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Dresdner Nachrichten : 15.07.1873
- Erscheinungsdatum
- 1873-07-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-187307152
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18730715
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18730715
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1873
-
Monat
1873-07
- Tag 1873-07-15
-
Monat
1873-07
-
Jahr
1873
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 15.07.1873
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d«r4 dt» ^ , ^Igr. «»»»ln« Nummern l N,r. »Uflage: 21,000 Sj-mpk. NUr die RU-kg-de etnge« I-ndler Monukrtpte macht sich die Nedacttoik nicht verbindlich. j«seraten>»miadme ou>« >itrt»' S»»»»»»tei» uoU in Hamburg, ver. in, rüien, Leipzig, Basel, pre»tau. Nrankfurt a M. - Sach Na«» in Berlin, leibtia, Wien, La,»bürg, nranksurt a, M, Mb»» Len, — 0»»d» L 6». in Nranisurt «, M, — V«. V»i»t in Sh-mnitz. — ll»- M», Lriitt«. Lulilar L L», in Part». Tageblatt für Unterhavuug md Geschäftsverkehr. Druck und Eigenthum der Herausgeber: Liepfch L Neichardt in Dresden. Verantwortl. Redakteur: Julius Neichardt. Nrr IS«. Achtichiiter Zahraang." leu»°dt:>»hc 0 »He L b Udr. Af. kiaum einer ein- Stne Garantie iur da» NächsttSaiae Erjcher. nen der Inserate wird nicht gegeben. Auswärtige Annoncen» Auilräge von und und«» launlen ftirmen u, Per tonen >«seriren wir nur gegen BrAuimerande. Zahlung durch Brt-s- rnarken oder Poiteintah» lung S Kilben rolten It-, Nur, Ailbwjlrtig« können sie Zahluna auch aut eine DreddnertNrma anuieisen. Di« Gzp. Mktrebacieur: Dr luui11 Für das Feuilleton: LuÄvtU Tressen, Ttenstäg, lg. Juli 1873. Politische-. Den Franzosen ist jetzt ungewöhnlich der Kamm geschwollen. Dke Revue von 83,560 Mann Soldaten vor dem persischen Schah h»t ihnen die ganzeElasticität ihrer Selbstüberhebung wiedergegeben Ganz Paris war auf den Beinen, um dem imposanten Schauspiele 'eizuwohnen. Die Truppen defilirten mit einer Präcision, die Mer dem Kaiserreiche nur an den Garderegimentern wahrzuneh men war. Division auf Division, mit einer Genauigkeit, deren Tradition in der französischen Armee verloren zu sein schien, vor den 300,000 Zuschauern vorbeizog, brach die Menge in ein unermeß liches Freudengeschrei aus, das weder dem Könige des Morgenlan des, noch dem Marschall Mac Mahon, sondern einzig und allein der Armee galt. Ganz besonders exact soll das Defiliren der Artillerie gewesen sein. Alle Franzosen durchzuckte das Gefühl, die „Revanche" bereitet sich vor. Und der Präsident der Nationalversammlung, Buffet, widmet dem militärischen Schauspiele Worte, als ob soeben die Sieger von Jena und Austerlitz vor dem großen Ncrpoleon Re vue passirt hätten, während es doch die Besiegten von Worth, Spi- cheren, St, Privat, Sedan, die Unterlegenen von der Mosel, Maas, Seine und Loire, die Capitulanten von Straßburg, Metz, Sedan", Paris und sehr vielen anderen französischen Festungen waren, die der bei Wörth und Sedan geschlagene und gefangene Mac Mahon an sich vorüberziehen ließ. Diese unermeßliche Eitelkeit, aus deren Gedächtniß die ununterbrochenen Niederlagen, angefangen mitWei- ßenburg und beendet mit Bourbakis Uebertritt in die Schweiz, wie mit einem Schwamme weggewischt sind, platzt in solcher Weise in einem Augenblick hervor, da noch die deutschen Fahnen in 3, 4 fran zösischen Departements flattern, da deutsche Pferde in französischen Flüssen getränkt, französische Felder von deutschen Soldatenstiefeln