Suche löschen...
Dresdner Nachrichten : 02.11.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-11-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-189911029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18991102
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18991102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-11
- Tag 1899-11-02
-
Monat
1899-11
-
Jahr
1899
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 02.11.1899
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Seite 8LV. Belletristische Beilage zu den »Dresdner Nachrichten". die Ar^rrerDiVett. Merksprnch: Wer echten Glückes wcrth. Der strebt nicht nach dem Glück, Er hat ja schon davon Das allergrößte Stück. O, ». Leixner. Was solle» unsere Kinder lernen? Manchen Eltern macht cs ere Sorgen, was sie einst den Heranwachsenden Kinder lernen lasten »ollen. _ re Liebe möchte doch gewöhnlich so viel als möglich ans ihnen machen, und deshalb schmieden sie einen Plan über den andern, zu welchem Berufe sie den Knaben am liebsten bestimmen möchten, „dich, ich wäre dock glücklich," sagt die Mutter. ,wenn Hans einmal Prediger würde. Er ist auch ein gut- l gesitteter, sehr ernst veranlagter Knabe, der sich zu diesem meinem Lieblings berufe recht wohl eignen würde!" „Nun ja." meint trocken der Bater, „das wäre schon möglich, daß er sich zum Studium eignete, aber weißt Du, ich hätte lieber einen tüchtigen Kaufmann aus ihm gemacht. Da wäre ja auch zugleich am besten für seine Zukunft gesorgt, weit er als Nettester einst mein aut eingesührtes Geschäft fortführea könnte!" Und so gicbt es des Hin und des Her so Mancherlei, ohne dabei der ernsten Sache auch nur »in einen Schutt naher zu kommen. Solche Berathungen würden oft ganz uunöchig sein, wenn die Ellern sich gewissenhaft mit den Eigenheiten des Knaben befreundet hätten. Denn weiches Kind hätte nicht für Das oder Jenes eine besondere Vorliebe, die sich in allen seinen Handlungen, seien sie ernst oder spielend, bekunden wird. Der eine Knabe belehrt gern seine Kameraden, der andere kommandirt sie als seine Soldaten in dem schönsten Feldwebelton, der dritte untersucht und prüft Alles, zeigt sich sehr praktisch, probirt allerlei Konstruktionen, der Vierte schwärmt für die Natur und erkennt in dem ein fachsten Blümlein die Weisheit des Schöpfers, während der andere ihn als eine Memme verlacht, der selbst nichts weiter liebt, alls alle seine, nur irgend entbehrlichen keinen Reichthümer zu verschachern und zwar möglichst gut. Zurückgchend nun in diesen Fällen würde ich meinen, daß der zulejugenannte Knabe entschiedenes Talent zum Kaufmann in sich hat. Der nächste würde sich unbedingt zum Prediger eignen, der dritte zum Techniker, der andere zum Soldaten, der erste zum Lehrer. Was ein Haken werden will, krümmt sich bei Zeiten I Und es tst von nicht zu unterschätzendem Weiche für das ganze künftige Leben eines Menschen, wenn alle seine Neigungen mir seinein Berufe übereinstimmen. und er nicht gezwungen ist. für Etwas seine ganze Kraft einzuietzen. für das er absolut weder Lust noch Talent besitzt. Dasselbe Remltat der Beobachtung bieten unS auch unsere Mädchen. Das eine geht gern der Mutter in der Küche zur Hand, das andere sitzt am liebsten dein, Nähen imd Stricken, das dritte bemuttert lcbenSgern kleine Kinder, während das nächste mit Vorliebe Klavier spielt, und ein anderes gern Thee kocht und Umschläge macht und mit großer Zärtlichkeit Geschwister und Püppchen pflegt. Daraus ergiebt es sich ganz von selbst, zu welchem Berufe wir auch unsere Mädchen zu bestimmen