeschlossen, falls die Zusammensetzung der neuen Snnode sich durch Neuwahlen verschieben sollte. Das ist möglich. Denn nach dem Be schluß der Snnode beendet diese ihre Lebensdauer mit dem jetzigen Schluß. Die Hälfte der Mitglieder wird zur kom menden. verfassunggebenden Shiivde neu gewählt. Es steht zu erwarten, daß die diesmal »nterlegenen Anhänger der Urivahle» versuchen werden, die Majorität zu erlangen. Der Kreistag! Sachsen Hai die sozlatdemokratischc Maske..Religion ist Privatsache" sahen gelassen und scltznnt das Motto „Religionslosigkeit ist S-taatssache" durch Taten auszugeben. Hierfür nur zwei Tatsachen, die die Snnode aufs ernsteste beschäftigte». Das brutale KirchenauS- ck r t t t s g e s e tz widerspricht den im Aufruf vom 18. No vember 1918 von denselben Machthabern gegebenen feier lichen Versicherungen der vollen ,Freiheit der Kirche, indem es ihren Mitgliederbestand aufs schwerste bedroht. Seine kirchenseindliche Tendenz wird wohl durch nichts schlagen der dargetan, als das, selbst in den von mir besuchten Kirchenaustrittsveriaminlni'gen der Propagandaredner zn- geben mußte. und zwar ohne Widerspruch der Versammel ten, daß das Alter von II Jahre» noch nicht reis sei, den AustrittSciUschlnß selbständig zn fassen. Einmütig hat die Lnnode gegen diese Art der Regelung der Austritlssrggc feierlich Protest erhoben. Zum andern greift die rücksichtslose Entfernung des Religionsunterrichts aus der BolllS- schule durch die staatlichen M,uh! Hab er der evangelischen Bevölkerung — und das sind doch 08 Prozent — viächlig ans Herz und erhärtet die Tendenz, die Religion zu unter graben. Doch ist das lebte Wort noch nicht gesprochen und blinder Eifer wird wollt, wie überall so auch hier, nur schaden. Die Verfassung von Weimar wird die Regierung nötigen, ihre Rücksichtslosigkeit zn mildern. Die Kirche aber wird nicht müde werden, die christlichen Eltern in unseren Kirchgemeinden mobil zn machen, daß sie im Rahmen der geltenden Gesetze ihr Selbstbcstimmungsrecht geltend macht, wonach die Eltern, und zwar diese aus schließlich, zn bestimmen haben werde», wes Geistes Kinder ihre Kinder werden sollen. Der einstimmig beschlossene Ausruf der Snnode in dieser Sache zeugt von dem tiefen Ernst, von dem alle Mitglieder hierbei durchdrungen sind, und von der Einigkeit des Geistes, die die Stoßkraft ver bürgt. Möge beides sich ans die christlichen Eltern über tragen, möge die nach dieser Richtung sich geltend gemachte Erregung immer weitere Kreise ziehen! Die jetzt geschlossene 10. Synode wird von keiner bis herigen an Bedeutung erreicht. Sic war ein Fels im Ver gleich zn den umstiirzenden sonstigen Parlamenten. Ihre ruhigen, sachliche i Verhandlungen stehen i» wohltuendem Gegensatz zu den erregten Sprechsälen des Volkes, deren Gesetzen oft die nötige innere UeberzengnngSkraft und Objektivität fehlt. An ihr prallten die Versuche ab. die Kirche zu gewagten Experimenten zu nötigen und sie ohne Not unnötigem Neuen cntgegenzusnhren. Wohl aber fand sic die Einigkeit, der künftigen Entwicklung verheißungs volle Anfänge zn geben. Mögen diese Anfänge sich ohne Ucberstürzung, aber zielstrebig zum Heil der Kirche ent wickeln! Verstand der enMÄenArbeiterbewegung. Frankfurt, 4. Oktober. Die „Frankfurter Zeitung" be richtet aus dem Haag: Laut einer Reuterm-eldung aus London werden die Aussichten im Eisenbahncrstreik als nicht ungünstig bezeichnet. Es wird ein Weg zur Wi 'derauf- nahmc der Verhandlungen gesucht. Die Führer der Eisen bahner erklären <s aber sür unmöglich, daß die Arbeit wieder ausgenommen werde, so lange nicht hinsichilich der Löhne