— 398 — 10. Ein Bauer arbeitete einmal mit seiner Frau auf dem Felde. Als es Mittag geworden war, sagte der Mann zu seiner Frau, er müsse sie einige Zeit allein lassen. Es werde bald ein Fohlen aus der Haide auf sie zukommen und sie mit den Hufen zu schlagen suchen, sie sollte sich aber nur vertheidigen, dann werde ihr nichts geschehen. Darauf ging der Mann in die Haide. Es währte auch nicht lange, so kam aus der Haide ein Fohlen. Das Fohlen eilte in grossen Sprüngen auf die Frau zu. Sobald es ihr nahe genug war, richtete es sich auf und schlug mit den Vorderbeinen nach ihr, sie aber wehrte sich mit der Harke, so gut sie konnte. Der Kampf dauerte eine ganze Stunde. Als es eins schlug, rannte das Fohlen wieder nach der Haide. Kurze Zeit darauf kehrte der Mann aus der Haide auf das Feld zurück. Er ging zu seiner Frau und bat dieselbe, sie sollte nachsehen, ob er nicht eine Wunde am Kopfe habe. Die Frau sah nach und fand abgebrochene Harkenzähne im Kopfe ihres Mannes stecken. Erschrocken sagte sie ihm das, er aber erwiederte, sie solle nicht davor erschrecken, denn er selbst sei das Fohlen gewesen. Er sei ein Werwolf und könne sich des halb in ein Fohlen verwandeln. Gross-Döbern. 11. In einem Dorfe nicht weit von Hoyerswerda lebte einst eine Familie, in welcher die Frau, trotzdem der Mann nicht viel verdiente, stets in Hülle und Fülle Fleisch auf den Tisch brachte. Das fiel dem Mann endlich auf. Er konnte sich schliesslich nicht enthalten, die Frau zu fragen, wo sie das Fleisch herhabe. Die Frau war bereit, ihm das zu zeigen, sie sagte aber, er müsse sich ihren Anweisungen fügen. Ihr Mann versprach das. Darauf führte sie ihn auf das Feld und zeigte ihm dort eine Schafheerde. Darauf sagte sie: „Siehe genau zu, was sich zuträgt. Aber was auch immer geschehen mag, Du darfst meinen Namen nicht nennen.“ Darauf zog die Frau einen Ring aus ihrer Tasche, steckte ihn auf den Finger und verwandelte sich alsobald in einen