haben, wenn cs ihnen einst veriagt sein sollte, als beglückte und beglückende Frau und Mutter ihr Dasein verbringen zu dürfen. Nicht Alle können das Gleiche gleich aussüllcn. Das zur Krankenpflegerin sich eignende Mädchen wird niemals eine gute Klavierspielerin werden und die Köchin nie eine tüchtige Schneiderin oder Modistin, wie das sich zur Erzieherin eignende nie eine praktische Wirtbichaftcrin. Die Berufsart liegt oft in dem Menschen drinnen, und wenn es Eltern ernst mit ihren Pflichten nehmen, jo können Berufsverfehlungen, die oft einen Menschen für das ganze Leben unglücklich machen, kaum Vorkommen. Darum beobachtet Eure Kinder schon beim Spiel, denn was ein Haken werden will, krümmt sich bei Zeiten I - Hedwig SrattheS. Möbelstücke sind zu heben, nicht zu schieben. Beim Knieen bediene man sich eines Kissens. Der Gebrauch des Schrubbers ist nur auf großen, freien Flächen gestattet; unter den Möbeln, in Ecken und Winkeln darf nur mit der Hand gewischt werden Einmal in der Woche nebme man etwas mehr Seife in das Wasser und bürste mit einer weichen Bürste alle Fugen und die Hohlboklen der Scheuerleisten aus und trockne dann mit einem zweiten Tuche nach. Sind die Dielen alt und uneben, so bürste man auch sie. Ein Maß- stnb für Reinlichkeit im Allgemeinen ist bekanntlich der Zustand jener Stellen, die nicht sofort m's Auge fallen. Auf den aufmerksamen Beobachter macht es in der That einen böchst unangenehmen Eindruck, wenn sich längs der Wände, unter den Schränken u. s. w. jener bekannte grauickwarze, matte Streifen zeigt, der von nachlässiger Reinigung spricht. Man findet ihn nicht selten auch in Haushaltungen, die im klebrigen gewiß das Prävikar: reinlich und ordentlich verdiene». So leicht wie der Streifen sich bildet, ebenso leicht läßt er sich bei einiger Aufmerksamkeit vermeiden. Deshalb jede Arbeit unter Kontrole nehmen! Während der heißen Jabreszeil lasse man die Zimmer tagsüber niedrere Mal mit kaltem Wasser überwachen. Es trägt dies ungemein viel zur Erfrischung bei Besonders ist das nothweudig in Krankenzimmern. Bei ansteckenden Krankheiten gießt man zum Zweck der Desinfektion einen Eßlöffel voll Kreolin in das Tck-eucrwasser. da die sonst so vortreffliche grüne Schmier'eife nicht anwendbar in, indem sie das beste Lösungsmittel für Lack und Oeliarbe liefert. Ihrer bediene man sich also, wenn man einen Anstrich entfernen will, und zwar dergestalt, daß eine konzentrirte Lösung genannter Seife mittelst Pinsel aufgetragen wird, die man nach einigen Lagen mikfammt der Farbe abwafchen kann. Ci. Z. Die Behandlung der Fußböden. (Ein Kapitel für Dienst mädchen.) Die Kenntniß dieser anscheinend leichten Arbeit setzt man eigent lich als selbstverständlich bei jeder dienenden Perion voraus. Bon ihrer guten Ausführung hängt zum großen Theil das schmucke Aussehen eines Zimmers ab. Sie umfaßt aber auch eine gewisse nicht zu unterschätzende Schonung des Anstrichs, dessen Erneuerung eine ziemlich kostspielige Sache ist: obgeieben von der tagelangen Unbequemlichkeit, welche sie mir sich bringt. Die wenig verständige Weite, mit welcher manche Dienstmädchen beim Reinigen der Zimmer den Fußboden behandeln, läßt wohl eine kleine Betrachtung darüber gerechtfertigt erscheinen. Oelfarbenanstrich würde seiner Natur nach nicht allzulange der Abnutzung widerstehen, wenn er nicht mit Lack überzogen wäre Dieser macht ihn unempfindlich gegen Nässe, will aber selbst schonend behandelt werden. Man vermeide daher Alles, was den Lack angreift, vor Allem zu warmeS Wasser. Soda und scharfe Seifen. Theits aus