- 269 - und sagte: „Ich bin der Wächter; die Jungfrauen darf nur Jemand küssen, der rein von Fehl und Sünde ist, Du aber hast in Deiner Jugend Deine Mutter bestohlen." Der junge Ritter sagte: „Ich habe keine Sünde begangen, als dass ich in meinem neunten Jahre meiner Mutter einmal heimlich ein Ei genommen habe: als ich das that, habe ich noch keinen rechten Verstand gehabt.“ Darauf trat der Wächter zurück, der junge Ritter ging auf die Jungfrauen zu und küsste sie. Kaum hatte er die letzte Jungfrau ge küsst, so geschah ein lauter Krach, die Jungfrauen erwachten aus ihrem Schlafe, der rothbraune Mann stand vor ihm und sagte: „Habe Dank, Du hast Alle erlöst.“ Darauf blieb der junge Ritter im Schlosse und heirathete die letzte und schönste der Jungfrauen. Da er schon früher drei Burgen erworben hatte, so lebte er mit seiner Gemahlin in Glück und Reich thum, die elf ändern erlösten Jungfrauen aber gingen in ein Kloster. Sandow. 29. Die hilfreichen Hunde. Mit einem Bauer kam es zu sterben. Er hatte einen Sohn und eine Tochter. Auf dem Todtenbette vertheilte er seine Hinterlassenschaft so, dass die Tochter die Wirthschaft, der Sohn aber drei Schafe erhalten sollte. Dem Sohn er schien sein Erbe sehr gering, er musste sich aber in den letzten Willen seines Vaters fügen. Nach dem Tode seines Vaters zog er mit seinen drei Schafen fort. Er war noch nicht weit gegangen, so begegnete ihm ein Mann mit drei Hunden, welcher ihm einen Tausch anbot. Der junge Bauer wollte nicht auf den Tausch eingehen, allein der Mann sagte, es wären Hunde, welche besondere Eigenschaften be- sässen. Zu dem einen Hunde brauche er nur zu sagen: „Bring Speise“, dann brächte derselbe Essen und Bier, zu dem ändern: „Zerreiss“, so vernichte derselbe jeden Feind, zu dem dritten: „Brich Stahl und Eisen“, so öffne er jedes Schloss und jede Fessel. Jetzt war der junge Bauer zum Tausch bereit. Nachdem der Tausch vollzogen war, machte er sich wieder auf den Weg. Er war noch nicht weit mit seinen Hunden