Suche löschen...
01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 27.02.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-02-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19010227011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1901022701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1901022701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1901
-
Monat
1901-02
- Tag 1901-02-27
-
Monat
1901-02
-
Jahr
1901
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 27.02.1901
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
-»'»» —»-»! l74—l K! .->—! L?! U.« i«>- «kt. »».- UL«, r.-«- >«a- i «K-« 1«-.- Ä- «l-« «- roa- «a- roi.- iL^! ir^« »«- in^ genigrgkdilkk: D^.Pr^dverpaLrlLlkn' erickkw« «t»«iL M»r»k»< ^ di« »«>-»« in Dretd» m>l> der nückitien Um,rd»na. w« tt» S»tra««ia dur» kt»»k «o»n> oderHammicksoLr« «f»lat. «rtaUri, d»» Klau a, »«txnla,«. di« nitl »tzl Sonn- oder Seirrlaae lol,«. in twft NkÜaalaalxa »»«»»a und tftr »uaesiellt. »ückgad« einaeiandter SLrill- «üle KUlt «nbmöNcklil,. S«rntdr»»a»l<bl«K: I Nr. U und Nr. «»««. l«learamm-»drelle: »»chrtchtr« Lre«de». Segrüsdel 1856 s ^ <0«. ll.iN.lenu»«, Sr. ck«, X»n>u» nm n«d»«>. <7LoooI»S«L». E7»o»o», l>!mr«!vorlcauk »n«»«I«n, ^Itrusnlt« 2. l«lkgr..Adrrsjk: Nachrichlm. Dresden. Vrvsänkr Hitdib-ü! IvsstLittsr Rsrtt <8t»ckt VVisns- r- r.) SIMllektdLävr. Vowdlvirtv lloktdiLsr.z SozalUledtUcksr. vortl. LsstrsUnos«» « st«. Ulnatr. kr»,psktv krvl.1 Mort liitiil. Lldreodtav-»»« Ao. 43 -V«lo- sock tTlzrsnrso-ttsockloog: Dl'ööÜöll kok« tzö>nitr«e,v-»»»L Lnwrdm« von lossnstvo uuct ltdoon«o»«nt» kür äis As»vl»rlvl»tvi» * „Aan<lerer"-'VadrrätIer prLmU^r s>'«1t-^ubstLUull8 I'LNS 1900 mit äew „Qinsock (^ivQ8-> kvckst« ^usLvickniuix 6eut5cdci- t-'LlrrrläQr.) rsd.-MoävrlLzo: vresäso. Siüooloustr. 7. Lollvkragvrstr. MM Sosto» Ilsvd- u. Lr- lrtsodULLssotrLnL, d,I R««»», U»l»Lr»»L- »«>»«», >»,»» ». 8LMM »L770M LEKVKMN v» St«»»kadl v»u«rdr nur. Vurmp! Ia»a Ift. Iiiielieninektei'8 stiii-liMiiiMLteif Ky5oitisst mnn am »eknellslon mit ^ » ^7 SsIlMlik-KMelie, tür Äeknvn: insniet 8- IDA«» ^<2 ' Agrarier und Brotwucher. Hvinnchrichteil. Dresdner Stiftungen. Das neue Polizeigebäude. ieSH.» Die schwarze» Diamanten, Gerichtsverhandlungen- Gleichen-Rußwurm und Medi; Pelikan. Muthmaßl. Witterung Thauwettcr. ! Mittwoch, 27. Februar 1901. „Agrarier" >md „Brotwucher". Schlagworte sind daS Mittel, mit denen die Demagogen aller Schattirungen mit Vorliebe arbeiten. Die Wirkung von beharrlich wiederholten Schlagworten oder .Schlagern' besteht darin, das; sie eine Art von bppnotischer Wirkung auf die weniger urtheilstähigen Zuhörer und Leser, oit aber auch aus besser veranlagte Intelligenzen auSüben. das eigene Nachdenken des Individuums in Schlaf lullen und so für die Demagogen dos zu Wege bringen, was sie zu er reichen beabsichtigen: nämlich die Versetzung ihrer Gefolgschaft in einen Zustand, der diese zu einem mehr oder weniger willenlosen Werkzeug, zu einem nach dem .Herdenprinziv" zu behandelnden, unselbstständigen Faktor erniedrigt. Gegenwärtig stehen bei der Dtanchestervartei und der Sozialdemokratie zwei Schiagworte in besonder» hoher Gunst: .Agrarier' und .Brotwucher'. Gerade die überaus frivole Art. wie mit Hilfe der genannten beiden Be zeichnungen Begriffsverdrebung im großen Stile getrieben wird, zeigt recht drastisch, wie nöthig eS ist. daß die betroffenen national- wirlhschastlichen und ordnungsparteilichen Kreise eine solche plan mäßige Vergiftung und Irreführung der öffentlichen Meinung nickt ruhig über sich ergeben