Zugeständnisse gemacht worden seien. Die „Times" berichtet, daß die Abordnung der Transportarbeiter, weiche am Freilag Lloyd George besuchte, den Eindruck Hintersassen hat. daß der Transportarbeitersnorer alles tue, um seine Arbeirsgenossen dazu zu zwingen, die Regierungsvorschlägc vollständig anzunehmen. Sittlicher mr* Sächsische». Vre »Len « Oktober. «—» HSchft»-«» s»» ZlkdhSlzer. Durch da» Ankrasttretr« de» neuen Zündwarensteuer- gesetze» ab 1. Oktober ist eine neue SöchstpreiSsestsetzung nötig geworben. Da» ReichSwirtschastSminiftePum hat einen Höchstpreis von 1.80 Mt. für zehn Schach- t«l» sowohl für Inland», als auch für AuSlandS- Zündhölzer festgesetzt. Die deutsche Erzru«ung ist zur- zeit nur tu »er Lage, zwei Drtttel de- Bedarf,» zu decken. Da die etngeführten schwedischen Zündhölzer durch den schlechten Stand der Markvalut« das Doppelte der deut» sehen Zündhölzer kosten, hat das ReichüwirtschaftSmtniste- rtum e» für zweckmäßig gehalten, einen mittleren Preis festzusetzen, und die deutschen Fabrikanten müsse« einen sehr erheblichen Teil der vereinnahmten Preise an einen AuSgleichSschatz abführcn, aus welchem die Mehrkosten für die schwedischen Zündhölzer gedeckt werden. Lie «bwanderuAg der Verbleute au« Sachsen. Wie wir hören, sind seit etniger Zeit, und »war bis Ende August dieses Fahre-, nicht weniger als 5350 säch- fische Bergleute nach d«m Westen, hauptsächlich nach dem Rhein- und Rnhrgebiet, abgewand-rrt, da ihnen dort höhere Löhn« und vor allem besser« ErnährungS- vcrhLltnisse geboten werden, Di« sächsische Regierung ist begreiflicherweise von tiefer Sorge erfüllt, da di« Abwande rung der kräftigsten Bergleute eine starke Verringerung der Kohlenförderung automatisch mit sich bringt. Es sind ver schiedene Maßnahmen i-m Werden, mit dem Ziel, dieser de- drohlichen Entwicklung «ntgegenzuaodettcn. Die Regierung will vor allem eine Verbesserung der Lebensmittelverhält nisse erstreben, dann aber die in Sachsen gezahlten Löhne denen im Westen anzugleichen versuchen, womit der Haupl- anreiz zur Abwanderung sortfallr» würde. Ferner würde die Zentralisierung der Arbeitsvermittlung durch Schaffung eine- paritätischen Arbeitsnachweise», verbunden mit einem WohnungsnachweiS, erstrebt und endlich auch technische Ver- bessernngen in den Kohlengruben geplant. Hamchatt u«d Mirtfch«ft. Verteilung von AuSlandSzucker in der «»tihauptmanuschast DresveniReustaöt. Ans Abschnitt 32 der weißen und rosaen Brotaufstrich karte wir- 1 Pfund Auslandszucker verteilt, An meldung bi» zum 7. Oktober. — Der bisherige Felbzengmeister Generalleutuant Fellmer tritt, nachdem am 30. September mit der Auf lösung des alten sächsischen Heeres auch die Feldzeugmriste- ret zu bestehen ausgehört. In den Ruhestand. Aus einer ArtillerieoffizterSsamtlte stammend, trat er 1880 in das Feldartillerte-Negiment Nr. 13 ein und zeichnete sich sowohl aus der Kriegs- wie Artillerieschule besonder- in wissen schaftlicher Hinsicht au». Seine hervorragende mathemati sche und technische Veranlagung fand weitere Förderung durch ein dreijähriges Kommando zur Technischen Hoch schule. Kommandos zu den technischen Instituten in Spandau und zur Generaldirektion der Staatsbahnen er weiterten seinen Gesichtskreis. Nach kurzer Frontdienst- zctl wurde er von 1801 bis 1893 als Assistent zur Artillcrie- PrüsungS-Kvmmitsivn nach Berlin befehligt, wohin er nach vierjähriger Battericchcszeit 1898 zurückkchrte und bis 1901 das ballistische Referat sühne. Bon 1901 bis 1905 Abtei lungs-Kommandeur im Feldartillcrie-Negiment Nr. -18, übernahm er 1905 die Leitung der Anilleriewerkstatt