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Aazeig t« dies. Blatt« finde» ein« erfolgreich« Verbreitung. Auslage: »O0V« Exemplar«. Druck und Eigenthum der Herausgeber: Aikpfkh Hl Reichllköt. — Verantwortlicher Redacteur: JuiiUS Rrithltrök. Lre-de«» dm 4. November. — Die Recherchen nach dem Absender des in Berlin auf dem Potsdamer Bahnhof explodirtm Packeis haben bereits zu Ergebnissen geführt, denn der gestern Abend ausgegebene Staatsanzeiger meldet: Es ist noch am gestrigen Tage gelungen, zu ermitteln, von wem das Postgut abgesandt war, dessen In halt auf dem hiesigen Potsdamer Bahnhofe am Dienstag Abend explodirte. Die dreizehn Pfund schwere Sendung war von einer Zinn- und Spielwaaren-Fabrik in Berlin (in der Frank furterstraße wohnhaft), deren Firma wenig bekannt ist, abgesandt, und mthielt Knallfilber-Platten zur Verwendung für Spielzeug. Die Angelegenheit befindet sich in den Händen,der richterlichen Behörde. — In Betreff unseres neulichen Artikels, der die Ge- burtStaggeschenke der Schulkinder an ihre Lehrer bespricht, gehen uns von verschiedenen Seitm sehr interessante Mittheilungen zu, die wir zur allseitigen Schonung der dabei in Frage kom menden Namen lieber ungedruckt lassen, und nur insoweit er mähnen wollen, als sie bezeugen, daß es nicht nur Schuldirec- tvren, sondern auch Schulanstalts-Directricen giebt, die gewöhnt find, an ihren Geburtstagen von den ihrer Pflege und Er ziehung anvertrauten Schülerinnen Geschenke entgegen zu neh men. Die Geschenk« werden in der Regel nur nach Wunsch der Jnstitutsvorsteherin eingekauft, den diese so freundlich ist, ihren Schülerinnen einige Wochen vor ihrem Geburtstage zu «kennen zu geben, und repräsentiren oft einen ganz erheblichen Werth, da der ganze Cötus, das ganze Pensionat zu ihrem Einkauf zusammensteuert. Wir entsprechen ganz gewiß den In tentionen der meisten Eltern, wenn wir wünschen, daß diese, lediglich auf ihren Geldbeutel speculirende Unsitte bald ganz auSgerottet, und ihr, da nöthig, in der Presse schonungslos entgegen getreten werden möge. — — Große Freude herrscht unter den Briefträgern und Postbeamten überhaupt im zweiten Postbezirk, der Pirnaischen Vorstadt. Schon lange Zeit wußte man, daß in der dortigen Postexpedition ein Briefmarder Hause. Aus vielen recomman- dirten Briefen waren Caffenbillet« abhanden gekommen, viel fache Beschwerden des Publikums liefen ein, daß die ihnen zugestellten recommandirten Briefe nicht die Summe Geldes enthielten, die darin sein sollten. Gleichwohl waren die be treffenden Briefe so sorgfältig verschlossen gewesen, daß man Spuren ihr« Ocffnung kaum entdecken konnte. Nachdem der Verdacht des Verbrechens erst mehrere unschuldige Personen getroffen, gelang es endlich, dem HauSdiebe auf die Spur zu kommen und vorgestern wurde der Beamte mit den geschickten Händen und weitem Gewissen in der Person des Postassistenten Ü. verhaftet. Die Entrüstung über den würdigen Herrn Col- legen ist unter dem Postpersonal um so berechtigter, da sich derselbe in gar nicht üblen Verhältnissen befinden soll, einer wohlhabenden Familie angehört und sich ein Capital von meh reren hundert Thalern bereits zusammengespart hat. Eine Haussuchung bei vem ungetreuen Beamten lieferte die unzwei felhaften Beweise seiner Schuld. — Wie wir hören, erschoß sich an vergangener Mittwoch in der großen Infanterie-Kaserne ein Soldat. Die Motive zur That sowohl, als die näheren Umstände sind weiter nicht Bekannt. — Wie wir hören, wird in den nächsten Tagen da» Relief der Sächsischen Schweiz von Prost hier eintreffen und ausgestellt werden. Die Freunde unserer Schweiz werden die sem, mit unendlichem Fleiß gearbeiteten Kunstwerk gewiß gern »«diente» Interesse zuwenden. — In Dresden giebt e» Straßen, die man Vexirstraßen nennen möchte. Die erste davon ist die Strehlen« Straße. Jedermann sucht dieselbe vor dem Dohnaischen Schlag in der Nähe der kronprinzlichen Villa. Nicht» damit! Die Strehlen« Straße befindet sich vor dem Plauenschen Schlage. Du be liebst da, nachdem Du von der kronprinzlichen Villa wird« hereingepilgert bist, die Bergstraße hinaus zu wandern bis üb« die Eisenbahnbrücke, dann kommt link» eine Kirschbaumallee, in diese schwenkest Du ein und nun bist Du nach Jrrgängen «ine» Ulysses zur Strehlen« Straße gelangt. Wie verlautet, soll Dem analog vor dem Freiberger Schlag eine Losch witz- firaße und in der Nähe de» Linckeschen Bade» eine „Kötzschber- firaße" angelegt werden. Glück auf! — D« Artikel im vorletzten SonntagSblatt der Dresdner Nachrichten üb« die Wasserversorgung Dre«den« enthält sehr »iele» BeherzigenSwerthe, und ist der Einsend« gegenwärtig« Zeilen ebenfalls der festen Ueberzeugung, daß da» Wasser d« Weißeritz für Altstadt Dresden als Spülwasser noch für eine lange Reihe von Jahren selbst dann ausreichend sein wird, wenn die Bevölkerung, wie in der letzten Zeit, stetig zunimmt. Natürlich muß ab« dann für Klär- und Sammel-Teiche auf «di« der Stadt möglichst nahe liegenden Anhöhe gesorgt wer den, mn hindurch zugleich den hinreichenden Druck zu Führung Die jetzt bestehende Wasserleitung in nur zwölf Zoll weiten Röhren kann in Folge de» langen Weges von Plauen bis Dresden freilich das Wasser kaum bis üb« daS Straßenniveau tteiben. Außer diesem Weißeritzwass« muß Dresden aller dings, genau ebenso wie beim geklärten Elbwass«, noch reines, frisches Trinkwasser haben und sich selbiges entweder auS den Brunnen der Stadt, oder wie in einem früheren Inserat d. Bl. darzuthun versucht wurde, durch Zuführung auswärtig« Quellen verschaffen. — Borgest«» Abend fand in Meinhold'S prachtvoll illu- strirten und «leuchteten Lokalitäten das alljährlich gewohnte Liedertafel-Kirmeßfest statt, da» außer d« jocosen Außenseite inmitten der Kirmeßsreuden noch einen ernsten Act der Aner kennung persönlichen Verdienstes in sich barg. Außer den Mitgliedern des Verein« waren auch zahlreiche Gäste geladen, so daß wohl gegen 300 bis 350 Personen die allgemeine Lust unter sich »heilten und das heitere Fest dies« alt-renommirten Corporation lebendig und fröhlich begingen. Die sämmtlichen Räumlichkeiten waren, wie immer, in geeigneter Weise decorirt, wie sie eine heitere Kirmeßfeier in diesem Genre abwechselnd von Jahr zu Jahr verlangt. Daß der Kuchen natürlich eine der Hauptrollen spielte, läßt sich denken, da « ja in Stadt und Land auf jeder Kirmeß der unvermeidliche Jmpressario ist. Eine große Halle erhob sich im Hauptsaale, und zwar auf der Breitseite desselben, nahe der Tafel. In den einzelnen Ni schen, die durch verzierte Säulm getrennt warm, wuchs förm lich eine Kuchenmasse in schief«, pyramidal« Form zur Höhe hinauf, und die fruchtbaren Kind« der Ceres, welche die Volkssprache unter dm Namm Kraut, Rüben, Möhren, Zwie beln, Weintrauben rc. anführt, gaben dem Ganzen als zierende Trabanten einen duftigm, natürlichen, urwüchsigen Rahmen. Als Spitzdecoration des gigantischen, so sonderbar schönen Frucht- und KirmeßtempelS diente ein Rehbock io natura, den auf beiden Endseiten des Simses je eine Ente und ein Trut hahn, ebenfalls in m»iur», accompagnirten. Sie hatten in ihrer luftigen Höhe ab« eine edlere Bestimmung; man hatte dieses animalische Kleeblatt zu Siegespreisen für das Trium virat prädestinirt, das, um die Freuden des Festes zu würzen, die ungebundene Heiterkeit zu heben und lebendiger zu machen, die drei besten Treffer im humoristischen Genre gewinnen würde. Und diese Preise wurden in Wahrheit und mit Fug und Recht gewonnen; denn die Sieger hatten in sprudelndem, kernigen Witz und humoristischer Nedefertigkeit da« Beste ge liefert. Es würde uns zu weit führm, in Detail» ein zugehen, nur soviel sei gesagt, daß der Humor, der natür liche, sich höher und höher gipfelte, je größer sich über haupt die Freuden der Kirmeßfeier gestalteten. Besonders hcrvorzuheben ist das in allen Nüancen sich ausbreitende, herr liche Akrostichon, in welchem He« Kaufmann Adolph Nenn«, den Namm des bereits seit 25 Jahren sungirenden Vorstandes der Dresdner Liedertafel, des Herrn Kaufmann Barteldes in wahrhaft sinniger, würdiger und doch so heiterer Weise feierte und deutete. Hierbei kommen wir aber auf den schon oben erwähnten ernsten, erhebenden und schönen Akt der Pietät und Anerkennung zurück, der gegen Herrn Kaufmann Barteldes seinen gebührenden Austrag fand. Es wurde dem Letzteren als 25jährigen, umsichtigen, thätigen Leiter und Vorstand d« Liedertafel, ein von Herrn Hold Wigand Hierselbst angefertigten, schön und sauber gearbeiteter silberner Humpen, in allegorischer, sinniger Weise decorirt, überreicht. Dies Meisterwerk der Kunst, auf dessen Deckel d« Genius des Vereins, die Figur der Liedertafel mit der Fahne paradirt und auf welchem die Widmung in sinnigen Worten eingravirt war, zeigte an den Rundflächen selbst die Dresdner Sängerhalle und bcachtenswerthc Darstellungen aus der thätigen Wirksamkeit des Empfängers in gediegener Arbeit. Die Ueberreichung der werthvollen Gabe begleitete der Schreib meister der Liedertafel, He« «>r. Petzold mit einer wahrhaft begeisterten, schwungvoll und würdigm Rede, die sich in einer drastischen und »nt herrlichem Humor ausgestatteten Comödie gipfelte, in welcher Merkur, Gnomen und Mondbewohner die Actcurs waren. So wechselten bei dieser schönen, gemüth- lichcn, herzlichen Feier in ewigem Schwünge das ernste und heitere Element, bis endlich die frühen Morgenstunden dem Feste ein Ziel setzten. — Ueber den bereits gemeldeten Mord wird uns aus Großenhain noch Folgmdes mitgetheilt: Am 28. Oktob« ge sellte sich in Dresden ein gewisser Enke aus Nie»,bürg bei Dessau zu dem Viehtreib« Lukas aus Rußland und «bot sich ihm als Reisegefährte, da er vorgab, ebenfalls der preußischen Grenze zuwandern zu wollen. So wandertm die Beiden von Dresden fort und kehrten unterwegs in mehrerm Wirtschaften ein, wo Enke gewöhnlich die Zeche Beider bezahlt haben soll. Lukas soll unterwegs geäußert haben, daß « 200 Thlr. in Gold bei sich trage. Als nun Beide Abends nach !2 Uhr in die Gegend von Krausnitz gekommen sind, so ist Enke über Lukas hergefallen und hat LukaS nach kurzem Kampfe mit gefunden, so hat « ihm die Stiefel ausgezogen, um sich selbst damit zu bekleiden und die seinigen hat er verscharrt. Hinauf hat er sich in Krausnitz ein Backhäuschen auserwählt um da selbst Nachtquartier zu halten, ist aber daselbst schon nach kurz« Zeit überrascht und der an seinen Kleidern befindlichen Blut- spurcn wegen festgehalten worden. Am andem Morgen fand man den Erschlagenen in einem Graben. Am 29. Oktob« wurde Enke hier eingebracht und « hat seine schauderhafte That mit allen Details gleichgültig gestanden. Am 30. Oktbr. fand die gerichtliche Aufhebung und am 3l. Oktbr. die Sek tion des erschlagenen Lukas statt und es ergab sich hierbei, daß er 70 Wunden im Kopfe hatte, von denen manche so scharf wie mit einem Messer geschnitten waren. — Enke ist vor ca. 6 Wochen aus d« Strafanstalt von Zwickau entsprungen; iw einem nahen Chausseehause hatte er sich durch einen Einbruch mit Kleidungsstücken versorgt, hieraus hat er in d« Gegend von Riesa mehrere Hundert Thal« gestohlen und von diesem Gelde seit jen« Zeit in Dresden gelebt. Er soll sowohl irr den gerichtlichen Verhören, als auch bei d« Aufhebung und Obduction seines Opfers ein vollständig gleichgültiges Be nehmen gezeigt haben. Heute ist « an das Bezirksgericht Meißen abgeliefert worden. Hoffentlich hat « durch seine schauderhafte That sein« verbrecherischen Laufbahn ein Ende gesetzt. — Radeberg, 1. November. Vor Kurzem haben sich mehrere hiesige Männer zu dem Zwecke vereinigt, durch frei willige Gaben dem am 6. Septemb« 1757 allhier geborenen Dichter A. Fr. Ernst Langbein (gest. 2. Januar 1835 in Berlin) an dessen Geburtshaus, dem hiesigen Schlosse, ein Er innerungszeichen in Form einer Gedenktafel zu «richten. In den Sommermonaten, wo unsere reizmde Gegend von Vergnü gungsreisenden zahlreich besucht wird, werden die Bewohner unserer Stadt sehr oft nach dem Geburtshause oben genannten Dichters, der seiner Zeit ein Liebling der deutschen Nation wir, gefragt und nicht selten sind die Gefragten nicht zur geringsten Auskunft fähig. Wenn eS nun eine Pflicht jedes Orte» ist, das Andenken berühmter, aus ihm entsprossener Mann« zu ehren und d« Nachwelt zu bewahren, so wollen die beregten Unternehmer dieser Pflicht in Bezug auf Langbein genügen. Möge auch Langbein in unserer Zeit wegen der Oberflächlichkeit und Einseitigkeit seiner Schriften, wegen der ziemlich beschränk ten Sphäre, in der sich sein Talent bewegte, wegen sein« ziemlich laxen Moral, oder gar laScioen Schilderungen ziemlich vergessen sein, so glauben wir unter den zahlreich« Lesern d. Bl. doch verschiedene Freunde des keineswegs unbedeutenden Dichters anzutreffen, die sich für das Unternehmen sein« Va terstadt, ein Denkzeichen für ihr« berühmtsten Sohn zu be gründen, interessiren und möglicher Weise wohl auch ein Echerflein dazu beitragen wollen. Für Solche sei noch be merkt, daß die Herren vr. E. Böhme, Kaufmann I. Estler und Buchhändler R Jüngen, sämmtlich hi«, die Angelegen heit in die Hand genommen haben und Gaben entgegen neh men. Sollten die aufgebrachten Beiträge wider Erwarten eine größere Summe «reichen, als zu dem ins Auge gefaßten Zwecke «forderlich, so denkt man an Begründung emer Stif tung zum Besten fleißiger Schüler. — Angekündigte Gerichts-Verhandlungen. Morgen den 4. d. M. finven folgende Einspruchsverhandlungk» termine statt: Vormittag 9 Uhr Privatanklagesache des Gast hofsbesitzers Carl Gottlieb Kühne in Nauß itz wie« den Flei scher und Handelsmann Wilhelm Eduard Bohr in Hintergerr» dorf; Uhr wider den Cigarrenarbeiter Friedrich Wilhelm Kretzschmar hi«, wegen Hausfriedensbruch; 10 j Uhr wid« F-iedrich Moritz Engeln,ann in Bockendorf, wegen Diebstahls; 11 Uhr unter Ausschluß der Oeffentlichkeit wio« die Dienst mägde Wilhclmine Treptc in Liegau und Genossen wegen öf fentlicher Verletzung der Stttlichkeit; Ilj Uhr Privatanklage sache Ferdinand Geyer in Freiberg wider Wilhelmine Siebe« hier. Vorsitzender: Gerichte-Nath Ebert. Kleine Wochenschau. Vorige Woche gab eS wieder ein paar Abende, wo wir, wie vorm Jahre, die neuen Zeitungen nicht «warten konnte«. Ein vom Heißhung« der Neugier geplagtes Publikum spitzte sich sogar auf Extrablätter, diese Sturmvögel der neuen Zeit. Die Situation war auch wirkiich eine solche, wo die Phrase aufhört und die Thatsachen ihren Anfang nehmen: Garibaldi, der bekanntlich nicht spaßt, vor den Thoren Roms und auf dem blauen Mittelmeer die Franzosen auf buntbewimpelten Schiffen daher kommend. Jndeß begleitete der französische Mi nister der auswärtigen Angelegenheiten diese Flotte mit einem so friedlichen „DaS Schiff streicht durch die Wellen", daß sie mehr den Charakt« eines harmlosen „Fischerstechens" annahm, so daß die bereit» eingetretenen Athmungsbeschwerden der Coupon- und Dividendenschneider merkliche Linderung verspür ten. Der genannte Herr Minist«, der doch ungefähr wissen ssaas« läuft und wie weit er lau'