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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 01.07.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-07-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19050701023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1905070102
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1905070102
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-07
- Tag 1905-07-01
-
Monat
1905-07
-
Jahr
1905
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Dverdire* Nachrichten. 8 I us s s 4 « » s » 8 ». ,. anwesend. Rach Sräffnutw der Sitzung durch dt» «Vor sitzenden Herrn Cd. Bieuer«DreSde» fvlgten BegrüßunaS- ansprachen verschiedener Herren, u: a. auch deS Vorsitzenden der Gewerbekanimer zu Zittau. Herrn Stadtrai Reiche-Bautzen. Die reichhaltige Tageüvrdnuim umfaßte 12 Hauptpunkte niit verschiede nen Unterabteilungen. Der Jahresbericht von 1904 lag gedruckt vor. Aus Amrag der Rechnungsprüfer erfolgte einstimmig die Richtiasprechung der Jabresrechnung. Der zweite Vorsitzende, Herr Weudt-DreSden, referierte dann über: .Der Dresdner Streik und Arbeitgebcr-Schutzverband." Hierzu sprach auch der General» sekretär des Zentralverbandcs „Germania" Herr Dr. Westphal- Berlin. Aus Antrag Wendt erfolgte die emstimniiae Annahme der Resolution: „Dle heutige Versammlung erkennt die Notiven- digkrit der Gründung eines Arbeitgeber-Schutzverbande- an und verspricht, nach besten Kräften für denselben zu wirken." ferner referierte Obermeister Siinon-Lelvzig über „Befähigungsnachweis. Meisterprüfung und Meistertitel". Er beantragte zum Schluß folgende Resolution, der man einstimmig beitrat: «Die Versamm lung wolle den geschäftsführenden Vorstand deS Verbandes „Saxonia" beauftrage», bet der RegierungSvertretnng Schritte zu tun für folgende Anträge: 1. daß nur diejenigen Personen Lehr linge halten dürfen, welche das 24. Lebensjahr zurückgelegt haben und den Meistertitel ordnungsgemäß erworben haben; 2. daß bei öffentlichen Submissionen nur solche Bewerber herangezogen und berücksichtigt werden, welche den Meistertitel zu führen berechtigt sind: 3. daß als Sachverständige, sowie zu Mitgliedern von Kor porationen ebenfalls nur solche Personen herangezoaen werden sollen." Zur Beratung kamen dann eingehend die Paragraphen eurer neuen Geschäftsordnung, als Ergänzung des „Gerinania"- Statuts. Durch Annahme derselben erledigte sich einer der zahl reichen gedruckt vorliegenden Anträge. Von den übrigen Anträgen wurden zwei (von Bautzen und Meerane) abgelehnt, drei wurden einstimmig angenommen (von Hainichen, Reichenbach und Ein siedel :. der Reichcnbacher mit einer Aendernng am Schlüsse) und' bezüglich der Anträge von Großschonau und Dresden beschloß man, cs dein Vorstande zu überlassen, geeignete Schritte zu tun. Daranf fand der Haushaltpla» für 1905 einstimmig Genehmigung. Bon fünf ausjcheidenden Vorstandsmitaliedcrir wurden drei wiederaewählt, an Stelle der Herren Dreßler-Zittau und Lahritz- Hoheirstein-Ernslthal wählte man aber die Herren Bohme-Freiberg und Feustel-Zwickau. Fünf Herren wurden dann gewählt als Konnnission zu Vorschlägen für den Ort des nächsten Verbands- tages: ferner wurden die nächstjährigen Rechnungsprüfer bestimmt. Für den nächste» Berbaiidstag wurden nach längerer Debatte