Suche löschen...
02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 20.07.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-07-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19020720023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1902072002
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1902072002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-07
- Tag 1902-07-20
-
Monat
1902-07
-
Jahr
1902
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Dill* «l»tt Mch »« »ch« -»D«*d«» «d N«iltu»g a» Lage »«-er »«relt» al» ^ A^rg^E' ^ Post-Abonnenteu am zra in einer Gesammtau-gabe erhalten. M*«s« »,l,,,»»».»»k,Is,: »»«««« »«»,»» ««« »,,»»«» E?egvLrrrSet L8LV V»rtas von Aiepfstr L Nrichavdt. Anreizen-canl. Nnnatime von Snsündiaun«»« Dis NackimUla,« z Ul» Sonn unv -lei'Noaü nur Dlarionkrutk M von >> dis '.uUtir Die l lpaltiaoGrund »eilt Ua « LUben» no Pia, 8» lündlanuarn aui der Piwntieii« .gnlr iS Pia dir SlvaUiaeZcilr als..L>» aeiandl" oder au» Tertlelle bo P>a Ltn Nummer» »ach Lonn und Skier rasen l be» Livalriae Grundteilen so. «o bez. «o und «o Pia nach de iouderem Tarn »ludwarlrae 8u> Iraae nur geaen liioiausdejalilnna Veleoblöller »erden mil lvPl» Verechnel. Sernivrechanlchluii: Amt1 Str. U und Sir. »08». M U>D»»WD»»s I» »rv»Ä»i».»'rI«iIrIok»taiIt 8psei»I - f»drilr fll>" M. »s, V r «k-t^,« 8 M „DvFn Sus8»rä8se1 Iruist rur Losiektiquus äor in osinvm VVerlc rur i*en«t»»»vn- unck HV»»8«nr»«1<in«Ivp»i>»N! ckiensnäen usuostau, moüsrostvu Lloßtrisodoo LntrüK« «II Inieltloiliiilrliiiiniiiji' Kr. IS8. Neueste Drahtberlchte. Hofnachrlchten. Ferienkolonten.^TreSden im Blumenschmuck, Leipziger Baukpiozeß, Gerichtsverhandlungen. Der Dicke. Sonntag, ZV. Jnli 1S02. Nevefte Drahtmelduugen vom is. Juli. München. Die Blätter melden: Der hiesige amerikanische Generalkonsul Dr. Werman überreichte bei *>er Audienz am IS. Juli dem Prinzregenten das vom Unterstaatssckretär Hill verfaßte Prachtwerk über die Amerikareise des Prinzen Heinrich von Preußen im Austrage Hill'S. Der Prinz- rrgent dankte besten». Nürnberg. Der König von Italien ist beute Bor mittag SL2 Minuten hier eingetroffen und nach einem Aufenthalte von 2 Minuten weiter gereist. Balduinstein. Die Königin der Niederlande ist beute Bormittag in Begleitung des Prinzen Heinrich und der Königin-Mutter von Schloß Schaumburg nach Schloß Loo ab- gereist. Schierke lHarz). Im Befinden des sich hier aushaltenden Professor- Birchow ist eine Verschlimmerung eingetreten. Birchow hatte in den letzten Tagen bedrohliche Schwächeanfälle. — Gleichzeitig liegt der Berliner Professor Gerhardt schwer krank aus seiner Besitzung Damberg darnieder. Hamburg. Die Zimmerlcute haben mit geringer Mehrheit beschlossen, die verhängte Sperre aufzuheben. Kempten. Der Ingenieur Adam aus Augsburg, der zur Zeit in Simbach beschäftigt war, ist beim Abstieg von der Rockkar- Lscharte an der Mädelegabel ab gestürzt und bald darauf gestorben. Pari». Der „TempS" bespricht den B e s u ch d e s K ü n i g s von Italien in Petersburg und meint, derselbe habe das Prestige Italien» gehoben. Die Reise bewirkte, daß Italien aus der Lage yerauSgekommen sei. die einer Bevormundung oder Ver ringerung gleich gewesen Ware Italien bekunde damit auf's Voll- kommenste seine Unabhängigkeit Deutschland gegenüber. Der „TempS" glaubt, daß hinsichtlich der Balkanfrage befriedigende Erklärungen ausaetauscht wurden, und spricht t»e Gcnugthuung darüber aus, daß Italien sich an einer Politik beteilige, dir bezwecke, zwischen den Mächten eine besondere Annäherung zu schaffen, di« diese gefährliche Sette der großen rivalisirenden Äintzttss« abschwächen werbe, Frankreich begünstige diese Politik und arbeite damit für sein Interesse ebenso, ww für bas Europa». Das „Journal be» DSbatS" führt au», das Fehlen eine« Gegen- satzes -wischen französischen und italienischen Internen, ebenso die Uebereinstimmuna der Interessen Italiens und Rußlands m den Fragen de» Balkan» sprächen für eine Annäherung Italiens an das französisch-russische Bündniß; deshalb hätte man Unrecht, zu sagen, Italien wollte nur die Empfindlichkeit Frankreichs be- ruhtaen. Pari». Der Gemeinderath von Bordeaux beschloß ein- stimmig, die Regierung aufzufordern, sie möchte so schnell wie möglich im Interesse des ungestörten Fortbestehens der Dampferverbindung Bordeaux-Brasilien geeignete Maßregeln treffen und dem Unternehmen der Messagöries Mari- time», die seit geraumer Zeit jene Verbindung unterhalten, die er forderliche Unterstützung gewähren. London. Der König verbrachte eine gute ruhige Nacht. Die Besserung schreitet in jeder Beziehung fort. Loeaenaes sSchwedenj. Der Handelsattache- der fron- zösischrn Botschaft in Berlin, Monod, wurde gestern Abend in einer Bergschlucht auf dem Kullaberge todtaufgesunden. Er unternahm Morgens mit Frau und Kindern eine Bergpartie und war, al» die Familie ermüdet war, allein weiter gegangen. Wie Monod gestorben ist, ist noch nicht festgestellt. Petersburg. Der Groß Herzog und die Großher- zogt» von Oldenburg traten auf der Pacht „Lensahn" die Heimreise an. Vormittags fand an Bord der Pacht ein Frühstück statt, zu dem Großfürst Wladimir, mehrere andere Großfürsten, der deutsche Botschafter mit allen Herren und Damen der deut- schen Botschaft, Herzog Paul Friedrich von Mecklenburg und der Kommandant de» SchulichisfrS „Charlotte" geladen waren. Als dix Pacht die Lüh« von Peterhof passirte, verabschiedete sich der Kaiser nochmals vom GroßherzogSpaare. — Der König von Italien bat dem Großherzog von Oldenburg den Annunziaten- orben verliehen. New York. Eine Depesche des „Rewvork Journal" aus Port of Svoin meldet, daß auf der Insel St. Vincent Bestürzung über eine Reihe erneuter hcftigerErdstöße herrscht. Die Er schütterungen begannen am Donnerstag früh und waren so heftig, daß in Kmgstown alle Geschästslokale und Wohnhäuser verlassen wurden. OertNcheS «md Sächsische». Dresden. 19. Jnli. —* Se. Majestät der König hat, wie dem Vorsitzenden im Vorstände der Städteausstellung, Herrn Oberbürgermeister Beutler, eröffnet worden ist, das Protektorat über die Deutsche Städteausstellung angenommen. —* Zum gestrigen Abendthec bei Sr. Majestät dem Könige in Villa Losterwitz war Frau Gräfin Vitzthum von Eckstädt geb. von Tschirschky und Bögendorfs mit Einladung beehrt worden. —* Heute Nachmittag sind der Prinz und die Prinzessin Karl Anton von Hohenzollern zum Besuch bei Ihrer Majestät der Königin-Wittwe hier eingetroffcn. Sie wurden am Hauptbahnhofe von der Hofdame Frl. von Nauendorfs und dem Oberhofmeister Wirkt. Geh. Rath von Malortie empfangen und nach der Königs. Villa Strehlen geleitet, wo sie Wohnung nahmen. —* Herr Amtshanptmanil Geh. Rcaieiunasrath v. Crauö- baar, Dresden-Neustadt, ist vom l9. Juli bis 23. August d. I. beurlaubt und wird während dieser Zeit durch Herrn Regicr- ungsrath