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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 11.07.1927
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1927-07-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19270711023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1927071102
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1927071102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-07
- Tag 1927-07-11
-
Monat
1927-07
-
Jahr
1927
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Rr. Z21 Seile 2 »v»e»vner /»ueyrilyirn Montag. 11. JuN 1SL7 Zer falsche Hohenzollernprlnz vor Gericht. Beginn -es Domela-Prvzesses in Kvl». «Eigner Drabtbericht der .Dresdner N a ch r > cht » a*Z Köln. n. Juli. Bor dem erweiterten Schöffengericht in Köln begann am Montag unter stärkstem Andrang von Pu dlikum nnd Presse die Verhandlung gegen den falsche« Hatzen, iolleriipriuzen Harry Domela unter dem Vorsitz de- Land, gerichiodirektorä Neuwinger. Die Anklage wird von Staats» aurvalt Hoppe vertreten. Dem Angeklagten steht als Berteidi aer Rechtsanwalt von der Henden-Köln zur Seite. Al» Zeu gen sind geladen der Spediteur Krcibich-Köln und Polizeirat Putzig Köln. Der Verteidiger protestiert gegen die Vernehmung bcS Polizei rate Putzig, dessen Ladung ihm überhaupt nicht bc kannt sei: „Ich möchte gegenüber den Aussagen dieses Zeugen beantragen, das, Varon v. Hertzberg-Heidelbcrg. Gras Roth kirch-Heidelberg, Herr v. Main-Heidelberg, Kammerherr v. Blücher-Gotha, Kommerzienrat Kossenkascheii-Magdeburg zum mindesten hier erscheinen, um zu widerlegen, waS da- malS der Zeugc Putzig als Protokoll ausgenommen hat." — 'Vors: Wir wissen ja noch gar nicht, was der Zeuge heute sagen wird. Verteidiger: Sie können nicht den Angeklagten liier überfallen mit einem Zeugen, dessen Ladung der Ver teidigung nicht einmal angezeigt worden ist. Es ist ledig lich ei» Akt der Staatsanwaltschaft. Ich widersetze mich, dasi die Staatsanwaltschaft hinten herum hier einen Zeugen her bringt. Vors.: Den Zeugen habe ich selbst geladen. Die Vorwürfe gegen die Slgatsanwaltschast m»ß ich also zurück weise». — Seitens des Staatsanwalts wird darauf erklärt, das; ans die Vernehmung des Zeuge» Putzig verzichtet wird. Der Vorsitzende 0>bt weiter bekannt, daß als Sach verständige erschienen sind: Medizinalrat Dr. Stöcker und Dr. Dieckhöser. Der Verteidiger protestiert gegen die Vernehmung des letzteren Sachverständigen. Auch dieser Sachverständige sei g e g en de n W ilIen der Verteidigung geladen. Diese habe beantragt, daß ein Psychiater von Wissenschaft- lichem Ruf vernommen werde über die Einstellung eines so jungen Menschen, wenn alles vor ihm im Staube liege. Der Vorsitzende unterbricht den Verteidiger mit dem Er- suchen, nicht jetzt zu plädieren. Der Einspruch wird zurück- gestellt bis zur Vernehmung der Sachverständige». Die Er- öfniungSbeschlüsse. die dem Angeklagten sodann vorgehalten werden, beziehen sich aus sechs Vetrugssällc. Auf fragen des Vorsitzenden schildert der Angeklagte dann seine Lebensgcschichte. Domela hat einen kleinen Zuugenfeblcr und spricht schnell und nervös, manchmal bei nahe stotternd. Er ist nach seiner Erzählung 190-1 als Sohn eines