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Dresdner Nachrichten : 09.10.1926
- Erscheinungsdatum
- 1926-10-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-192610094
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19261009
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19261009
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-10
- Tag 1926-10-09
-
Monat
1926-10
-
Jahr
1926
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 09.10.1926
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Somabend. S. Okkober 1S2S »Viendnee schien*»»» irr. <75 Seite r Der Mor-prozetz Vöhme. Erste, La«. lV-rtfehnn« de» »»richte» au« d»m «»»ndSlott«.) Nach der Mittagspause glnse« die Erörterungen über die BermögenSverhältntsse nochmal» wetter, dann wenbete sich da« Gericht der dritten Verehelichung zu. Der An- geklagte mar durch ein Inserat mit der damaligen Witwe Trip» geb. vaudrock befannt geworden. Er will sie nur dreimal gesehen und dann sogleich von ihr di« Zusage er halten haben. Dir «weit« Begegnung fand am 2«. Mär, 101» statt, er habe mit ihr da« Grab von deren verstorbenem Mann ausgesucht, da« Jawort erhalten und am Tage darauf sei auch bereit« dt« Trauung vor dem Standesamt erfolgt. vors.: TS wird gesagt. Ihre Fra« hätte anfänglich ab geschrieben, Sie seien dann mit einem Kran« erschienen und sollen sie dann gewissermaßen auf diese Weis« etngewickelt da!'?,,. An ge kl.: Mit dem Kran« ist da» richtig: wa» aber dazu geredet und erzählt worden ist. beruht alle» auf Un- Wahrheiten. Bors.: Da» dürfte nicht stimmen: e» befindet sich ein Pries bet den Akten, der gegenteilige Angaben enthält und den ich doch einmal zum Vortrag bringen will swa» alSbald geschaht. In dem Briefe bracht« der Angeklagte zum Ausdruck, daß er die Witwe Trip« al» seinen ausgehenden Stern be trachtet: er kündigte Ihr den Besuch an und bat sie unter aller- lei LicbeSbetcucrungen, mit «um Grabe ihres verstorbenen chatten «u folgen. Der Angeklagte gab «u, den Brief ge- schrieben zu haben: wegen de« Kriegszustand«» sei Eil« ge boten gewesen. Bors.: Die grotze Eile gibt aber noch weiteren Ansatz zu allerlei Bedenken. Am 20. Juni gleichen Jahre» wurde bereit» ein Testament errichtet, da» durchweg zugunsten de» etwa Hinterbliebenen Manne» abgefaßt war. Wie stand e» dttler Zeit mit den beide» Töchtern au» erster und zweiter Angel!.: Ich habe tatsächlich kein Erinnerungsbild mehr. Mir war auch die wirkliche Vermögenslage nicht ge nau bekannt. Bors.: ES kommen aber noch ganz ander« Momente hinzu. die Shesra« hat zu Angehörigen erklärt, sie habe solle« einmal «mgebracht werben. Auge kl.: Keine Spur davon ist wahr. Vors.: Hatte Ihre Frau kein Interesse am Testament? Dar es hinterher denn noch nicht zu Meinungsverschieden heiten gekommen? Angek l.: Davon ist mir nicht» bekannt: e» spielen hier lauter Verdrehungen und irrtümliche Auffassungen. Der Nachlah soll 200 000 bis 500 000 Mark betragen haben, bemerkte hierauf der Vorsitzende, woraus der Angeklagte diese Höhe zu bestreiten versuchte, »m bann 'rin kurzes Bild seiner dritten Ehe zu entrollen. Im Mai gleichen Jahre» benötigte der Bruder dringend Geld, seine Frau habe da etngcgrisfen, ihr wurde später auch dessen Grundstück al» Sicherheit über eignet. Im August lüttl wurde SanitätSrat Dr. Böhme au» dem Heere entlassen »ud nach GrotzrvhrSdors beurlaubt. E» hätten keinerlei Differenzen in seiner Ehe bestanden. Die Frau kam Anfang September ebenfalls von Dresden au» nach dem Laiidhaiise. sie hegte den Wunsch, sich an den Jagbgängen be teiligen