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Je Broylievilles bcho in Paris. Zurücknahme -er Anschuldigung gegen Deutschland oder förmli^e Anklage vor dem Völkerbund. Ermordung -es irischen Iuslizministers. - Moskau -rohl -er Ukraine neuen Terror. — Der falsche Zollernprtnz vor -em Kölner Gericht. Atrr alle Bewoyner Sachsens? Diplomatisches Vorgehen Deuischlaats in Brüssel. P«ri», 11. Juli. «Echo de Parts" schreibt: Der belgische Kriegsmintster de Broqueville habe tm Parlament er» klärt. Deutschland habe sich schwere Verfehlungen gegen daü EntwaffnungSprogramm zuschulden kommen lassen. De Broqueville habe von Dokumenten gesprochen, die auch da» Pariser Kabinett kenne. Man miisse sie dem Välker- bunde unterbreiten. ES bereite sich also eine paradoxe Lage vor. I« de« Augenblick, in dem die Botschafterkonferenz die Erfüll»«« der SntwassnungSverpslichtungcn seststeNen müsse, sei das belgische Ministerium, wenn cs nicht seine Worte »iderruse« wolle, gezwungen. Deutschland vor dem Bvlker- dundSrat in Anklageznstand zn versetzen. Das sozialistische Organ „Oeuvre" entwickelt die An. ficht, daß der belgische KrtegSminister mit seinen Behauptun gen über angebliche vorzeitige Entlassung anö der Reichs, wehr entweder zu viel oder zu wenig gesagt habe. Ans alle Fälle sei eS aber ein Unsinn, zu glauben, das, man Deutsch land ewig unter Bormundschast werde halten können. Nliste Frankreich nicht gleichfalls ab. so mühte es eben die deutschen „Vorbereitungen" in Kauf nehmen. Der belgische Kriegs- Minister schulde der öffentlichen Meinung der Welt gegen« über Auskunft über seine Behauptungen. In der gegen, wärtigen Lage sei Schweigen nicht am Platze. Anmerkung des W. T. B.: Wie wir bereits mehrfach au Grund der Mitteilungen von zuständiger deutscher Stelle fest gestellt haben, find wegen der gänzlich »„begründe- ten Behauptungen des belgischen Kriegsministers de Broqueville deutscherseits die erforderlichen diplomatischen Schritte bereits eingeleitet worden. Die -eutsek-sranzvstschen Wirlschasls- verhfln-lunqen. Deutschland soll der Siindcnbock sein und bleiben. Paris, 11. Juli. Die französische Kampagne, um für einen Mißerfolg der gegenwärtigen deutsch-französische» Wirt- schaftsverhandlungen. die auf den Abschluß eines Proviso- rium» noch vor den französischen Parlamentsserien abzielen, die deutsche Regierung verantwortlich zu machen, dauert weiter an. Tin provisorisches Uebereinkommen, so schreibt der offiziöse „Petit Partsicn", war bereits ausgearbeitct, als die deutsche Delegation neue Instruktionen aus Berlin er- hielt, die alles wieder in Frage stellten. Sonnabend abends 7 Uhr habe noch der beste Eindruck bestanden. Als aber um - Uhr abends die beiden Delegationen zusammengekvmmen seien und die deutschen Delegierten ihre aus Berlin ein- getroffenen Anweisungen bckanntgegeben hätten, sei trotz aller Verhandlungen, die bis 1 Uhr nachts fortgesetzt worden seien, keine Verständigung zu erzielen gewesen. Berlin habe versucht, neue Konzessionen zu erhalten. Die Franzosen hätten hierauf die Prüfung der neuen deutschen Vorschläge in Anwesenheit Bokanowskis bis S Uhr morgens fort geführt. Um 6 Uhr vormittags habe dieser dann Potn» cars über die Lage Bericht erstattet und um 13 Uhr die deutschen Delegierten empfangen, mit denen er tm Beisein des Direktors der Wirtschaftsabteilung am Ouai d'Orsay SerruyS anderthalb Stunden verhandelt habe. Rach dieser Unterredung habe Bokanowski die Erklärungen ab» gegeben, die die Verantwortung für den schwierigen Fort gang der Verhandlungen anf die deutsche Regierung abzn» schiebe» »«rsnche«. Da- Blatt LoucheurS, das „Petit Journal", meint, Frankreich müsse nun nach zweijährigen Verhandlungen end- lich geuug »an Trendclenburg und Posse haben. Man kenne sie bereit- in all ihren Nuancierungen. Immerhin sei die gestrige Ueberraschung van Wichtigkeit, da sie sich in einem Augenblick eingestellt habe, als man geglaubt habe, alles ginge gut. nachdem der Reichstag der deutschen Regierung «oll« Handlungsfreiheit cingeräumt habe. Man sähe, daß sich die deutlchen Methoden nicht geändert hätten. ES sei i«««r dasselbe Feilschen. Diesmal scheine die deutsche Re- gierung die Eile der französischen Regierung, noch vor dem l< Juli, dem Beginn der Ferien, dem Parlament ein Pro visorium vorlegen zu können, ausnutzen zu wollen. Deutsch, land versuche mit allen Mitteln, für alle für die Einfuhr nach Frankreich in Frage kommenden Produkte die Meistbegünsti gung zu erhalten. Es werde immer mit dem endgültigen Ab- bruch gedroht. Die Verhandlungen würden aber dann doch fortgesetzt. lT.-U.» » Paris, 10. Juli. Die hier verbreitete Nachricht, der heutige Tag werde eine Entscheidung über daS deutsch-französische Handelsabkommen bringen, eilt den Ereignissen voraus. Es kann jedoch gesagt werden, daß die Verhandlungen aktiv fortgesetzt werben, und daß die Hoffnung besteht, in den nächsten Tagen zu einem Ergebnis zu gelangen. All« weitergehenden Nachrichten der französischen Presse, besonders die. daß e» sich bei dem zur Beratung stehenden Projekt um «in Abkommen von drei Monaten handle, sind falsch. Die Verhandlungen werden vielmehr geführt tm Hinblick aus «in« umfassende möglich» langfristige Regelung der deutsch- k«an»Sstsch«n Wirtschaftsbeziehungen. In der Rächt zum S. Iuli d. I. ist das Goklleuba- und da» TNüglih-Tal im östlichen Erzgebirge von einer Unwetterkatastrophe heimgesucht worden, die in ihrer Furchtbarkeit und Schwere in unseren Kreisen ohne Beispiel dasteht. Wolkenbrüche haben Städte und Dörfer innerhalb weniger Stunden zerstört, was wenschenfteitz und mühsame Arbeit in langen Iahren aufbaute, ln Trümmer gerissen, weit schmerzlicher als die Vernichtung noch ungemessener materieller Werte ist die Tatsache, daß die Katastrophe, soweit sich bis seht erkennen läßt, an die 150 Tote gefordert hat. Eltern beweinen den Tod ihrer Kinder. Unmündige Kinder sind zu Waisen geworden. Ganze Haushaltungen sind den reihenden Fluten zum Opfer gefallen. Hunderte unserer Volksgenoffen stehen verzweifelt vor dem Vichts. Die Regierung des Freistaate» Sachsen hat als erste Hilfe Wittel bereltgestellt. um der dringendsten Rot zu steuern. Der Reichstag hat sofort seine Bereitwillig keit. ln großem Umfange zu helfen, erklärt, weiteres wird noch von Staat und Gemeinden geschehen. Aber das Unglück ist so gewaltig in seinen noch gar nicht ab zusehenden Folgen, daß der Die Mör-er im Aulo entkommen. London, 11. Juli. Drei Männer, die sich in einem Auto befinden, gaben ans den Justizministcr des irischen Frei» staateS, O'HigginS, der mit seiner wattin aus dem Wege zur Messe nach Booterstown in der Rühe von Dublin war, mehrere Schliffe ab. Der Minister wurde von drei Kugeln in den Leib getroffen, ein vierter Schuß verletzte ihn am Kopf. Kurze Zeit darauf erlag er seinen Verletzungen. Der tödlich Verwundet« gab klar und deutlich seinen letzten Willen bezüglich seiner Familie und seines Eigentums kund. Wie die Blätter melden, erklärte der Minister, als er auf der Erbe lag: „Man hat auf mich geschossen. Ich fühle, daß ich sterbe. Ich habe mich immer um das Wohl Irlands bemüht, und ich »ergebe denen, die diese Tat begangen haben." — Ucber die Gründe des Attentats ist bisher nichts bekannt. Die Attentäter konnten in dem Auto entkommen. Die Polizei hat sofort umfangreiche Nachforschungen angestellt und an den AuSgängen der Stadt besondere Beobachtungsstationen ein gerichtet. Im Zusammenhang mit dem Morde fand abends eine Kabinettssitzung statt. Mi dem kttrzlichen Regierungs- Wechsel in Irland war O'Higgins außer zum Justizminister auch zum Minister des Aeußeren ernannt worden und in dieser Eigenschaft hatte er an der Völkerbundskonferenz in Genf teilgenommen. O'Higgins war seinerzeit während der irischen Unruhen verhaftet und eingekerkert worden. De Valero ernannte ihn zum Assistenten CoSgraveS. O'Higgins zog sich aber die Feindschaft der Sinnfeiner zu, als er im Jahre 102l die Unterzeichnung des englisch-trifchen Vertrages befürwortete. Im Jahre 1S33 ist sein Äaterermordet worden. sWTB.j Erregung in ganz Irland. Loudo«, 11. Juli. Die Nachricht von der Ermordung beS trtscben Justiz, und Außenministers O'Higgins hat ganz Irland in höchste Erregung versetzt. Ucber die Tat werden etzt nähere Einzelheiten bekannt. AIS der Minister im Be» griff »ar. in eine Seitenstraße eiuznbiegcn, wnrbe er von -»«er Kruppe jüngerer Leut«, die ihn bereits erwartet hatten. Überfall««. Dt« Mörder sind in einem Toureuauto sofort Einleitung einer grotzen privaten Kilfsaklion im ganzen Freistaal Sachsen nicht entraten werden kan«. Darum ergeht an die gesamte Bewohnerschaft de» Landes die dringende Bitte um freiwillige Gaben. Alle sächsischen Banken. Spar- and Girokassen der Gemeinde« sowie alle Zeitungsgeschäftsstellen im Lande werden «m Einrichtung von Sammelstellen gebeten. Im Arbeitr und Wohlfahrtsministerium ist eine Hilfszenkrale er" richtet worden. An diese sind ave eingegangeue« Be" träge baldigst abzuführen. Die Staaksregleruag ist der Ueberzeugung, daß es weiter keiner Worte bedarf, um alle Volksgenoffen, die von der entsetzlichen Katastrophe verschont geblieben sind, wie ein Mann zufammenstehen zu lassen, um de« bemitleidenswerten Opfern helfend die Hände zu reichen. Es gilt jetzt -te Tal! Gebe ein jeder so viel er kann, denn schnelle Hilfe ist doppelte Hilfe. Auch die kleinste Spende des Un bemittelten hilft die Schwere der Rot lindern. geflüchtet. Der schwerverwundete Minister war noch tm« stände, um die Hcrbeirufung eines Priesters zu bitten und später dem früheren Erziehungsminister Mac Neill sein Testament in einer den gesetzlichen Formeln vollkommen 'entsprechenden Weise zu diktieren. Präsident Gosgrav« hat noch gestern abend einen Aufruf an die Bevölkerung er» lassen, in dem er die Verdienste des Ermordeten würdigt. Eine Erklärung des Gcncraladjutanten der irischen Arme« stellt jede Verantwortlichkeit von Angehörigen der irischen freiwilligen Armee für die Ermordung O'Higgins' in Ab» rede. — Der ermordete Minister war bekanntlich für die Ein» führnng der Todesstrafe für alle Personen, die im Besitz von Fenerwasfcn gefunden werden. Wenige Tage nach der Ein führung dcS Gesetzes waren <7 Personen hinqcrichtet worden. O'Higgins war ziemlich allgemein als der starke Mann der Freistaatsregicrung betrachtet worden. sT.-U.j Die Sitzung -er Dreimächte-Konsereuz veriagi. Sine krampfhafte Begründung der Maßnahme. Genf, 11. Juli. Das Attentat auf Sen irischen Justiz minister hat auf die Genfer Dreimächtekonfercnz immerhin eine etwas eigenartige Wirkung auSgeübt, dadurch, daß die für heute nachmittag einberufcne öffentliche Sitzung der Konferenz auf unbestimmte Zeit verschoben worden ist, und zwar „infolge des tragischen Todes des früheren Delegierten an der Konferenz, des irischen Ministers O'Higgins". Lloyd George wieder Präsident der liberalen Partei. London, 11. Juli. Die Jahresversammlung der liberalen Partei der Provinz Wales hatLloydGeorge zum M.Male zum Präsidenten wtedergewählt. Frau Lloyd George wurde zur Bizepräsibentin ernannt. Lloyd George hielt eine Rede, worin er die Ueberzeugung auSdrttckte, daß das Land die konservative Regierung satt habe und sich wieder dem Liberalismus zuwenbc. Die gegenwärtige Krise sei vor allem der unverminderte» Rückkehr zur Goldwährung und der Unterstützung der Grubenindustrie durch die Regierung zuzuschretben. Die Regierung des Freistaates Sachsen. Das Gesamtministerium. Heldt. Ministerpräsident. Auch -ie Sauptgeschüstsstette -er „Dresdner Nachrichten"» Marlenskratze 38/40, nimmt Spenden entgegen. Der irische Iustizminister ermordet.