kleinen Gutsbesitzers deutscher Abstammung in Lett- laud geboren. V-abeend des Krieges wurde er von seiner Familie getrennt und in ein russisches Kinderheim in Riga gekracht. Er beklagt sich über die Behandlung in diesem Heim, die hart und grausa in .wese» sei. Er besuchte die Schule der deutschen Okkupationsvcrwal- tung bis nach dein Kriege. Die Bolschewisten kamen. Bei den damgligen Kämpfen wurde sein Bruder von de» Bolsche wisten ermordet. Domela beteiligte sich dann, fünfzehnjährig, an der Abivchrorganisativu, die schließlich zur Vertreibung der Bolschewisten führte, 1919 kam er mit den Valtikumern unter dem Freiherr» v. Brandes nach Deutschland. Bran des verschaffte ihm eine Stelle als landwirt schaftlicher Arbeiter. Hier hielt es Domela aber nur drei oder vier Mvnate aus. da er nur daS Esten, sonst aber weder Lohn noch Kleidung bekam. Domela wurde dann in einem Flüchtlingslager unterge bracht, ivo es ihm wieder schlecht ging. Die Leute waren größtenteils verlaust. Domela bekam dann eine Stelle bei einer Baronin von H o ch b e r g als Page. Nu chliier wurde er angeblich schlecht behandelt. Schließlich kündigte ihm die Baronin, weil sie einen gelernten Diener ins Hans nehmen wollte. Kurz vor seiner Entlastung stahl Domela ein paar Lössel, weshalb von der Baronin sofort Strafantrag gestellt wurde. Nachher stellte es sich heraus, daß es nur ein paar wertlose A lpalal o siel waren. Schließlich kam er nach Berlin, wo er aber so ziemlich auf der Straße lag. Der An geklagte kämpft bei dieser Darstellung mit den Tränen und unterbricht seine Schilderung einige Minuten. Er berichtet weiter, daß er oft in Bahnhöfen genächtigt und schließlich ein V agabnndenl e b e » geführt habe. Das nahm damals ein Ende, als ein Schriftsteller ihn in seine Dienste nahm. Vorsitzender: Warum haben Sic diese Stellung nach kurzer Zeit wieder ausgegcbcn? Angeklagter: Fch hatte mich schau an das Vagabundenleben gewöhnt. Die untergeordnete» Botendienste, die ich besorgen sollte, machten mir keine Freude. — Hier kommt es zu einem Zwischenfall. Der Vorsitzende bemerkt, daß am Preisctisch gezeichnet ivird. Er läßt daraufhin den Zeichner durch den Justizwacht meister aus dem Saale führen. Als der Zeichner daraus auf merksam machen will, daß er zugelassen ist, schneidet ihm der Vorsitzende barsch das Wort ab. Verteidiger von der He,d«u: Ich bitte «ine» SeriHtsdeschluß darüber her- beizuführen, «»»fitze»»*«: Nein, ich führe die Vernehmung fort. Sie haben zu einem solchen Antrag kein «echt, höchsten» der betreffende Herr, «erieidtger: Den habe« Sie fa hinaus, führen lasten. Der Vorsitzende fährt dan« i« der Bern«», nrhmung de» Angeklagten fort. Der Angeklagte Domela schildert, wt« er nach dem Kort» gang von dem Schriftsteller zunächst versucht Hab«, durch dt« balttschen Htlftikvmitee» eine angemesseu« Ardeti zu erhalten: »Ich uanute «ich damals Graf Pahieu." Der Vorsitzende erinnert daran, daß der Angeklagte da» malö in Potsdam wegen eines Betruges an einem Chauffeur verurteilt wurde. Domela erwiderte, das sei ekst Fehl spruch. Tatsächlich habe der Chauffeur ihn betrogen, indem er viel mehr Kilometer berechnete, at» tatsächlich gefahren waren. — Es kommen dann die Frankfurter