vor- geschlaaen die Städte Freiberg. Meerane und Aue i. B„ von diesen hat die Ko»,Mission eine als Tagungsort zu bestimmen. —* Aus Einlaß der vaterländischen Festspiele wird sich am Sonntag ein sehr stattlicher Festzug vom Altmarkte durch die König Johann-Straße, Moritz-Allee, Marschallstraße, Sachsen-Platz nach dem Festplatz am Johannstädter User be wegen. Die 1. Abteilung bilden die Radfahrer, Fechter, Spielvereinigungen, Ruderer und Schwimmer. Stellplatz: Zwingcrhof: Führer: Herr Baumeister Krause. 2. Abteilung: Elbgausängerbund lGruppe Dresden). Stellplatz: Neumarkt: Führer: Herr Gebauer. 3. Abteilung: Dresdner Turnerscl-aft. «Stellplatz:^Waisenhausstraße (Central-Theater): Führer: Ober- turmoart Schuster. 4. Abteilung: Schüler höherer Lehranstalten. Stellplatz: Friedrichs-Allee lRcsormierte Kirche): Führer: Herr Oberturnlehrer Eckardt. b. Abteilung: Kinder des Gemein nützigen Vereins^ Stellplatz: Johann Georgen-Allee: Führer: Herren Lehrer Otto und Schwotzer. Die Zugteilnehmer haben sich nach 1 Uhr'aus den bezeichneten Stellplätzen einzufinden. Punkt 2 Uhr habe» alle 5 Züge auf dem Altmarkt zu stehe». 1. Trompetenzeichen: Vortrag der Sängerschaft, Ansprache d«S Herrn Obermeisters Unrasch und allgemeines Lied. 2. Trom petenzeichen: Fertig zum Abmarsch. Es wird im Interesse der Zugordnung die Bewohnerschaft der Feststraßen gebeten, den Kindern des Gemeinnützigen Vereins keine Blumen oder Zweige zuzmverfen bezw. anzubieten. Tie Arbeit mit den Kleinen, die aber durch ihr schmuckes 'Auftreten und ihre freudigen Gesichter dem Festzug ein imposantes Gepräge geben, ist so wie so nicht leicht. Sobald der Festzug auf dem Festplatz einge- trofsen ist, beginnen die Spiele und Wettkämpfe. —* An den Motorwagen der Deutschen Straßen bahn-Gesellschaft ftt seit heute neben der bisher üblichen Llnien-Bezeichnung nach Straßen und Plätzen die neue durch Nummern allgemein zur Einführung gelangt. Diese auch in anderen Großstädte», wie Berlin usto., übliche Maßregel ist aus eine Anregung des Straßenbahnamtes zurückzuführen. So wohl bei der Dresdner wie bei der Deutschen Geiellschast wur den bezüglich der Zweckmäßigkeit der Nummern - Bezeichnung Versuche an gestellt. So trug die gelbe Linie Geising- Straße—Wettiner Bahnlwf die Nr. 23, die rote Fürstenstraße— Hauvtbcrbnhof-Linie die Nr 29. Die beschleunigte Einführung bei dem Wagenmaterial der Deutschen Straßenbahn-Gefellschaft hängt niit deren morgen erfolgendem Uebergang in städtischen Besitz zusammen. Die zuletzt eingerichtete Linie Postplatz— Ältenberger Straße hat die Nummer 30 erkalten. Es ist Vor sorge getroffen, daß eine Scheidung der Linien insofern erfolgt, als die gelbe Gesellschaft später die Numerierung mit un geraden, di« rote dagegen mit geraden Ziffern vornimmt. lieber die Deutlichkeit bezw. Lesbarkeit der Nummern auf größere Entfernungen hin ist man übrigens im Publikum schon recht geteilter Meinung. Die Größe und die Unbeleuchtbarkeit der Ziffern in den Abendstunden wird vielfach als ein Mangel emp funden und besonders konservativ veranlagte Menschen ver sprechen sick von der neuen Maßnabme überhaupt keine Er leichterung des Verkehrs. Es ist zu hoffen, daß diese Pessimisten nicht Recht behalten, sondern sich bald zu einer gegenteiligen Meinung bekehren werden. —* Bei seinem Scheiden beschert uns der Juni noch ganz erhebliche Hitzegrade. Das Thermometer wies in de» Mittagsstunde» 31 Grad Reaumur auf, so daß der heutige Tag als der bisher heißeste dieses Jahres bezeichnet werden muß. Die liebe Sonne meint es aber auch gar zu gut. und unter diesem lieber,naß seufzen Menschen und Tiere. Sehnsüchtig erwartet «bkühlang schtSt. Jt? ^ sieben Jugend allenthalben Gleichst,llS schmunzelnd t heiße Witterung, machen die ln gnchen 8«ch« Uten anaevrdnet worden. .