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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 06.05.1927
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1927-05-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19270506018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1927050601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1927050601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-05
- Tag 1927-05-06
-
Monat
1927-05
-
Jahr
1927
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 06.05.1927
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' Arettag. S. Mai 1S27 — »Dresdner Nachrlchlen* — Die Nationalsozialisten in Berlin verboten. Die Folge einer wüsten Tumullversammlung. Berti», S. Mai. Der Polizeipräsident teilt mit: .«»s «rund deü Artikels 124 der Reichsversassnng, deS 8 > de« NeichSveretnSgesctzcS, des 8 10. ll, 17 des Allgemeinen Landrechtes habe ich den Ga« Berlin-Brandenburg der Nationalsozialistischen Deutsche« Ar beiterpartei mit ihren Unterorganisationen: Sportabteilung. Lchutzstassel, Nationalsozialistischer FreiheitS- bnud, Nationalsozialistischer Deutscher Ltubcntenbnnd, Orts gruppe Berlin, und Deutsche Arbeiterjugend Berlin sHitler- iugcnds aufgelöst. weil die Zwecke dieser Organisation dem Strafgesetz zuwidcrlausen. Diese Anordnung tritt sofort in -rast. Demgegenüber ist den Mitgliedern dieser aufgelösten Organisationen jede vercinsinästige Betätigung, insbesondere die Abhaltung von Bcrsammlungen nnd Zusammenkünften aller Art in geschlossenen Räumen sowohl als auch unter freiem Himmel und die Veranstaltung öffentlicher Auszüge und Demonstrationen verboten." Ueber die Versammlung, die der Anlaß z» diesem Verbot wurde, liegt folgender Bericht vor: Berlin, 5. Mai. In einer von etwa 2999 Personen be suchten öffentlichen Versammlung der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei, in der der Gansührer von Berlin nnd Brandenburg, Dr. G ö b b e l s, sprach, ist es zu blutigen Ausschreitungen von Mitgliedern dieser Partei gegenüber anderen Versaminlnngsteilnehmern gekommen, wobei ein Pfarrer und ei» Journalist ans das schwerste »lischandelt wniden. Die Polizei, die hieraus mit.starken .Kräften cin- qrisf, nahm eine Durchsuchung der Nationalsozialisten vor, die bis in die heutigen Morgenstunden dauerte und in deren Verlaus zahlreiche Waffen beschlagnahmt wurden. 29 Personen wurden sisticrl nnd znm Polizeipräsidium gebracht. Da vielfach angenommen war. dag Hitler, der bekanntlich am I. Mai in Berlin im Elon gesprochen hatte, auch in dieser Kundgebung erscheinen wurde, war der Andrang außerordent lich stark. Dr. Göbbels leitete lein Referat, daS sich mil dem angeblichen Ankauf der Reichspost durch de» Direktor der Darmstädter nnd Nationalbanl Ialob Goldschniidt befasse» sellle, zunächst damil ein, daß er hintereinander die Prcßc- kommentarc der Blätter aller Richtungen zu der Rede Hitlers am l. Mai verlas nnd die darin enthaltene Kritik znm Anlaß nahm, um die für diese Berichte verantwortlichen Redakteure der Versammlung zu nennen, nnd zwar teilweise mit der Auf forderung, diesen Journalisten bei passender Gelegenheit einen Denkzettel für ihre Kritik an Adolf Hitler zu verabreichen. Diese Ausführungen, die