Erlebnisse zur Erörterung, wobei sich Domela bei dem baltischen Ver trauensmann als Var»» ».Buirhöse» »arstetzt«. Von einigen Herren hat Domela dann in Frankfurt a. M. Geld erhalten. Dabei wurde ausdrücklich bemerkt, daß Rückzahlung nicht er forderlich sei. Dvmela erklärt dazu, tatsächlich ist alles zuriick- gczahlt worden, da ich durch meine Memoiren inzwischen Geld verdient habe, das mein Verteidiger zur Rückzahlung verwandt hat. In Berlin war Domela dann bei einem Dr. Pap« tu Stellung. Er trat damals als Varon ». Korss aus. Während einer Reise Dr. Papes erzählte Domela der Sekretärin, Fräulein Jakobi, sein Freund Graf Meerseldt sei schwer erkankt. Schließlich d»t mir Frsulelu Jakobi 151» Mark an. «it dcne« ich »ach Dresde« fuhr. Ms mir das Geld auSging, telephonierte ich »ach Berlin, der Freund fei gestorde», »ud erhielt »eitere 100 Mark von Fräulein Jakobi. In Dresden, im Europahof. blieb die Hotelrechnung in Höhe von 57,95 Mark unbezahlt. — Dr. Pape sagte, dah er mir keine Schwierigkeiten mit der Polizei machen wolle uud die 250 Mark als Belohnung für meine Tätigkeit bei ihm an- sehen wolle. — Domela wurde dann in Potsdam Ziga- rettenreisendcr. Im Winter, so fährt der Angeklagte fort, konnte ich mit meinem Rade nicht vorwärts kommen. DaS Geschäft ging schlecht, und mein Chef drohte mit der Ent- lassung. Ich griff nun zu meine» alte» Mittel und «auute mich »onderRecke. Sofort änderte sich mei»e Lag«. Ich wurde in Potsdam überall mit offenen Armen empfangen. Besonders nahm sich meiner der Präsident v. März vorn RcichSarchiv an, ein früherer General. Er sagte mir, ich sollte zur Gattin des Berliner Oberbürger- Meisters fahren, die hätte für mich einen guten Mantel. Frau Oberbürgermeister Booß empfing mich sehr freundlich. Sie gab mir einen guten Mantel nnd sagte mir wettere Hille zu. AlS ich nachher mit meinem Chef Feldhaus abrrchnete, fehlten mir 20 Mk., weil die Kunden nicht pünktlich b«,zahlten. Feldhaus »ahm mir dafür den Mantel weg, der mindestens lM Mk. wert war. Außerdem ließ er mich wegen dieser 20 Mk. ivegen Betrugs bestrafen. — In Potsdam war eS inzwischen Stadtgespräch geworden, baß „der arme Graf von der Recke" als Zigaretlenhandelsmann sein Leben fristen müßte. Dafür bekam ich noch mehr Einladungen zum Mittag essen, denen ich natürlich entsprach. tVet Lchlub der Redaktion dauerte dt« Sitzung noch on.t Bericht des Generalaaenlen bis AV.Iunl 1927. Die Gesamtsumme der Zahlungen betrug für daö dritte Jahr bis zum 30. Juni 1 086 460787 GM. Der Ge sa m t k a s s e n b c st a n d am M. Juni war 154 528 822 GM. An Zahlungen für die einzelnen Mächte im Juni 1927 wurden abgeführt: an Frankreich 51192 479,88 GM,, an das britische Reich 22 858 001.08 EM., an Italien 0 288 744,55 GM., an Belgien 7 191 000,20 GM., an den scrbisch-kroatisch-slowcnischen Staat 3658 760,00 GM., an die Vereinigten Staaten von Amerika 5 88, 25,^89 GM., an Rumänien 1 098507,82 EM., an Portugal 923 778,01 GM., an Griechenland 251 878,71 GM. und endlich an Polen 35 383,18 GM. Admiral Koch ertrunken. Lübeck, 11. Juli. Am Sonnabendabend ist Admiral Koch aus Hannover in Niendorf an der Ostsee beim Baden ertrunken. Der Admiral ist von seiner Teilnahme an der