Unwissenheit, theils aus Beauemlichkeit fehlen gerade hierin die meisten Mädchen. Ein Zimmer, welches täglich benutztwird, muß auch täglich ausgewischt werden Ist es sehr schmutzig, durch Speisereste, Krümchen und dergleichen verunreinigt, so nebme man etwas aufgelöste Seife in das höchstens 30 Grad warnic Wasser. Nachdem hcrumliegcnde Kleinigkeiten zufcimuicngeleicn oder gekehrt, Teppiche mit dem dazu bestimmten Relsstrohbeien abgelegt wnrdcn. ringt man ein weiches Scheuertuch im Wasser fest aus und wischt damit, stark ausdrückend, die Dielen gleichmäßig ab. Doch keine allzugroße Fläche („Ritt", wie der küchentechniiche Ausdruck lautet). Bevor man weitergcht, muß das Scheuer tuch erst ausgewaschen, nicht nur naß gemacht werden. Hierin versehen es die meisten Mädchen, auch darin, daß sie Tropfen stehen lassen, die dann häß liche graue Flecken ergeben. Das Tuch muß so stark ausgerungcn werden, daß die Dielen sofort wieder trocken erscheinen. Nur so bleiben sie blank. Während des Wlschens achte nian darauf, die Farbe nicht durch Aufslcmmcn der Schuhspitzen zu verletzen. Ein sorgsames Mädchen wird seine Lcderfchnke ' kTl" deshalb vor der Thür stehen lassen oder in weichen Filzpantoffeln gehen. Scrbstabschied. Mit den kalten, hatten Händen Sirerft der Wind durch's gelbe Ried, Lichte Roscnträume enden, Schwalbe singt das Scheidelied. Aber nicht mit Trauerrande Ist der kurze Tag umsäumt: Purvurroth im Festgcniande Steht der ernste Wa!d verträumt. Schlanke Birke tanzt im Golde, Auf dem Ahorn glcitzt's wie Blut, In der Eiche Feueidolde Flammt's wie heißer Küsse Gluth. Und noch einmal glüht und bebt es, Und noch einmal sieigt's empor! Auiwärls aus den Wipfeln strebt es, Jubelvoll — ein Adfchiedschor: „Nicht in Tbränen, nicht in Wunden Soll des Herbstes Ende sein! Weiudurchwürzte Sonncnstunden Wiegen ihn zum Sterben ein. Sonnenrosen, Winzerlieder, Rcbciipracht und Psirsichduft Froh und lächelnd steigt er nieder Wie ein Heid zur Todengruft." Johanna Maria eankau. rr ä t b s e l - L a-k e. Es kommt vom „Himmel, sieht aus wie Gold, Ihr fangt es nicht, wenn Jhr's haschen wollt: Doch komm! es in ein Glas Wasser hinein. Husch, wird es an der Decke sein! Es schlüpft bebend durch das kleinste Loch, Durch des Fensterladens Spalten noch! Doch treibt es seine Schelmerei Nur. wenn der Himmel wolkenfrei. Es schmeckt nach nichts, Ihr könnt cs glauben, Doch macht cs süß die Birne» und Lrauden, Es ist uns Allen gesund und gut. Nur dem Schneemann es gar wehe thut. Ob ich leicht oder schwer, Das fragt sich noch sehr. Schreibst Tu mich mit w, Doch gieb mir ein p — Wenn gut das Faß, Wird'S ed!e Naß Sich Hallen d rin gut. Doch sei aus der Hut Vor dem Wort mir r! 's giebk langes Gezerr, Wenn nicht Alles klar Und bis auf's i Liivferl wahr! Nu» schnell noch mir lag', Ob mil d ich vielleicht Dir schon Lorbeer gereicht? Doch bald häßlich. bald schön Bin mit s ich zu seh n : Doch nimm auS der Mitten De» Zweiten und Dritten, So ivunich' ich von Herzen Dir nie solche Schmerzen. Im Frühling komm' ich als Kätzchen klein, Dann hüll' ich mich in zwei Röcklein ein. Das erste schwärzt die Finger Dir, Obgleich cS grün ist — glaube mir! Ziebst Du mir beide Röcklein aus, Tann „guken Appetit" zum leckeren Schmaus! Mit langem Schwänzchen ein rothes Mäuschen! Es trägt aus dem Kopfe ein grünes Sträußchen, Es muß in der dunklen Erde bansen, Nicht Kaken — nein Kinder sollen es schmausen. ? «r Wck«e WM Gegründet 18S6 jHt Anstit Lnillstq n) §»nl» l«o i»« Donnerstag, den s. November. 18V». bin Gottesmann. Roman von Marie Bernhard. (For!ktziu,g.