lassen, sondern ihrerseits mit allen Mitteln der Aufklärung und Belehrung aus die Zerstreuung der von den Gegnern verbreiteten Lügennebel Bedacht nehmen. Al» .Agrarier" bezeichnet das manchesterliche Demagogenthum. das von den höchsten Spitzen bis zu dem gewöhnlichsten sozial demokratischen Agitator wahlverwandschaftlich verbunden ist. unter schiedslos alle Diejenigen, die mit ehrlichem Willen für den Schutz der nationalen Arbeit in ihrer Gesammtheit eintreten. unter be sonderer Bezugnahme auf die Landwtrthe. In steter reger Ver bindung mit diesem Begriff wird das Schlagwort .Brotwucher' verwendet, um dadurch den Anschein hervorznrufen. als gingen die Landwtrthe lediglich darauf au», dem Arbeiter, der großen Masse der Verzehrer. daS täglich« Brot zu vertheuern und die allgemeinen Lebensbedingungen zu erschweren. Zugleich gebraucht man den Kniff, solchen Bestrebungen, die im Gegensatz zu den gerechten und billigen Forderungen der Landwirthschaft und des gesummten nationalen Arbeitsschutzes thatkächlich den Charakter einer Aus beutung tragen, ebenfalls die Bezeichnung „agrarisch" anzuhängen, um aus diese Weise die ganze Schutzzollpolitik zu diskreditier» und in den Geruch des Wuchers, der egoistischen Begünstigung von Einzelinteressen auf Kosten der Gelammtheit zu bringen. So hoben die Freihändler und Sozialdemokraten es glücklich fertig gebracht, die neuen Kategorien der „Hausagrarier" und der .Papieragrarier" zu erfinden: nur bis zu dem Schlagwort .Sohlenagrarier' hat man sich nicht verstiegen, aus dem einfachen Grunde, weil das Kohlenmonopol des Großhandels diesen Elementen wegen ihrer gemeinsamen Abhängigkeit von dem spekulativen Großkapital als unantastbar gilt. Der Er- folg dieser verlogenen Manier ist nun zwar dank der wirthschafts- politischen Reife der Mehrheit des deutschen Volkes bei Weitem nicht in dem erhofften Umfange eingetreten: denn auS der »grandiosen Erhebung des gelammten verzehrenden Publikums gegen die Brvtwucherer", von der die Veranstalter des manchesterlichen Rummels geträumt hatten, ist nichts geworden. Immerhin wäre es aber falsch zu glauben, daß die manchesterlichen Schlagwortr .Agrarier" und „Brotwucher" ihre Zugkraft schon ganz eiugebüßt hätten. Die großen Paradeversammlungen, welche die Sozial demokratie jüngst gegen die „Brotvertheuerung" abhirlt, ließen erkennen, daß die manchesterliche Phrase noch eine gewisse Herr schaft au-zuüben vermag. Noch deutlicher trat dies in einer freisinnigen .Protestversamm lung gegen den Brotwucher" hervor, die vor einigen Tagen in Berlin stattfand. Die „sachlichen" Beweisgründe, die der Vor tragende gegen die nationale Schutzzollpolitik vorzubringen sich ab mühte. wurden zwar in ihrer Fadenicheinigkeit selbst von der minderwerthige» Intelligenz der „fortschrittlichen" Berliner Weißbier-Philister durchschaut. Sobald aber der Redner merkte, daß die Versammelten in die Gefahr eigenen Nachdenkens ge- riethen, setzte er sich flugS in Positur und donnerte mit hohlem Pathos und Stentorstimme einige für alle Fälle bereit gehaltene Redewendungen über „Agrarier" und .Brotwucher" in den Saal. Da» half stets: die Hörer geriethen dann ganz außer sich und spendeten dem „mannhaften Vorkämpfer der Volksrechte" in an scheinend ehrlicher Begeisterung die ersehnten Beifallssalven. Ferner scheinen die Stadtverordneten-Versammlungen einen recht ergiebigen Nährboden für den manchesterlichen „Brotwucher"- Bacillus abzugeben. Obwohl eS diesen Körperschaften gesetzlich verboten ist. sich mit politischen Angelegenheiten zu beschäftigen, haben