niederexercirt werden! Und in der 'Nahrung dieser Eitelkeit und der Hoffnung auf Revanche sind alle Parteien, so grimmig sie sich sonst zerfleischen, einig: Gambetta verbrüdert sich in diesem Gefühle mit den verhaßten Bonapartisten, die voltairianischen Freidenker der Städte mit dm fanatisirten Wallfahrern unter den Bauern, der Ge würzkrämer und Bourgeois mit dem internationalen Socialdemo kraten, Auch Gambetta ist die Republik nichl Selbstzweck, sondern nur ein Mittel zur Durchführung der Rache an Deutschland und oie Masse der Franzosen würde sich den Römlingen nicht so in die Arme werfen, wenn sie nicht in diesen eine Waffe gegen Deutschland permutheten. Viele Franzosen rechnen so: Haben wir früher mir der rothen Republik gesiegt, warum sollen wir nicht heute mit der schwarzen Republik dasselbe können? Als Radikale haben wir in Europa weit weniger Bundesgenossen, denn als Ustramontane, na mentlich in Deutschland, wo der Radikalismus nuiHehr wenig An hänger zählt, der Ultramontanismus dagegen eine selbst von Bis marck gefürchtet« Macht ist. Wir wollen den Franzosen ihre Freude über dir Neubildung ihrer Armee nicht verübeln, — sie iverden sie vermuthlich eher im Innern, als gegen eine äußere Macht gebrauchen können — aber wenn sie deshalb, weil 80,000 Mann Soldaten einmal eine gute Revue abgehalten haben, nun glauben, sofort die erste Rolle in Europa spielen zu können, so legen sic damit nur einen Beweis ihres UebermuthS und ihrer Unkenntniß der Dinge in anderen Ländern ab. Die Rücksicht auf die Schicklichkeit hat die Franzosen nicht ab gehalten, in Anwesenheit des Schahs aus ihrem Boden einen jener stürmischen Äammerscandale aufzusiihren, an denen die National versammlung so reich ist. Der Antheil von Thiers an der Neubil dung der französischen Armee, den der Präsident Buffet gänzlich kgnorirt hat, als er dieArmee in den schwülstigsten Ausdrücken pries, gab das Signal zu dem Wuthausbruch der Radikalen, Der Schah wird wohl wenig Neigung haben, einer Sitzung der französischen Nationalversammlung beizuwvhnen, während ihm der Besuch des englischen Parlaments sehr viel Freude gemacht hat. Der österreichische CultuSminister lenkt immer weiter in das FaHrwasser der Ultramontanen ein. Den Borstand der österreichi schen Lehrervereine hat er aufgelöst, weil diese Fachvereine den Je suiten ein Dorn im Auge sind; jetzt hat er den Jesuiten das Recht der Rectormahl an der Universität Innsbruck wieder »urückgegeben, obwohl er vor einem Jahre ihnen selbst erst dieses Recht mtzogen hatte. In Wien hat das Gericht scharfe Strafen über die adeligen und bürgerlichen VerwaltungSräthe des Centralbauvereins ver hängt, die das Menschenmögliche, das in Gaunereien und Diebsreim von Aktiengesellschaften schon oft vorgekommen ist, auf das Raffi- nirteste überboten hatten. Der Vorstand dieses Vereins, der auf einen ver zartesten und stärksten Triebe der Menschenbrust: das Streben nach einem selbstständigen Daheim, einem eigenen Herd, speculirte, hatte ein solches schamloses Treiben und Ausbeutm in seiner Verwaltung jahrelang fortgesetzt, daß es selbst dem an schmutzig« Geschichten gewöhnten Wiener Publikum über die Hutschnur ging. Die bayrische Generalität ist jetzt glücklich unter die Haube, wenn auch noch nicht die Reichspickelhaube, gebracht und damit der Umkleidungs-Zwischenact des bayrischen Militärwesens zum Ab schluß gediehen. Die gefundene Lösung ist allerdings wunderlich genug, indem die bayrischen Generalshelme bewegliche Bärenraupen erhalten, die man abnehmen kann, um dm blau - weißen Federbusch auf dem Raupenhelm ohne Raupen nach preußisch - norddeutscher Manier zu befestigen. Weshalb man sich so sehr gescheut hat, den bayrischen Generals - Offizieren einfach den Reichshekm zu geben, ist um so weniger einzusehen, als eine Uebereinstimmung der Kopf bedeckung zwischen den Truppentheilen und der Generalität bisher nicht bestand, da die bayrischen Generale nach Art der französischen Federhüte führten. Locale- und Sächsisches. — Dem zeitherigm Pfarrer zu Großstorkwitz Oertel ist das Mark- und Superintmdentenamt in Pegau übertragen worden. — Der Secretair des Appellationsgerichts zu Bautzen Ehrig hat dm Charakter eines Eommissionsrathes, der Musikdirektor der königlichen musikalischen Kapelle Schuch das Prädikat als Kapell meister erhalten. — In Anbetracht besten, daß der Kirchenvorstand der Kreuz- parochie sich auch einverstanden erklärt hat mit der vom Rathe in Aussicht genommenen Anstellung des Superintendenten Franz in Annaberg, hat das Rathscollegium die Wahl des Genannten durch schriftliche Abstimmung vollzogen. Zugleich hat der bezeichnet« Kir chenvorstand beschlossen, dem Stadtprediger Superintendent I)r. Akeier, dessen große Beliebtheit in seinem dermaligen Wirkungs kreise einzig die Ursache ist, weshalb man ihn aus demselben nicht Herausreißen und in die Kreuzparochie in die obenbezeichnete Stel lung versetzen wollte, vom 1, Juli d, I. eine persönliche jährliche Zulage von 600 Thalern aus dem Kreuzparochialfond zu ge währen, — Die bei den Sparkassen in Altstadt und Neustadt ange- stellte Revision hat ergeben, daß Bücher und Kassen völlig überein stimmend sind. — Die Verhandlungen der sächsischen Militairvereine nahmen folgenden weiteren Verlauf. Wir hatten gestern die Anwesenheit §r. K. H. des Kronprinzen und die Eingangsformalitäten erwähnt und zugleich, daß Herr Buchhändler Scholz aus Pirna über die Cen- tralisatisn der Vereine referirt habe. Aus dem sehr interessanten Berichte des genannten Herrn entnehmen wir, daß der Beginn der Centralisation daS Jahr 1863 war, wo sich auch die Vereine unter das Protektorat unseres heldenmüthigen Kronprinzen stellten und am 28. März die Zeitschrift „Kamerad" gründeten. Damals bestan den 311 Vereine mit 31,241 Mitgliedern, zur Zeit deren 502. Im Jahre 1865 fand darauf in Zwickau der erste Vereinstag statt, bei dem 111 Vereine vertreten waren und bei dem die Gründung von Unterstützungscassen und amtshauptmannschaftlichen Bezirksver einen beschlossen wurde; nicht minder die Freizügigkeit der Mitglie der, d. h, daß, wenn ein Mitglied eines Vereins seinen Wohnort verlassen müßte, er in dem Vereins seines neuen Domicils unent- geldliche Aufnahme findet. Es wurde ferner im Berichte der Meer- heimb'schen Jnvalidsnstiftung ehrend gedacht; ferner die Mybiliar- braudversicherung erwähnt, zu der 5005 Mitglieder steuerten und welche eine Summe vlmchH 5 Millionen zähle; daß an 225Brand- calamitosen 30,244 Thlr. 24 Ngr, gezahlt worben seien. Ueber die Verluste in den beiden Kriegsjahren erfahren wir, daß von 208 Ver einen mit 21,639 Mitgliedern, von denen 6301 zur Fahne einberu fen wurden, 156 auf dem Felde der Ehre gefallen und 688 dienst unfähig geworden sind. Es begann nach diesem Berichte die Be- rathung rer Statuten. Wenn wir über diese den Schleier der Ver gessenheit decken, so thun wir dies im eigenen Interesse der Militair vereine. Die höchst unerquicklichen, mitunter tumultuarischen De batten, welche den Vorsitzenden, Oberförster Kosmahl, sogar vcran- laßten, den Vorsitz niederzulegen, führten zu dem Resultat, daß man beschloß, einen Ausschuß zu ernennen, der die Statuten noch einmal berathen, die so neu geformten Grundgesetze den einzelnen Vereinen vorlegen und dann abwarten sollte, ob die betreffenden Vereine sie annehmen oder nicht. Uebrigens wurde der Militairbund für con- stituirt erklärt und der — nach Herrn Kosmahl's Abdication — Vorsitzende Kammerherr von Naundorf zu dessen Präsidenten, Herr Rathsregistrator Tanncr zu Dresden zum Vicepräsidenten er wählt. Die Wahl eines Secretairs wurde in das Ermessen des Präsidiums gestellt. Mit den üblichen Formalitäten schloß der Delegirtentag. — Zum Schutze der von der Stadt unterhaltenen öffentlichen Gartenanlagen hgt der Rath nicht nur die Stadtbezirksaufseher, son dern auch den Stadtgärtner und dessen Gehilfen, die Straßenwärtcr nnd einen besonders für die Bürgerwiesenanlagm angenommenen Aufseher ermächtigt, von denjenigen Personen, welche die Rasen flächen betreten, Blüthen und Zweige abbrcchen, die Bäume, Bänke und Einfriedigungen beschädigen und verunreinigen, oder die erlas jenen Verkehrsvorschriften, namentlich das Verbot des Fahrens mit Kinderwagen im äußeren Theile der Bürgerwiesenanlagen nicht be achten, gegen Aushändigung obrigkeitlich ausgestellter Quittungen Strafgelder von 10 Ngr. bis 1 Thlr. zu erheben, diejenigen Perso nen aber, welche die Zahlung der Strafgelder verweigern, zu pfänden und im Falle der Widersetzlichkeit anzuhalten. —- Die gewitterreiche Sonnabendnacht hat auch unsere Stadt mit nicht geringem Schrecken erfüllt. So viel wir bisher erfahre» haben, hat. das Gewitter oder haben vielmehr die drei Gewitter sich über eineiz nicht unbedeutenden Theil unseres Sachsenlandes erstreckt. So hat der Blitz eingeschlagen und angezündct in Dobritz bei Mü geln im Elbthale; in Wünsch endorf bei Pillnitz das Wohnhaus und auch die Scheune des Gutsbesitzers Nacke; in Lausnitz bei Königsbrück Scheune und Wohnhaus des Gutsbesitzers Zumpe. In Okrilla soll der Blitz in die Kirche eingeschlagen und dieselbe in Brand gesetzt haben. Dasselbe ist in Eckartsberge bei Zittau bei der Döringschen Scheune der Fall gewesen. Eigenthümlich war es, daß der Blitz fast überall in diejenigen Theile der Gehöfte ein schlug, wo Vorräthe von neuem Heu ausgeschichtet waren. — Am Nachmittag desselben Tages hat ein über Gottleuba und Um gegend tobendes Gewitter in der Gemeinde Hartmannsdorf den gleichfalls mit Heu angefüllten Schuppen des Guts besitzers Wehner und das Wohnhaus desselben in Asche gelegt. Auch Neustriesen ist an genanntem Abende mit dem Besuche eines glücklicherweise nicht zündenden Blitzes bedroht worden. Der kalte Schlag traf das Haus 21 o. Vom Blitze sind zwei Menschen umgeworfen und etwas betäubt worden, doch blieben sie von wei terem Schaden verschont, da man sofort die mit starkem Schwefel- dunst gefüllten Zimmer lüftete. — Das heftige Gewitter am Sonntag Morgen hat unter An derem nach einer uns gewordenen Mittheilung auch die Schäferei, »velche zum Ritter- und StiitSgut Lungkwitz bei Kreischa gehört, hart betroffen; der Blitz hat dieselbe entzündet und in Asche gelebt, wobei gegen 300 Stück Schafe mit verbrannt sind. - Man schreibt uns: Der in Ihrem Freitagö-Blatte enthal tene, von einem Geistlichen geschriebene, sehr bankenSwerthe Ar tikel über Cholera veranlaßt mich, noch Einiges beizufüge», was vielleicht gerade in der jetzigen Zeit Mr Manchen einen de- herzigenswerthen Rath abgeben konnte. Es ist eine ausgemacht Thatsache, baß diese Seuche bei dem Beginn ihres jebesmaliaep Auftretens vor Allen Solche hinrafft, die l> in schlechten Wovn ungen sich aufhalten, namentlich elende Schlmräume benutzen; 2» ihrer Haut so gut wie keine Reinlichkeit angckeihen lasten; 3» nichts Ordentliches essen; 4» überhaupt unmäßig und unregel mäßig leben, und endlich 5) eine ganz ungerechtfertigte Furcht vor der Krankheit zeigen, dadurch in bedeutende nervöse Auf regung sich versetzen und durch ihre ewige ängstliche Scheu und Sorge, sich ia recht gut zu halten, gerade das Gegcntheil bewir ken; denn ein altes Wort bestätigt sich auch hier: Zu viel und zu wenig ist ein Ding! Lebe Jeder, wie er es gewöhnt ist, natürlich mit dem wohl zu beherzigenden Wahlspruche in seinem Schilde' Halte Maß in alle» Dingen! Tie Geschichte der Cholera hat e. sattsam gcz-igt. daß die Cholera, nur wenn sie längere Zeit au hält und die Epidemie überhaupt größere Dimensionen angenom men hat. so daß die Vorsichtsmaßregeln gegen Weiterverbreilung derselben selbst bei strenger Controle sich nickt mehr überwachen lassen, ivehlgenährte und reiche Leute befällt; durchschnittlich sind das aber immerhin seltene Fälle und sie mögen wohl sich auf grobe Diätfehler und recht unnöthige Angst vor der Choiera und infolge testen verkehrte Maßregeln gegen sie zurllckiühren lasten. Wer die Wohnungen in den von Cholera jetzt befallenen Orten uup ihre kolossale Ueberfüllimg, wer die Lebensweise der Bewohner, wer die Nachlässigkeit und Sorglosigkeit, ja ost Bornlrtheit dep meisten dieser Leute kennt, wird sich gar nicht wundern, daß die' Cholera dort solch' einen ergiebigen Boden gesunden bat. Ganz charakteristisch ist es. daß bis letzt Bergleute, überhaupt Berg- mannsfamilien von der Cholera noch gar nicht besauen wukden. Wie kommt das? wird man fragen. Einfach daher, weil diese Familien zu allermeist an Ordnung und regelmäßiges einfaches Leven gewohnt sind, weil sie «und bas ist eben nicht hoch genug anzuschlagen s von früh auf schon an Reinlichkeit gewohnt sind. Es wird selten Bergleute geben, die sich nicht täglich vom Kopf biS zum Fuß waschen. Fast alle haben infolge ihrer Sparsamkeit, und Genügsamkeit ein kleines Heimwcsen, das sie selbst bewohnen. Umgekehrt steht es aber mit den Fabrikarbeitern, die vcrbältniß- mäßig mehr verdienen; die Loosung der meisten ist: Lustig gelobt und fröhlich gestorben. Ia wahrlich, es ist recht schlinrm ber den meisten von ihnen. Der schöne Verdienst, dm sie haben, geht kür Lurus auf. die Frauen und Mädchen sind nicht von den elegan ten Städtern zu unterscheiden, aber ein ordentliches MittagSesten giebt es meistens nicht, schon weil sie selbst nicht kochen können: und unter diesem Flitter — da denkt man unwillkürlich der Schiller'schen Worte: „Da unten aber ist's fürchterlich, und derMenschversuche die Götter nicht und begehre nimmer und nimmer zu schauen, was sie gnädig bedecken mit Nacht und Grauen!" Dasselbe gilt Port den gewöhnlichen Tagelöhnern und Handarbeitern, die auch meist von der Hand in den Mund leben und deren Bauch ihr Gott ist, keim bald bcgebrt ihr Herz Kirschen, bald Bier darauf, bald Salat, bald Milch, mehr als Alles aber Schnaps. Schnaps, daS edle Getränke! Vielleicht scheint das manchem Leser nicht ganz wahrscheinlich; o, ich bitte ihn, hinzugehen und sich zu überzeugen, ob ich nicht die reine Wahrheit rede. Konnte man Alledem nicht von der Schule aus schon entgegentreten? Gewiß und sicherlich' Möchte doch in der Schule GesundheltSlrhre den Kindern ebenso viel, ebenso conseguent. ebenso, meinetwegen, schablonenmäßig eingepaukt werden, wie die Geschichte vom Amte der Schlüssel u. s. w. Der Erfolg würde gewiß ebenso sein, d. h. sie würde« diese Regeln nie !m Leben vergessen, aber auch — (lieber Leser, habe ich Recht?! — nur selten ihnen gemäß leben. Doch eine« Versuches wäre cs wohl werth! Möge doch die hohe Staaty- regierung, die ja bekanntermaßen Alles lhut, was nur möglich ist, diese Seuche zu unterdrücken, die sich keine Mühe, keine Kosten verdrießen läßt, diesem schleichenden Feind des MenschengeschechtS. ihn bekämpfend, entgegenzutreten, auch endlich dabin Sorge tra ge», daß schon dem Kinde gelehrt werde, was leben, vernünftig leben heißt, wie man leben soll, um seine Gesundheit zu pflegen, zu erhalten, zu kräftigen. Möge man Prämien aussetzrn mr Die, die in den faßlichsten und leichtesten Reimen diese Regeln binden: mögen diese Renne dann die Stelle cinnehmen in den Schulen, die beute von schwülstigen, den Kindern unverständlichen Ge' sangsbuchversen und noch unverständlicheren Bibelsprüchen en- aenommen wird. Der Nutzen wird nicht auöbleiben! Daß mau übrigens selbst bei einer solch' verheerenden Seuche noch Leute findet, die Mit dem Elende armer Kranker specullren und sich durch dasselbe bereichern wollen, bat ganz neuerdings ein Arznci- pfuscher aus Dresden wieder bewiesen, der einen Universal st holerabalsam den Leuten, selbst Aerzten alisziidr.mgen versucht, der aus Pfeffcrmünzöl, Nelkenöl, einigen Spirituosen und ätheri schen Oelen überhaupt besteht, pro Flasche 10 Ngr. kosten soll und nicht einen Groschen werlh ist; er vermag den SenisptrituS nickt im entferntesten zu ersetzen. Natürlich will ber Mann ein Geschält mache», um dann, wenn zufällig ein Abnehmer dieses Mixtum-CompositumS wieder gesund wird, hinausschrcisn zu können: Ich, der berühmte Balsamkocher (wahrscheinlich H omtopath oder irgend ein Paths vesitze das allein unfehlbare Mittel gegen die Cholera, denn .1'., ?)., Z. sind gesund geworden, nachdem sie daS Mittel gebraucht haben! — Nun, es liegt das im Geist ber Zeit! Leider! — Am linken Elbufer ist gestern Vormittags abermals der gänzlich unbekleidete Leichnam eine- jungen Mannes in den 20ger Jahren angeschwommen. Es ist tnes binnen wenigen Tagen der dritte gleichartige Fall, wo unbekannte, beim Baden ertrunkene Per sonen hier angeschwommen sind, und innerhalb einer Woche wohl der zehnte Fall, daß überhaupt Leichen aus der Eibe gezogen wor den sind. — Am vorigen Sonntag ist es der Criminalpolizei gelungen, des Diebes habhaft zu werden, welcher den vor Kurzem vorgekom menen und von uns berichteten Einbruchsdiebstahl in einem von einem pensionirten General bewohnten Grundstück der Alaunstraße, welches mitten in einem Garten liegt und in das der Dieb durch An legen einer Leiter und nach geräuschlosem Eindrücken einer Fenster scheibe mit einem nassen Lappen sich Zugang verschafft hatte, be gangen hat. Das gestohlene Geld, sowie die gestohlenen Effecten waren bei seiner Verhaftung leider nicht mehr vorhanden, dos Geld hatte er verthan, die Effecten verkauft und verschenkt. Die Polizei hat, wie man uns mittheilt, anfangs einen früheren Diener des Generals, der sich auf die leichte Seite, geworfen hat, im Ver dacht der Urheberschaft gehabt, und diesem nachgetrachtet; derselbe hat sich aber, nachdem er gefunden und aut anderer Ursache verhak«
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