> „Ich verstehe mich wohl nicht genügend daraus, um ein Urthcil abzugeben!" entgegnen: der Pfarrer gelassen. „Du siebst mich aber einigermaßen erstaunt, lieber Sohn! TicS sicht hier offenbar nach einem ernstlichen Studium aus! Ich habe gar nicht gewußt, saß Du Dich >o eingehend mit Malen beschäftigst! Wo willst Tu denn hin, mein Töchterchen?" Er hielt Maria, die sich behutsam an ihm vorbei zur Thür schleichen wollte, bei der „Hand fest. „Ach. laß sie nur geben, Ulrich!" sagte Charlotte ein wenig ungeduldig. „Dir können sic jetzt wirklich hier nicht brauchen, — ihre Zeit wird ja auch bald kommen! Tu hast übrigens ganz Recht, wenn Du bei Hans von einem ernstlichen Studium sprichst! Es ist eine Lebensfrage für ihn. und er hat sie schon lange mit Dir beipreche» wollen. Nämlich, er möchte nicht Geist licher werden sondern Maler!" Dies war das letzte Wort, das Maria hörte. Sie hatte sich mit erschrockenen Augen von der Hand ihres Vaters frei gemacht und schloß mm geschwind die Thur hinter sich, als brenne ihr der Boden unter den Füßen. 19. Kapitel. Ohne nur noch einmal zurückzuichen, ohne einen Gedanken daran, ihre Mutter auizusucheu. um das eben geschehene mit ihr zu besprechen, lies das junge Mädchen weiter, immer weirer, bis ihr rascher Herzschlag und kurz werdender Atbem ihr Stillstand geboten. Da erst blickte Maria um sich und war einigermaßen in die Wirklichkeit versetzt. Wo war sie denn eigentlich? — Sie war nicht durch die Hinkerkbür des Hauses in den Garten gekommen, sonvern durch die größere Hauptpforte, die rechts die Dorfstraße in einer kleinen Entfernung sehen ließ . . . links einen Weg. der sich an einigen verstreut liegenden Hänschen vorbeischlängclte, eine Zeit lang, enger und schmäler werdend, sich zwischen dichtem Buschwerk unv niedrigem Fichrcngchölz hinwand, um sich dann unter stolzen Tannen und knorrigen Kiefern, den ersten Vorposten des Waldes, vollends zu verlieren. Diesen letzken Weg hatte Maria gewählt, wenn in einem Augenblick großer innerer Erregung von einer Wahl halte die Rede sein können. Ganz instinktiv war sie hierber geflüchtet, — sie wollte allein sein! Der Dust des Nadelswaldes, herbkrästig und harzig, hing schwer unter den Bäumen. Die Sonne kochte förmlich das Ozon, bleischwer brütete die Hitze über den Tannen. Kein Vogellaut erscholl, nur ein einförmiges Zirpen kam einschläfernd aus einiger Entfernung herüber, und im üppigen Buschivcr! raschelte es, als slückste ein Wild tiefer rn's Dickicht hinein. Lautlos huschle ein geschmeidiges Eidcchslein unter einem großen, abgeplatteten Stein hervor, der mitten unter wild wucherndem Gestrüpp am Fuß eurer etwas zerzauste» Kiefer lag. Der Boden hob sich hier ein ganzes Stück, man konnte von diesem Stein aus deutlich das Lubcnower Pfarrhaus sehen, es hob sich, wie ein ausgeschnittenes Bildchen aus der grünen Umgebung heraus. Als Hans und Mieze noch Kinder waren, hatten sie hier häufig gespielt, zuweilen auch die Mutter überredet, au dieser Stelle Kaffee zu kochen oder Kartoffeln in der Arche zu braten. Ter große Stein bot eine vortreffliche Ferrerstelle. Mächtige Farrcnwedel nickten um ihn herum, würzig riechender Thumian wuchs dicht am Boden; dazwischen ragten die Glocken des Fiugerhutcs an langen Stielen empor und schaukctteii ungezählte Maßliebchen rm leisen Windhauch an losem Stengel. Maria Deinhardr ließ sich arrfathmend auf den Stein, den alten Ver trauten ihrer Kinderiabre, nieder, legte die Hände leicht gefaltet um die Kuiee und schaute brennenden Auges z» dem friedlich dalregerrden Pfarrhauie hinunter, in