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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 15.07.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-07-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19050715022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1905071502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1905071502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-07
- Tag 1905-07-15
-
Monat
1905-07
-
Jahr
1905
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Seite 2. Nr. 356. SS. Jahr«. Uet-ztger Tageblatt. Gouaabead, 15. Juli 1VS5. verraten bat, daß da« Zentrum die katholischen Verbin dungen al« politilche Organisationen betrachtet und al« solche auch benützen möchte. zu »en »ekaunten Aeußerungen Teleass«» schreibt die »Kölnische Ztg.": „Nachdem Detcass« reichlich Zeit gehabt bat, die Mitteilungen de« ..Gauloi-" für gefälscht oder entstellt zu erklären, diese« aber nicht geicheben ist, muß man die Aeußerungen al« echt betrachte« und dementsprechend Stellung zu ihnen nehmen. Wir können nicht glauben, daß er eine Rechtfertigung der deutschen Politik habe liefern wollen; aber jedenfalls ist die« ihm besser gelungen, al« alle deutschen Bemühungen gekonnt hätten. Klarer und deut licher läßt sich gar nicht« sagen, al« daß De l cas sä auf den Krieg mit Deutschland btnarbeitete. Seine ganz« Politik hatte diese» Ziel im Auge. Wenn Deutschland dieser Sachlage gegenüber mit voller Entichiedenheit austrat, um Klarheit zu schaffen, hat e» nicht nur den eigenen Interessen einen Dienst geleistet, sondern nicht zum wenigsten der französischen Republik, die von dem Leiter ihrer auswärtigen Politik leichten Herzen» in eine» Kampf auf Leben und Tod getrieben werden sollte. ES fehlt« nicht au nichtfranzösischen Leuten, die einen Zusammenstoß Deutschland» mit Frankreich herbeizuführen wünschten, nm im Trüben zu fischen. In Frankreich ist mau sich über die Lage klar geworden und hat die Folgerung gezogen, daß man nur für die eigenen, nicht für fremde Interessen rintreten muffe. Dadurch kam Drlcass« zu Fall. Seine jetzigen Aeußerungen zeigen zur Genüge, wie wohlverdient sein Sturz war. Die Klagen, die deutschfeindliche Jingoe» darüber erhoben haben, sind der deut- lichste Beweis, wie schmerzlich diese Hetzer da» Verschwinden eines Staatsmannes empfinden, den die Verblendung dazu hinriß, die Kraft seiueS Lande« für fremde Interessen eiusetzen zu wollen." Man hat die« Wohl al» die für die Oeffentlichteit be stimmte Antwort des offiziellen Deutschlands anzusehen. Eine deutsch-französische vntoni« rnlsonnndle. Da« Organ der Deutschen Kolonialgesellschaft bemerkt bei Besprechung der in Paris über Marokko geführten Ver handlungen: „Wenn die Verhandlungen zur Lösung der marokkanischen Frage auch jenseits der Vogesen zu der Er kenntnis führen, daß nirgends ein Gegeneinander laufen französischer und deutscher Interessen vorhanden ist, daß gerade zwischen uns eine Verständigung sich überall unschwer erzielen läßt, ja wir auf die jetzt fo oft erwähnte ontvuts rrüsonnadlv zur Abwehr von Schwierig keiten, die beide» Teilen von anderer Seite gemacht werden, geradezu angewiesen sind, so würde dies ein über den Rahmen der Marokkofrage hinauSgehender Erfolg sein, zu welchem man den beiderseitigen Regierungen nur Glück wünschen könnte." Giir englisches Urteil über Kiantscha». Die „North China Daily News" schreiben über die Er folge der deutschen Arbeit in Schautung folgendes: „Tsingtau macht immer größere Fortschritte. Ob es jemals ein so bedeutender Hafen werden wird wie Tientsin, kann man noch nicht wisse»; aber daß der Handel von Tsingtau zunimmt, während der von Tientsin ftillstebt, ist Tatsache. Der Grund hierfür ist nicht schwer zu finden. Beide Orte hängen ab von dem weiten Hinterlands und da nimmt Tsingtau seinem Rivalen durch die Eisenbahn, di« bald Letschou am Kaiserkanal erreicht haben wird, «iu Stück »ach dem auderu w«g. Sogar jetzt, wo die Bahn noch 60 englisch« Meilen von dem Kanal entfernt ist, gehen manche Güter von dort nach Tsingtau, statt nach Tientsin, und zwar aus dem sehr einfachen Grund«, weil die» billiger ist. Der Kanal hat die unangenehme Gewohnheit, im Sommer zu wenig Wasser zu haben und im Winter zuzufrieten, während außerdem die zahlreichen Likin- und Biunenzollstationrn in der Umgegend von Tientsin viel Aufenthalt und große Koste« verursachen. Kein Wunder daher, daß sich die Blicke der Handel-welt iu West-Schantung, Süd- Tschili und Nord-Honan nach Osten statt nach Norden zu richten beginnen. Fall« nicht bald eine Eisenbahn von Tientsin nach Letschou gebaut wird, erleben wir sicherlich die Ablenkung eine» bedeutenden Teile» de« Handel- der genannten Landstriche nach Tsingtau. Ei» weiterer Grund hierfür ist der Umstand, daß die Thiursen lieber mit Deutschen al» mit Angelsachsen zu tun haben. Ein chinesischer Freund sagt« mir einmal: Wir mögen die Deutschen gern, weil sie keinen unangebrachten Stolz zeigen. Wenn wir Waren zu sehen wünschen, ohne sie gleich kaufen zu wollen, so macht ihnen da- nicht» au». Gehen wir dagegen zu einer amerika nischen oder englischen Firma, um uu» dies und da- anzusehen, so überläßt uu« der Fremde sehr bald seinem Grhülfen, weil wir ihm zu unbedeutend sind." Lsroulbße. Aus Pari- wird uns geschrieben: Die Sensation, daß Dsroulsde nicht amnestiert, nur begnadigt worden ist, geht in den Zeitungen um. ES läßt lies blicken, daß auch Herr Iaurö« vie vom Ministerpräsidenten beliebte Löiung tadelt. Er sagt über den doppelten Kniff deS Kammer schlusses und deS GnadenakteS: »Man behauptet, das Spiel sei fein gewesen. Dessen bin ich nicht ganz sicher. Solche Manipulationen hinterlassen ein Gefühl des Unbehagens. Eines Regierungschefs würdiger wäre es ge wesen, offene Schlacht zu liefern und durch allgemeine, über SitzungS - Zwischenfälle erhabene Gründe das Amnestie gesetz, dessen Initiative er übernommen hatte, durch- zubringen. Zweifellos hat er sein strikte« Recht nicht überschritten, und es aiebt viele Präzedenzfälle für den Schluß inmitten einer Debatte. Aber wenn da« Gouver nement sofort «ach dem Schluffe selbst durch eine der Exekutivgewalt zusteheude Handlung die dem Parla ment entzogene Frage abschneidet, so ist dessen Lage vor dem Land nicht gerade ausgezeichnet; und e« ist nicht klug von einem Ministerium, wenn e« diese allzu geschickten Operationen wagt, bei denen Wunden und Verstimmung Zurückbleiben. Ueber das LoS D « roul« peS wird viel geschrieben; es zeigt sich, daß seine Popularität gerade durch die Entfernung unheimlich stark ist. Im »Matin" wird die FreundeStreue gerühmt, die Marcel Hadert dem großen Patrioten entgegengebracht hat; er weinte, während royalistische Konservative, denen Döroulsve unwillkommen wäre, ihre Freude über die Wirkung der Rede von LasteS nicht verhehlten. Da die vom Staatsgerichtshof Verurteilten, wenn sie nach Frankreich kommen, nur von einer Begnadigung, nicht von einer gesetzlichen Amnestie profitieren würden, so wären sie nach wie vor der bürgerlichen Ehrenrechte beraubt. Dieser von Rouviers Schlauheit auSgetiftelten Bedingung kann ein Döroulöde sich nicht fügen. Außer Buffet, der an den Präsidenten schrieb und, um seine Verhaftung vor dem Voll zug der Begnadigung zu provozieren, den Zug meldete, mit dem er in Paris eintreffcn wollte, protestierte auch Herr de Lur-SaluceS. In seinem Brief an Loubet heißt eS: „Es hat Ihnen nicht mehr Ueber- Windung gekostet, Ihren Namen unter diese Niedertracht zu setzen als unter so viele andere Infamien, die Sie sanktioniert haben, seitdem Sie im Amte sind. Mit der ihr gebührenden Verachtung nehme ich diesen Beschluß an, dessen Lächerlichkeit auf die zurückfällt, die ihn gefaßt haben." Mit Herrn Loubet wird also nicht sehr säuberlich verfahren. Man kann trotzdem darauf wetten, daß er mit dem UkaS, für den wohl vor allen der famose Berteaux die Verantwortung trägt, nicht einverstanden ist. Es gibt vielleicht noch eine kleine Krisis. Die Dekrete werden im „Journal osficiel" nicht abgedruckt werden. Gegen Buffet wirb nicht vor gegangen werden, in dieser besten aller Republiken. Deutsches Keich. Leipzig, 15. Juli. * Kinanzmtntfter-Sonferenz? Unlängst wurde gesagt, die Vorschläge deS Reichsschatzsekretärs Frhrn. v. Stengel für eine Reform der Reichsfinanzen sollten, bevor sie den gesetz gebenden Faktoren des