und 1912 die der Feldzeugmeisterei. Der Krieg bot ihm Ge legenheit, seinen schon im Frieden betätigten LiebtingS- gedanken, tunlichste Unabhängigmachung der sächsischen Armee von auswärtigen Lieferungen, in die Tat umzu- setzcn, indem er die sächsische Industrie sür Geschützrohr-, Lafetten- «sw. und Gcschoßherstellnng interessierte und ihr große Aufträge verschaffte. Die sächsische Industrie weiß ihm Dank für seine verständnisvolle Fürsorge und hat leine Arbeitskraft und sein technisches Können hoch gescheitst, ebcnsowic die Osfiztere, Beamten und Arbeiter aller unter stellten Institute und Depots, die ihn mit Dankbarkeit u»8 Bedauern scheiden sehen. —* Auerkennnng »on Schiedssprüchen seiten» der NeichswchrbcfehlSstelle. Die Reiche^.hrbefehlsstelle Sachsen hat die durch den Verband der Bureauangestellten erwirkten 34 Schiedssprüche anerkannt. Damit ist ein äußerst heftiger Kampf zwischen der genannten Organisation und der ReichSwehrbesehlsstelle Sachsen zugunsten der Angestellten bcigelegi worden. —* Sibouügoltcsdienste in der evangelischen Hos» und Lophicukirche werden auch in diesem Winter wieder regel- mäßig gehalten werden. Soweit sie nicht, wie in der Ad vent»- und Passionszeit und an einzelnen bestimmten Sonntagen, von den Geistlichen der Hoskirchc selbst gehalten werden, ist ihre Abhgltung von der Inspektion der ge nannten Kirche dem ersten Geistlichen des Landesvereins sür innere Mission. Pastor v. d. T r c n ck, übertragen wor- den. Der erste dieser Gottesdienste findet morgen, Sonntag, abend» 0 bis 7 llhr, statt. — * Die Ltaatödicucr im Ruhestand und Witwen von , StaatSdiener» kamen am Freitag z» einer Besprechung über die Rechtslage der Ruhegeldempfänger gegenüber den Teuerungsoettzttsrn zu«», men. vetder vermochte der kleine BereinShauSsaal uu» eine« Teil der erschienenen Interessenten zu fassen. Der Einberufer. Herr Geh. Rat Dr. jur. Gelbhaar, trat ist» seinen einleitenden. Ausführungen vor allem für »nerke«. nung de- Recht- der StaatSdiener im Ruhestand und der Htnterbltebenen auf Staat-Hilfe ein. ES sei eine bnrchan» irrige Auffassung, die auch bereit» durch frühere gafetz- gebertsch« Vorgänge berichtigt wurde, daß die Venstonen der Ruheständler und Witwen eine Gnade darstellt««: für de» Staat bestehe vielmehr die Pflicht, det eine« Lin ken de» Geldwerte- mit der sich notwendig Machenden Aufbesserung der Bcamtengehälter auch dt« Pensionen der Ruheständler und Witwen angemessen »u erhöhen. Di« Besoldung der StaatSdiener habe nur zugerelcht, um de« augenblicklichen notwendigsten LebrnSLedarf zu decken, für die RuhestandSfahre sei der StaatSdiener au-schltetzltch auf -lr Pension angewiesen. In der sich sehr lebhaft gestalten den Aussprache fanden bi« AuSfUhvungen de» Redner» volle Unterstützung. Unter anderem betonte Herr Obrr- sekretär a. D. Völkel, daß nicht ein Gnaden», sondern ein Rechtsakt vvrlicge, wenn der Staat dt« Pensionen der Ruheständler und Witwen erhöhe. Redner erörtert« die Möglichkeit, den 'Rechtsweg zu beschretten und durch Fest- stellungSklage den Staat zu zwingen, -aö Recht der Ruhe ständler und Htnterbltebenen aus angemessene Erhvbung der Pensionen anzuerkennen. Der Vorsitzende der Fach gruppe der SIsenbahnbeamtcn t. gl.. Herr Schneider, schilderte zahlenmäßig in bewegten Worten die gegen wärtige Notlage der Ruheständler und Witwen. Da» Er gebnis der Besprechung wurde schließlich durch eine von der Versammlung gewählte Kommission dahin fest- gestellt: Die heute versammelten StaatSdiener im Ruhe, stand und Htntcrbliöbcnen von StaatSdiener» wünschen und erwarten, daß grundsätzlich allen