dem jetzt der Kamps um das Schicksal ihres Bruders arisgefochten wurde. Ter erste Kampf um den Berus eines der Teiiihardt'ichen Kruder . . . wann kam der zweite? — Ohne Hut, ohne Handschuhe war das Mädchen fortgestürmt. es hatte sie wre ein Schwindel gepackt gehabt. — nur nickt bleiben dürfen! Und doch bangte ihr vor dem Ausgang dieser Auseinandersetzung, und sie hätte viel darum gegeben, ihn jetzt schon zu erfahre»! Sie wußte, ihr Bruder war zum äußersten entschlossen, sie wußte, sollte er wählen müssen, zwischen seiner Knust und dem Baterhause. Wie diese Wahl ausiaUen würde, — und Tante Lotte mit ihrer Beredtiamkeit und ihrem Geist war keine zu unterschätzende Bundesgenossin. Dennoch fragte cs immer wieder in Maria: wird es ihnen gelingen, den Vater um- zustlminen? Ta, wo zwei, drei Fichten sich zu einer kleinen Gnrvve vereinigten, links von dem stacken Stein, und ein wenig hinter demselben, stand regungslos ein Mann. Er hatte bereits dort gestanden, als das junge Mädchen arhemlos den Abhang erklomm. Wäre Maria nicht so ganz in ihre Gedanken verliest und achtlos aus ihre Umgebung gewesen, — sie hätte ihn sehen müssen, denn die Fichten verdeckten rhu keineswegs ganz. Er hatte auch bereits an den Hut gefaßt, um sie zu grüßen, da er als selbstverständlich annahm, sie sei seiner gewahr geworden. Mir einem ungläubigen Lächeln ließ er die Hand wieder sinken. Konnte es wirklich sein, daß man am Hellen Mittag im grellen Sonnenschein einen Mann in Lebensgröße, der neben einer Baumgruppe stand, kaum halb von derselben gedeckt, übersah? Roch dazu einen Mann, der durchaus nicht gewöhnt war. von Frauen übersehen zu werde»? Svlvsler von Wirrterfeldt war in einem knappen, eleganten Jagdkostüm, das ihm. wie Alles, was er trug, vortrefflich saß und sehr gut zu Gesicht stand. Seine hohen, schmiegsamen, bis über die Knie reichenden Lederslies« waren naß und zeigten deutliche Spuren, daß ihr Besitzer rücksichtslos mit ihnen durch Sumps und Moor gewatet war. — Es baumelten chm ein paar Wildenten mit durchschossener Kehle am Gürtel, die den Beweis lieferten, daß das seine englische Gewehr, das dem Jäger an Hellem Lederriemen üb» die Schulter hing, nicht blos als Zierat mitgenommen worden war. Sylvester war mit Vater und Sohn Schclling seit einigen Stunden aus Enteniagd ge wesen, die Herren waren im Kahn über den see gefahren, hatten dort rm Röhricht ihre Pente erlegt, dann in einem primitiven Hüttchen. das den ans Wasservögel Jagd machenden Herren des Oesteren als Unterschlupf diente, ein improvisittcs Jägerfrühstück eingenommen, und dann hatte man sich einst weilen getrennt, da die Schelling s eine notdwendige Besprechung mit einem Dorfbewohner hatten, um Auskunft über einen ihrer Ortsaiigchörigen ein- zuhoten, der gegen sie Klage führte. Diese Geschichte interesirrte spürest» gar nicht und drohte, sehr langweilig zu werden, er zweigte sich daher ab und bummelte zwecklos mrd auf Umwegen allgemach auf Schloß Lubenow zu, da es zum Mittagessen noch reichlich früh war. Unter seinem mit einem Reiherslutz gqierten Jagdhütchen blitzte« Svlvester's Augen unternehmungslustig, während die rechte Hand gewohn heitsmäßig den Schnurrbart aufdrehte. Sieh, sieh, — hatte « doch auch mal Glück . . . nicht blos sein lieber Vetter Friedhelm. dem allemal die schönsten Früchte mühelos in die Hand rollten! Mußte chm hi» gerade diese süße Mieze in den Schuß kommen, — ein Wild, aus das er bei »einer Jagd durchaus nicht gerechnet hatte! Uiid sie hatten noch gerade heute so lebhaft von eben dieser Mieze gesprochen, — er und die