sic doch in ziemlicher Anzahl Beschlüsse gegen die „Lebens- mittelvertheuerung" gefaßt, sodaß sie eigentlich von der Aufsichts behörde in ihre Schranken verwiesen werden müßten. Wie steht es nun in WIrltchkelt mit der angeblichen .Leben-« mittelvertheuerung". dem .Brotwucher", der mit der Erhöhung der Getreidezölle getrieben werden soll? Zum Begriffe des wirth- schaftlichen „Wuchers" gehört nothgedrungen eine nnverhältniß- mäßlge Preiserhöhung, sowie eine Ausbeutung der Nothlage der Verbraucher, eine Unlauterkeit des ganzen Verhaltens und Ge» babrenS. Von alledem ist aber auf Seiten der Landwirthschaft auch nicht der leiseste Schimmer, die entfernteste Andeutung Vvr- baudrn. Zunächst entspringt das Verlangen der Landwirthschaft nach einem höheren Zollschutze für ihre Erzeugnisse in keiner Weise unlauteren Beweggründen, sondern es stellt lediglich eine Forder ung der ausgleichrnden Gerechtigkeit dar. Seit Jahrzehnten ist nämlich eine Preissteigerung der verschiedenartigsten Lebensbedürf nisse eingetreten, wie das stets als Folge wirthschaftlichen Fort schritts und verbesserter Lebenshaltung zu geschehen pflegt. Nur die Landwirthschaft hat dabei schlecht abgeichnittcn. indem die das Getreide umfassende Gruppe der Lebensbedürfnisse die einige ist, für deren Erzeugnisse der Preis im Laufe des letzten Jahrzehnts sich unter dem Durchschnitt gehalten. Es ist also von vornherein durchaus keine „Begehrlichkeit"» kein „wucherisches", unlauteres Ansinnen, wenn die Landwirthe ebenfalls einen Antheil nicht nur von den Lasten, sondern auch von dem Segen des allgemeinen wirthschaftlichen Aufschwungs für sich beanspruchen. Des Weiteren ist die von der Landwirthschaft geforderte Zollerhöhung nicht un- vrrhältnißmäßig. sondern durchaus der Marktlage angemessen. Der Zoll soll nur so hoch angesetzt werden, daß die deutsche Landwirtk- tchnft im Stande ist, den Wettbewerb mit der sremden Konkurrenz einigermaßen erfolgreich auszunehmen - dagegen hat die Lanbwirth- schaft niemals daran gedacht, unter Ausbeutung des Volkswohl standes eine unangemessene Gewinnquote auf ihre Erzeugnisse auszuschlagen. Ueberdies ist es durchaus nicht richtig, sondeni nur eine manchesterliche Legende, daß die Brotpreise mechanisch den Getreidepreisen folgen. Trotz des 3Vs Mark-Zolls haben wir heute wesentlich billigeres Getreide als in den Jahren vor Ein führung der Zölle: t r otz des billigen Getreides ist aber das Brot theurer. Doch kostete es im Jahre 1898 bei 3V, Mk. Zoll nicht mehr als im Jahre 188l bei nur 1 Mk. Zoll, ja. es war 1894 sogar billiger als in den 7(>er Jahren, objchon von 1892 bis 1894 der russische Roggen 7V, Mk. Zoll zahlte. Nicht einmal der Getreidepreis selbst, abgesehen vom Brotvreis. stellt sich in Deutschland um den auch nur annähernd vollen Betrag des Zolles höher, als der nach dem Londoner Preise zu bemessende Weltmarkt- VreiS. und die englischen Arbeiter, die sich doch der .Segnungen" de» Freihandel» erfreuen, zahlen nicht entfernt einen um den Getreidezoll billigeren Preis für ihre Brotfrucht als die deutschen. So läßt sich aus feststehenden Ergebnissen der Statistik auf Schritt und Tritt Nachweisen, daß der Preis der Lebensmittel, insbesondere deS Brotgetreides, von wesentlich anderen Faktoren und Verhält nissen maßgebend beeinflußt wird, als von der Höhe des jeweiligen Getreidezolles. Der Zweck ' auch gar nicht sondern die Verhinderung Ausschluß der sremden Schleuderkonkurrenz im Interesse des Schutzes der nationalen Arbeit. selbst wenn aber unter dem Einstuß der sonstigen