StaatSdiener« im Ruhestand und den Hinterbliebenen von StaatSdieneru die TeuerungSbcihilfeii vom 1. Januar 1918 ab tn der selben Höhe und ohne Rücksicht auf die Bedürftigkeit nach Maßgabe der Bekanntmachung über die Neuregelung der laufenden TeuerungSbezüge für Beamte und Diätarier vom 25. März 1919 gewährt werden, den Witwen noch 80 Prozent der Teuerungsbeihilfen, die der verstorben« Ehemann nach Maßgabe der ermähnten Bekanntmachung erhalten würde, wenn er noch am Leben wäre. -* «hriftlich« Gewerkschaften und StaatSarheiter in Sachsen. In Dresden tagte diese Woche ein« Vertreter- Konferenz von weit über 10 000 in den christlichen Gewerk schaften organisierten Arbeitern und Angestellten aus Staatsbetrieben. U. a. wurde Stellung genommen zu der Frage der zu gcwärttgenden einmaligen v e scha f fu n g S - b « ihilfen. In einer hierzu angenommenen Entschliefmng wirb zum Ausdruck gebracht, daß die christlich-nativnalen Gewcrkschaftsverbände unter allen Umständen ans der For derung verharren, daß die BeschaffungSbeihtlfen an Beamte und Arbeiter im Staat« in gleicher Höhr zu gewähren st»d. Sine unterschiedliche Behandlung lei nicht gerechtfertigt; die in derIetztzcitandicArbeiter herantrctendenAnsprüche seien keineswegs geringere, als di« die Beamten betreffenden. Di« Arbeiter hätten im Durchschnitt ein« größere Zahl Kinder aufzuziehen, und seien damit vor Ausgaben gestellt, die eine Zurücksetzung nicht vertrügen. —* Der Streik ans de« Bubendorser Kohlenwerke» Lei Frohburg ist vorübergehend beige legt. Eine von der Bclegschcckt an das ArbeitSmiiitstrrium tn Dresden entsandte Abordnung erzielte keinen nennenswerten Erfolg, ihr wnrdt nur erklärt, daß am Montag ein Minister zur Verhandlung nach Frohburg komme. Es ist lediglich der Besonnenheit Lei Belegschaft zu verdanken, daß da- Allgemein-Interesse nicht werter durch Stillegung des Betriebes gefährdet wurde. —* Otto Ernst in Dresden. Man muß sich einen Familienkreis denken: die Petrolrumhängelampe mit »eni weißen Schirm beschcint den viereckigen Tisch; das Abend essen ist vorbei, aus dem Sofa, mit den herumlaufendev Pcrzellanknüpfcu, sitzen die Eltern, der Vater hemdärmelig die Mutter mit einer Stopfarbeit: auf den Stühlen ringsum die Kinder, zum Teil mit baumelnden Beinen, dazwischen bi« Tante. In diesen Kreis tritt Otto Ernst, hier läßt er sick nieder, hier liest er seine Sachen — in seiner Art und i» dieser Umgebung ein fahrender Sänger, wie die alten aus den Burgen. Und wohin er kommt — wie am Freitag in den Bolkswohlsaal zum Verein VolkSwohl —, überall ist sein Publikum diese-: das schassende Bürgertum in seinem Ausruhen, die deutsche Familie. Er gibt ,chi> schönste .Kindheitserinnerung". die Geschichte von der un. 1'ibcrtressltchen Wonne eines Kleinsten, der ein Stück Kucheu bekommt — gar nicht zu umbeißen, so dick, und eine Pfirsiche mit unbändig herrlich das Kinn überströmendem Saft, unj ein so schönes, zwölfjähriges, großes Mädchen al» Be dienung ... Er liest au» dem Roman „August Gutbier" und dabei lann ihm ein jeder aus dem Zuhörerkrei» übe« die Schulter gucken, wie er Frau Karoline schildert, deren Leben ihre „Sachen" sind. 250 Tage im Jahre verhüllt, te allen Zimmern ein prunkvolles Mumiendasein führend, ihr« „in die Ehe gebrachten" Möbel. — Der Kleinmaler der All täglichkeit. mit Bewußtsein nicht mehr; und in dieser Be schränkung ohne Redensarten liegt das Gesunde und -Herz- wärmende Otto Ernstscher Kunst, liegt, daß sie viel vo» Volkskunst tn sich trägt. Släan kann da von Spießertum hohn- spötteln. das immer leichter, als anerkennen. Das Worl eine» Wandervogels bleibt drum in seiner frommen Keck, heit doch wahr: „Mir müssen mehr vom Spießertum schätze» lernen." Ist doch letztlich deutsche Bolkskraft. die drin liegt! Die Zunksern vom Mschossderg. Lustspiel von Gerhari Hanptmann. e r s« c> u f s li h r u n g im A > b c r t - Z, h c a le r . 