— 291 — fragte die Scharfrichterfrau den betreffenden Mann, wie er dazu komme, hei ihr die Kühe auf die Weide zu treiben? Der Mann bestritt, das gethan zu haben, aber die Scharfrichterfrau gab ihm alle näheren Umstände so genau an, das alles Leugnen nichts half. Hoyerswerda. 32. In Hoyerswerda hatte einst die Frau eines Fleischers für ihren Mann zu einer Reise auf das Land Alles zurecht gemacht. Sie hatte ihm auch Geld in die Rocktasche ge steckt, damit er dafür Vieh kaufe. Darauf holte sie ihn vom Schlachthause in die Stube. Als Mann und Frau in die Stube traten, fand es sich, dass das Geld gestohlen war. Die Frau ging sogleich zu einer Scharfrichterfrau; man wusste näm lich, dass diese mehr konnte, als Brod essen. Die Frau gab ihr allerlei Kräuter an, welche sie auf dem Heerde verbrennen sollte. Sei dies geschehen, so müsse der, welcher das Geld gestohlen habe, es wiederbringen, selbst wenn Thür und Thor verschlossen wären. Die Frau des Fleischers ging nach Hause, verschloss alle Thüren und verbrannte darauf die be treffenden Kräuter. Es währte auch nicht lange, so klopfte es heftig an die Thür. Die Frau öffnete jedoch nicht. Da kam ihre Magd über den Zaun gekrochen und brachte ihr das Geld: dieselbe sagte, sie habe das Geld gestohlen, müsse es jetzt aber zurückbringen. Hoyerswerda. 33. In Sassleben wohnte vor mehr als fünfzig Jahren ein Schullehrer, welcher eine sehr böse Nachbarin hatte. Die krau war als Hexe im ganzen Dorfe verschrieen. Eines Abends musste der Lehrer um zehn Uhr im Aufträge des Dorfschulzen nach Kalau gehen. Beim Nachhausegehen traf er ay f einem Kreuzweg eine dunkle Gestalt, welche vor seinen Augen bald grösser, bald kleiner wurde. Plötzlich sprang S1 e mit Heftigkeit auf ihn zu. Sie schnürte ihm den Hals 80 zusammen, dass der Lehrer Furcht bekam, sie werde ihn erwürgen. In der Angst nahm er seinen derben Knoten stock und schlug aus Leibeskräften auf den Spuk los. Die chläge klangen, wie wenn sie auf einen alten Topf fielen. 19*