Skagerrakschlacht und anderen Seeschlachten des Weltkrieges bekannt. sW. T. BZ Thea Rasche in Troy-on gelandet Paris, ll. Juli. Thea Rasche ist am Sonnabend um 6 Uhr 50 Min. nachmittags, da die WitterungSverhältniste sich gebessert hatten, gestartet und um 9 Uhr 18 Min. in Croydon gelandet. sW. T. BZ Los von Moskau-Bestrebung -er Ukraine. Schorfe Kritik Trotz«« a« Mali». Stich«, 11. Juli. Wie aus Moskau gemeldet wt»k> trat Trotzki plötzlich in einer TranSportardett«rv«rsam»l»ma i« Mo»kau auf und übte scharfe Krtttkan Statt« >»d dem Zentralkomitee. Er führte au», daß Statt«« PoMtk dt« So»jetun«on zum endgültigen Fiasko führe. Trotz« ver. langte mit Nachdruck «in« Aenderung de» Politik de» Zen. tralkomtteeS. «» »erlautet. daß Statt», »er dieser T««e nach Madkou zurückkehrt, amtsmtid« sei. I» Modkau werden dir Nachrichten üder »««Aufstand imKubangebtetal« übertrieben bezeichnet. Es handelt sich um di« Festnahme einer „Bande". dt« fett längerer Zeit da« Kubanaebtet unsicher gemacht habe. Fünfzehn Mann dieser Band«, darunter auch zwei Ausländer, seten bereit« erschossen worden. Die G. P. U. Tranchkaukasien« hat eine Verschwörung anfgedeckt, die die Srdöloorko««»» im Saukasn» in die Luft zu sprenge« plante. In diesem Zusammeuhaug« »erden «euc Erschießungen erwartet. Nach Meldungen aus Moskau beabsichtigt di« Sowjet- regieruag energische Maßnahmen zur Unterbrückung des ukrainischen SeparatiSmn» an,«wende». Die ukrainische kommnnistifche Parteiorganisation und die Ratiouoltruppe«. teite sollen anfgeldst «erbeu. Ferner soll eine Einschränkung der Bollmachteu der ukrainischen Regierung geplant sein. D«r »krainische Separatismus geht »usa«»«« «it der Opposition in der Partei. Er wird geführt von einem gewissen Sumski, einem früheren Volkskommissar für Aufklärung ln der Ukraine. Dumskt weigert sich, die Direktiven deü Zentralkomitees auv- zuführen. Wegen dieser Weigerung sollte er vor ein Partei, gericht gestellt werben. Auch hiergegen mehrt sich Sumskt mit der Begründung, daß das Parteigericht subjektiv urteile. DaS politische Programm de« ukrainischen Separatismus wird streng geheimgehalten. Es heißt jedoch, daß die Ukrainer die Abtrennung von Moskau erstreben. AuS Moskau wird gemeldet, daß der stellvertretende Leiter der G. P. U. Iagoda. Pressevertretern gegenüber äußerte, daß die G. P. 11. in demselben Maße den Terror verstärken werde, in dem die konterrevoluttvuär« Be wegung zunehme, so lange, bi» die konterrevolutionäre Be- ivcgung vollständig erdrückt sei. Sine neue Sowjekofsensive iu China. Moskau, ll. Juli. fTelegraphenagentur der SowjetuntonZ In einem Artikel der „Prawda" macht Bucha rin di« Mit teilung, baß die Komintern die Einberufung einer außer ordentlichen Konferenz der Kommunistischen Partei Chinas und die Neuwahl deö chinesischen Zentralkomitees beschlossen habe, weil die jetzige Leitung versagt habe. Der sosartige Au«, tritt aus der Hankau-Regierung fei für die Kammuuiftische Partei obligatorisch. Dtcö bedeute jedoch nicht den Austritt der Kommunisten aus der Kuomintang. Die Kommunistisch« Partei werde den Kampf um ihre Machtstellung foriführen und sich dabei auf die breiten Masten stütze».. (ES. T. BZ Wie Döuemark Verböge einhölt. Verletzung des dcntsch-dänische« Schiedsvertrage«. Der deutschnationale Abgeordnete Berndt und andere Mitglieder der deutschnationalen Fraktion haben im Reichs tage folgende Anfrage eingebracht: Die „Grcnzland-Korrespondenz" vom IS. Mat 1927 bringt auf Blatt 8 Klagen über die Behandlung beutscher Staatsangehöriger in Norbschleswig. Sv schreibt sie ». a.: 1. Eine dcutschgestnnte Nordschleswtgerln. dänische Staatsangehörige, Erbin eines Hofeö in Loit bet Apenrade, wollte einen jungen Landmann ans dem deutsch verbliebenen Teile Schleswigs, mit Namen Holländer, heiraten, der um NiederlastungscrlaubniS nachsuchte, um den Hof seiner Braut übernehmen zu können. Die Niederlassungserlaub nis wurde ihm verweigert, so daß der Hpf nicht von ihm bezogen werden konnte, sondern verpachtet werden mußte. 2. Noch krasser ist der Fa l l B » y s c n. Ein junger Land, wirt mit Namen Bvysen» der zwar bet Itzehoe in Holstein geboren war, dessen Familie aber sowohl väterlicher-, als auch mütterlicherseits aus Nvrdschleswig stammt«, hatte sich von 1918 bis 1924 säst ununterbrochen in Nvrdschleswig und i» Dänemark aufgehalten. Sein Großvater war in den Jahren zwischen 1851 und 1864 dänischer Beamter in Apen- radc gewesen. Nun heiratete er eine Nordschleöwigerin, die dänische Staatsangehörige war, erhielt aber gleichfalls nicht die NiederlassnngscrlaubniS. ES blieb ihm nicht- andere- übrig, als Nordschleöwig zu verlassen. Die Reichsregierung wird gefragt, ob sie dies« dänische« Maßnahmen für im Einklang stehend mit dem deutsch-däni schen Schiedsvertrage hält, und um geeignete Gegenmaß. nahmen gebeten. Kun?t und Wissenschaft. Burgtheater-Gastspiel im Schauspielhaus .Ein unmöglicher Mensch." Tas dritte Stück. daS »ns die Ni i t g l i c d c r des Wiener Burgtheaters als Gäste im Schau spielhaus brachten, war ein englisches Lustspiel ron M Harwood: „Ein »»möglicher Mens ch". von Otto Kleinen! ins Teuttche übertragen. Tie Wiener Gäste be absichtigen offenbar, die Dresdner im Sommer einmal an genehm zu unterhalte», wahrscheinlich iu der Annahme, daß wir sonst ohne sommerliches Thcatcrvcrgnügen wären. Sie haben nicht bedacht, daß der Ruf des Burgtheaters die Er wartung aus irgend etwas 'Besonderes, aus irgendeine große oder doch unnachahmliche Sache spannen mußte, daß wir lieber eine Wiener Besonderheit und ein wertvolles, aus gezeichnet gespieltes Stück als drei englische Gleichgültigkeiten >'ehen möchten, In früheren Gastspielen kamen sie solcher Er wartung mehr entgegen. ..Der Schwan" — „Frau Suitner" - das waren so Sachen, die wir bewundern konnten. So was wie den „unmöglichen Menschen" machen wir selber, nnd, entschuldigen Tic. sogar besser, wenn's sein muß. Wir sind immerhin durch drei Schauspielhäuser einigermaßen ver wöhnt. Rattirlich sicht man gern mal Wiener Größen auf der Bühne. Hermann N v in b c r g kennen wir und schätzen ihn hoch. Auch als Mr. Dennis Lestrangc ist er »nter- lialtcnd. der »ettekte »nd gemütvollste Abenteurer, den man sich denken kan», ei» durchaus möglicher Mensch, wenn es auch eine recht sonderbare Aufgabe ist, für eine Geldsumme den ..Scheidnngsgrnnd" zn spielen, der eine blasierte Dame von ihrem Ehegemahl befreien und einem anderen in die Hände spielen soll. Rombcrg übt dieses Gewerbe mit Takt nnd Laune aus und io anständig in der Gesinnung, daß man es beinahe für möglich hält, daß er am Schluß, als der Plan mißglückt ist. Herz nnd Hand »nd Geld der Nichte gewinnt. Man sicht Maria Mayen gern einmal, obwohl sie als Mrs. Ellen Hannan keine sympathische Frau ist, als Schau spielerin aber feine Kultur des Wortes nnd der Gebärde ver rät, ohne in dieser Rolle gerade durch »»gewöhnliche Reize der Erscheinung »nd des Könnens zu überraschen. Ein Schau spieler wie Otto Ichm öle hat sicher Fähigkeiten zu komi scher Charakteristik, schon durch seine Hobe Stimme dafür ge eignet: aber als Mr. 'Rick Bellamy muß er die Komik ver halte». nm den eitle» Parlamentarier und üblen Anstifter der sonderbaren Eheirrung nicht völlig zum unmöglichen .nchcn zu machen. Immerhin ist er schließlich der Bla mierte. nicht nur, weil er ohne Perücke mit glänzender Glatze lächerlich, anssieht, sondern weil er dem Freunde die Frau mit gemeinen Mitteln abspenstig machen wollte. Der Freund ist Robert Balberg und er ist der einzige Gentleman des Stückes, -as tm übrigen ohne ernstlichen Versuch, eng lische Menschen und Umwelt darzustellen, im deutschen Lust spielton abgespielt wird. Es ist vieles unmöglich in dem Lustspiel, seine Idee und seine Gestalten, eben weil es als so selbstverständlich und ohne den Schwung einer gewissen Ko- mödienvcrrttcktheit gemacht ist. Da ist noch die Nichte, ein junges Mädchen, das die verirrte Tante durch Selbstaufopfe rung vor dem letzten Schritt bewahrt und dafür denn auch den Mr. Lestrangc zur Belohnung erhält. Anna Salten macht das recht hübsch, weil Jugend, Ansängerschast und Befan genheit noch echt sind. Am Anfang hat Albert Heine als Winkeladvokat einen humoristische» Ton angeschlagen, der stärkere Späße erwarten ließ, aber zugleich mit seiner Rolle aus dem Stück verschwindet, daS sich dann in gemäßigter Heiterkeit in einigen belustigenden Situationen, die sich aus den Verlegenheiten der drei Ehererfchwörer ergeben, so- zusagcn zwangsläufig abwickelt. Am meisten hieraus ergab sich auch Heiterkeit tm Publikum, das das kurze und doch lang wirkende Stück mit höflichem Dank aufnahm. P. 2. ß* Mitteilung der Sächsischen Staatsthcater. Ensem» blega st spiel von Mitgliedern des Wiener Burgtheaters. Heute Montag gelangt die Lustspielneu heit »Ein unmöglicher Mensch" erstmalig zur Wieder holung. Das Stück ist in den Hauptrollen mit den Damen Mayen und Galten, den Herren Heine, Romberg, Schmöle, Valberg besetzt. (Anrechtöreihe BZ Anfang 1^8 Uhr. — Dienstag und Mittwoch finden dann die beiden letzten Wieder- hvln^gen der Lustspielnenheit „Ein unmöglicher Mensch" statt. Z« Der Dresdner Letzrereesanzoerei» in der J«hr«»scha». Heute Dienstag, den >». Juli, abends 7 Uhr, veranstaltet der Dresdner Lehrergcsangverein unter Leitung leine» EhormelsterS Johanne» Leonhardt ein Konzert mit Werken in der Hauptsache von lebenden Dresdner Komponisten. ES sind hier ». a. vertreten kkalwken, Pöticbick, Starrt. Werner, Striegler, Frist«, Richter und Pembaur. Bei dem Ko,»zer« wirkt ebenfalls da« «»SftellungSorchester unter Leitung von Musikdirektor Feieret« mit und bring» zum Vortrag ir. a. da« Vorspiel zu den Meistersingern »nd dt« Fantasie über ein beirstche» VolkSlle» im Stile alter Meister von Siegfried Och«, ferner dir sinfonisch« Dichtung „LeS PrsludeS" und di« Ungarische Rh-vsodie Ar. 1 von Liszt. Weber» «ussorderung u. a. Zu dem Konzert wird ein besonderer Eintritt nichl erhoben. ß ««»ftanaftellnaz «in». Slnzelwerke von: Detlef Dommann. Lubwig Muhrmann. Franz Frankl, Harald Dillberg, Will, Dledjen ». a. m. — Rene farbig« Radierungen v»n Rudolf Veit. s Bo« der LandesuniversitLt. Die Zeitung des Seminars für freies Volksbildungswesen an der Universität Leipzig ist mit Genehmigung des BolkSbildungSministeriumS dem Pro« feflor für Sozial- und Wirtschaftsstatistik an der Universität Leipzig Dr. pH. Paul Hermberg übertragen worbe«. — Ein Ehrendokter der Universität Leipzig, der Direktor de« historischen Archivs der livländischen Ritterschaft in Riga, Baron Dr. pH. von Bruintngk, ist im 78 Lebensjahre verstorben. ß Eröffnung der Chemnitzer furysreie« KuuftauSsteluug. Die von der Kuilsthütte i» den Muscnmsräninci, veranstaltet« erste jnryfrete Chemnitzer Kunstausstellung ist eröffnet. Di« Einsendniigen übcrtrafcn zahlenmäßig so stark die gehegten Erwartungen, daß die zur Verfügung stehenden Räume nicht zulangtcn »nd et» Teil der etngefandten Werke nicht zur Aus. stcllung kommen konnte. ES sind allein 232 Oelbilder «nd 184 Agnarcllc eingegaiigen. doch konnten einschließlich der Plastiken nur 819 Werke ausgestellt werden. Z HändelS „Salomo" in EiSleben-Sutherftast. Der Städtische Singverein brachte HändelS „Salomo" in der Straubeschen Bearbeitung erfolgreich zur Aufführung. Mit dem drctaktigen Merke führte sich Johanne« Röder, der neue Dirigent des Vereins, recht verheißungsvoll «in. Er ist den Dresdnern als ehemaliger Präfekt des KreuzchorrS nicht unbekannt. Die Fachpresse rühmt seine Gediegenheit als Musiker, sein Beschlageniein i„ gesangliche» Angelegen, betten. Die Leistungen des Chores in bezug auf Intonation, Aussprache und Tonblldung fanden ungeteilte Zustimmung. Mit glücklicher Hand waren die Solisten gewählt: Eharlotte Dietrich (Breslaus, A. Mcthncr (Hallet, Karl Zin ne rt (Dresdens. Mit Werken von Mendelssohn. Schubert, Chopin und Jan Vttolin hat sich Johannes Röder in eine« eigenen Klavierabend auch als Pianist mit viel Glück in Eis- leben bekannt gemacht. ß* Beginn der Andreas-Hofer-Festsplele in Erl. Die Be wohner der beiltschen Gebiete Tirols, nnd Unzählige, die in diesem Jahre seine Sommergäste sind, konnten dieser Tage Zeugen der Eröffnung der A n d r e a S - H o f e r - S p i e l « in Erl nnd der Uraufführung der neuen» von dem Münchner Dichter AlotSJoh. Lippl geschaffenen „drama tischen Chronik" sein, die die berühmten nationalen Begebnisse, die sich um die tragische Heldengestalt Andrea« Hofers grup- Vieren, in einem sestfpielartlgen Bühnenwcrke behandelt, das entschieden dichterische Qualitäten und den Vorzug volkstüm lichen Zuschnittes, epischer Farbigkeit und holzschnittartiger Btldkräftigkett besitzt, also das typische „nationale Passions spiel", wenn man so sagen will, repräsentiert. Die Ausführung mit Simon Huber, dem ChrtstuSdarsteller vom Jahr« IVA,
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