8. Q k t. 1 N > g. Man ahnt, was .Hauptmcurn vorschwcbte, als er „Die sungscrn vom N i s ci, o f si b e r g" schrieb: Erinnerung »il Iugcndglück und Licbcewirrc.i zum Märchen erhöhen, chwärmcrischcr Ltiuid-cn inneren Widerhall in Musik und Vreude setze» und eigenartige Lcbcnsverhältnissc zu einem ?picl von Elfen und Rüpeln nmdichte». Sein „Sommer- uachtStranm" sollte das Lustspiel werden, Oberon und Titania und Puck sollten durch denischc Weinbergs schwär men und die Lebene- und Liebesluie in einem Bicrmädcl- äavs sollte mit Vcriicbungen, Vcrlcbnngen, Entlobungcn, mit Suchen und Finden, mit Lachen und Weinen ein alückgesegnctes Hans und blaue Sommernächte zur Winzerzeit durchtanzen und d-nrchliingicn. Aus Trauer und Träncu durch ein NarrcuspiU zum Märchen sollte der Weg gehen, denn „bas Märchen ist doch das Beste", > 5 chzr Ludc-rika, und Bimini, das Südseccitand mit den schillern den Kolibris, blüht in ewiger Frühiingswonnc als Aml bedrohten LiebcsglücteS. -Hauptmaun, der Lyriker, wollte srin Iugendlied von allen Geigen der Erinnerung singen lassen. Das Leben hatte ihm die Melodie gegeben, er hat!« das Märchen selbst erlebt. Ein reiches Haus am Wein bergs-Hang, eine türmcreiche, kuuslbcrühmte Stadt im Grunde, vier anmutige Schwestern, umworben und um schwärmt, Ucbcrmut und Possenlnunc, und schließlich die «Yeliebieste errungen und davongcsührt. Ein Märchen lustspiel, vom Leben gedichtet. Und als er cS dann nach- dichten wollte, war die Hand lahm, der Oieist nicht willig, der Sekt vcrbrcmst, der TomrncrnachtLzciNbcr ernüchtert, Bimini allzu fern, das wirkliche Leben allzn nah. der All- tag stärker als das Märchen. Es ging ihm wie Otto Lud wig. der von seinem „Erbförster" wollte, daß er „in Jfs- land »n wurzeln scheinen und mit dem Wipfel an Sk ckc- spcare rühren" solle. Gcrhart Hanotinann blieb mit seinem SommernachtStranm in Pencdix stecken. Das Drama ist nicht zn Ende gedichtet. ES ist nur die Skizze eines Lustspiels. Ucbcrall lind Ansätze und An- sänge, aber nirgends die zwingende Form. Weder die Ge schehnisse, noch die Menschen sind in jene innige Beziehung gesetzt, die erst die Füllung des Lebens gibt. Sic kommen alle der Reihe nach ins Spiel, zeigen ihren Zweck an und gehen wieder, bi» die Reihe wieder an sie kommt. Das reiche Landhaus ist von Menschen belebt, aber keinen lernt man kennen und verstehen. Sie sind nur aneinander, gebunden, nicht innerlich verbunden. Man sieht nicht in ihre Seelen hinein. Ein Jungenstreich von zweifelhafte»' Geschmack hält sie zusammen. Der verhaßte Oberlehrer, der sich die Schönste der Schwestern ergattern will mit Unterstützung der Tante, wird genarrt und als Schatz gräber. der statt Altertümer leckere Fressalien in der Truhe findet, in seinem -Hochmut tief gekränkt und von HauS und Braut vertrieben. Dafür tritt wie der „Onkel aus Amerika" der einstmals abgewicsenc arme, nun wohl- siittiert heimgckchrtc Freier sein Erbe an. und öw Jugend janchzt mit ihm im Mondenschein, während bas genas'- sührte Alter das Feld geräumt hat. Das ist ei» ziemlich grazienloscs Spiel, Erledigung einer Familienangelegen- h.it von einiger Wichtigkeit im Stile eines SchülcrstreichZ. Zu. der Kv.ilur deS alten -Hauses will das nicht recht passen, und wenn der Oberlehrer auch ein Ekel ist, der neue Freier, der ihm mit freudiger Zustimmung