«» die ElbbadranstaltS'Besider die ge««« sie dabei das beste Geschäft «ndgültr wurde l und als Das Arbeitersekrrtariat tu Dresden soll nun Kraft treten. AIS erster Sekretär M Dr. Duncker. wählt: dem ig am 1. August in Kraft treten. Als er der biSherias Ardeitersekretär in Leipzig, ukd als erster Assistent der Stuckateur Buck gewählt: dem letzteren liegt gleichzeitig die Besorgung der Geschäfte deS Ge- werkschaftSkartill» ob; er hat seinen Posten bereit» anartreten. Die anfänglich« Abneigung einzelner größerer Gewerkschaften — vor allem der Paubcrufe — scheint im Schwinden zu sein, wenigsten» haben die Bauhilfsarbeiter jetzt ihre Zustimmung zur Ausbringung der anteiligen Verwaltunaskosten, die in-gesamt auf etwa tOOOV Mark pro Jahr geschätzt werden, gegeben. —* Eine gestern obend im Trianonsaale abgchaitcne öffent- liche Vcrjammiung der Bauhilfsarbeiter verfiel der polizeilichen Auslosung. ES war unter den Anwesen den infolge einer vora»gegangenen LerbandSbeamtenwahI zu tumultuarischen Szenen gekommen. Aehnliche Austritte spielten sich schon in einer vor acht Tagen abgehaltenen Versammlung ab. die aber vom Vorsitzenden geschlossen wurde, ehe die Beamten- wahl beendet tvar. Ein VeroandSmitglied beschwerte sich dar über und wurde von anderen darin unterstützt, daß eS im Verbandsbureau, anstatt die gewünscht« Auskunft zu erhalten, tätlich beleidigt worden sei. ES machte sich überhaupt eine arge Mißstimmung gegen die Berbandsbeamten bemerkbar. - E i n e P il zfa brt. L Uhr. Irische Morgenluft strömt zum weitgeöffnetcn Fenster herein, und erquickt erbebt sich der Naturfreund vom Ruhelager. Der Grasmücken lieblicher Moraen- lied weckt ihn. Die letzten Tropfen rauschenden Regen» fallen auf die Blätter der Pflanzen. Da» ist Pilzwetter! Mit der Pilztascke schwingt sich unser Pilzsreuttd auf vas Rad. „Ki — ki — ki — kimmst auch schon heim?" ruft schnippisch Rot schwänzchen vom Dachfirst« herab. Da kommt einer mit ge fülltem Pilziacke und der großen Pilzlatern« des Wege». Unser Freund verbirgt sich mißgestimmt hinter dem hohen Roggen und eilt dann auf FpeilaufS Flügeln dem Walde zu, Eule und Fuchs beim Mäusefängen oft überraschend. Die goldenen Streifen am Morgenhimmel erglühen mehr und mehr. „Glück auf, du holdeS Sonnenlicht, sei innig mir gegrüßt!" Leuchtend "" lhange im jungen Grün breitet sich der Wald am Talhange aus. Rasch noch einen prüfenden Blick rückwärts, ob etwa ein Späher folgt, dann wird in den Waldweg einaebogen. „Ein Glück/ denkt der Vorsichtige mit Pros. Zell, „daß der Mensch ein Augengeschöps ist und nicht seiner Nase nachgeht, sonst wären die sorgsam ver schwiegenen Pilztriften längst ausgespürt." O, weh! Im Dickicht lehnt bereits ein Zweirad. Daß es ein Damenrad ist. versöhnt ihn. Doch wie er auch spähet, weder die Radfee, noch Pilze findet er. Der Enttäuschte lehnt sich ins Moos am Fuße der Buche und schaut nachdenklich durch ihr lichte» Blätterdach in den blauen Morgenhimmel: wie doch der Sieg des Lichtes auch eine Schattenseite hat, daß nämlich die strahlende Azetylenlatern« jenem die Pilzbeute verriet, und er selbst leer ausaing. „Ohne Wahl verteilt die Gaben, ohne Billigkeit daS Glück!" Wie zum " ohne weht ihm auch noch der Wind den Höllenaeruch der tinkmorchel zu. Mit ihrem wunderbar markig-porösen weißen Stiel, der den mit grünlichem Schleim überzogenen Hut trägt (Ukallus impuciiouss erblickt er sie am Abhange. Sie duftet allerdings nicht wie Rosen: cs würde für die Stinkmorchel im Waldesdunkel der köstlichste Duft nutzlos sein, Wohl aber lockt der aasarlige Geruch allerlei Geschmeiß aus weiter Entfernung "rrbei, welches sich am abtropfenden Schleim ladt und die Sporen ftilzsamen) mit sortträgt. Die staubartigen Sporen anderer ilze vermag der Wind zu verbreiten. Die Zweckmäßigkeit im aushalte der Natur beschäftigt die Gedanken des Naturfreunde-, ergebens war die Waldfahrt also nicht. Wie lieblich schallt zudem nicht auch das Konzert der Waldsänger! Und das Ge- jumme der Insekten im Blätterdache schwillt an und ab — und wieder an zum Ton einer — Trompete. Was begibt sich? Es naht ein wundersamer Zug aus dem Hohlwege. Voran ziehen Trompeten-Pfifferling« in ihrer schmucken Uniform. Inmitten prächtig gekleideter Schirmlinge und stolzer Ritterlinge schreitet, mit dem Vierstrabligen Erdstern geschmückt, der Kaiserling. Neidisch schielen die Fliegenpilze aus dem Dickicht nach ihrem Hohen Verwandten. Im Festzuge folgen die würdevollen Herren pilze mit spitzem Zieaenoart und behäbige Kapuziner, kahle Krämplinge tragend. Der Gallenröhrling ärgert sich über ver meintliche Verletzung der Hofrangordnung. Aus demselben Grunde treibt dem Satanspilze die Wut das Mut ins Gesicht. Das ülstige Narrenvölklein der Rothäupte, Rotfüße und schlüpf rigen Kappenpilze aber sucht die Gäste mit seinen Späßen zu unterhalten. Lebhaft schachernd kommen die Schmierlinge ,n Gesellschaft der Schwinvlinge daher. Hinterdrein humpeln die Dicksüße, und die Pilzjugend läuft nebenher, oft über Wurzeln purzelnd. Am Ausgange des Hohlweges begrüßen die Fest jungfrauen, duftende Ehampignons in weißen Kleidern mit Perl- pilzen besetzt, den cinziehenden Pilzsürsten. Dem kundigen Auge entgehen nicht einige Knollenblätterpilze, welche den Schleier über ihr vom Neid erblaßtes Gesicht gezogen haben, da der Kaiierling den errötenden Champignons freundlich« Worte er widert. Nun reichen Milchling« in reizenden Becherlingen frische Semmelporlinae mit Butterpilzen und kaltem Schafeuter den Festgästen, die sich unter der großen Buche niederlassen. Plötzlich ist das anmutige Bild verschwunden: — einem schmau senden Eichhörnchen entfiel von der Buche herab «in dicker Stein- vilzstiel just auf die Nase unseres Naturfreundes, ihm unsanft den süßen Schlummer und das liebliche Traumbild vernichtend. Doch Träume sind nicht immer Schäume, denn der fruchtbare Nachtregen hat in kurzer Zeit tatsächlich reiche Pilzgefilde her vorgezaubert. Das goldene Ehejubiläum feierte gestern Herr Lehrer emer. E. A. Gey mit Gattin, hier. Schanzenstraße Nr. 15. Das Jubelpaar, welches sich noch voller Rüstigkeit er freut, wurde von Herrn Pastor Wolfs in der St. Pauli-Kirche -* Frau verw. Mittag. StiftSstrah« 12. woh »t«» ». I»« LO Jahre in demselben Hause. - > der Europäischen Mode».«kad,«,, sind« monot 'chcn Zuschtirtdeknkrn für Herrn». mst> olle jetzt außer den Damenbeklelbun clbstättdigkeit gründe» wollen. Gelegenheit geboten, sich dt, stigen gachkrnutnisse hierzu onzueiguen und die Meisterprüfung zuleac«. Um auch unbemittelten den Besuch zu ermöaltchrn, statt. ES ist dadurch drnjenincn WbstäM " ' ab jungen. Um auch Unbemittelten" den Besuch zu ermSaltchrm baden vir Gründer der Akademie, Müller und Klemm, dieselbe mit Stiftungen bedacht, so daß SO bis 40 Herren oder Damen Frei- kursr oder Veihtlkn ac"' ^ da» Direktorium Nords! -»Dt, en«n. gewährt werden können, flraße 30 zu richten. Gesuche sind an ... Juli-Ausgabe von HeudschelS Llle-rsph (Große und Kleine Ausgabe) ist soeben erschi« —* Pol»zeiber, cht. 30. Juni. Am 1L. Juni ist im Hausflur des Grundstück» Könneritzstraße 11 «in Touren rad gefunden worden. BAchreibung: Torpedo-Freilauk, System .^Sachs",, schwarzes Gestell, wagerechte vernickelte Lenk- vernickelt« und -e und brauner , , ^ alt Schutzmarke. Der Eigentümer kann das Rad im Fundburrau abholen. —* Heute nachmittag gegen 3 Uhr stürzte der Ziegel decker Medert, Mittelstratze wohnhaft, vomDache deS zwei- stückigen Hause» Marienstraße 3, wo er Reparaturen ausfuhrie, herab und blieb bewußtlos auf der Fußbahn liegen. Man vermutet, daß er beim Weiterrücken des SchutzbretteS ausge glitten ist, denn das Brett siel mit ihm herab. Außer einigen, von seinem Handwerkszeug Herrührenden Verletzungen waren irößerc Verwundungen an seinem Körper nicht bemerkbar, doch cheiin er schwere innere Verletzungen davongetragen zu haben. Er wurde in bewußtlosem Zustande nach vem Krankenhaus« überführt. — Ober wiese n thal, 29. Juni. Der Unsitte, mit Petro leum das Feuer im Ofen anznfachen, ist hier heute eine in den 50er Jahren stehende Frau zum Opfer gefallen. Die Petroleum- flasche explodierte und die Frau stand alsbald in Flammen. Die au dem übel zuaerichteten Körper »och haften gebliebenen Kleidungsrestc mußten yeruntergeschnittrn werden. —» Zu dem Straßenbahn» Unglück in Plauen Vogtl. meldet der „Vogtl. Anz." weiter: Die Unglücksstätte n Menschen- lr Schuster- Trümmer wurde dis in die Abendstunden gearbeitet! ^ann deckte man die Reste wieder mit Planen zu. Von der elemen taren Gewalt, mit welcher der etwa 6 Tonnen schwere Wagen über die Straße gesaust und an die beiden Häuser angeprallt ist, gibt das Bild der Zerstörung Kunde. Am Motorwagen selbst ist fast gar nichts ganz geblieben, die beiden Perrons sind förmlich abgerissen und zersplittert. Von den Seitenwänden sollen schon während der rasende» Fahrt einzelne Teile in Stücke gegangen sein. Der Weg, den die Räder nach dem Hcrausspringen o«S den Schienen genommen haben, ist aus dem Pflaster deutlich er kennbar, noch mehr aber auf dem Fußsteige. >vv mehrere Reihen Platten tief eingedrückt sind. Im Glassalon des Restaurants „Zum Tunnel", der sich über dem teilweise zerstörten Shdon»- schen Laden befindet, waren zur Zeit deS Unglücks eine große Anzahl Gäste anwesend. An der weggcrissenen Ecke hatte eln Tisch gestanden, an welchem mehrere Herren „Doppelkops" spielten. Sie waren nicht wenig entsetzt, als auf einmal mit Donnerkrachcn die Wand hereinbrach uiw der Boden unter den Füßen wankte, die Fensterscheiben in Trümmer gingen und die Glassplitter auf die zunächst sitzenden Gäste fielen. Einer der Spieler, der natürlich von der Tragweite des Ereignisses keine Ahnung hatte, ließ sich trotzalledem nicht aus der Fassung bringen. In aller Gemütsruhe meinte er: „Na, so was dürste eigentlich nicht Vorkommen!" Ein Teil des Giassalons ist durch eine Bretterivand abgesperrt worden. Der Besitzer des ^Tunnel", Herr Emil Anders, befindet sich zur Zeit nicht in Plauen; er hat an den Verhandlungen des Deutschen Gast wirts-Verbandes in Stuttgart teilgenommen und dann mit seiner Gattin eine Erholungsreise unternommen. Der Krach beim An prall des Unglnckswaaens war weithin vernehmbar; in einzel nen Häusern der Nachbarschaft hat man zunächst an einen starken Erdstoß gedacht. Am Fuße der Treppe, welche zum Schnster- gäßcl>«n heraufführt, standen zwei Frauen im Gespräch. Sie sahen den Wagen kommen, hörten die Warnungsrufe der 11». mit dem Adräunren de» Schuttes begann, Haarzöpfe, Kämme, Teile von Hüten und anderen Beklciduuasgegenftälidrn gesunde», lieber oas Befinden der zahlreichen Verl atzten deriautet, dich nur noch einer davon in Lebensgefahr schwebt, der am schwer sten verletzte WagmMrer Kehler, die übrigen weiden doffenMch allesamt ohne dauernde Schädigungen an Leib «nd Ltben davon- kommen. Keßler hat die Befiupuim wieder erlangt- er »« jedoch nicht imstande, irgend.»welche Angabe» zu machen, da «r sich an nichts zu erinnern vermochte. Am Mittwoch nachmittag traf Regierunasbauineister Käpke vom Königlich», KonuniG» " kür elektrische Bahnen aus Dresden in Plauen ein und b^ich die Unfallstelle. Gegen Mitternacht wurde der untere Teil zertrümmerten Wagens, der auf Anordnung der Staatsanwakt- schaft an der Unsallstelle liegen ^«blieben war, nach erfolgter Freigabe durch einen anderen «L-traßenbahnwogcn nach dem Depot der Bahn an der Tbeaterstraße befördert. Der Trans port ging nicht ohne Schwierigkeiten von statten, insbesondere erforderte es angestrengte Arbeit, um den zertrümmerten Wagen, der nicht im Gleise lies, durch die Gittcrtür-Oeffnuug gessen, »nd wenn der arme lOieprellte einen Versuch machte, den Herrn „Doktor" an die Sache zu erinnern, so hatte das keine andere Folge, als daß er von neuem eine größere oder kleinere Summe lös wurde. Dieses sinnreiche System war von dem edlen Menschen- und Rechtsfreunde io virtuos ausgebildet und gchandkabt worden, daß selbst arme Arbeiter von ihm gründlich geschröpft wurden. So nabm er einem wegen Körperverletzung angeklagten Arbeiter 30 Mk. ab. um die böse Geschichte an geblich ver^eichsweiie aus der Welt zu schaffen. Nach einiger Zeit, als die Anklage noch immer nicht zurückgenommen tvar, erkundigte sich der besorgte Klient, wie es denn damit stehe. Ihm wurde der Bescheid, daß weitere 40 Mk. nötig seien, um die Sache niederzuschlagen. Mühsam kratzte der Aermste seine letzten Ersparnisse zusammen und händigte sie dem Herrn Doktor vertrauensvoll aus. Natürlich nahm das Gerichts verfahren ruhig seinen Gang und brachte ihm etliche Monate Gefängnis, wahrend die 70 Mk. spurlos in der Tasche des „Rechtsanivalts" verschwunden blieben. Einige zwanzig solcher Fälle konnten diesem vor der Straffammer nachgewiejen werden — wieviele er sonst noch auf dem Gewissen hat. blieb ungewiß. Smd diese vertrauensseligen armen Leute doch ost gar nicht im stände, zu erkennen, daß sie Opfer eines aus- gefeimten Betrügers geworden sind. Der „Rechtsfreund" ist auf ein Jahr, während dessen er aus Staatskosten ernährt wer den wird, unschädlich gemacht worden. Der Verein selbst ist übrigens davon unberührt geblieben, da der Verurteilte ledig lich in seine eigene Tasche gewirtichaftct und auch den Verein um die schönen Einnahmen geprellt hat. Aber das Vertrauen zu diesen Rechtstreunden hat hoffentlich allgemein eine nützliche Erschütterung erfahren und wird weiterhin zur Vorsicht mahnen. Freilich kaum auf lange. Denn es ist eine merkwürdige Er scheinung: diese Berliner Bevölkerung, die häufig übertrieben mißtrauisch und zweiselsüchtig ist, geht Betrügern, und nwgen sie noch so plump arbeiten, mit einer verblüffenden Leicht gläubigkeit und Vertrauensseligkeit ins Garn, worauf es zurück- zufichren ist, daß Betrügereien in allen erdenklichen Gestalten da üppig gedeihen und ihren Mann trefflich nähren. Diese Giftpflanzen wuchern auf dem Berliner Boden, wie das Unter- h»lz ,m Urwalde, und so viele auch von der Polizei und den Gerichten ständig gefaßt und auSgerottet werden, neue wachsen immer wieder nach. Da» Heer der häßlichen Schmarotzer, di« auf fremder Leute Kosten behaglich leben wollen, r«krutt«r1 sich hier immer von neuem, es ,st nnerfchöpflich und spottet allen Vernichtungsversuchcn. Besonders betrübend ist es dabei, daß diese Betrüger keineswegs davor zurückschrecken, auch die Armen und Aermsten auszuplündcrn, denen sie ihr Letztes kaltblütig rauben. Die Raubtiernatur dieser Menschen kommt in diesem abstoßenden Zuge besonders kraß zum Aus druck. Jede Regung von Mitleid ist ihnen augenscheinlich wesensfremd. Das ist die eine Seite dieses Falles Jleischmann. Die andere zeigt sich darin, daß daS Gericht von der beantragten Entziehung der bürgerlichen Ehrenrechte mit der ausdrücklichen Begründung Abstanv genommen hat, weil nur die äußerste Not den Angeklagten zu seinen Betrügereien verführt habe. Der Angeklagte hatte studiert, aber aus Mangel an Mitteln das Studium nicht beenden können und hat sich dann jahrelang buchstäblich durchhungcrn müssen. Er ist damit geradezu zu einem Typus der Hunderltaulende akademischer Proletarier in der Millionenstadt geworden. Man spricht immer von der Not und dem Elend der großstädtischen Arbeitermassen, und Staat und Gejellschaft bemühen sich neuerdings in erfreulichem Wettbewerb, Abhilfe zu schaffen. Aber von dem oft noch schreck licherem und peinigenderem Elend des geistigen Pro letariats spricht man selten oder nie, und doch bedürfte es einer gründlichen Abhilfe nicht minder. Berlin hat sich, nicht eben zu seinem Vorteil, in mancher Hinsicht stark amerikanisiert. Aber auf diesem Gebiete noch nicht. Drüben kennt man eine solche Not der Geistesarbeiter nicht oder doch nicht entfernt ,n unserem Umfange, weil es dort zu den Alltäglichkeiten ge hört und niemandem auffällt, wenn studierte Leute körperftche Arbeiten verrichten, um sich, ihren Lebensuntephalt zu verdienen. Studenten, aber auch fertige Akademiker, die noch keine be soldete Stellung gefunden haben oder vorübergehend stellenlos geworden sind, verdingen sich drüben als Kellner, Arbeiter, ja selbst als Zeitungsverräufer und Stiefelputzer, ohne daß dies ihrer späteren Laufbahn schadet. Bei uns zu Lande und selbst in Berlin, wo man bereit» mit ipancben Vorurteilen gebrochen hat, wäre dies eine Unmöglichkeit. Wohi gibt es auch unter den Berliner Handwerkern, Arbeitern, Dienstmannern, Straßen- rcinigern manche akademisch Gebildete. Aber sie gelten alS dauernd Entgleiste und können nie mehr den Weg zurückfinden. In der Theorie heißt es zwar, Armut schändet nicht, und ehr- liche Arbeit macht keinen schlechter. In der Wirklichkeit aber kann diese Anschauung nicht aufkommen. Der ironische Ber- liner Hot sich denn auch längst seinen BcrS darauf gemocht, iw dem er in Umkehrung des bekannten Sprichwortes sagt: „Reich tum schändet nicht, und Armut macht nicht glücklich. Zu Tausenden laufen in Berlin beschäftigungslose A«zt«, Rechts anwälte, Privatlebrer und andere Studierte herum uyb hungern, hungern nach allen Regeln berufsmäßiger Hungerkünskler. Nicht alle haben die Charakterstärke, den sich zahllos bietenden Ge legenheiten zu Schwindeleien, Betrügereien, Hochstapeleien zu widerstehen, und so sehen wir denn an der Spitze so mancher Unteriiehmunaen, die früher oder später dem StaatSanwalt zu tun geben, akademisch Gebildete, die mit einem Fuße im Ge- fängnis oder Ziichtyauie stehen. Auf den „Verein der Rechtsfreunde" ist durch die erwähnte Gerichtsverhandlung ein so Helles Licht gefallen, daß er eigent lich für alle Zeiten unichädlich gemacht sein sollte. Da erschien ein Zeuge, der gleichfalls Mitglied des Vereins ist und zugeben mußte, daß er wegen strafbarer Handlungen aus dem Rechts- anivaltstanoe ausgestoßen worden ist und inzwischen eine längere Gefängnisstrafe abgemacht hat. Als Geschäftsführer deS Ver eins präsentierte sich ein zunger Kaufmann, der den Befähigungs nachweis für Rechtskunde dadurch erbracht hat, daß er bereit» mehrfach wegen Schwindeleien sich vor Gericht zu verantworte» hatte, allerdings so mangelhaft, daß er auch mit einigen Straf anstalten schon mehrfach persönliche Bekanntschaft gemocht Hai. Endlich stellte sich als die Hauptkapitalistin deS Vereins, als dessen eigentliche Geldgeberin (wenn man so saaen darf) eine Frau vor. die bereits den Offendarnngseid geleistet, aber den- noch als BereinSvermögen 20 000 Mark eingelegt hat, wenigstens aus dem Papier. Befragt, wo diese Summe sei und woher sie stamme, gab die Zeugin errötend an, daß sie daS Geld in Spaa — gewonnen, aber bisher allerdings noch nickt erhalten habe, eine etwas dunkle Transaktion, die indessen das Wese« dieses Vereins nur noch Heller beleuchtete. Und an der Spitze dieses eigenartigen Vereins «in Juftizrat, der noch völlig unbescholten ist — in der Tat, dieser „Verein der Nechtsfreunde ist eine Millionenstadt-Gründung, die geradezu als Schulbeispiel in einem Lehrbuch über moderne Berliner Sumpf- und Gift pflanzen figurieren könnte, oder auch in dem Berliner Romane der Zukunft, der noch geschrieben werden muß und sicher eine» Tages geschrieben werden wird, sei eS im Stile eines Dicken» oder Thackeray, sei« es in der Art eines EuaSne Sue oder Zola. Inzwischen häuft sich freilich daS Material da-» in bv« ängstigender Fülle an. . . .
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