bestimmen den Verhältnisse der bessere Schutz der nationalen landwirthschaft- lichen Erzeugung mit einer ganz geringfügigen Erhöhung des Brotpreises verbunden sein sollte, so ist demgegenüber an die Worte zu erinnern, die dieser Tage der Großindustrielle Geheimrath Luea auf dem rheinischen Provinziallandtage ge sprochen hat: „Daß wir in der Lage sind, unseren .Arbeitern reichen Verdienst zu geben, ist viel besser als billiges Brot und kein Verdienst." Weit entfernt, eine Nothlage des Volkes aus- zubenten. wird die deutsche Landwirthschaft vielmehr unter dem Degen angemessener Schutzzölle neu erstarken und durch Hebung der allgemeinen Kaufkraft des Jnlandmarktes der industriellen Arbeiterbevölkerung auf lange Zeit hinaus lohnenden Verdienst und auskömmliche Lebenshaltung sichern. Die Erkenntniß dieser Wahrheit wirkt mit solcher elementaren Gewalt, daß sogar ver einzelte ehrliche Elemente im Lager der Demokraten und Sozial demokraten sich zu ihr bekannt habe». Im wnrttembergiichen Land tag haben sechs deutsche Volksparteilrr. alio richtige Erzdemokraten und als solche eiaentlich geborene Manchestermänner, mit der schutzzöllnerischen Mehrheit für einen Antrag zu Gunsten der Erhöhung der Gctretdezölle gestimmt, und sogar von Seiten mancher .Genossen" liegen ketzerische Aeußerungen vor, die mit der sozialdemokratischen unbedingten Verdammung der Zölle von Parteiwegen nicht in Einklang zu bringe» sind. Solcher ehrlichen Gemüther giebt es aber unter der Gefolgschaft des Manchester- rhums im Großen und Ganzen nur blitzwenig. Die führenden Geister des manchesterlichen Klüngels fahren .unentwegt" fort, wider besseres Wissen die Irrlehre zu verbreiten, daß die .Agrarier" im Verein mit den sonstigen Vertretern der nationalen Schutzzoll politik .Brvtwucherer" seien und den bitteren Haß des .Volkes", der .schaffenden Arbeit" verdienten. Der Zweck dieses Treibens ist vielleicht nicht io sehr, das ganz aussichtslose Ziel einer frei- händlerischen Gestaltung der nächsten Handelsverträge zu erreichen, als die öffentliche Aufmerksamkeit von der wirklich wucherischen Ausbeutung des Volkes durch die fortgesetzten Machenschaften des spekulativen Großkapitals abzulenke». Wenn die Sozialdemokraten dabei die getreuen Helfershelfer spielen, so hat das nicht zum Wenigsten seinen Grund in der Einsicht, daß nationale Schutzzölle einen hervorragend staatserhaltenden Charakter haben. Die ganze widerliche Hetze, wie sie von den verbündeten Parteien des Manchefterthums und des Umsturzes gegen die wahren Vertreter der ehrlichen, im Schweiße des Angesichts sich mühenden natio nalen Arbeit betrieben wird, bildet eine unerfreuliche Bereicherung des trüben Kapitels, das von dem Verhältniß zwischen Politik Moral bandelt. uni Neueste Drahtmeldungen vom 26. ffebruiw * Homburg. Der Kaiser reiste heute Abend nach Berlin ab. *Wtzen. Abgeordnetenhaus. (Fortsetzung.) Der DringlichkeitSantrag des Abg. Silent,, betreffend die Alters- und Jnvalidenversoraung, wird nach längerer Debatte abgelebnt. Im weiteren Verlause der Sitzung schlägt Abg. Oiner vor. täglich zwei Sitzungen adzuhalten zur Förderung der ernsten Ausgaben des Hauies. Der Präsident erwidert, er werde zur Beschleunigung der Arbeiten sein Möglichstes beitragen. Als der Präsident sich an- Ichickt. die Sitzung zu schließen, meldet sich der Alldeutsche Stein zu einer Anfrage an den Präsidenten, wobei er heftig den Staats anwalt in Eger angreift wegen Konfisciruiig einer Nummer des Stein'ickcn Blattes, worin eine im Abgeordnetenhaus? ringegangene Interpellation abgedruckt