Schema s > Vorsichtig sah er sich nach rechts und links um . . . daß doch um ja die „beiden KlmgS- berg" jetzt nicht zufällig zu chm stießen! Er konnte sie ht» ganz und gar nicht brauchen, er wünschte, die ''''' " und fast sah es ihm aus. Eigentlich doch ganz undenkbar, , . .... hatte cs ihn gesehen, so ließ es auf einen ganz bedenklichen Grad von Koketterie schließen, sich so, — gerade »o in seiner unmittelbaren Näbe hin zusetzen. in dieser Stellung, die so ungesucht, so natürlich ausiah und doch, wie Alles an diesem Mädchen, etwas ganz ungewöhnlich Reizvolles hatte. Wie sie da halb saß. halb lag. ohne Hut, ohne Handschuhe, ohne Soanen- ichirm, in ihrem weißen Kleide, mit der prachtvollen Eenkifolie auf der Brust, war sie geradezu wie ein Bild zum Malen, Sylvester wußte nicht: wie nahe er mit diesem Gedanken der Wirklichkeit kam! Was hatte sie deaa immer io koiuenlrirt auf ihr Pfarrhaus hcradzublicken, als sähe sie es deute zum erstenmal. — als spielten sich in seiner unmittelbaren Umgebung wund« was für interessante Vorgänge ab? — Sylvester hob sich aus dir Mßspitzeu empor und reckte den Hals. — umsonst! Er konnte nichts erspähen als daS Hans, das mitten im Grünen traulich dalag und genauso auslad wie immer. Tböricht von ihm, das hundertmal geschaute Lubenow« Pfarrhaus zu studiren, wo sich in seiner unmittelbaren Näbe ein so viel dankbarer» Anblick bot! Ties fein ans'ctzende Röschen, das dem Prosit die schöne Linie gab. — die weiche, runde Wange, dir die eben aufblübendc Jugend kennzeichnete, da etwas bochmülhig und eigenwillig geschweifte Mund und diese Wimpern, seidig und dunkel, die dem Blick das Geheimnißvvlle. beinahe Schmachtend« gaben! Das volle, wellige Haar, in dem die Sonnenstrahlen ihr muth- willigcs Spiel trieben, glänzte nicht goldig. — es war vielmehr etwas Metall- schimmer darin, etwas wie flüssige Bronze, und dadurch, daß Maria es heute mehr zuruckgeskrichen trug, »ah man deutlich, welch' wunderschöne Stirn und Brauen sie hatte. Sylvester von Winterfeldt war ganz der Mann dazu, alle diese Reize zu gontiren. » kniff ein wenig die Augen ein und musterte daS junge Mädchen mil einem Blick, der bei all» Bewunderung zugleich etwas Beleidigendes Hane, — gerade machte er sich bereit, sie anzureden. als ei» Zufall dies vereitelte. Es raschelte im Gesträuch, ein kurzes Bellen erscholl, und von d« Richtung her, in welcher weit» unten der See lag, kam in langen Sätze« Friedbclms Jagdhund Pfiffig, der auf eigene Rechnung noch am Was»'» ge jagt. ein Volk Enten ausgestödert hatte und hinter den zierlichen Möwen hergeweicn war. die es besonders gut verstanden, ihn zu ärgern, indem sie rührdicht vor ihm anfflogen, vor »einer Ochse hin- und verstrichen. um. sowie er zuichnapvte. blitzgeichwind sich in der Luft hermnzuwerfea. und mit da silberweißen Brust fast den Wasserspiegel streifend, davonznsausen. Pfi stick ein langgestreckter, grau- und braun gezeichnet» Vorstehhund, noch ziemlich jung und täppisch, kam. patschenaß von seinen unterschiedlichen cswwimm- übungen ini See, in großen Sätzen einhergestürmt, — die geschmeidige, rothe Zunge hing ihm weit ans dem Halse, die langen, weichen Obren ranzten ihm um den Kopf. Mil lautem Bellen begrüßte » seinen einstweiligen Gebiet», sprang an ihm in die Höhe und versuchte, ihm das Gesicht zu lecken. „Na. na! Schon gut! Schon gut! Kusch' Dich!" sagte Sylvesta etwas ärgerlich, denn natürlich war nun das in sich versunkene Mädchen a«^ merffam geworden, batte sich rasch umgedrcht und ihn bemerkt.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)