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Erscheint: «««» früh 7 Uhr. Suseratr «,rv«u a»grn»mm«n; «« Abend» v,s«u». tag» bi. Mittag» 1» Lhrr Marteastrale 1». «airtg t» dt< Man« O»d«n rtt» «rfolgretch« Dß>»«ttnn>- Nnflag«: rs/xxr Swölfter Jahr» Freitag, St. Juni 1887. Tageblatt str Unterhaltung uub Geschäftsverkehr. Mitredacleur: Theodor Krobisch. Föo«ne«eni «ertUILHrlichrvv.g! »ri uotLtgeldlichr, L«»- jeraag ta » Hau» Lurchbt« Kloigl Pop »irrttllLhUtch 22 Sizr Wairlll« Nummer» 1 Agr- Knse«tte«-rerse: ' Fttr dru Raum «tu« gespaltrutu Zrtk: - Ngr. Uut«r„Siug,° saodt" tt« Ar«, 2 Itgr. t«r Herml»grb«r: Elepsch är Neichardt. — varautwartlich« «»daetmrr Inldx Nrtchardt« Dresde«, den 21. Juni. — Ihre Majestäten der König und die Königin sind vor gestern Abend von Pillnitz hier eingetroffen, haben gestern Vor mittag mit Ihrer Majestät der Königin Marie und Sr. königl. Hoheit dem Prinzen Georg in der katholischen Hoskirche der Feier des Fronleichnamsfestes beigewohnt und sich sodann Nach mittags wieder nach Pillnitz zurückbegeben. — Unter den alljährlich zu längerem oder kürzerem Auf enthalte allhier, insonderheit in den anlockenden Villen der Wein berge unserer romantischen Elbthalhöhen zwischen hier und der königl. Sommerresidenz Pillnitz einkehrenden Dichtern und schriftstellerischen Notabilitäten weilt seit einigen Tagen auch wieder der rühmlichst bekannte Roman- und Novellendichter Ro bert Heller aus Hamburg, unser aus hiesiger Gegend gebürti ger Landsmann, welcher seinen gewohnten Sommersitz im Schlöffe zu Niederpsiritz, gegenüber von Laubcgasl, wieder eingenom men hat. — Im Aufträge Sr. Majestät des Königs ist dieser Tage dem Herrn Seifenfabrikanten Ludwig Küntzelmann durch das königl. Kriegsministerium ein verbindliches Dankschreiben zuge gangen für die von demselben während des Feldzuges 1866 der sächsischen Armee geleisteten ersprießlichen Dienste. — Wie das „S. W." erfährt, wird der König am 28. Juni von Dresden nach Freiberg reisen, und am 21. sich von da nach Bräunsdorf, Oederan und Chemnitz begeben, um daselbst die Industrieausstellung mit einem zweiten Besuch zu beehren. Am 25. soll die Reise von Chemnitz nach Glauchau oder Walden burg fortgesetzt werden. Der 26. ist für Meerane und Zwickau bestimmt. Den 27. soll die Reise über Wildenfels, Hartenstein, Lößnitz, Lichtenstein nach Schwarzenberg und von da nach Schlackenwerth in Böhmen, am 30. Schlackenwerth verlassen und die Rückreise über Wiesenthal, Annaberg, Wolkenstein nach Marienberg angctreten werden, worauf dann am I. Juli die Rückkehr über Olbernhau und Freiberg nach Dresden erfolgen würde. — Oeffentliche Sitzung der Stadtverordneten, am 19. Juni. Dem evangelischen Jünglingsverein überläßt das Collegium seinen Sitzungssaal zu Abhaltung seines Stif tungsfestes für den 30. Juni und sieht von Bezahlung einer Saalmiethe ab. — In der Straßennummerirungsangelegenheit erklärt sich der Stadtrath mit dem Anträge der Stadtverord neten, die Nummerschilder nicht höher als 9 Fuß von der Bo- denfläche anbringen zu lassen, heute einverstanden. — Das Col legium erklärte sich daniit einverstanden, daß an den Haus besitzer Starke auf dem Freibergerplatz 28^ Ouadratellc städti scher Grund und Boden s 3 Thlr. käuflich abgetreten werde, um ihm zu ermöglichen, daß er seinem Hause eine bessere Fanade geben könne. — Aus den ferneren an die Vcrfassungs-, rcsp. Finanzdeputation verwiesenen Eingängen ist hervorzuheben, daß der Stadtrath mit dem Verechnungsgcld von 8000 Thlrn. zu Wiederherstellung des in Neustadt eingestürzten Gasometers trotz seiner bestimmten Zusicherung nicht ausgekommen ist, daß viel mehr die Herstellung einen Aufwand von 11081 Thlr. 22Ngr. 9 Pf. verursacht hat. Der Stadlrath bittet um nachträgliche Bewilligung und theilt die Schritte mit, welche der für die Geltendmachung der Ersatzansprüche angenommene Actor gethan hat. — Der jetzige Dirigent der Gasanstalten hält die Zufüh rung von Gas aus der Ncustüdter Fabrik nach der Altstadt nicht für wünschenswerth, zumal in Altstadt nach den vorhan denen Oefen eine größere Gasquantität erzeugt werden könnte. Dazu ist aber ein neuer Gasometer nothwcndig, der auf 90,000 Thlr. veranschlagt ist. Der Stadtrath theilt mit, daß dann die jetzt in Aussicht genommene und bereits angefangene Erbauung eines neuen Gasometers in Neustadt unterbleiben, resp. auf Vollendung des Bassins beschränkt werden könne. Der neue Altstädter Gasometer soll 500,000 Kubikfuß Gas umfassen, und hofft der neue Direktor, damit den Bedarf für die nächsten zehn Jahre zu decken. — Nachdem die Stadtverordneten sich mit dem Plane für die neue Annenrealschule einverstanden erklärt habm, postulirt der Stadtrath nun zur Ausführung desselben 85,000 Thlr. — Für die Fortführung der Neustädter Volks küche hat sich ein Privatverein gebildet, der aber communliche Hilfe in Anspruch nimmt. Der Stadtrath will außer Räum lichkeiten auch noch auf drei Jahre demselben eine jährliche Subvention von 400 Thlr. gewähren. — Mit Ablehnung des Postulats Fvon 500 Thlrn. für Erwerbung der Bierlingschen Gruft behufs Gradlegung der Annenstraße ist der Stadrrath nicht einverstanden und bringt jetzt ein Postulat von 1200 Thlr. zur Beseitigung sämmtlicher an jener Kirchhofsseite liegenden Grüfte. — Professor Wigard erstattet Bericht über die Anträge der Stadtverordneten Schilling, Walter und Advocat Lehmann, die Einführung einer veränderten Gerichtszcit betreffend. Erstcre hatten beantragt, an das Justizministerium das Ersuchen zu richten, es inöge die Verordnung, diese Veränderung der Expe- ditionszeit betreffend, möglichst beschränken und mildern, jeden falls aber Anordnung treffen, daß die Gerichte nicht auch auf die ersten Nachmittagsstunden Termine ansetzen oder zum Er scheinen bei denselben einladen. Advocat Lehmann geht weiter und beantragt, es möchte das Justizministerium angegangm werden, diese Verordnung in Bezug auf Dresden nicht in Aus führung zu bringen. Referent bemerkt, daß in der Deputation die Ansichten über diese veränderte Gerichtszeit sehr auseinander gegangen seien, die Einen hättm sie als einen Fortschritt be grüßt, die Arbeitskraft der Bctheiligten würde vermehrt, Er sparnisse fänden statt und für gewisse Klaffen der Bevölkerung sei die Aenderung ein großer Vortheil. Andere erblickten darin einen Verstoß gegen Leben, Sitte und Gewohnheit des Volks. Für die Deputation sei durchschlagend gewesen, daß nur auf ein Jahr versuchsweise diese Einrichtung getroffen werden soll, und darum habe man sich geeinigt, zu erklären: die Deputation erkennt einerseits die von den Antragstellern Schilling und Walter namentlich aus den Sitten und Gewohnheiten des Volkes entlehnten Bedenken an, hält andererseits die nur in einem Verwaltungszweige vorgenommene Abänderung der Ge schäftszeit, ohne diese Veränderung auch in den anderen Ver waltungszweigen einzuführen, nicht für empfehlenswerth, und beantragt/ nachdem die veränderte Gerichtszeit einmal eingeführt worden ist und in Anbetracht für Dresden eine Ausnahmeein richtung nicht empfohlen werden könne, den Lehmannschcn An trag überhaupt, die Anträge von Schilling und Walter aber r für jetzt auf sich beruhen zu lassen. Auch heute fand eine lange Discussion über die Sache statt, auch heute standen sich Anhänger und Freunde der neuen Einrichtung und Gegner derselben gegen über. Advocat Lehmann, Kaufmann Schilling, Advocat Krip pendorf, Kaufmann Walter, Advocat Grüner erklärten sich gegen die veränderte Gerichtszeit, Letzterer nannte es sogar einen Frevel gegen Volkssitte und Gewohnheiten, während die Ver änderung warm von Advocat Kayscr, I>r. Spieß und Judeich befürwortet wurde. Das Collegium beschloß gegen 18 Stim men, den Lehmannschcn Antrag ganz und den Schilling - Wal- terschen Antrag für jetzt auf sich beruhen zu lassen, nahm aber mit 27 gegen 25 Stimmen den zweiten Theil des Antrages an, daß beim Justizministerium Vorstellung erfolgen soll, daß den Gerichten Anweisung dahin gegeben werde, in den ersten Nachmittagsstunden keine Termine anzusetzen und abzuhalten. Mit Majorität wurde auch beschlossen, den Stadtrath anzugehen, diesem Beschlüsse beizutreten — Auf Antrag des Stadtv. Advocat Rüger wurde Or. Schaffrath in der Administrativ- Justizsache wegen der Bcitragsleistung der fiscalischen Grund stücke in Neusurdt zu den Parochiallasten das Actorium er- theilt, auch dem zu n Subdiaconus an der Kreuzkirche designirtcn Herrn Kühn die Probe erlassen und die gesetzliche Umfrage nach Einwendungen hinsichtlich Lebcn, Lehre und Wandel des Desig naten gestellt. — Stadtv. Waller erstattete Bericht über das Postulat von^400 Thalcrn behufs einer Jnstructionsreise der Herren Baudirector Friedrich und Ingenieur Manck nach Paris und befürwortete im Namen der Deputation die Bewilligung, welche auch schließlich trotz der Cinwände Schönigers und 1>i. Wigards und nach ganz besonderer warmer Fürsprache des Referenten gegen 13 Stimmen ausgesprochen wurde. — Bewilligt wurden ferner 500 Thlr. zur Verwendung von Theilen der Beuststraße zu den Bürgerwiesenanlagen und 23,000 Thlr. zur Umände rung der Reinigungsapparate in der Altstädter Gasanstalt, da die bis jetzt in Anwendung gekommene sogenannte nasse Reini gung theuereS und schlcä teres GaS liefere, als die auf trocknem Wege hergestellte Reinigung. Referent Walter erwähnte dabei, daß bis jetzt 11,649 Thlr. auf Conto des Betriebsüberschusses bewilligt worden seien. — Ein längeres Referat erstattete Adv. Grüner über das vom Stadtrath vorgelegte Schlcußcnsystema- tisirungsproject und das gestellte Postulat von 5. >,254 Thlrn. zur Herstellung einer Gangschlcuße durch die Wilsdruffer Vor stadt. Da die Drucklegung des Berichts auf Antrag Fröhner's mit 26 gegen 25 Stimmen beschlossen wurde, so wird bei der darüber stattfindenden Berathung auf die Sache zurückzukomme.: sein. — Nachdem das Collegium auf Vortrag des Stadtv. Hartwig sich mit dem Abkommen des Stadtraths und des Re- gicrungscommissars wegen Vergütung für zum Schanzenbau verwendetes communliches Areal, nach welchem 229 Thlr. baar und für die eine Parzelle eine jährliche Rente, mit Rückerwer- bungsrecht für die Stadt im eventuellen Falle, gewährt werden solle, einverstanden erklärt hatte, wurde noch zu einer geheimen Sitzung übergegangen. — Es ist mehrseitig aufgefallen, daß unter den Städten, deren Bürgermeister jetzt mit preußischen Ordensdecorationen bedacht worden sind, sich nicht auch Zütau befindet Man bringt dieses Uebergehen des Herrn Bürgermeister Haberkorn mit seinem Votum im Parlamente in Verbindung, welches bekanntlich gegen die norddeutsche Bundesverfassung auSsicl. — In Folge der veränderten Gerichtszeit hat sich bei , einer Branche des Gerichtspcrsonals eine Lar nicht unbeträcht- ! liche Gehaltsaufbesserung herausgesteklt. der Gerichtsgebäude sind auf den ganz einfachen Einfall gerathen, einige Lebensmittel, Semmel, Butter, etwas Wurst, Obst und Bier sich zuzulegen, um für das Frühstück der Gerichtsbeamten erforderlichenfalls eine ergiebige Subvention zu gewähren. — Wenn, wie es in Aussicht genommen zu sein scheint, bei der projectirten Tabakssteucr auch der Flächeninhalt des mit Tabak bebauten Bodens einer Besteuerung unterworfen werden wird, so wird unser Land bei dieser Art Steuer nicht allzuhart betroffen werden. Sachsen hat nach einer in Berlin vorgenommenen statistischen Berechnung nur 84 Morgen Landes, welche mit Tabak bebaut werden und erzeugt auf denselben 1015 Centner Tabak. Am allerschlimmsten kommt das Groß- hcrzogthum Baden dran, wo der Tabaksbau den größten Auf schwung genommen hat und auf 33,669 Morgen 300,282 Cent ner erbaut wurden Daß wir von der Tabakssteuer, obwohl wir sehr wenig erbauen, gar nicht erbaut sind, bedarf keines Wortes; denn andrerseits ist der Verbrauch des Tabaks, nament lich der Cigarren, gerade bei uns ein unglaublich hoher und die Besorgnisse vieler Tabaksgeschäftsinhaber, bei denen Millionen auf dem Spiele stehen, sind keine unbegründeten. — Um uns den Wahn zu benehmen, daß kleines Gebäck nur in Dresden existire, sendet man uns von Chemnitz eine . Dreiersemmcl in sogenannten Eckchen, die allerdings einen Platz auf der Industrie-Ausstellung verdiente, aber nicht allzunahe an der Thüre, oder wo sonst Zugluft weht, da könnte daS Eckchen einmal um die Ecke sein, ehe man sich's versieht. Ein hungriger Lehrbursche könnte zum Frühstück wenigstens sechs Stück solcher Semmeln gebrauchen, ehe die Walze seines Magens dm Be ruhigungswalzer anstimmt. Nun erst Eine solche Semmel, da könnte er nach dem Genuß auch auSrufen: „Adam, wo bist Du?" — Und in Chemnitz keine indirecten Abgaben auf Weiß mehl, wie in Dresden; da sieht man das kleine Teufelchen Will kür, welches auch anderwärts seine Hörner heraussteckt. Wo dies geschieht, sollten die Nachtwächter des Abends singen: Hört, ihr Bäcker, laßt euch sagen: versündigt euch nicht am mensch lichen Magen, — bewahret vor Allem gut Gewicht, — damit nicht einmal ein Schaden geschicht! — Bei der zweitinstanzlichen Verhandlung des k. Bezirks gerichts Leipzig gegen die „Mitteldeutsche Volkszeitung" wegen Beleidigung der k. preuß. Commandantur wurde das Erkennt- niß erster Instanz bezüglich des I)r. Heisterbergk bestätigt, die Strafe aber auf 50 Thlr. erhöht. Der erhobene Einspruch deS Chorist Arthur Leistung führte zur Strafsreisprechung. Der Gang der Verhandlung, insbesondere die Vorträge deS Vertei digers, Adv. Schraps, waren nicht ohne Interesse. — Aus Wurzen schreibt man uns Folgendes: Das Vogel schießen, welches im vorigen Jahre wegm der kriegerischen Er eignisse sistirt wurde, hat diesmal in schönster Weise und ohne irgend eine Störung stattgefunden. Einen besonderen Glanz erhielt das Fest durch den Umstand, daß einer unserer ange sehensten und beliebtesten Particuliers, Herr F., dm Königs- schuß that und durch seine Generosität diesem Feste die Weihe verlieh. Noch nie hat man einen solchen Auszug nach der Schießwiese gesehen. Der neue Schützenkönig saß in einer ele ganten Chaise, während sein aus neun Personm erwähltet» Schützenministerium geschmückt mit Schärpen und Ordenssternen in pompös hergerichteten Postwagen folgte. Eine Anzahl Reiter umgaben die Wagen. Viele Häuser der Stadt hatten Flaggen in den Landesfarben aufgesteckt, viele Bürger hatten illuminirt, das heißt mit brennenden Lämpchen, und mit beredter Zunge pries man nicht nur das Frühstück, was der neue Schützenkönig gegeben, sondern auch die im Schützenzelt stattgefundene tol l» ä'twle, wo der erste Toast auf den Landeüoater und daS könig» liche Haus ausgebracht wurde. Daß der nächste Trinkspruch dem sich gentil- und nobclmachendcn Schützenkönig galt, und zwar mit vollem Presto, braucht wohl nicht erwähnt zu werden: — Vor einigen Tagen waren zwei Fremde in Gesellschaft, eines dritten Herrn, dessen Bekanntschaft sie auf der Reise nach Dresden gemacht hatten, in einem hiesigen Hotel abgestiegm, hatten drei neben einander gelegene Zimmer bezogen und nach chrer Ankunft die hiesige Stadt gemeinschaftlich in Augenschein genommen. Während sie hierbei auch ein Concertlocal besuch und dort Platz genommen, hatte der dritte Herr plötzlich drin gende Geschäfte vorgeschützt und sich auf kurze Zeit von seinen Begleitern verabschiedet. Bei der Rückkehr der im Concertlocal zurückgebliebenen Herren in ihr Hotel überzeugten sie sich als bald, welcher Art die Geschäfte ihres Gesellschafters gewesen, die ihn so plötzlich bestimmt hatten, sie zu verlassen. Sie fan den nämlich in ihren Zimmern ihre Reisekoffer erbrochen, die selben ihres Inhaltes zum Theil beraubt, und erfuhren, daß ihr nobler Reisegefährte während ihrer Abwesenheit au» de« Hotel dahin zurückgekehrt, sich umgekleidet und dann eiligst wie der entfernt hatte. Er soll sich noch bis heute wieder sehe« lassen. — — Au» dem Nachlaß eines bedeutenden Kunstsammle»» wird hier in Beitish Hotel auf der Landhausstraße van AM»