Dr. Hartmann daselbst vertreten. —* Leute erfülle» sich 25 Jahre, daß Herr Konsul Max Arnhold, Chef der Firma Gebr. Arnhold, dem Vorstand der Dresdner Börse als Mitglied angehört. Aus diesem Anlaß wurde derselbe heute Vormittag 11 Uhr vom Gesammtvorstande der Dresdner Börse in seinem Geschäftsbureau begrüßt, wobei der Vorsitzende des Dresdner Börsenvorstandes, Herr Kommerzicn- rath Mackowsky, den Dank der Dresdner Börse zum Ausdruck brachte für die ersprießlichen Dienste, welche der Jubilar in dem langen Zeiträume seinen Bcrussaenosfcn erwiesen. Hieran schloß sich die allgemeine Beglückwünschung. —* Der Spar- und Vorschuß-Verein zu Dresden in Liquidation macht bekannt, daß von Dienstag, den 22. Juli, ab an die Mitglieder, welche an der Liquidation theilnehmen bezw. deren Rechtsnachfolger eine weitere Liquidationsrate von 500 Mark auf jeden Antyeil vertheilt werden soll und in den Vormittagsstunden von 10—12 Uhr in der Geschäftsstelle Wall- straße 2, 1. Etage, gegen Vorlegung des Mitgliedbuches erhoben werden kann. Nach Ablauf von drei Monaten, vom 22. Juli 1902 ab gerechnet, erlischt der Anspruch auf die nicht erhobene Liquidationsrate. Die für Ende Juli 1902 geplante Mitglieder- Versammlung wird mit Rücksicht auf die Ferienzeit auf die zweite Hälfte des Monats August einberusen werden. —* Dresden im Blumenschmuck. Zu dem Wett bewerb in der ersten Abthcilung, Vorgärten, erschienen als die hervorragendsten und sehenswerthesten Wasastraße l und Sedlitzcr Straße 11 in Vorstadt Strehlen, Leipziger Straße 4, Liebig- slraßc 6 (bisher nicht angemcldets, ferner Königsbriickerstraße 19, Häbnelstraßc 3, außerdem waren unter Anderem angcmeldet: Hüolerstraße 2, Huttenstraße 1a und 2b, Teutoburgstraßc 14 und 17, Augsburger Straße 49, Bergmannstraße 9, Tittmannstroßc 11, Voglerstraße 37, Tauschcrstraße 44 ljensetts des gelben Straßen- bahnhofcs in Blasewchs, Bernhardstraße 6. Liebigstraßc 3 sEcke Leubnitzer Straßes. Ammonstraße 15. Endlich in Neustadt: Großenhainer Straße 25 und 27, Bautzner Straße 50 im Hose. Vorgarten deS Lincke'schcn Bades und Oberer Kreuzweg 8 (An- sicht von der Georgcnstraßcj. Gewiß wird mancher Blumen freund Gelegenheit nehmen, die angemeldeten Gärton zu be- sichtigen. —* Gegen 900 Kinder find in den zeitigen Morgenstunde» des heutigen Tages in die F erienkolonien der erzgebirgischen Pflege, die Gegend von Berggießhübel. Freibcrg und Altenberg, abgerückt. Ihnen folgten Vormittags die nach Klingenberg be- mmmten, während die Ferienkolonisten der Sächsischen Schweiz zu Schiss-befördert wurden. Die beiden Hauvhügc gingen 6,10 und 6,20 Minuten vom Hauptbahnhofe ab. wird es bei den Kleinen und wohl auch bei den Eltern nicht gegeben Hobe» diese Stacht, wenigstens konnte man so gesprächsweise hören, den, der Eine es hatte „Zweie und Dreie" schlagen hören, und daß bei dem Anderen der Weiser auf „Viere" gestanden hatte. Schon uni Uhr konnte man sie die Pragemraße hinausziehen sehe»: Mütterchen schob den Kinderwagen mit einer großen Kiste oder eineni umsänglichen Reiietörhe, vor sich her, Vater trug ein tleinec- Handköffercke» und die Kinder trippelten mit Botanisirtromme!. Ranzel und im funkelnagelneue» Strohhütchcn daneben hei Manchem Korb waren noch Fahne und Säbel ausgeschnallt, um draußen Räuber »ud Soldaten spiele» zu können, denn wo spielten sich diese unserer Jugend liebsten Spiele wohl besser, als in den srilchcn, grüne» Wäldern unserer Gebirge, in denen der braune Pilz ans dem Moose hcrvorguckt und die blaue Heidelbeeie zwischen grünen Blättern einladend winkt. Selbst der gestrenge .veri Gendarm, der wegen »»befugten Vorsichherschiebens des Wägelchens auf dem Trottvir — belästigt wurde dadurch Niemand i» so früher Stunde — die ganze Strenge des Gesetzes walten lassen wollte, konnte die allseitige frohe Stimmung nicht beein trächtigen. lind nun erst aus dem Bahnhose selbst, welches Lebe» und Treiben eine halbe Stunde vor Abgang der Züge. Ei" Kribbeln und Wibbeln wie in einem Ameisenhaufen, ein Gewirr und Geschwirr von Stimmen und Stimmchen, ein Fragen und Antworten in erwartnnnSvoller Hast. Besorgte Elternliebe lonnle sich nicht genug rhun in Erincihmiiigcn zur Folgsamkeit, zur Mäßigkeit und Vorsicht. „Ernst, trinke nicht in der Hitze", „Clara, laß' Tein Schirmchen nicht liegen", .Earl, verliere mir kein Taschentuch", „Nimm Dich in Acht vor Schlangen, Emil", „Paul. Du auch Deine» Salmiak für die Mücken" (ich war sprach- bast los), os), „Nimm Tein Tuch um, mein Marthacheu". .Iß, Mariechcn. immer iß. Tu mußt nvch lange fahren", so ging es fort bis zur Unendlichkeit. Auf einer Bank, etwas abseits von dem großen Ge triebe. saß eine bescheiden gekleidete Frau mit einem kleine» Mädchen, den man Beiden die Bedürftigkeit mischen konnte. Vor ihnen stand der Vater, ein bejahrter, graubärttger Arbeiter, eben im Begriff, an sein Tagewerk zu gehe». Mit einer Thränc im Auge küßte der Alte sein Kind, das sich cbrnsalls das Tiichlein vor die Augen hielt. Plötzlich schaute sie aus und besühltc den einen Zipfel des Tüchelchens- Da verklärte sich ihr Gesicht und auch der Mutter Augen leuchteten geheimnißvoll — Vater hatte schnell noch etn paar schwerverdtcntc Nickel eingeknüpst für sein Herzblatt. Das hals den Abschied leichter trage». Nun ging os an das Verlesen und in einzelnen Gruppen sammelten sich die verschiedenen Kolonien Endlich batte jeder Führer seine Schm chrn beisammen und es ging hinaus aus den Perron und zum Zuge. Die Bahnsteige blieben natürlich auch der dieser Gelegen heit in fürsorglicher Weise gesperrt, dennoch aber gab es genug Eltern, die ihren Zehiipseuntacr aus dem Altar der Liebe opferten, um ihre Kinder noch bis an den Wagen begleiten zu können. Nur die ganz Armen blieben außen stehen und winkten ihrem Lieb linae, der, vielleicht schon hier das Gefühl des Alleinseins er griffen, noch von ferne zu. Dem Zuge entlang begann nun ern eiliges Laufen, in unacdnldiger.Hast drängten die Kleinen vorwärts, so daß die Eltern mit den schweren Kisten und Körben kam» folgen konnten. „Dora, wir sitzen zusammen" riesen sich zwei fesl- etngehciikcltc Freundinnen zu, »nd stürmten vorüber. Bald war Alles gut und vor Allem bequem untcraebracht. Und immer weiter schob sich der Zeiger an der Bahnhofsubr über die 6 hinaus, stiller und stiller wurde es, man batte sich nichts mehr zu sagen, die Stunde des Abschieds kam, und mit ihr sollte schon so manches Kindergrniüth die Bitterkeit des Scheidens — wenigstens die momentane — kennen lernen, wenn sie bekanntlich in diesem Alte, auch nicht allzu lange in der Seele hastet. Der Zeiger schnappt auf die nächste Ziffer .10 Minuten »ach 6 Uhr". Die Coupes werden geschloffen, schrill und grell ertönt die Pfeife der Loko motive. Alles drängt au die Fenster, glücklich, wer noch ein Plätzchen zum Herausiehen erwischen kann; „Adieu, Papa", „Adieu. Mama", erschallt es drinnen, „kommt gesund wieder" tönl es von außen, die Räder drehen sich, schneller und immer schneller. Tücherwiuken hcniber und hinüber, dann verschwindet der Zug um die nächste Kurve. Glückliche Fahrt! Ter mittler weile cingelausene^ug bringt ganze Schaaren von Arbeitern aus den Vororten zu der Stätte ihres Gerufes. Erholung auf der eine». Kamps um's Dasein aus der andere» Seite, so nahe liegen im Lebe» die Gegensätze bei einander Der Dicke. / oberen Zehntausend" s wehmüthrg« Klage von Die Wochenschrift „Die G. m. b. H.) bringt folgende Tieamona. Was kann ich dafür, daß ich so dick bin! Ich habe mir beileibe meine Körperkonstitutton nicht ausgesucht; Diese« ansehnliche Embonpoint. welche» ich mit mir durch das Leben schleppe, ver danke ich doch nicht meiner freien Wahl! Der Himmel hat es mir aufgedrungen, da» ist mir sogar amtlich beglaubigt worden, denn al» ich mir «inst «inen Paß Für s Ausland lüste, schrieb mir der einsichtsvolle Polizeibcamte unter Rubrik „Figur" mit loben»- werthem Gerechtigkeitsgefühl die Bezeichnung „gedrungen" hinein. Wie komme ich also dazu, mich von aller Welt verspotten zu lassen? Mit welchem Recht darf mein Schneider ein höhnische» Lächeln äufstecken, wenn er, mir zu einem neuen Rock Maß nehmend, die sür mich äußerst angenehmen Worte spricht: „Sie sind seit vorigem Herbst wieder um einen halben Zoll stärker geworden „Sir müssen sich mehr Bewegung machen," räth der Eine. „Sie dürfen nicht w viel essen!" besiehst der Zweite. Ja, d-n lieber Gott, wen» ich weniger esse, werde ich nicht satt, und wenn ich mir mehr Bewegung mache, bekomme ich noch großer«« Hunger. Wa» soll ich also th»n? „Gewöhnen Sie sich da« Biertrinkrn ab," sagt der Dritte, Dickwerden liegt nun einmal im Temperament. Wer immer ig Blut behält, wer etwa» zum Phlegma neigt, der setzt eben an. Und just, weil man so gar nicht« dafür kann, daß man wird, ärgert «an sich doppelt über die ewigen spitzen Be- M Sie kaucht.ma« eigentlich nicht »u fragen, cka« sieht ja. nn -§§a«r*^' Sie aber in die Breitel" begrüßt mich . -, «Nein^wa» «ntzen Sie dick!" bekomplimentirt mich dsr Dritte. Meine keinen Neffen und Nickten erweisen mir die besondere Gefälligkeit, mich nie anders als den ^dicken" Onkel zu nennen. Unter meine» Cousins und Cousinen bin ich stets nur der „dicke Vetter". „Heute habe ich den D. auf der Straße getroffen," erzählt einer meiner Freunde dem anderen. „Welchen D.?" „Den dicken." Er sagt nicht: den jüngeren, oder: den mit dem Vollbart, oder den kleinen. Nein, er sagt: den dicken! Es ist zum Verzweifeln. Bin ick früher einmal, was auch dem besten Menschen ja wohl an» Versehen passiren kann, in ein Bierlokal mit „freundlicher Bedienung^ gerathen, dann ist diese „Bedienung" jederzeit so freundlich gewesen, nrir da» Seidel mit einem liebenswürdigen „Prost Dickerchen!" zu kredenze». Steige ich in einen schon fast ganz vollen Pserdebahnwagc», und behauptet der Kondukteur, da, auf der linken Seite, sei noch ein Platz frei, dann bekommen die sämmtlichen, aus dieser Bank schon sitzenden neun Personen einen gelinden Schreck. Keiner will rücken, aus Furcht, ich könnte neben ihn zu sitzen kommen, bi» ich mir durch ein energisches „Bitte sehr!" irgendwo Platz verschaffe. Früher ivar ich stets so rücksichtsvoll, mich unter solchen Umständen immer mit der äußersten Kante der Bank zu begnügen; seit ich aber den beständig dösen Sinn der Menschen erkannt