war. Weiter greift er die Staatsanwälte und den Rtchtrrstand im Allgemeinen an. Als er den StaatS- ruf. Der Justizminister vrotestirt entschieden gegen die Angr?ffe aus den Richterstand. Der Eliristlichsoziale Scheicher vrotestirt dagegen, daß im stenographischen Protokoll die Interpellation Schoenerer ausgenommen wurde, worin W angebliche Sittlichkeits- dclikte römisch-katholischer Geistlicher aufgezählt sind. Das Proto koll dürfe nicht ein Misthaufen von Schweinereien werden. Es entsteht lebhafter Wortwechsel zwilchen Christlichsozialen und All deutsche». Letztere rufen: „Cölibat abschassen!" iLärm.) Abg. Wolf beantragte Debatte über die Antwort des Justizministers. Der Antrag wird mit IM gegen IM Stimme» abgelehnt. (Lärm der Alldeutschen.! Während der Präsident die Tagesordnung der morgigen Sitzung fcstictzt, verliest Abg. Wolf die Name» der deutschen Abgeordneten, die gegen seinen Antrag gestimmt habe». * Bambap. (Reuter-Meldung.! In den letzten zwei Tagen sind in der Stadt 800 Personen gestorben, damnter 400 Per sonen an der P e st. Berlin. (Priv.-Tel.) Reichstag. Am Bundesraths tische: Minister v. Goßler. Bei sehr schwach besetztem Haule tritt dasselbe in die Berathung des Militäretats ein. Referent: Aba. Graf Roon. — Abg. Gröber (Cent.) kommt aus die Befragung von Rcserve-Offizier-Aiviranten in Köln über ihre Stellung zum Duell zurück. Aus der in Köln zu Tage getretenen Auffassung sei auch der Vorfall in Mörchingen unmittelbar her- vorgegangen: Die Erschießung des Hauvtmanns Adams durch den Oberleutnant Rüger. Weshalb sei, als Adams den Oberstabs arzt Rüger thätlich beleidigt hatte, nicht ein Ehrengericht in Tyätigkeit getreten? Das Duell sei durch das Strafgesetzbuch unbedingt verboten. Wenn der Kriegsminister neulich gemeint habe, die Erwähnung von Ehrengerichten in der Verfassung sei gleichbedeutend mit einer Zulassung des Duells, so sei das ganz unzutreffend: die Ehrengerichte hätten ja gerade den Zweck, die Duelle zu verhindern. Gegen die Auslegung des Krieasministers apvellire er an den obersten Kriegsherrn. Gleiches Recht für Alle; nicht nur für Andere ist und soll das Duell verboten sein, sondern auch für das Heer. — Kriegsminister v. Goßler er widert betreffs der Kölner Sache: Die Schuldigen sind bestraft worden, und es ist ihnen der Erlaß des Kaisers vom 16. Juni 1895 in Erinnerung gebracht worden und verschärfte Weisungen zur Beachtung desselben sind ergangen. Der Erlaß (der Minister ve Ihn) verbietet die Befragung eines Aspiranten nach seiner Stellung zum Duell. Der Vorredner hat sodann über das Duell im Allgemeinen gesprochen und meine Auffassung auch angefochten, daß dasselbe zugelassen sei. In der Verordnung über das Ehren- raths-Wesen heißt eS zwar, daß der Ehrenrath seine Entscheidung olnugeben hat. aber das Weitere ist den Betheiligten zu über lassen : und wenn ein Duell stattiindei, so ist, derselben Verordn»,» zufolae. der Gang desselben zu überwachen. Sie sehen allo. da„ das Duell im Bereiche der Verordnung durchaus in Erwägung gezogen ist. Der Fall in Mörchingen schwebt noch, ich gehe deshalb auf ihn nicht ein. In einem geschichtlichen Rückblick fuhrt der Minister sodann, vom Jahre 1652 ausgehend, aus, wie selbst die barbarischen Strafen des Mittelalters das Duell in der Armee nicht hätten aufhören lassen. Auch daß Osfizere hingerichtet seien, so 1722 und 1747. habe nichts geholfen. In unseren neuesten Erlassen lei jedenfalls Alles geschehen, um den Duellen möglichst vorzubeugen. Er persönlich sei der Ansicht des Gutachtens des Generals v. d. Gräben ans der Zeit von 1837 bis 1843, daß das Duell in zwei Stellen erlaubt sein müsse: Erstens wenn gegen Jemand die Anschuldigung der Feigheit erhoben werde; zweitens bei einer thätlichen und bei einer Beleidigung, welche moralische Flecken hinterlasic. — Abg. Bebel (Soz.) führt aus. die Knbinctsordre von 1897 stehe im strikten Gegensatz zum Gesetze, welches das Duell unbedingi verbiete, fiteben einer angemessenen Strafe müßte vor allen Dingen gefordert werden, daß auch die Straft verbüßt werde. Glaube man denn, daß die vielen Be gnadigungen zur Abschreckung beitrügen? Da der Minister aus drücklich unter bestimmten Umständen das Duell billige, ganz im Einllange mit der Kabinctsordre von 1897. so müsse der Reichstag dazu Stellung nehmen, damit es nicht scheine, als billige er diese Stellung des Kriegsministcrs. Redner wendet sich dann der Frage der Armee-Organisation zu und weist auf einen Artikel des Generalmajors a. D. v. Puttkamer bin. in welchem gaiH revolutio näre Anschauungen zu Tage träten, offenbar unter dem Emfiusse des Bnrenkriegcs Verr v. Puttkamer bat den Mnth, u. A. zn fragen: .Ist das leblose Stück Fahne all' das lebendige Blut Werth, das um sie geflossen ist?" Ganz wie er (Bebel! selber wendet sich Puttkamer gegen den Paradedrill. Die Uniformirung in China entspreche einer alten von de» Sozialdemokraten erhobenen Forder ung, daß Alles beseitigt werde, was dem Feinde das Ziel ver bessere. Was man dem chinesischen Feinde gegenüber, der doch schlecht schieße, für nöthig halte, sollte man erst recht auch für den Fall eines europäischen Krieges durchführen. Dringe die Forder ung Puttkamer's durch, so lasse sich doch auch die Dienstzeit herab- setze». Verringere sich der überflüssige Ausbildungsdienst. so werde auch die Ueberbürdung der Unteroffiziere und deren Neigung zu Mißhandlungen abnrhme». Daß an der Dienstzeit noch Kürzungen vorgeiiomnien werden könnten, ergebe sich aus dem Umfange der Abkommandftliiigen sür nicht eigentlich militärische Zwecke. — Sächsischer Bevollmäo.tigter Major Krug v. Nidda stellt einer bezüglichen B'bauptung des Vorredners gegenüber in Abrede, daß seitens der sächsischen Heeresverwaltung in der Duellfraac ei» Erlaß ergangen sei, der zu der kaiserlichen Kabinctsordre in Wider spruch stehe: auch seien mehrere vom Vorredner erwähnte Selbst morde in Leipzig nicht auf Mißhandlungen znrückznführen, sondern ans Furcht vor Bestrafung wegen begangener Diebstähle. — Abg. Oerte l-Sachsen glaubt, daß bei derartigen Erörterungen im Reichs tage über das Dnellweftn blutwenig herauskommen werde. Man dürft zur Militärverwaltung das Vertrauen haben, daß sic Alles thun werde, um nach Möglichkeit Duellen vorzubengen. Daß Bebel der Artikel von Puttkamer's in der „Deutschen Tagesztg." gefallen habe, freue ihn, aber er müsse Herrn Bebel sagen, daß sene Zeitung demnächst auch Artikel bringen werde, welche dem Puttkomer'iche» widersprechen. Der Burenkrieg beweise nichts sür das Milizsystem. er beweise vielmehr, daß gute Strategik und Taktik doch noch mehr wcrth seien, als persönliche Tapferkeit. Das die Mißhandlungen betrefft, so thue die Heeresverwaltung Alles, um diesem bösen Schaden in der Armee abznhelftn. Zum Schluß legt er der Vettvaltung dringend den direkten Ankauf bei den landwnthschaftlichen Produzenten an'S Herz. Der Landwirth lit umso größerem Rechte fordern, :tieri v s s ' » s - Mi > j «»' könne diele direkten Ankäufe int als die Lasten sehr große seien, umso die er an Einquartierung, Re-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite