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7V. Jahrgang. AS ISS DradlanIchrM: Nachricht,» »r,,»«, g»5N>»r«d»r- SammNmunmeri SS S41 Nur für NachtgrlprSchor SV 011. k-o.vom >. bi» Ib. April W2V de, «äalich zweimullyer ZulNUu»,, frei Lau^ I.LoMarO. -OöAUg5» GbvUhr Doftb«wg»p»l» lur Mona« April 1 Mark ohne P»II.,usIeiIun!,sgebu>,r ^ Gt»,»<»»««« UI PI,,,»,. 10 mm dretl» ohne Pia- Dvrausde,ahl. Donnerskag» S. April 192Y SchryN-itunq uns L»o»plge,chL»»I!«U>: »»rtenllr.he SS,42 Druck u. Verlag von tiirplch » Rrlchard« ln Dresden. Poftlcheck-Aonlo 1OSS Dresden. Nachdruck nur m» dsulllcher Quellenangabe «.Dresdner Aochr."> zullWg. Unverlang,» Schrillftück« werden »ichl -uldewahrl. Oakö Hülkerl pr»ssr StrLÜe, Loks Släonlenstraü«. senoxo».zoe pir/ki-me-i ^unslspisiplsnos ssik 1634 bsstdswslii-lSS cZeiLlikülsksdrikst i. Ls., dßsrtinrtrsk« 12 Jas llrtell im Bolksopfer-Prozeß. Die Angeklagten Meißner un- Löffler zu vier und zwei Jahren Gefängnis verurteilt Mißglücktes Mental einer IrlSnderin ans Mussolini. — Freispruch im Kuhinann - Knoll-Prozch. — Neichsellerniainng. Ein Nachwork zum Prozeß. ^ Das Urteil im Bolksopserprozcß, dessen Grundlagen die Oessentlichkeit monatelang auf das lebl>astostc beschäftigt haben, ist gesprochen, und die Angeklagten haben die verdiente Strafe für ihre Verfehlungen erlialte». Wenn man sich heute nach Abschluß deS gerichtlichen Verfahrens die Vorgänge unrcr Entkleidung von allem tendenziösen Beiwerk noch einmal ver gegenwärtigt, so wird man die Frage, was eigentlich geschehen ist. mit nüchternen Worten wie folgt beantworten können: ES war eine Sammlung veranstaltet worden, deren Erträg nis der armen Bevölkerung zugute kommen sollte. An diesen Geldcxn haben sich her Hauptgeschäftoführer niid ei» Angestell ter vergriffen. UebcrdieS haben beide Darlehen und Geschenke an Personen un- Körperschaften gegeben, «ine HanülizugS- weisr, Str dem genau und eindeutig vorgczeichneten Zwecke der Sammlung zuwtderlief. Für diese Unterschlagung und Untreu-, wozu noch Beihilfe und Urkundenfälschung von unter geordneten Angestellten kamen, sind entsprechende Strafen ans- geworfe» worden. Das ist -er ganze Sachverhalt. Darum und um nichts weiter handelt es sich bei dem Prozesse Meißner und Genossen. Diese Feststellung kann und soll natürlich die Taten der Angeklagten nicht im geringsten beschönigen. Im Gegenteil: Aus der Handlungsweise besonders der beiden Haeiptangeklag- tjn spricht eine derartig verivcrslichc Gesinnung, daß sic gar nicht scharf genug gcbrandmarkt werden kan». Ganz gleich, and welchen Gesellschastsschichtc» solche teilte stammen, sic ver dienen nicht das geringste Mitleid. Darüber hinanS aber hat der Prozeß keine Bedeutung gehabt, namentlich keine politische. Tic linksgerichtete» Kreise hatten ans Sensationen gehofft, hatten geglaubt, daß der Prozeß die Enthüllung von allerlei kompromittierenden Vor gängen innerhalb der vaterländischen Verbände bringen würde. Tic Linke ist aber nicht auf ihre Kosten gekommen. In Wirklichkeit entbehrte der Prozeß Meißner — Löffler jeden politischen Interesses. DaS muh an-drücklich scstgcstellt werden trotz der geheimnisvollen An deutungen des .Hauptbeschuldiglen Meißner von einer hoch stehende» politischen Persönlichkeit, die die Gelder für die nationalen Verbände zur Verfügung gestellt haben sollte. Diese Andeutungen haben sich als eitel Dunst erwiesen, den Meißner dem Gericht hat vormachcn wollen. Eine Zeugin, die aber unvereidigt blieb, weil sic der Begünstigung Meißner- ver dächtig erschien, hat freilich von schriftlichen Verhandlungen zwischen Tirpitz und Meißner gesprochen, eine Acnßcrnng, die unter den Sozialisten und .Kommunisten im Znhörerranm ein deutlich vernehmbares Bannen »nd Flüstern hervvrgcrnsen hatte, aber der Großadmiral lmt erklärt, — was Meißner zn- gebcn mußte —, daß er Tr. Meißner nicht einmal kenne, ge schweige den» irgendwelche Verhandlungen mit ihm geführt habe. Jedenfalls ist cs Dr. Meißner nicht gelungen, sich mit dem Glorienschein eines Märtyrers zu umgeben. Aber selbst wenn diese hochstehende politische Persönlichkeit wirklich vor handen gewesen wäre und von ihr die Gelder gestammt hätten, so nüire cS doch geradezu freventlich gewesen, wenn sie sich nicht freiwillig gemeldet hätte, denn die Hergabc von Geldern an nationale Verbände ist doch alles andere als eine Handlung, -je daS Licht der Oessentlichkeit zu scheuen Hütte. Auch der Staatsanwalt hat das mit erfreulicher Deutlichkeit betont. Tic Schuld ist ja erst dadurch gegeben, daß man die Gelder einer Sammlung entnahm, die eine ganz andere Aufgabe hatte. Tr. Meißner hat in der langen Untersuchungshaft eine umfangreiche Dcnkschrist versaßt, die eine Art politisches Glaubensbekenntnis enthält. Man konnte darin zunächst einen Rechtfertigungsversuch vermuten, aber Dr. Meißner will auch hier, wie er es in der Verhandlung selbst getan hat. der Oeffentlichkett Sand in die Augen streuen. Er versucht, von der Hauptsache abzulenken und die Schuld auf Löffler zu schieben. Es ist überhaupt eine der widerivärtigsten Erschei nungen des ganzen Prozesses, daß keiner der beiden Haupt- angcklagtcn den Mut gefunden hat. die Verfehlungen einzn. gestehen, sondern einer die Schuld auf den andern schiebt. Geradezu lächerlich mußte auch die Behauptung des Angeklag ten Gründel anmuten, er habe deshalb von de» Verfehlungen Meißner- und Löfflers keine Anzeige gemacht, weil er sich bedroht gefühlt und gefürchtet habe, beiseite gebracht zu werde». Die Verhandlung hat nicht den geringsten Anhalt für diese Behauptung ergeben und sic ist von dem Gericht als das be wertet morden, was sic wirklich ist: eine faule Ausrede. Der Urleilsspruch. Gestern abend ^8 Uhr wurde das Urteil im Volks- opfer-prozetz verkündet. Ls erhielten die Angeklagten Dr. Meißner 4 Jahre Gefängnis. LSfsler 2 Jahre Gefängnis. Gründel 8 Monate Gefängnis. Langguth 70 Mk. Geldstrafe. Bei Meißner wurde außerdem aus Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte aus süns Jahre, bet Löffler ans dreiJahre erkannt. Die Untersuchungs haft «irb bei betbeü mit je fünf Monaten in Anrechnnng ge, brach». Bei der Pavggnth gelten »ii Mark -er Geldstrafe durch die Untersuchungshaft als verbüßt. AuS der Begründung -es Urteils geht folgendes hervor: DaS BolkSopser sei gegründet worden, um die dringendste Rot im ganzen Lande, die insvlge der Geld entwertung herrschte, zu beseitigen und das Land zu befrieden. Tic Angeklagten hätten gewußt, welchen Zwecke» die ge sammelten Gelder dienen sollten. Meißner habe in einer bei Begründung des Bolksopfers abgchaltcnen Versammlung erklärt, daß er sich als Hanptverantwvrtlicher fühle. Trotz dem halten die Angellagtc» fortgesetzt, und -war in der un erhörtesten Weise die Gelder, die zur Stillung der Not be stimmt waren, für ibre eigenen Zwecke verwendet. Von den Beträgen, die damals gesammelt wurde», seien etwa 12.1000 Mark verbraucht worden. Zum Teil wisse man nicht, wo sie hingckvminen seien, zum Teil sei der Rachivcis als erbracht anzuschcn, daß diese Gelder von de» Angeklagten zu ihrem eigenen Vorteil verwendet worden seien. Die einzelnen An geklagten hätten absichtlich zum Nachteil ihrer Auftraggeber gehandelt. Soweit das Geld als Geschenk gegeben worden sei, sei eS überhaupt aus dein Gesichtskreis des Vorstandes verschwunden. Soweit cs als Darlehen gegeben wurde, sei dem Volksopfer die Möglichkeit gcnommc» worden, darüber zu verfügen. Die Buchungen der Tarlcben und Geschenke seien vollständig unterblieben. Bei Meißner und Lösslcr sei der Tatbestand der fortgesetzten, zum Teil gemeinschaftlich begangenen Untreue und Unterschlagung gegeben. Bei Löffler sei aber teilweise nur Beihilfe angenommen worden. Beihilfe zur Untreue und Unterschlagung habe auch Gründel in zahl reichen Fällen geleistet. Was die Gaben Mcißncrs an die nationalen Bcrbändc anlangc, so habe sich der Angeklagte sagen müssen, daß dazu die Gelder i» allewege nicht bestimmt seien. Meißner habe die Darlehen und Geschenke auf seinen eigenen Namen gegeben. Nach außen hin seien sie nicht als Gaben des BolksopfcrS erschienen. In einigen Fälle» habe Lösslcr vb»e Mitwirkung Meißner- bewußt rechtswidrig über BermögenSstnckc des BolkSooserS verfügt. Die Haiiptverhandlung habe als erwiesen angesehen, daß Meißner und Lösslcr erhebliche Mittel ausgewendet hätten. Besonders Lösslcr sei i» Bordellen verkehrt und dem Alkohol ergeben. Daß er aber wesentlich über seine Verhältnisse ge- Man kann sich de- Eindruckes nicht erwehren, daß man in Dr. Meißner den Typ eines -Hochstaplers vor sich hatte, -er durch sein elegantes Äeußere und sein sicheres und gewandte- Auftreten seine Umgebung düpieren will. Etwas besser hat Löffler in der Verhandlung abgeschntttc». Ihm mag seine militärische Erziehung doch »och etwa- in den Knochen liegen. In den Angen der anständigen Welt aber sind beide schon dadurch gerichtet, daß sic sich militärische Rangbczeichnungcn znlegtc», die ihnen nicht z,«kamen, und Ordensauszeichnungcn trugen, die sic nicht besaßen. Dies ist auch der Grund gewesen, daß ihre Freunde von ihnen abrückten. Beide ivarcn Lebe männer im übelsten Sinne des Wortes, verkehrten, obwohl verheiratet, in Bordellen, wo der Angeklagte Lösslcr sogar einen Spitznamen trug, und Meißner stand zu weiblichen An gestellten in intime» Beziehungen. Es liegt natürlich die Frage nahe, wie man solchen Persönlichkeiten Stellungen über tragen konnte, die ein so großes Vertrauen erforderten; aber hier hat sich auch nicht die Spur einer Schuld ergeben. Tic beiden Angeklagten stammten aus angesehenen Familien, hatten sich in ihren bisherigen Stellungen durchaus bewährt, »nd es lag gar kein Grund vor, ihnen mißtrauisch zu begegnen. Auch de» nationalen Verbänden und der großen Mehrzahl der Personen, die Darlehen oder Geschenke ans den Mitteln des Vvlksopsers empfangen haben, ist keinerlei Vorwurf zu machen. Sic wußte» nicht, woher die Mittel kamen. Von der Ansdecknng eines Snmpses, von kompromittierenden Ent hüllungen inncrbalb der nationalen Kreise kan» also gar keine Rede sein, trotz des Trinmphgchcnls der Linkspresse. lebt habe, sei nicht erwiese». Meißner habe snr die Hcbtack große Answendnngen gemacht. DaS Gericht könne nicht eiu- schen, weshalb er eine besondere Privatsckretärin notwendig gehabt habe, da ihm doch genügend Hilfskräfte zur Verfügung gestanden hätten. Meißner sei ein außerordentlich ehrgeiziger Mensch, der sich zum Führer geboren erachte, ohne aber hier für die erforderlichen Qualitäten zu besitzen. Die Darlehen und Geschenke seien von ihm an- egoistischen Gründen gegeben worden. Er habe sich bekannt machen und sich als einen Mann hinstellen wollen, dem weite Kreise, und nicht die schlechteste», verbunden seien, um mit Hilfe dieser Kreise dann Stellungen n erreichen, Ministcrposten und ähnliches. Was die Urkunden- älschung des Gründel und der Langguth betresse, so sei nicht erzviesen, daß sic sich einen Vcrmögcnsvorteil hätten ver schaffen und anderen Schaden zusügen wollen. Bei der Bewertung der Straftaten habe das Gericht zugunsten der Angeklagten angenommen, daß eine fortgchetztc Handlung vorliegc. Bei Ltsfler sehe daS Gericht als erwiesen an, daß er, nachdem er sich von Meißner habe zu den Verfehlungen hin reißen lassen, weiter Geschmack an der Sache gefunden habe. Was die Strafzumessung an lange, so habe das Gericht erwogen, daß die Angeklagten, ins besondere Meißner und Löffler, das Vertrauen, das ihnen in erheblichem Maße cntgcgcngebracht worden sei, a » fs gröblichste getäuscht hätte». Die Tat sei so schändlich und gemein, daß nur eine außerordentlich schwere Strafe als Sühne für das verbrecherische Tun der Angeklagten habe in Frage kommen können. Daß das Gericht bei Meißner nicht ans die Höchststrafe von fünf Jahren erkannt habe, sei daraus znriickzusnhre», daß er noch unbestraft sei und zu einem Teile Ersatz geleistet habe. Den Angaben Mcißncrs über den reichen Geldgeber habe daü Gericht keinerlei Glauben beigemcffen. Löffler habe sich gegenüber Meißner in einer untergeordneten Stellung befunden. Seine Taten seien geringer zu bewerten. Immerhin habe auch er unverantwortlich gehandelt. Auch bei ihm sei eine cmpsindlichc Strafe am Platze gewesen. Bei Gründel und der Langguth sei berücksichtigt worden, daß sic nur untergeordnete Organe gewesen seien. Ihre Tate» seien deshalb als minder schwer zu bewerten, weil cs sich bei ihnen um Existenzfragen gehandelt habe. Zugunsten Lö"lers, Gründels und der Langguth habe man angenommen, daß sie bestrebt gewesen seien, die Vorgänge anfzuklären, wäbrend Meißner alles babe vcrtuscbcn wollen. Das habe straf schärfend in Betracht gezogen werden müssen. Da die Straf taten Mcißncrs »nd Löfflers verivcrslichc Handlungen seien, die eine ganz außerordentlich niedrige Ge sinnung gezeigt Hütten, so sei auch ans die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt worden. Die Angeklagten hätten auch die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Langguth verzichtete ans die Einlegung eines Rechts mittels. Wie wir erfahren, haben jedoch Meißner und Lösslcr sofort Berufung gegen das Urteil eingelegt. Sic wurden nach Verkündung des Urteils »nd seiner Begründung sofort wieder gbgcsiibrt. «Ter Lchlus; der Plädoyers bcsindcl sich auf Leite Bor allen Dingen, und das muß mit größtem Nachdruck scstgestcllt werde», ist das Andenken an General M üller , an diese wunderbare Persönlichkeit, die sich gerade wegen ihrer hervorragende» Etgenschastcn des Hasse- bei de» säch sischen Kommunisten erfreute, in keiner Weise getrübt worden. Wer General Müller gekannt hat, wußte allerdings von vorn herein, daß der Schlamm, de» die Linkspresse auswüylte, nicht einmal bis an seine Fußspitzen reichen würde. Dasselbe gilt auch für Fabrikdircktor Lchnig. Er war unter dem Heer der Zeugen eine der erfreulichsten Erscheinungen und siel vor Gericht allgemein aus durch sein ruhiges, sachliches und be stimmtes Auftreten. Auch sein Ehrenschild bat durch die ganze Asfäre nicht den geringsten Flecken erhalten. Wer sich der früheren politischen Tätigkeit LchnigS erinnerte und diesen Mann nun wieder einmal i» seiner imponierenden Klarheit und Sachlichkeit sah, konnte ein Bedauern darüber nicht unter drücken, daß Lehnig nicht mehr an vorderster Stelle in der politischen Bewegung steht, denn er verkörpert gleich dem verewigten General Müller in Charakter und Vcrftandes- reise ein Stück Fübrertum, wie wir es brauchen als Vorbild für die nationale Bevölkerung. Die nationalen Führer, Ver bände und Gruppen sind aus diesem Prozeß mit all de» üblen Vorgängen, die er aiisgcrvllt hat, unangreifbar hcrvor- gegangen. Und daß die Meißner und Lösslcr mit ihren schmutzigen Tate» nicht tnpiich für die Rechtsparteien sind, wie die Linkspresse voreilig zu behaupte» gewagt hat, daß die nationalen Verbände keine» Teil an ihren Handlungen halten, ist eine Tatsache, die der Prozcßverlans und das Urteil rin- wandsrci ergebe» haben.