zu dürfen. Bors.: Hier kommen wir aus de« Punkt, der von Ihnen »si anders bargcstcllt worden ist. Einmal soll sich Ihre Frau öfter, sieben- biS achtmal, an Jagden beteiligt haben, dann sagten Sie bei Ihren Vernehmungen wieder anders aus. Sie haben immer gewechselt. Nach einer anderen Darstellung soll Ähre Frau erst am Tage zuvor und da zum erstenmal an der Jagd beteiligt gewesen sein, was ist denn nun eigentlich davon richtig? Angekl.: Meiner Erinnerung nach war sie einigemal mit- Gängen: sie interessierte sich sehr siir die Jagd. Wie oft sie mit wqr. kann ich heute nicht mehr sagen. Vors.: Wie verhält es sich mit einem Unfall. Ihre Frau soll bei einem Jaabgange einmal beinahe abgestürzt sein? A n g e k l.: Das ist eine Unwahrheit. Vors.: Ein Schnürsenkel soll ausgcgangcn sein und den Anlab zu dieser Angelegenheit gegeben haben. Angckl.: Kein einziges Wort ist davon wahr, dies ist ganz ausgeschlossen. Vors.: Vielleicht liegt eine Verwechslung vor, die aus eine solche Darstellung schlichen lassen könnte. Nngekl.: Das kann möglich sein. Gelegentlich eine» Spazierganges wurde einmal ein Geräusch im Strauchwerk vernommen, da streifte ich mit den Fühen im Heidekraut her um, meine Frau lachte darüber. Vielleicht hat sie die» damit gemeint. Wir kamen darauf zu sprechen, wenn die» auf der gegenüberliegenden Höhe passiert wäre, bann konnte leicht etwa« geschehen, und da» hat sic sich vermutlich cingerebct. Vors.: Sie geben hier eine Darstellung, von der Sic bisher nie gesprochen, obgleich der Fall doch wiederholt erörtert wor- den ist. Warum wurde dies niemals erwähnt? Der Angeklagte machte auch hier wieder die gleichen Aus flüchte: er sagt, sein Erinnerungsbild habe stark gelitten, er könne sich wirklich nicht mehr aus die Vorgänge entsinnen und nicht sage», weshalb er diese Darstellung nicht mit erwähnt habe. Vors.: Hatte Ihre Frau von einer ehelichen Trennung gesprochen? Angekl.: Nein, niemals habe Ich so etwa» von ihr gehört. Vors.: Auch nicht am Morgen de» 22. September 1216? Angekl.: Nein, auch nicht an diesem Morgen. Vors.: Wie war cS nun am 22. September? War da nicht ein gemeinsamer Jagdgang verabredet worden? Angekl.: ES sei der Wunsch von ihr gewesen, daß sie mitgehcn konnte, mehrfach hatte sie mich darum gebeten. Vors.: Wir werden von Zeugen hören, daß die Der. storbene im Gegenteil keine Lust hatte, mit,»gehen. Wollen Eie sich darüber näher äußern? Angekl.: Das sind alles unwahre Angaben. Vors. : Dann schildern Sic einmal die Geschichte, reden Sic ruhig ohne Unterbrechung. Angekl.: Mir trafen un» am Gasthof und schlugen dann den vereinbarten Weg ein. Mein Gewehr war mit Hllhncrschrot geladen. Im Gelände sahen wir Hühner, auch einmal Fasanen anfgchcn. Reviersürster Winter war etwa 25 Meter seitwärts, mein« Fran war teil» einige Schritte vor, aus, teils auch direkt neben mir. Ich trug mein Gewehr im letzten Augenblick mit der Mündung nach oben gerichtet, de« Fi»g«r hatte ich am Abzug. Ich verspürte plötzlich im Gehen eine Hemmung, stolperte nach seitwärts, da ging auch aus einmal der rechte Schutz loS. Vors.: Also beim BorwärtSschretten trat eine Hemmung ein. dabei entlud sich Ihr Gewehr? Angekl.: Jawohl, cS war aus einem Stoppelselbe, et« Schnürsenkel batte sich gelöst, ich muß barausgeireten sein. Vors.: Diese Darstellung erscheint nicht glaubhaft. Sie wollen bei langsamem Gang seitwärts gestolpert ««d «ach hintenüber gefallen sein, wie soll man l» etwa» erklären, das ist doch unmöglich, so wie «ie die« hier ««geben. « » gekl.: SS trug sich so zu. wie ick geschildert habe. vors.: Wann haben Sie nun gesehen, daß Ihre Frau durch den loSgraangenen Schutz getroffen worben ist? Angekl.: Im Augenblick war ich ganz verwirrt, am Erdboden liegend, habe ich mich mit den Händen im Acker eingekrallt: ich weiß vor lauter Ausregung nicht einmal, wie ich daun in» Dorf zurltckgekommen bin. Bon diesem Moment an habe ich aber auch keinerlei Erinnerung mehr. Bors.: Habe» Die an Ihrer Garderobe keine veschäbi- -uwaen bemerkt? Angekl.: Nein, mir war nicht» aufgefallen. Bors.: Damals haben Di« viel mehr gewußt und bet einer Bernehmung beispielsweise angegeben. Reoierfvrster Winter habe Ihnen Gewehr und Patronen weggenommen. Angekl.: Ich habe durch dies« ganze Geschichte schwer gelitten, mein Gehirn mutz stark erschüttert worbe» sein. Ich kann heute nicht» mehr angebe«. Bors.: Wie kommt e» denn aber, datz Ihr« Erinnerung über alle Borkommnisse vor dem Schüsse ein« so autzerordent- lich scharfe ist. baß Si« sich so klar aus Kleinigkeiten besinnen können, die scheinbar ganz belanglos sind? -Inge kl.: Ich kan« mache» «a» ich »ill. ich habe heute k«t«e Erinnerung mehr; nicht die Spur einer Möglichkeit be steht. batz ich mich aus etwa» «och e«tfin«e« könnte. Met« Gehir« mutz durch die Erschütterung gelitten habe«. Das steht in gewisse« Widersprüche« ,« Ihre« vors.: sonstigen scharfen «nb sehr klaren Angabe«. Ein Geschworener: Nach alter Gewohnheit und Jägerregel trägt man doch da» Gewehr nicht fest an die Brust gedrückt, sondern mit auSgestreckten Arme». Angekl.: Wie ich dt« Hemmung verspürte, wollt« ich ein Hinfallen verhüten. Bors.: Sie wollen gestolpert und dabei nach rückwärts gefallen sein, das ist doch unmöglich. Angekl.: Ich bin ja gar nicht gestolpert, ich verspürte beim VorwärtSgehcn eine Hemmung: mir fehlt eben jede weitere Erinnerung. In längeren Erörterungen wurde di« vom Angeklagten vorgebrachte Schilderung Uber die plötzliche Entladung feiner Jagdflinte nach mehrfacher Richtung hin klarzustellcn ver sucht. SanitätSrat Dr. Böhme, der oft sehr leise spricht, dafür aber um so lebhafter« Bewegungen macht, beutete die angebliche Hemmung und wie er in diesen Augen blicken die Waffe getragen, mit dieser im Schwurgerichtssaale praktisch an, er gab sich jede erdenkliche Mühe, seine Dar stellung als richtig und glaubhaft vorzuführcn. Die fernere Vernehmung erstreckte sich insbesondere darauf, wie weit die getötete Frau von der Mündung ent fernt gewesen ist. Der Angeklagte hatte früher zugegeben, sie sei nur 50 Zentimeter entfernt gewesen, in der Verhandlung erklärte er aber, cS seien etwa zwei Meter gewesen. Der Vorsitzende machte ihn darauf aufmerksam, daß er als vor sichtiger Jäger sich darum kümmern mußte, baß niemand in seiner Nähe war. Nachdem die Diskussion über diesen Punkt beendet, führte der Staatsanwalt ans, wenn der Schnür senkel Heruntergehangcn habe und der Angeklagte darauf ge treten sein wolle, dann müsse doch der ganze Dchnh offen ge wesen. dies aber auch bemerkt worden sein: man könne doch nicht mit offenen Schuhen im Jagdgelände herumlaufen. Der Angeklagte machte hierzu geltend, er sei auf den herunter- hängcndcn Senkel getreten. Einige Tage darauf habe ihn der Bruder Hermann lJustizrat Böhme) auf eine Beschädigung an einem der Schuhe aufmerksam gemacht. Der Vorsitzende erwähnte bet dieser Gelegenheit noch, daß sich eine ganze Anzahl Widersprüche ergeben hätten, was der Angeklagte aus seine etngetretene Gedächtnisschwäche zurUckführe. Auf Vorhalte de- Staats anwalts, ob der Angeklagte anläßlich des GrunüstückskaufeS mit seinem Bruder Hermann Differenzen gehabt Hab«, wobei man auch auf andere Meinungsverschiedenheiten verweisen könne, was aus Briefen hervoraehc, verneinte dies der An geklagte. Dann mußte der Angeklagte den betreffenden Schnürschuh anzichen, von dem nach seiner ictztgcn Dar. stcllung ein Senkel einen halben Meter geschleift haben soll. E» ließ sich hierbei aber nicht Nachweisen, ob und wie ein Darauftrctcn erfolgt sein könnte, obwohl der Beschuldigte bet seinen Behauptungen stehen bleibt. Leqtnn -er Zeugenvernehmung In den Abendstunden wurde dann der erste Zeuge. Revterförster Winter aus BienSdorf, vernommen, der seinerzeit am Jaabgange mit teilgenommen hat und mit dem Bruder, Justtzrat Böhme, befreundet war und durch diesen mit dem Angcklaaten bekannt geworden ist. Der Zeuge hörte plötzlich einen Schuß fallen, sah sich um und bemerkte, daß der Angeklagte einen Fasan geschossen hatte. Plötzlich fiel noch ein Schuß. Zeuge sah keine Hühner aufstetgcn, bemerkte aber die Frau SanitätSrat auf den Stoppeln liegen, dicht da vor laa auch der Angeklagte, der auf dem Boden herumkollerte. Frau Böhme lag in Gangrtchtung auf dem Gesicht. Der Schutz war tödlich, die Schädeldecke «ar abgehoben. Zeuge war erschrocken. Der SanitätSrat sei untröstlich ge wesen: er habe nicht gewußt, was er machen sollte, am liebsten hätte er sich erschießen wollen. Deshalb will Zeuge die Patronen weggenommen haben, um ein weiteres Unglück zu verhüten. Zeuge will den SanitätSrat zum Gemetndevorstanb Zechel geführt haben. Die Leiche blieb vorläufig liegen, bis die behördliche Aufhebung erfolgte: er will auch gesehen haben, daß ein Schuh aufgegangen war, der Schnürsenkel habe ein Stück heruntergehangcn. Während Justtzrat Böhme im Felde war. übte Angeklagter dessen Jagd aus. Zänkereien zwischen den Eheleuten hat der Zeua« nicht gehört. Er hat später ein mal beim SanitätSrat am Essen tctlgenommen, dieser glaubte, eine Dankesschuld abstatten zu müssen. Auf Vorhalt« gab er an, batz ihm der Angeklagte etwa» schenken wollte. Ein sonstiger Verkehr habe nicht stattgefunben. Au» den wetteren Vernehmungen des Zeugen, der viele Vorhalte zu beant worten hatte, ergab sich u. a., daß der mitgcfiihrtc Jagdhund am bloßgelegten Gehirn der Getöteten, das neben der Leiche lag, hcriimgefrcssc» hatte. AlS wettere Zeugin wurde Frau Gchaffrath gehört, die tn unmittelbarer Nähe einen Feldweg überschritten hatte< al» sie einen Schuß hörte. Zeugin will au» dem naheliegenden Busche eine Stimme vernommen haben: „Gut, daß Du mtt- geganaen bist/ konnte aber die Stimme de» Sprechers nicht entdecken oder feststcllcn. Unmittelbar sah sie dann Frau Böhme auf dem Acker liegen, ihr Mann kniete neben ihr und schlug die Hände über dem Kopfe zusammen. Zeugin hatte den Eindruck, als ob sich die Eheleute sommern wollten, sie hatte da noch gar nicht den Eindruck, daß die Fran tot war. Auf Vorhalte erklärte die Zeugin weiter, sic habe von der auS dem Busche gehörten Bemerkung nicht» gesagt, weil bekannt war. daß Angeklagter gegen Schwatzereien klagbar vorgtng. Der dritte Zeug«, BeztrkSkommissar Halfer tn Pocktm, war damals tn GroßröhrSborf tätig. Er hörte von einer Miese einen Schuß, sah sich nm und bemerkte Fra» Böhme am Boden liegend. SanitätSrat vöhme warf sein Gewehr weg, legte sich selbst zu Boden: eS machte den Ein- druck, al» ob er sich ans seine Fran werfe. Zeuge will an ein Unglück geglaubt habe», da aber »w«i Männer dort waren, will er nicht htnzugetreten sein. Da« Z««g«i» der Sachverständige«. Gehetmrat Professor Dr. Schmorl berichtet« al» Sach verständiger, daß der Tob durch einen Schrotschutz erfolgt ist, die Etnschußstelle befand sich am rechten Ohr. die Wirkung mutzte tödlich sein. Hofbüchsenmacher Gründtg bestätigte, batz der Schutz au» ganz naher Entfernung gefallen sei« müsse. Damit wurde der erste verhanblungStag beendet. I« Schilf und Rohr. Die WintervortraaSreihe des Hetmatschutze» begann am Donnerstag im Bereinshause mit einem ausgezeichneten Bvrtrage des bekannten Ornithologen Bernhard über köst liche Naturgehetmnisse und Bogelidykle, die dieser tn Schilf und Rohr mit Photo, und Filmkamera aus die Platte gebannt hatte und nunmehr seinem dankbaren Publikum unter humor gewürzten Erläuterungen vorsllhren konnte. Dir Neigung de» Vortragenden, Sumpf, Schilf und Rohr mit der Engels geduld de» naturbegeisterten Forscher» spähend und listig zu durchwaten, stammt besonder» von seiner Reise in die Dobrudscha, wo c» die ausgedehntesten Schilsgebiete Europas und darin noch die seltensten Vorkommnisse einer ticseinsamen Bogelwelt zu belauschen gibt. Wer aber nicht so wett fort in die fremde Welt wandern kann, der findet auch In unserer wendischen Lausitz Sumpf, und Rohrgeaendcn, tn denen er bei einiger Naturliebe voll auf seine Rechnung kommt. Schilf und Rohr zu erhalten und nicht wie etwa tn Moritzburg von Jahr zu Jahr mehr hinlchwinden zu sehen, das Ist eine der Hauptaufgaben des HcimatschutzeS. Daß sie sich lohnt, be wiesen die anschließenden fesselnden Lichtbilder, die der Vor tragende nunmehr zeigte. Eine Rethe mit großem Geschick von den Sumpfvögeln verborgener, daher nur dem ganz erfahrenen Blick des lang jährigen Forschers auffindbarer Vogelnester mit ihren eigen artigen Eiern zeigten den Zuschauern ein gutes Stück Zwcck- mätzigkeitSstreben und Selbsterhaltungstrieb in der Natur. Wie die Enten und Lachmöwen nisten: wie die Schnepfen ihre Nester mit geradezu raffinierter Schlauheit zu verbergen wissen: wie die Bläßhühner. Rohrammern, Taucher und Teich- kühner in rührender Jnstinktsscherhcit ihre Jungen vor allen Feinden schützen — das alles iah man aus den Bildern mit entzückender Naturtrene festgehalten Mohrdrosseln »nd Teich rohrsänger iletztere einen jungen Kuckuck fütternd und damit ihre LcbenStragvdic besiegelnd), die seltenen Blauracken, junge Käuzchen und die hochinteressante Rohrdommel sin ihrer Eigenart und in ihrem Familienleben) zeigten zur Genüge, daß sich die stundenlange Mühe des Wartens in Wasser und Regen, sowie alle durch das scharfe Schilf und bösartiges Ge tier erzeugten blutenden Wunden reichlich durch die Freude bezahlt machen, die ein der Natur abgclauschtcs Geheimnis deS VogcllebenS in heiliger Natnreinsamkeit für alle Zeit bereitet. Der prächtige Eindruck, den die Einzelbilder hinter- ließen, wurde erweitert, vertieft und humoristisch unterstrichen durch einen wundervollen zweiteiligen Film, der zum Teil stürmische Heiterkeit hervorrief. Der Beifall war reich und wohlverdient. —* Käte Kruse im KünstlerhanS. Eine besonders glückliche Erwerbung hatte die Ortsgruppe Dresden des Verbandes Deutsche Frauenkleidung und Frauenkultur mit zwei Vorträgen der weltberühmten Puppen-Käte am Donnerstag im Künstlerhaus gemacht. Nachmittags sprach sie für Kinder, bei denen ihre Lichtbilder und ihre munter« Art groben Jubel auSlöste, und abends für Erwachsene. Da sprach sie nun nicht nur über Puppen, aber twenn man bas von einer etwa 50jährigen Frau sagen darf) wie eine grotze Puppe, die mit kindlich schlichtem Blick, bte uns so kompliziert scheinenden Dinge deS menschlichen Lebens einfach sieht, weil si« selbst einfach und unbefangen ist. Sie erschrickt zwar zu weilen vor ihrer eigenen Einfachheit, aber das hindert sie nicht, im nächsten Augenblick wieder mit derselben Schlichtheit und Natürlichkeit Erziehungsfragen und das Wesen der Frauenberufe ans ihrem offenbar für sie und ihre Verhält nisse richtigen Gesichtswinkel zu beurteilen, ohne danach zu fragen, ob gerade ihr Erleben für irgendeinen anderen Fall fundieren gibt eö ja tausend verschiedene) zutreffend ist. Sehr aussikhrlich schildert sie die Entstehung ihrer Puppen, die sie zuerst für ihre Kinder geschaffen. Die erste Kätr-Kruse-Puppe habe aus einer Kartoffel, einem Sandsäckchen und ein paar Leinrnläppchcn bestanden. Bei ihren Ausführungen über da» Hauptthema ihres Vortrages fand sie einige ansprechende wohlgesaßte wenn auch logisch nicht ganz sichere Sätze: „Ich weiß, daß man von allem nichts weiß, sondern weniger weiß als man sagen darf." — „Man muß sich den Beruf zur Be- rufung machen." — Sehr erlesene Lichtbilder legten Zeugnis ah von der engen Verbindung deS künstlerischen Schaffens der Frau mit ihrem und der Ihren künstlerischen Erleben. — Kinderheim auf dem Nngerberg. Für Kinder, denen eS während deS Sommers wegen Ueberkülluna nicht möglich war, einen Erholungsaufenthalt in einem Kinderheim zu ge nießen. ist jetzt Gelegenheit dazu geboten im Bethlehem- st t ft Nngerberg bet Neustadt i. Sa. — Zu der ersten dies, jährigen Winterkur, die am 22. Oktober mit einer Belegung von 20 Kindern beginnt, sind noch einige Plätze z-n vergeben. Anmeldungen täglich von 10 bis 1 Uhr tn der Kanzlei der Dresdner Sta-dtmtssion, Zinzendorfstraße 17, Erdgeschoß links. — Aufgehobenes Verbot von Biehmärktcn. Die Kreis-- hanpttnannschaft Bautzen hat das für den Bezirk der AmtS- hauptmannschast Lübau und die Städte Lvbau und Dernstadt erlassene Verbot deS Haltens von Biehmärkten mit sofortiger Wirkung aufgehoben. Ein politt»ch»r Deletdigungsprozeh. Der Ausschluß des Rechtsanwalts Kohlmann au§ der Deutschnationalen Volkspartei batte, wie berichtet, zu wetteren Auseinandersetzungen zwischen Rechtsanwalt Kohl- mann und dem Parteivorstand geführt, in deren Vcrlanse Rechtsanwalt Kohlmann gegen eine Anzahl Mitglieder de» PartetvorstandeS PrivatbeleidtgnngSklage angestrengt hatte. Eine besondere BeleidigungSklaae richtete sich geaen Dr. Philipp als Vorsitzenden und Dr. Kürbs als HauptgcschästSführcr der Partei, weil beide seinerzeit nach falscher Darstellung deS Sachverhaltes durch einige Taaeß- zeitungen ein« Berichtigung veröffentlicht hatten, tn der fest gestellt worden war, daß der Ausschluß wegen Unmürdigkeit erfolgt sei. In dieser Sache fand am Donnerstag Ver handlung vor dem Schöffengericht statt. Nach eingehender Beweisaufnahme und Bernehmung einiger vom Privat- kläger beantragten Zengen ergab sich einwandfrei die Wider- lcgung der in der Klageschrift ausgestellten Behauptungen. Infolgedessen sprach da» Gericht die beiden Privatange klagten Dr. Philipp und Dr. KürbS frei und legte dem Privatkläger die Kosten des Verfahrens auf. Berurleilunq eines Äochverriiker». Leipzig, 8. Okt. Der 4. Strafsenat des RetchSgerichtS verhandelte heute gegen den Arbeiter Han» Wetze! cmS Crimmitschau wegen Vorbereitung zum Hochverrat. Der Angeklagte hatte sich an den bekannten Vorgängen in Chem nitz beteiligt und hat dazu geholfen, daß die Kommunisten sich Sprengstoffe versorgen konnten. Er leugnete diese Betei ligung zwar, aber das Gericht verurteilte ihn zu zwei Jahren Zuchthaus. Mb
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