stürmischen Beifall fanden nnd mit Zurufen nnd Johlen begleitet wurden, hatten die Versammlung noch vor Einlritl in das eigentliche Referat bereits in eine sehr erregte Stimmung verfehl. Als Dr. Göbbels einen Redakteur als „Indensau" ge zeichnete, ries ihm ein unbeteiligter Zuhörer, der Pfarrer Stucke, entgegen: „Sie sehen mir gerade ans wie ein ger manischer Jüngling!" Die Nationalsozialiste», die in der Nähe des ZwischenruserS sahen, erhoben sich nun und drangen mit Bierseideln ans den Geistlichen ein. Blutüberströmt nnd mit zahlreichen Hieb- nnd Schnittwunden am Kopse muhte Psarrer Stucke schließlich den Saal verlasse», Er wurde sofort in ein Krankenhaus gebracht, wo seine Kopfwunden genäht und ver bunden wurden. Bald nachdem der Plärrer in dieser Art mischandelt wor den war, kam cs zu einem zweiten blutigen Zwischen- lall. Einige Nationalsozialisten machten plötzlich, als Dr. isobbel sich gegen die Haltung der "Blätter des Verlages Scherl wandte, in lauten Zuruse» aus eine» Redakteur aus- merkiam, den sie als Angehörigen dieses Verlages bezeich nen-». Im nächsten Augenblick schon wurde dieser in ähnlicher Weise wie der Psarrer mißhandelt, mit Bierseideln und Stöcken geschlagen und aus dem Saal gestoben. Inzwischen hatte die Polizei Verstärkung Hera,«gezogen. Der leitende Polizciofsi. zier machte nun der Bersammlung MttteUnng, -ah alle Teil- nehmer von der Polizei auf Massen durchsucht werden würden. Daraufhin brach zunächst ein ungeheurer Tumult a»S, nnd es schien, als ob eine ganze Reihe von Nattonalsoziallsten tätlichen Widerstand leisten wollte, doch legte sich der Lärm bald, und die Versammlungsteilnehmer liehen sich schlteß- lich einzeln der Reihe nach durchsuchen. Diese Mahnahme dauerte bet der grohen Zahl der Versammelten die ganze Nacht hindurch bis in die M o r g e n st u n d e n des Donnerstag, Daö Ergebnis war, dah bei 11 Personen Waffen gesunden wurden, und zwar 4 Pistolen, ferner Schlag ringe, Totschläger, Dolche »nd dergleichen, insgesamt »N Gegen stände, die man als Waffen ansprechen kan». Die Wasfen- bcsitzcr ivnrden zmangsgeslellt, desgleichen Personen, die ent weder de» polizeilichen Anordnungen nicht Folge geleistet oder sich sonst renitent benommen hatten. Die bei den Zwischenfällen sisticrten 29 Nativnalsozialisten sind im Laufe des Donnerstag nach Durchführung ihrer Ver nehmungen «nieder ans freien Fuß geletzt morden. Entgegen der ursprünglichen Annahme befinden sich unter ihnen die U r- hcber der schweren Mißhandlung des Pfarrers Stucke und der Angriffe ans einen weiteren Versaminlungsbcsnchcr nicht, doch konnten auf Grund der Zcngcnanssagen in dieser Richtung bereits Spuren gewonnen werden, die wahrscheinlich in den nachsien Tage«« zur Festnahme dieser Täler führen werden. Gegen de» Leiter der gestrigen nationalsozialistischen Ver sammlung im Kriegcrvcrcinshans, Dr. G ö b b c l s, ist non der Polizei ein Ermittlungsoersahren wegen Ansreiznng zu Ge walüäiigkeiien und wegen Bedrohung cingcleitct worden. Die Slahlhelmführer bei Ainbenburg. Sic wiederholen ihr Trcncgetöbniö. Berlin, c>. Mai. Der Reichspräsident empfing heute den Minister des Auswärtige» Tr. S t r e s c m a n n znm Vortrag, Des weiteren empfing der Reichspräsident die Bnndesleitung des Deutschen Anslandsinüitnts in Stuttgart, nnd zwar die Herren Wanner, Bauer, Blnhm, Uhlig, .Köhler nnd Wcrtheimer. Die Herren überreichten dein Reichspräsi denten das erste Exemplar des sogenannten „Deutschen Ringes", der für Persönlichkeiten gestiftet worden ist, die sich um das deutsche Äuslandsinstitut in Stuttgart besonders verdient gemacht haben. Endlich empfing der Reichspräsident heute vormittag auch den B o r st a n d des Stahlhelms, und zwar die Herren Seldtc.Düstcrberg.Zcttcritz, B r a u iv e i l c r und A » ssc ld. Die Herren crncncrtcn dem Reichspräsidenten als Ehrenvorsitzenden deS Stahlhelms das Trcuegclöbnis nnd übcrbrachten ihm anlählich des Stahlhelm- «agcö die Griihe der Bnndesleitung. Einstellung des Verfahrens gegen Mulle, Kube und Ahlemann Berlin, 5. Mai. Nach einer offiziellen Mitteilung an den Rechisbcisland der Abgeordneten Wnllc nnd k n b c, sowie des Obersilentnants a. D. A hkcmann is« nunmehr das ans Grund der Angabe» Griittc-Lehders gegen die drei genannten Herren eingelci'letc Verfahren wegen angeblicher Aufforde rung zu einem Attentat ans Severing endgültig cln- g e si c l l t worden. Grüttc Lchder ist in die Irrenanstalt des Untersuchungsgefängnisses nbergeflihrl worden, da er den Versuch gemacht Hai, das Mobiliar seiner Zelle in "Brand zu setzen. Direktor Goldschmidl als Zeuge im Barmal-Prozesj. chinner r r a I, 1 b e r i ch I der „Dresdner A a ch r i ch 1 c n".l Berlin, ss. Mai Zu "Beginn der heuttgeii Verhandlung im Mirmal Prozeß wird der Zeuge Direktor Hcrmkeö ver nommen. Der Zeuge bekundet, er habe an Dr. Hösle 29M9 Mark iür den Hausbau und 29 999 Mark für Privatzivccke in barem Geldc ansgezaiilk. Znnächst hat er 29 999 Mark znrück- beiommen, während 29 999 Mark als t"öeschcnk für die Partei vereinbart wurden. Dr. Hösle habe «nährend seines Ans- euiballes in Holland non der GcseUjchasl verschiedentlich »leider für den Abwehrlamps im Rnllrgebict bekommen. Dr. Hösle sei zur Zeit des Hansbaurs in unglaublicher Geld verlegenheit gewesen. Zeuge Bankier Bernstein, der mit den Großbauten gute Veibindnna batte, bat eine Besvrechnng Barmats mit dem Direktor der Darmstädtei und "Nationalbanl, Jakob Gvld- schmidl. herbeigcsülni. Nach kurzer Prüfung kam jedoch Direktor Goldschmidi bzw. dessen Setrelär zu dein Entschluß, mit Barmai nicht in "Verbindung zu treten. Auch Versuche bei anderen Banken schlugen fehl, weil börsengängige Papiere nichl in genügendem Maße gestellt werden sonnten. Der Direktor der Danatbank Jakob Goldschmidt bekundet folgendes: Ich habe den Bgrnicttschcn Unternclnnnn gen von vornherein kein großes Interesse bcigelcgt. Später lani von Barmat eingehendes statistisches Material, das ich meinein ersten Mitarbeiter übergab mit der Weisung, weitere "Verhandlungen Höfles aber bestimmt abzulchnen. Von Krediten war entgegen einer Aktennotiz Barmats nicht die Rede. Einmal lieferte ohne Zutun der Danatbank die Staatsbank ein ichr g >i » stig lantendc s E xpos o, das aber die Danatbank auch nicht beeinflussen konnte, ihre Stellungnahme zu ändern. Das Expose- ist von Gchcimrat Rnggc und Dr. Rühe angescrtigl. Entgegen einer weiteren Altcnnoti.z Barmats erklärte der Zeuge, die Danatbank habe weder bei Barmat noch bei Minister Hösle jemals nm Gelder ersucht. Eines Tages wollte Barmat den Zeugen mit Dr. Hösle, der Gelder brauchte, znsammenbringen. Direktor Gold schmidt lehnte eS aber schon auS prinzipiellen Gründen ab, mit Barmat über Wünsche Dr. Höfles zn sprechen, weil er der Ansicht war, daß der Minister schon persönlich erscheinen müsse, wenn er Kredit brauche. """ Nr. 215 Sette S ^ Die Kalaslrvphe am Mississippi. « erlia. 's. Mai Ueber daS Hochwasser des Mississippi liege« tu Neuyork Meldungen vor. wonach das Hochwasser weiter steigt. Die Bemühungen amerikanischer Truppen und der Bewohner- des Mississippitales, die Dämme z« sichern, sind nach diesen Meldungen erfolglos. Neu« Deichbrüche werde» von verschiedenen Teilen geineldet. Im Staate Louisiana Hai die Flutwelle augenblicklich Acker land in einer Ausdehnung von etwa 599» englischen Meilen unter Wasser gesetzt Der Wasscrstand in den Niederungen erreicht eine Höhe von nahezu drei Metern. Ein besonders schwerer Teichbrnch ereignete sich ungcsähr zehn Kilometer nördlich von St. Joseph. Die Anzahl der Obdach losen. die gänzlich ans die Hilfe deS Roten Kreuzes an, gewiesen sind, ist aus 259 999 gestiegen. Ständig treffen in den noch nicht von der Flutwelle erreichten Ortschaften Boote ein, die Flüchtlinge auS der gefährdeten Zone an Bord führen. Nach anderen Meldnngen soll der Wasserspiegel des Mississippi bei N c u o r l c a n s in de» letzten Stunden eine gersnge Senkung erfahre» haben, da die Bresche bei Pondras, die mittlermeise 759 Meter breit geworden ist, nngehcuere Wassermengen frei macht Trotzdem ivird in Er wartung der Hochslni fieberhaft an der Erhöhung der die Stadt beschützenden Dämme weitcrgearbeitct. Man glaubt, daß die Gefahr für die Stadt Ncnorleans so gut wie ganz beseitigt sei» wird. Furchlba e vynchjusliF an einem Neger. In Little Rock »viirde der Körper eineö Negers, der von der Menge gehängt worden war, weil er eine iveiße Frau und ihre Tochter z» vergewaltigen versucht hatte, durch die Straßen von Little Rock geschleift mil Benzin begossen nnd a» einer verkehrsreichen Straßenecke verbrannt. Die Polizei mischte sich in den Vorgang nicht ein nnd hielt sogar den Ver kehr an dein Schauplatz ansrcchi. Das Lnnchgericht sollte als abschreckendes Beispiel für die schmurze Bevölkerung dienen. Tic weiße Bevölkerung hatte kurz »vrher einen ergebnis losen Versuch gemachl, eines Negerjnngcns habhast zn wer den, der ein weißes Mädchen, unter dem Vorwände, ihr die Ileberschivemninng der Stadt zeigen zn wollen, in den Glvckcnstnhl eines Kirchturmes gelockt nnd ermordet hatte. Bisher 70 Tole öes Grubenunglücks bei Fairmonl geborgen Berlin, 5. Mai. Nach einer Mvrgenblättcr-Mcldnng ans F a i r m v n t in Westvirginin sind bisher 79 Tote des Griibeunngiiicks geborgen worden: man vermutet, daß sich noch weitere 40 Opfer in der Grube befinden. Die „Vertrauenskrise" in öer Justiz. Berlin, ö. Mai. Im Preußischen Landtag ging heute der neue preußische Iiisttzmiiiistcr auch ans die bei der Beratung des Instizetats erüricric sogenannte "Vertrauenskrise in der Justiz ein und knüpfte an die Ausführungen an, die hierzu unlängst der Reichsftistizministcr im Reichstag gemacht hat. Es lieste sich nicht leugnen, das« das Mißtrauen in unsere der zeitigen Iustizverhättnisic leider noch in beachtlichem Umfange svribcstche nnd daß es »och großer Anstrengungen bedürfen werde, nm diese Zustände endgültig zn beseittgen und das viel- sack, gesnnlenc und teilweise sogar acschmnndenc Vertrauen zu unserer Rechtspflege iviederherznstellen. Es ici jedoch sest- znstellcn, daß cs ans diesem Gebiete m letzter Zeit keines wegs schlechter geworden sei, und er habe die feste Zu versicht, dak cs gelingen werde, dieser niisereni ganzen Volks leben höchst abträglichen Erscheinung endgültig ein Ende zu bereiten. Er habe diese Znncrsicbt mit Rücksicht ans das säst »nbegrenzic Vertrauen, das er aus Grund ftiiifnndzivanzig- iähriger Zugehörigkeit dem Bernis, iäitertnm in seiner über großen Mehrheit enigegenbringe. Dieses Verirniicn höbe sich durch seine Ersahrnngcn in der Zenitale der Justizverwaltung und durch die Beobachtungen, die er ans seinen Dienstreisen machte, noch verstärkt. Unser Bernssrichierinm nnd die ganze Iustizbeanttcnschasi sei i» ihrer überwältigenden Mehrheit durchgiis gesund, ehrlich, nc>sassungslren und arbeitsam. Eine Sitzung des Reichsliabinells. Berlin, Ü. Mai. Das stkcichskabi nett trat heute nach der Ostcrpansc zniik ersten Riale wieder zn einer Sitzung zusammen. Außer de>n Minister Dr. koch, der »och ans einer Bcsichtlgnngsreise nnterivegs ist, waren die Minister voll zählig versammelt. Die Dagesordiinng war außerordentlich reichhaltig, da sich im Laufe der Osterpansc viel Beratnngs- stoff angesommctt hatte. VVäscklevraut Ausstattung VikaNstrsgs 0 Oi-ilncluristsjliln- IMti Franz Liszts grohe Liebe. Z» den »eugiisgefnndcncn Dokumenten ans dem Nachlaß der K o m teile d A g o n l >. Im Herbst des Jahres 189:1 erlebte Paris einen der Skandale. snr die es iooicl Toleranz und noch viel mehr iuennendes IulercHe besitzl. Die Königin der elcggnicn Welt, Be icböustc Fra» des Faubonrg Salut - Germaiu, die Komtesse dAgould, geborene Baronin Flaoignn, »erließ eines Nachts ihre» Gatten, ihre Dochlcr. ilir in ganz Paris berühmtes Hans nnd ihren literarische» Salon und solgte dem vicrund- zwaiizigjahrigen Musiker Franz Liszt ans Ungarn^ dessen Ruhm damals begann, die WZt z» erfüllen, nach der Schweiz. Man zerbrach sich den Kops über die Motive dieser merk würdigen Flucht, aber glich dem gewiegtesten Pinchologen der Pariser Gesellschaft gelang es nicht, volle Klarheit zu schassen. Die Komtesse d'Agonlt hatte bis dahin einen tadellosen Lebens wandel geführt, und Franz Liszt war de» Frauen so gut wie abgeneigt gewesen und damals schon mit dem Plane nm- gcgangen, Priester zn werden. Man vergaß allmählich den scnsalivncllcn Fall — nnd als die Komtesse ftins Jahre später nach Paris znrückkchrtc. fand sie dort die alten Freunde, ihr altes Ha»S, ihre» literarischen Salon wieder. Die Kwntesse d Agonlt wurde eine in ihrer Zeit nicht »nbclannlc Schrift stellerin, die nn ier dem wert würdigen Pieudonnm Daniel Stern Novellen und Romane veröffentlichte. und die Welt vergaß ihre sünsjährige Eskapade sehr schnell. Man stillte meinen, daß in Daniel Sterns Erinncrnngcn, die ein Jahr nacli dem Tade der Gräfin, 1877, erschiene», über diese Liebe Genaueres zu finden sei, aber sclttameriveisc brichi das Manustripi mit dem Jahre 1828 genau ab. Jetzt hat ein Enkel der Gräfin zwei entscheidende Fragmente dieses Manu- ikriptes gcsnndcn und ist dabei, sic in der „Renne deS dcux Mondes" z» veröffentlichen: der „Figaro" jedoch bringt einige Auszüge, die alles mcsenllichc erzählen. Es ist anznnchmen, daß nach Verösscntlichnng dieser ziem lich nmsangrcichcn Fragmente Liszt nnd die Kanttcsse d Agonlt unter jene berühmten Liebespaare ausgenommen werden, deren cS in der Weltliteratur nur wenige gibt, die aber ans- nahmslos unserem Herzen teuer sind nnd dabei mit solcher Meisterschaft geschildert.werde», wie in den Erinncriiistjen dieser sranzösiscben Aristolraiin. Sie schreibt mit jener Rück sichtslosigkeit, die starte Mensche» last immer für sich selbst haben, über ihr eigenes Leben bis zn ihrer Begegnung mit Franz Liszt. Ihre Ebc war nicht unglücklich im eigentliche» Sinne, aber gleichgültig nnd sceleiftöicnd. Ihr Mann, ein Viertelsahrhundert älter als sie. war rin tadelloser Edelmann, -er sie mit aller ihr ziikomincndcn Achtung behandelte. Der Ehe entsprossen zwei Mädchen, was die Gatten einander aber auch nicht näher biachic. Einen Liebhaber sich z» nehmen, wie cs sonst in den .kreisen der sranzösischen Arstivlraiic jener Zeit üblich ivnr, »erscbniahtc die stolze Frau. Sv lebte sic ein leeres nnd nur von dem Interesse jür Dichtung und Musik halbwegs angeregtes Leben. Die Schilderung ihrer Begegnung mit Liszt, der langsam keimenden, immer stärker wachsenden meerestiescn Leidenschaft nstrd eine dichterische Großtat bleiben, wie wir wenige besitzen. Es scheint kein Zufall zn sein, daß gerade 1927 der Enkel der Komtesse diese ihre Berichte „fand", wahrscheinlich Hai sic in ihrem Testawcni eine Zeit von fünfzig Jahre» nach ihrem Ableben für die "Vcrössenllichiing scstgcsetzi. Denn cS gibt in der ganzen Wettlfteralnr wenige Frauen, die ihr Gefühl nnd ihr Lchanc» so vssenbnrt habe» und so ossenbaren konnte», wie die Komtesse dAgvnit. Es ist geradezu ein Schnlsall, der mit der Konvention kämpfenden Leidenschaft, aber entkleidet von allem Literarischen, ohne die kleinste Pose ldic die Ästichcr der George Sand vielen so nnsninvaihisch machenj, der sich hier vor »ns Erschütterten abrvltt. Eine ganz große Dichterin hätte das nicht erfind«» können. Kurz, che die Leidenschaft der beiden aus dem Höhepunkt gngelangt ist. versucht ei» Gott sic zn trennen: die Komtesse verliert ein Kind »nd braucht ein halbes Jahr, nm diesen Schlag zn verwinden. Aber das Leben ist starler als der Tod, nnd die beiden zueinander Bestimmten sinden sich wieder. Die Komtesse erklärt sich ohne jedes Zögern bereit, alles zn In», was Liszt verlangt. Nur noch ein Hinder nis gilt es zn überwinden: der berühmte Abbe Lammcnais, Liszis Beichtvater, will in, Interesse der Moral nnd znin Ruhme der Kirche den Skandal verhindern. Die Nitterhallniig zwischen ihm und der Komtesse wird snr alle Zeiten zn dem stärksten geboren, was die Literatur ans diesem Gebiete kennt. Auch hier siegt die Leidenschaft — nnd die kvmieslc flieht mit Franz Liszt, ihrem Abgott, nm erst nach fünf Jahre» zu er kennen. dast auch er ein Sterblicher ist. Noch liegen, wie gesagt, erst Auszüge ans dem grostr» Manuskript vor. Aber vielleicht noch dieses Jahr wird die Welt nm ei» Bnch von der Liebe reicher sein, wie cs nicht viele gibt. Kunst und Wissenschaft. ! Dresdner Thcaterspielpla» für heute. Opernhaus: „Das Rheingold" s ",üj. Schauspielhaus: „Dame Kvbold" s>48i. Albcrt-Tbcatcr: „Zopf nnd Schwert" Residenz-Theater: „Die Tanzgräsin" Die Komödie: „Draninnlus" sfi8t. Ecntralthcatcr: Haller-Revue „An und Auö" (168). s Ncranstalinngen. Heute >II,r im Palmcngaitcn: Konzert nus zwei Klaviere» vv» Amin Krahl un!> Walter Schocvß. — Ilm 8 Uhr: Heiterer Abend von Alex. Starke iParkstrnsiel. s Dresdner Künstler auswärio. E n g e n i c B n i k b a r d t Kal an der Wiener Llaaisoper in einer Ansfnkrnng der „Frau okne Schatten" unter r'ettnng »on Nichard Zlransi sehr erlolgreich die Partie der Amme gesungen. s Die Leipziger Stadibiblioihek beging am gestrigen Donnerstag ihr 2 5 9jährige s I uhil a n m. Die Biblio thek hat zurzeit einen Bestand >>v>, 199 999 Bänden, 1999 Handschriften, die bis in das 9. Jahrhundert znrnckgchcn, und 999 Inkunabeln angesammett. Mittags fand im Lcsc- saalc der Stadtlsthliothek eine Feier statt, zn welcher Ver treter der Staats- nnd der städtischen Behörden, non Wissen schaft und Knust zahlreich erschienen waren. Oberbürger meister Dr. Rothe begrüßte die Gaste, woraus Dir. Dr. Johannes Hosmann den Fcstvortrag über: „Das Werden »nd Wachsen der Bibliothek und ihrer hervorragenden Biblio- Ihclaie" hielt. Die Glückwünsche der sächsische» Siaatsregic- inng nberbracbie Gehcimrat Wvelcker »om Ministerium für Volksbildung, die Glückwünsche der Univcrsilät Leipzig deren Rektor Prof. Dr. Siber. Der Direktor der Leipziger llnivcr- sitätsbibliathek, Pros. Dr. Glanning, sprach die Wünsche der übrigen Leipziger Bibliotheken ans, der Direktor der Säch sischen Landesbibliolhck in Dresden, Pros. Bollert, die Glück wünsche dieser Bibliothek. Für den "Verein der deutsäicn Bibliothekare, der die Geincftiichaft der denischen und öster reichischen Bibliothekare »msaßt, sprach Direktor Dr. Ilhlen- dohl von der Deutsche» "Bücherei in Leipzig. Die Grüße deS Denischen Börsenvereins der deuisäien "Buchhändler übcr- hrachie Dr. Arlur Meier und die Glückwünsche des Leipziger "Bibliophilen "Abends, Verlaashuchhändler Dr. Gustav Kir sten!, der zugleich als Festgabe der Leipziger Bibliophilen das zweibändige Werk von Bvgcug: „Geschichte der Biblio philie", Luxusausgabe aus Japanpapier, überreichte. Sehr schön klang der Thomauei-Eor unter Leitung des Thomas- kautars Dr. Straube. Hieraus wurde die Jubiläumsaus stellung, „Bulbeftibäudc aus dem Besitze der Siadlbibliothek", eröffnet. Zum Jubiläum ist eine Festschrift erschienen, die zahlreiche Forschnngsgrbeilen über Bililiviheksweseii enthält. ! Der Berliner Phnsiker, Dr. Adolf Mieihe. Piofenvr an der Technischen Hochschule zn Eha> lottenlung, ist >»> liü. Lebensjahre nacli einer lleinen Operation an Herz schwäche plötzIi ch g e sl o r h e n. Geheinii at M leihe trug vor längerer Zeit bei einem "Verlehrsnnsall eine bedenkliche Bein» Verletzung davon und mnstie die letzten Monate >»> Kranken» Hause znbringen. Sein mißenschasiiiches Arbeitsgebiet war die Optik in ihrer praktischen Anwendung aus die Photographie.
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