der Schwester» und d-S Onkels die Wahrheit geigt über Schnlpliilistertuni und vcrlnöcherleS ErztehnngSwcsen, ist auch kein Held. Man kann sein Berhaltcn reichlich taktlos finden, selbst ein wenig feige. Aber schön, er hat die Jugend auf seiner Seite, die Liebe und die Poesie. Was aber hält bann die Braut zurück, in einer Welt der Freiheit und des Mär chens nicht sofort dem Zug brS -Herzen- zu folgen? Die Macht der Benedixschen Tante gilt nicht tn Bimini, wo das Gesetz herrscht, daß jeder nach seiner Fasson selig werden .darf. Die Ueberwkidirng deS Alltag- erfolgt nicht in dionysischer Lust, sondern in hausbackener Lnstspicllogik. Dcncdlx ist größer als Shakespeare. Und doch spuken zwischen den Worten und Gestalten allerlei scinrre Geister und zartere Düste, Melancholien und Träumereien. Mit dünnen Fäden spinnt sich ein Netz zwischen der Fiinszchusährigcn und dem gereisten Mann«, Wehmut der MLdchcntränen taut hier, göttlicher ir-bermut funkelt dort, verlorene Tropfen im Grase der Elscniviese. vtn Dichter wandelt« durch «tn Stück Märchenwirklichkeit, aber ihm fehlte die Grazie de» Humor» und di« feinst« Künstlerhand, den Schatz zu finden; er fand tm eigenen Grund und Boden nur nahrhafte Brocken sür den Haus gebrauch. Al» Yauptmanns „Jungfern vom BischosSberg", bedeu- tuugSvoll cin-gekündigt, 1907 erschienen, war di« Ent- tänschung allgemein und auch von der Bühne herab blieb die Wirkung de» unfertigen Lustspiels schwach. Kürzlich hat eine Berliner Bühne da» Stück wieder ausge-grciben uns soll Erfolg damit gehabt haben. Da» mag das Albert- Theater zu gleicher Schatzgrä-berei ermutigt haben. Ein gewisser äußerer Erfol-g schien dem Unternehmen Recht zu geben. Man fühlte -doch daS Ungewöhnliche und dichterisch Gewollte heraus und fand seinen Spaß an de» derbere« Ulkstellen, srcule sich auch über manche hübsche Einzelheit und gelungene Slim.mung der Aufführung. Es war wohl eben anch SaS Stück Benebix. Las Verständnis fand. Uni das war auch in der Ausführung stärker betont, al». um tu Vergleich zu bleiben, der Dhalesp-caregeist. Denn diese Seit« mar der Spielleitung Willis zugängig. Um de» seinen Dust des Spiels zu entbinden und dort weikerzudichten. wo der Dichter ausgehört hat, dazu gehörten intimer« Künste und feinere Ohren. Alles Deutlich« und Wirklich« kam klar heraus, alles Schwebende und Schwingende blieb au». Auch die erotische Luft des BicrmädelhauseS weht« nicht hervor, die Paare blieben unv-eebuiid-"-, fühlten ihre Zusammen, g-chürigkeit kaum. Ti« Musik diese» Mädchcnquartette» hat n-an seinerzeit in Earl HauptwannS „Rebhühnern" erlebb di« bekanntlich au» dem gleichen GrlebntSboden entstand«» sind. Hübsch war viele» ln der äußeren Regie: da- reich« Landhaus, der Weinberg mit Naumburg im Grunde. Ab«» der Weist L«S Spiels «»hob sich wenig über die Lustspiel- lchabl-onr; Poesie und Musik (innere Musik» kamen zv kurz. Von den Darstellerinnen der Schwestern sFritzsche Nebuick, ka. M c r t e » S. B u rgs konnte keine recht ent zücken; den Oberlehrer aber machte Franz Stein z« einer lek-enSvollcn Gestalt, da er wirklich charakterisierte uni sich von billiger Karikatur fernhlrlt. Der Vagabund, der Rothe splelie, entschied den Lacherfolg: er war auch gut getrosscu, nur knallt er zu aufdringlich aus dem Zusammen, spiel. Die Herren Fa l k c n h a u s e n. Küster mann, Albert W i l l i, N e I tz. die Damen Bung « r und Schön, stc d t gaben Gutes, ohne die Eigenart des Dichterischen zi verstärken. Ter Beifall war nach allen Akten lebhaft nnf zustimmend. vr. Felix Zimmrrman».
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