habe, mache ich'» mir so bequem als möglich. Wenn ich einmal in s Theater gehe und mich in eine Bank hineinzwänge, nm meinen so recht in der Mitte belegen?» Platz aufzusnchen — denn Eckplätze bekomme ich nicht, darin schein! unter den sämmtlichen Kassirern, die mich kennen, eine stiNjchwciacndc Uebereinkunft zu herrschen — dann geht es bei den bereits sitzen den Herren und Damen, die mich vorbeipassiren lassen müssen, an ein leises Flüstern, welche» aber „nisouo in die Worte aus- klinat: Ja, wie will denn der hier durchkommcn? Und dann wer fen sie malitiöse Blicke auf mich und drücken sich so recht auffällig zurück, um die vermeintliche Ungeheuerlichkeit meiner Dicke noch krasser erscheinen zu lassen. Regelmäßig bleibe ich dann auch stet»-mit meiner Uhrkette oder mit einem Rockknops an der Spitzrugarnitur einer. Dam« hängen, und je größer dann das sich darüber erhebend« Lamento ist, oder je leuchtender di« Wuthblitz« sind, dir au» den manchmal nicht» weiiiger al» schönen Auge» auf mich geschleudert werden, desto öfter gehe ich im Zwischenakt hinaus, um mich wenigstens einigermaßen zu rächen. Die Damen tragen dann eine stille Resignation zur Schau: wenn aber eine endlich die Geduld verliert »nd ihrem Ingrimm in laute», wenn auch var- sichtig gewählten Worten Luft macht, dann kann der geehrte Leser zehn zu eins wetten, daß diese selbige Dame mindestens — noch einmal dicker ist als ich. Wenn ich auf einem Balle bin »nd mitten unter den Herren stehe, die das Tanzbein zu schwingen beabsichtigen »nd sich über die zu cngagireiiden Dame» einigen, dann richtet sicherlich einer oder der andere an mich die gefühlvollen Worte: „Na, Sie tanzen doch wohl nicht?" Potz Wetter, warum soll ich denn nicht tanzen? Gewiß, werde ich tanzen! Ich tanze sogar mit einer gewissen, höchst schätzenswerlben Grazie und Leichtigkeit! Aber wenn ich mich dann ans den Weg mache, »m irgend eine der Schönen sür mich zu chartern, dann klopft mir n»f halber Tour der Gastgeber freundlich aus die Schulter und sagt: „Für Sie habe ich im Nebenzimmer schon-eine Ckatpariie zusammen, denn mit dem Tanzen isl's ja bei Jbnen doch nichls!" — Hol' ihn Dieser und Jener, de» schnöden Wicht! Eine mir eng befreundete Familie leide! in ihrem Wohnzimmer an Stühle», welche auf Befehl ihrer Majestät dev Mode so schlank »nd ätherisch konstruirt sind, daß man nicht begreifen kann, wie so ein Sihinöbcl ohne Unterstützung von Krücken aus seinen eigenen Beinen stehe» kann. Will ich mich da nun setzen, so wird mir allerdings ein Stuhl nicht geradezu verweigert, aber in dem Gesicht der Hansfrai, drückt sich eine so namenlose Angst aus, daß ich dabei am Ende zu Schaden komme könnte — nicht etwa, wie mancher vorwihiae Leser vielleicht mein!, daß einem Stuhle irgend was paffste» möchte —, daß ich es vorziehc, lieber während des ganzen Abends zu stehen. Nun fragt mich allerdings die Fra» vom Hause mit vieler Freundlichkeit, warum ich mich denn nicht in einen der vorhandenen Fauteuils setze, denen ich mich wohl so ziemlich sorglos anvcrlrauen könnte, aber da ist es nun wieder schlimm, daß .ch in jo ein durch Seitenlehnen begrenztes Ding höchstens zur Hälfte yineinpasse, und da cs mich genirt, dies zu hcrrathen, so antworte ich, wenn auch mit schwerem Herzen: „Ich danke, aber da ich den ganzen Tag sitze, ist mir dos Stehen Abends eine wahre Erquickung."
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite