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Dresdner Nachrichten : 09.10.1926
- Erscheinungsdatum
- 1926-10-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-192610094
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19261009
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19261009
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-10
- Tag 1926-10-09
-
Monat
1926-10
-
Jahr
1926
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 09.10.1926
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»»«-»«I». ». VNobev 1S2S — .vr«8ner IWHrlchk»- — Xr. »7» S-N« » 1 Sin Abend bei der Dresdner Kaufmannschaft. Der Kreuzschule Jubelfest. ! Die Gedächtnisfeier am Ehrenmal. Zu schlichter, würdiger Gedächtnisfeier vereinigte sich am Fretlaa eine kleine Gemeinde Lructaner am Ehrenmal in der Schule. S-e de» Feste» rauschende Akkorde erklangen, wollt« sie in der Stille derer gedenken, die treu ihrem Ge lübde für» Vaterland und Volk ihr Leben dahingegeben hatten. Sin ehemaliger Alumnus, vr. Grauvner. leitete die Weihestunde ein durch den Gesang de» Liedes ..De» Ge- fallen«»* vom Kreuzoraantsten Meister Pfannstiehl. Dann widmete den Toten Pfarrer Dr. Göttschtng. der Lru- cianer gewesen ist, tiesergretfende Wort«. „Die Litanei* von Schubert lieb die ernste DankeSkundgcbung in feierlicher Weise auSklingrn. Draußen aber aut den Friedhöfen der Stabt kündeten Blumengrüße die einstigen Lehrer, die da schlummern, »um Zeichen, daß man auch ihrer am Jubelseste in Treue «nb dankbarer Erinnerung gedacht hat. Der Begrüßung »abend. «Zwei starben schlingen ein heilige» vanl» Um unsere Herzen und Hände." So hebt der Schule Farbenlieb an. Blau und weih! Diese Farben leuchteten am Abend im BcreinShauSsaale. Zum ersten Male in den kommenden Freudentagen trafen sich die alten Lrucianer hier. ES war ein Grüßen ohne Ende. Und wieviele kamen! Aus allen Manen Deutschlands, vom Rhein und der Ostmark, von dem Donaustranb und der Norbsee- küste, ja selbst über den Ozean waren sie herbetgeeilt, um ihrer altehrwürdtgen Schule zu beweisen, daß das Band ein feste« ist, durch da» sie ihr verbunden geblieben sind. Silber- haar glänzte neben frischer Jugend und kräftigem Manne», alter. Die ältesten Semester waren von 1805. Jahrgang reihte sich an Jahrgang. Die sanden sich zusammen an den langen blumengeschmüirten Tafeln. Hier trafen sich zwei, die sich seit dem Abitur nicht wicdergesehen hatten. Dort grüß- ten sich, die von der einstigen Klasse noch am Leben geblieben waren. Nicht allzuniele waren eS mitunter. Wieder und wieder ertönte die Frage: Wer bist Du? oder der AuSruf: Das bist Du! Und Uber dem allen lag ungesprochen: weißt Du noch? Da wurde die Jugend wahr mit all ihren Träumen und Hassen. Sie stieg wieder empor die Zeit schassenvsroher, ge- meinsamcr Arbeit. Leid und Freud der Gnmnasialjahre ward wieder lebendig. Der gemeinsamen Erinnerungen gab cs ja so unendlich viele. Was der eine nicht mehr wußte, er zählte der andere. ES ergänzte sich das Bild längst ver schwundener Zeit, und über ihm leuchtete das silberne Kreuz im blauen Feld. Sctiola cruci». Den Abend, dem Staatsminister a. D. D. Dr. v. Beck und Konsistorialpräsident D. Dr. Böhme als Ehrengäste bei wohnten, eröffnete der Vorsitzende deS Verbands alter Ern- cianer: Rechtsanwalt T h ü m e. Er betonte in seinen Wor ten den Zusammenhang der alten Schüler mit ihrer Schule und hieß sie alle auss herzlichste willkommen. Nicht ohne Grund hatte er das gemeinsame Einganaslied gewählt. Klangen doch in ihm die Schwüre an, die jedem alten Crucianer in» Herz geschrieben sind: „Treue und Liebe zum Vaterland.* Hieraus widmete Konrektor Bass enge der alten Schulgemeinde formvollendete, poetische BcgrtißungS- worte. Nach sehr exakten Gesängen des Schulchors unter Kantor Schmidt ergrifs Rektor Helck daS Wort. Und dann? Ja, dann ward die Vergangenheit lebendig. Studienrat Dr. Dittrtch, der Alumnenvatcr, weckte sie zu neuem Leben. In endloser Reihe zogen die Lichtbilder vor über. AuS der Schule erster Zeit, aus deS Krcuzchors Jugend berichteten sie und geleiteten durch die Jahrhunderte bis in die fernste Zukunft. Da sind cs denn gar sonderbare Träumt» die für sie die Schule hegt. Im Zeppelin fährt der Krcuzchor zum Nordpol zur Konzertreise. 1026. zur Acht- Hundertjahrfeier, schauen Dresden und die Schule wunderlich genug ans. Lehrcrsanatorien, Fernseher und Fernschreiber haben ihren Einzug gehalten. Kurz, ein seltsamer Betrieb. Dann erschienen im Bild einstige Rektoren und Lehrer, wie sie in Wirklichkeit ausschauten und wie „der Schüler" sie sah. Man stelle sich nur Gehetmrat Stürenburg als stürmenden Achilles vor. Eine Reihe berühmter Krcuzschiilcr. wie N. Wagner und ^>r. Treitschke, tauchen auf. Diese Schar führte bis in die'Uranfänge der Menschheit zurück: denn cS stellte sich plötzlich „Eva", NdamS unfolgsames Weib, als erste „Krcuzschülerin" vor. Was werden wohl die jetzigen Eru- ciancrinncn dazu sagen? Auch ins AlumnatSleben führten die Bilder, die alles lebendig werden lieben, waS in 700 Fahren sich zutrna. Daß der ebenso originelle, wie gediegene Vortrag größten Jubel auSlöstr, braucht nicht erst besonders versichert zu werden. Dom hohen Balkone schaute der Damen Flor herab, sich mitsrcucnd und teilnehmend an dem Fcstjubcl, der drunten im Saale herrschte. So lehrte die alte Schule, daß sie nicht rckioio ccncir allein, sondern in gleichem Maße rcsioia Iuc>8 noch heute ist. Den seit einiger Zeit von einer Anzahl unserer großen verbände und Interessenvertretungen gepflogenen Brauch, einmal im Jahre die führenden Persönlichkeiten de» poli- tischen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben» zu zwang losem Gedankenaustausche und anregender Geselligkeit um sich zu scharen, hat nun auch die Dresdner Kaufmannschaft ausgenommen. Ihr Borstand hatte für Freitag zu einem Empfangsabend geladen und etwa 250 Gäste in der achten Stunde in dem mit kaufmännischer Gediegenheit und erlesenem Geschmack ausgestatteten RepräsentattonSräumen thre» schönen Heim» an der Oftra-Allee versammelt. Der Vorstand der Kaufmannschaft, a» der Spitze Kommerzienrat Generalkonsul Mtttasch, Kommerzienrat Drebler und Stabtverordnctenvizevvrstcher Hofrat Holst emp'ingen die Gäste in den Vorzimmer». Unter ihnen sab man die Minister Dr. Kaiser, Dr. Dehne, Müller sWirtschaftSministeri und ElSner, die Ministerialdirektoren Dr. Schulze, Lorey und Dr. Schmitt, Mitglieder beider städtischen Kollegien unter Führung von Oberbürgermeister Dr. Blüher i.nd Stadt verordnetenvorsteher Dr. Zetzsche, die Präsidenten Kühn, Dr. de Guehern, Köhler. Dr. Mahn Dr. Böhme. Kluge. Schleich, Weigel und Degenhardt, LandeSkommanbant Generalmajor Brück, Stadtkommandant Oberstleutnant Merz, Reichs- bankdirektor Richter, Oberkonsistorialrat Superintendent D. Dr. Költzsch, Professoren der Technischen Hochschule, an der Spitze Rektor MagnisieuS Dr. Müller, Geh. Rat Dr. Vogel und die ReichktagSabgeorbnrten Minister a. D. Dr. Neinze und D- Schneider, sowie Gewerbekammervorsikender Obermeister Witzschel. Ferner waren stark vertreten die Bankwelt, Industrie und Technik. Kunst und Wissenschaft, daS diplomatische KorpS und daS heimische Schrifttum. Die Klänge der Kapelle Plietzsch-Marko riefen die Ver sammelten in den Saal, wo an den mit köstlichen Dahlien ge schmückten Tafeln ein den Zcitvcrhältnissen entsprechendes einfaches Abendessen aufgctragen wurde. Kommerzienrat Generalkonsul Mittasch begrüßte die Versammelten mit einer Ansprache, in -der er be- tont«, daß Li« Einladung dem Wunsch« entsprungen sei, in dem Hause der Kaufmannschaft im geselligen Kreise einmal einen Meinungsaustausch über wirtschaftliche, industrielle und kommerzielle Fragen zu pflegen. Der Vorstand der Kauf mannschaft betrachte es von jeher als eine seiner vornehmsten Ausgabe», nach Kräften zur Förderung der Interessen von Industrie und Handel bet,lutrage», und diese Bestrebungen seien nicht erfolglos geblieben. In -der seit dem Jahre 1851 bestehenden Haudelslehranstalt besitze die Innung der Dresd ner Kaufmannschaft ein Kleinod, das der kaufmännischen Jugend die denkbar beste Erziehung und Ausbildung gewähr leiste. Diese Lehranstalt stelle im Rahmen der Bestrebungen der Kaufmannschaft einen wesentlichen Bestand dar, und er danke -er StaatSrcgierung. der Stadt und der Handels kammer herzl-ichst, daß die Schule in der Nachkriegszeit mit reichlichen Mitteln anSgcstattet worden sei, um sie im eigenen Besitze weiterzufü-hren. Der Redner schloß mit der Hoffnung, daß cs der Wirtschaft recht bald gelingen möge, ihr Absatzgebiet zu erweitern und die ihr gebührende Weltgeltung nücder zu erringen. Der Redner weihte sein Glas dem Wohlc der Gäste. Wirtschastöminister Müller dankte namens -er Negierung und der Nachgeordneten Be hörden dem Vorstande der Dvesdner Kaufmannschaft für die Einladung und die freundlichen Worte der Begrüßung. Wenn der Vorsitzende so liebenswürdig gewesen sei, An erkennung auözusprecheu für die Hilfe, die die Regierung -er Kaufmannschaft geleistet habe, so möchte er versichern, daß diese gern gewährt worden sei mit Rücksicht auf di« hohe Be deutung, die die Dresdner Kaufmannschaft für das Gedeihen des Wirtschaftslebens habe. Die Dresdner Kaufmannschaft nenne sich bescheiden eine Innung. Ihre Tätigkeit wachse aber weit über den Nahmen einer Innung hinaus durch das, was sie leiste und was sic durch ihre enge Verbindung mit dem gesamte» Wirtschaftsleben darstelle. Sie habe auch große Opfer auf sich genommen, indem sic dem KaufmannSstandc durch ihre Lehranstalt eine» guten Nachwuchs sichere. Er hoffe, daß auch der heutige Abend, der Gelegenheit zum Meinungs austausch unter den verschiedensten, am Wirtschaftsleben inter essierten Kreisen gebe, dazu beitragen möge, die Verbindung zwischen den Regierungsstellen und den Herren der Wtrt- schaftSorganisntionen enger zu knüpfen. Der Minister trank ans das fernere Blühen und Gedeihen der Dresdner Kauf mannschaft. Oberbürgermeister Dr. Bküher nahm In seiner von Humor gewürzten Rede auf die Worte des Vorsitzenden bezug, -daß nicht nur die Staatsrcgierung, son- dern auch die Stadt der Kaufmannschaft zu Hilfe gekommen sei. Das sei in einer Zeit gewesen, wo die Si-a-dt noch über etwas mehr Mittel verfügt habe. Er könne sagen, daß die Stadtverwaltung sich gefreut habe, der Kaufmannschaft diesen Dienst erweisen und ihr Helsen zu können, dte Schule in den schweren Zeiten über Wasfcr zu halten. Der Redner ging im wetteren Verlaufe seiner Rede auf die wirtschaftliche Lag« ein und bekannte sich hierbei al» et» Optimist. Wenn dte wissenschaftlichen Feststellungen recht hätten, so würbe der jetzigen Depression rin Aufschwung folgen. Wenn man frei- ltch dte einzelnen Herren spreche, so würde eine Besserung -er Lage noch nicht zugegeben. Außerhalb Sachsen», in Hamburg, am Rhein und an der Ruhr blick« man aber heute durchaus optimistisch tu dte Zukunst. In Sachsen lägen die Verhältnisse freilich etwas ander», da eS in besonderem Maße auf das Ausland angewiesen sei. Aber man dürfe sich doch der Hoff nung hingeben, daß, wenn die Verhältnisse sich allmählich besserten, Sachfen keine Ausnahme mache. Der ReintgungS- Prozeß fei »war schmerglich, aber doch heilsam und notwendig gewesen, und so weit man es heute übersehen könne, sei der Sonierungsprozeß tm großen und ganzen beendet. Leider seien bet dieser Sanierung auch einige Erhaltungswürdige mit unter dte Räder gekommen. Wenn man die Ziffern der Geschäftsaufsichten, der Konkurse und Betriebsstillegungen und ferner auch die Ziffern der Arbeitsuchenden und Unter stützungsempfänger sehe, so könne man doch konstatieren» daß sich ein langsames, aber doch allmähliche» Besserwerden eingestellt habe. Daß dieses Besserwerden nicht bloß die Wirt schaft, sondern auch die öffentliche Verwaltung und im be sonderen die Kommunalverwaltung interessiere, sei klar. Man stehe vor schwierigen und bedeutungsvollen Wochen. Von dem AuSgange des »1. Oktober werde es abhängen, wie Sachsen künftig regiert werde. Er glaube, daß die Versamm lung mit ihm den Wunsch teile, daß die ruhige, stetige Ent wicklung, dte-tm großen und ganzen seit dem Jahre 1821 mög lich gewesen sei, im allgemeinen weiter bcibehaltcn werde. Er möchte auch hier Optimist sein und zum Ausdruck bringen, daß wir nicht zu befürchten brauchten, die Zetgner-Zctt nach dem 61. Oktober wieder zu bekommen. Freilich werde eine gewisse Mitarbeit notwendig sein. Es sei wünschenswert, daß denjenigen, die den Vorzug oder den Nachteil hätten, im Schützengraben zu stehen, auch von der Etappe eine gewisse Hilfe zuteil werbe. Er möchte diese Mahnung auch an diese Versammlung richten. So schwer auch die letzten Jahre auf unS gelegen hätten und sie heute noch seien, so wollten wir doch mit einem gewissen Vertrauen in die Zukunft blicken. Wir wüßten nicht, wie die Besprechungen von Thoiry guSficlen und wie die hochgespannten Erwartungen sich erfüllen würden, aber er glaube doch, daß wir auf dem Wege seien, allmählich aus der Versklavung heraus wieder zu besseren freien Zuständen zu kommen. DaS sei der Wunsch, den wir alle teilten. Das Hoch, das der Rede folgte, galt dem deutschen Volke und Vatcrlande. Der Rektor der Technische« Hochschule Professor Dr. Müller sprach als Techniker, der sich dem Kaufmann wesent lich verwandt fühle, denn wie der Ingenieur energisch vor- wärtSstrcben müsse, so zeige sich auch der Kaufmann ziel- Veet deseriigl QssL^Tls- uncl Körperkasre kkasivcmeraor unct ^ewütinlictie Lntkaacunxa- mittel entlernen nur die Haare au/ cksr lkautodeiklScsts, Veot Osseten >Ü5t das lksar ua/er der klaut aut. Veet irt eine kein psrlümierie, mücke OrSme. Nie enenso leickt anruwenden Irt, wie eine OesickklscrömS. dlsn liSßt Veet einkscli rc>, wie es sur der Tube kommt, »uk, wartet einige di lauten, wäscstt er dann wieder ad, und das Haar irt wie durch 2aud»r verschwunden. Veet rext weder den llaarwuckr an, noch beritzt er einen anslükixen Oeruck. L» ist viel angenehmer »I» beirende Enthaarungsmittel und kratzonde tlariermesser. In jedem emrolnen kalte wird rukriedenrtellender kr- kolg garantiert oder dar Oeld rurllctrerrtattet. Oedraucht und empkoklen von Tausenden von Damen. LrtiSltlicki rum kreise von di. 2.50 in allen Apotheken. Drogerien und anderen einschlägigen OesctiSsten, oder per kost gegen Voreinsendung de» ketrager durch das Oenerai- depot von 6. k. ^schs L Oo., tlamdurg IS. Z 1 I ! entfernt Ub«i-f!Us»»S«s i^ssi- 1 Nurmi. Bon Egon Dietrich st ein, Wien. Wir fühlen uns hochgeehrt: Nurmi hat In einem Interview verlautbart, daß ihm seit seinem Aufenthalt in Ehamonix kein würzigerer Waldduft begegnete als aus dem Cobenzl, daß er die Musik überaus schätze, daß er sich freue, minder Ausführung der „ZirkuSprinzessin* dte Wiege der Operette besucht zu haben, daß er morgens Hafergrütze mit Butter zu sich nehme, kein ausgesprochener Vegetarianer sei und Schönbrunn, daS bisher osfenbar sehr zweckwidrig alS Lustschloß, Vergnügungspark und Menagerie verwendet wurde, als Sportplatz für sehr ge eignet halte, offenbar, weil man geradlinige Alleen nur als Laufbahn verwenden könne. Wohin immer Nurmi seinen Laufschritt lenkt, wird er von Veportern, Photographen und einer „tauscndköpsigen Menge" am Bahnhof erwartet, hat sein Manager Mühe, lästige Frager zu verscheuchen, will die Oesfentlichkclt von dem Neunund- zwanztgjährigen Aeußcrungen, die nicht interessanter, nicht geistreicher als die Gleichaltriger, aber nur dadurch publi- kaiwnSfähig werden, daß Nurmi in vierzehn Minuten und einigen Sekunden 5000 Meter läuft. In allen Städten wird ihm zu Ehren soupiert, illuminiert, getoastet, werden ihm zu Ehren feuilletontstische Sportberichte geschrieben. Obgleich mau sich vorstellen kann, daß er ein junger Bursche, der tu der Frühe aufstcbt und sich ankletdet, die Zähne putzt, sich frisiert, spazieren geht, daß seine Intelligenz nicht mehr und nicht weniger alS angemessen, daß der Flug seiner Gedanken nicht fliegt, ja, daß er nicht einmal darüber nachdenkt, warum gerade er mit den festlichsten Ehren und mit der Anwesenheit von Generalkonsul!:» und Präsidenten beschenkt wird, weshalb man sich gerade bei ihm nach Dingen erkundigt, die andere weit besser verstehen, und wie da» alle» damit zusammenhänaen mag. baß er rafcher und ausdauernder läuft al» der schnellste Schnelläufer. Man kann sich leider allerdings — anbersett» — auch vorstellen, daß eS Nurmt für völlig gerechtfertigt hält, daß die Welt danach durstet, zu erfahren, wie ihm die ZtrkuS- Prinzessin gefallen habe, baß er sich nicht für einen Ucberläuscr. sondern auch flir einen Uebermenschen hält und daher meint, man müsse auch einem Ztrkuspserd. das besser dressiert wurde al« all« anderen ZlrkuSpscrde, dte Ehren e!ne« Caruso er- weisen. Zumal Kaiser Caltgula einem Pferd göttliche Ehren erwies, da» sich nicht einmal al» Rennpferd oder sonst irgend- wie sportlich betätigte. Nurmi wird tedensallv. so lange leine Beine den Rekord halte», überall alv Heros gefeiert werden. Die Jugend von heute sicht den Aufstieg be« Sport« und will an diesem Ausstieg teilnchmen. Sie steht aber auch, wie die sogenannten geistigen verte zugrunde gehen, wir die Gelehrte» verhungert» und daß man nur dem Voxchampion in den besten Dollarnoten zahlt, und hat sich daher entschieden, den Äoxchampion zu ehren. Der junge Fabrikarbeiter begeistert sich mit dem Gymnasiasten. Aber, mit Verlaub, für wen sollten sie sich denn begeistern? „Sagen Sic ihm, daß er vor den Träumen seiner Jugend soll Achtung haben, wenn er Mann sein wird." Die Jugend von gestern oder von vorvorgestern, insbesondere dte sozusagen hoffnungsreiche Jugend des Gymnasiums träumte von Kainz, von Sonncnthal, von Lewinsky. Unsere Zeit ist arm an Traum- objekten und Traumsubjektcn. Das Theater bietet keine Jugcndträume mehr, vor denen man als Mann Achtung haben könnte. Man mag mit Gott und der miserablen Welt hadern, baß die Sportarena den Anlaß zu Träumen, zur Betätigung von Götzen bietet, den wettkämpfcndcn, boxenden, ringen den Idolen. So ist der Gymnasiast seiner Geburtsstätte, dem alten Rom, das ihm den Namen gegeben hat, und der Be deutung dieses NamcnS näher gekommen. Wir finden allerdings — und hier ist leider ein bcdauer- lichcr Gegensatz zur Römcrzeit — nichts, was von Karl May auswärts führt. Kein Wunder also, daß cs zum Kino ab wärts geht. Die Höchstleistung in der Sportarena hat zu all dem eine Avance: Sie ist unbestreitbare Leistung. Alles, was sich auf den Gipfeln der höchsten geistigen Regionen ereignet, ist von Kritik umnebelt und bewölkt. Von der Parteien Gunst und Haß ver- wirrt. WaS. fragen mir, ist In der Kunst nicht bestreitbar, nicht bestritte»? Wer dürste sich rühmen, den besten Roman, daS beste Drama geschrieben, die beste Oper komponiert zu haben? Jede Entdeckung ist mit vorangehenden Entdeckungen und neidischen Entdeckern bereits belastet. . . Wenn aber Nurmt 5006 Meter in vierzehn Minuten und einigen Sekunden ge- lausen ist, wenn Kilomctermaß und Stoppuhr diese Fest, stellung ergeben, dann kann kein Einwand, keine Opposition bestreiten. Diese Höchstleistung kann nur Überboten werden, wenn jemand sie überbietet. Aber man kann sie nicht be- nagen. „Und alle, die da sahen, glaubten.* Und alle, die da sahen, mußten glauben. Das Vollbringen einer menschlichen Leistung, die noch kein Mensch vollbrachte, ist Wunder. Ein Wunder also der Stemmer, der nie gehobene Gewichte hebt, ein Wunder der Schwimmer oder die Schwimmerin, die nie durchschwom mene Distanzen überquert, ein Wunder Nurmi, so sehr man sich auch dagegen sträuben mag, baß WadenmuSkeln Wunder erzeugen. Nur der dürfte die Leistung heravsetzen, der sie zu Überflügeln vermag. Hier, In der Arena, ist Rhodu». Für den Springer, für den Läufer, für den Boxer. Nur hier kann der Weltmeister bcsieat werden: Ruhm verschwinden. Ruhm entstehen. Vor den -lugen jener „tausendköpfigen Menge* die nur eine Stimme, nur einen, durch da» Megaphon trompeteten UrteilSjpruch hat: Die mathematisch festgestellte Leistung. Und diese Menge, die sich begeistert wie keine andere, sic ist ungnädig und hart: sie duldet keine Kompromisse, sie nimmt keine Wider- sprüche entgegen. Wäre Nurmt unterlegen, wegen einer defekten Rennbahn, wegen einer Indisposition seiner Lunge, er hätte diese defekte Rennbahn in Ungnade verlassen, bis zum neuerlichen Sieg — ein Besiegter. Denn der Sportmensch, der Meister sein will, ist eine Maschine und darf sich daher nicht mit Menschlichkeit entschuldigen. Seine Lunge, sein Herz, seine Beine müssen maschinell funktionieren. Daß Vorrecht, wegen Heiserkeit an die Milde deS Publikum» zu appellieren, hat der Tenor, der Schauspieler, dem man mit Nachsicht der Heiserkeit zu singen, zu deklamieren gestattet, well man immerhin noch vorauSsetzt, baß er fühlt und denkt, baß er ein Mensch ist. Wenn NurmIS Lunge, NnrmiS Beine versagen, so versagt Nurmt. Deine Lunge, sein Herz, seine Beine und etwa noch ein blan-wcißer Turnanzug — das ist alles, was er in die Arena mitbringt. Nicht Nurmi siegt, sondern NnrmiS Körper, Nurmis Beine, die man gewissermaßen mit dem Namen ihres Besitzers ausgezeichnet hat. Die Nurmi-Maschlne. Der Konstrukteur bleibt bescheiden im Hintergründe. Diese Maschine läuft In allen athletischen Renn- und Kampfstadicn der großen Städte, sie wird umjnbclt, begeistert umtost. Erst wenn sie abgelauscn ist, Alltagskleider anlcgt, im Hotel sitzt, zu Mittag oder zu Abend ißt, Interviewt wird, ins Theater geht, verwandelt sie sich z» einem uninteressanten Menschen mit uninteressanten menschlichen Aeußcrungen, zu einem finnischen Burschen, der Nurmi heißt und über da» Ge heimnis, wie seine Maschine 5000 Meter in vierzehn Minuten und einigen Sekunden läuft, keine AnSkunft gibt, vielleicht auch keine geben kann, denn er kann nur Mitteilen, daß er so und so lange, seit so und so viel Jahren trainiert, wann er aiisstelit, ob er Fletsch ober Gemüse ißt. Aber mit all dem vermochte bisher niemand anderer eine Körpcrmaschine dieser Präzision und Leistungsfähigkeit zu konstruieren, wenn diese auch vor übergehend überholt würde. Dle sachkundigen Zuschauer haben allerdings einige» festgestellt: er läuft, sagen sic. auf der ganzen Sohle, mit aufgerichtetem Oberkörper und zurückgelegten Schultern. Aber die anderen Athleten, die auf der ganzen Sohle laufen, werben von Ihrem Trainer getadelt. In Wien ist Nurmi, zur Abwechslung, spät abends, Im Scheinwerfer gelaufen. Künstliches, taghelles Licht strahlte auf die Rennbahn. Man sah eine Lausmaschine, au« Stahl, mit weit ausgreifenden Glicderwerk,engen, dte In der ersten Minute so rasch, so andauernd lief wie tn der letzten. II Minuten und einige Sekunden lang. Dann begannen tene anderen Schein- werser der Oessentlichkeit Ihre Arbeit. Den» diese Oeffentllch- kelt will auch sehen, wie Nurmi ißt. trinkt. inS Theater gebt. Man sah den jungen Burschen, nicht dicker, nicht dünner al» andere. Und mußte enttäuscht werden. Während seine Ma schine alle Erwartungen erfüllte, ja überbot.
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