Reiches unterbreitet würden, durch eine Konferenz der einzelstaatlichen Finanzminister gut geheißen werben. Die letzte große Finanzmirnster-Konferenz, welche zu einem ähnlichen Zwecke abgehaltca wurde, fand im Jahre 1893 in Frankfurt a. M. statt. Ihr wohnten als Koryphäen Herr Miquel und Frhr. v. Riedel bei. Auf der damaligen Konferenz einigte man sich über die Einführung einer Tabaksabrikatsteuer und eine Erhöhung der Brausteuer. Nichtsdestoweniger konnte weder über den einen noch den andern Vorschlag eine Einigung mit dem Reichstag er zielt werden. * Tie 22. Jahresversammlung des Zentralverbandes der deutschen Ortskrankenkassen wird vom 6. bis 8. August in Dresden abgehalten. Zur Verhandlung kommt u. a.: „DieVereinheitlichung verArbeiterversicherung" (Referent: Redakteur Sydow-Berlin), ein Programmpunkt, der im Hinblick auf die bekannten Reformpläne der Regierung zu lebhaften Debatten Anlaß geben wird. Hervorzuheben sind noch zwei Anträge, von denen der eine e,n einheit liches Quittungsbuch für alle Ortskrankenkassen des Reiches, der andere die Ausdehnung der Versicherungspflicht auf die Heimarbeiter und Hausgewerbetreibenden verlangt. — DieAerzte sollen die Arzneiverordnungen deutlich niederfchrtiben — darauf wirkt da« großherzoglich hessische Ministerium des Innern (Abteilung für öffentliche Gesundheitspflege) durch den folgenden Erlaß zur Ausführung der Apothekenbetriebs ordnung hin: Da wir noch immer die Erfahrung machen müssen, daß Rezepte mit kaum leserlicher Schrift zur Anfertigung in die Apotheken gebracht werden, weisen wir die Apotheker an, sich für die Folge solchen Rezepten gegenüber in keinem Fall aus deren mehr oder minder mühevolle und zuverlässige Enträtselung ein zulassen, vielmehr stets von dem ordinierenden Arzt eine deutliche Inhaltsangabe zu verlangen. * Berlin, 15. Juli. * Ter BundeSrat wird nach der Wiederaufnahme seiner Plenarsitzungen im Herbst eine Fülle von gesetzgeberischem und Verwaltungsmaterial zu erledigen haben. Zunächst wird er Gesetzentwürfe fertigzustellen haben, die ihm bereits zu gegangen und den Ausschüssen zur Vorberatung überwiesen sind. Dahin gehört einmal derEntwurf über den privaten Versicherungsvertrag, der vie Ausschüsse nun schon seit längerer Zeit beschäftigt, und sodann der Doppelentwurf über den Schutz der Werke der bildenden Künste, sowie der Erzeugnisse der Photographie. Erst wenn diese Vor lagen ihre Erledigung gefunden haben, wird die Reihe der Geietze fertiggestelll sein, die als Folgen des Bürgerlichen Gesetz buches anzusehen sind. Jedenfalls ist anzunebmcn, daß diese drei Entwürfe zu den Vorlagen gehören werden, die dem Reichstage in der nächsten Tagung bestimmt zugehen werden. Als ziemlich sicher kann man es betrachten, daß der Bundesrat sich im Herbst auch mit dem Entwürfe wegen der Sicherung der Forderungen der Bauhandwerker ein gehend beschäftigen wird. Daneben wird »hm noch manche andere, jetzt schon nahezu sertiggestellte Vorlage unterbreitet werden. Höchst wahrscheinlich wird er auch in die Lage kommen, einige Entwürfe wieder aufzunehmen, die in der letztverfloffenen Tagung dem Reichstage bereits zuae- stellt waren, von diesem jedoch wegen plötzlichen Schluffe« der Session nicht erledigt wurden. Dahin durften wohl auch die Entwürfe über die Ausgabe kleinerer Reichsbank noten und über die neue Maß- und Gewichtsordnung gehören. Diese Vorlagen werden natürlich, da sie im große» Ganzen in der früheren Form wieder erscheinen dürften, keine größere Arbeit verursachen. Ebenso auch nicht die etwa bi« dahin zum Abschluß gebrachten neuen Handelsverträge, bezw. Gesetzentwürfe, die sich auf die Weiterregelung von Handelsbeziehungen zum AuSlande beziehen. Hauptgegenstände der Beratung de« BundeSrat« bald nach der Wiederaufnahme seiner Plenarsitzungen werden jedoch der Reich-Hau«-- haltSetat für 1906 und die ReichSsinanzreformvor- läge bilden. An der letzteren wird auch während der Ab wesenheit deS Reichsschatzsekretärs im Reichsschatzamte ge arbeitet. Mau hofft, daß e« sich ermöglichen lassen wird, sie im BundeSrate so frühzeitig zu erledigen, daß sie zu den ersten dem Reichstage in der nächsten Tagung zuzustellenden Vorlagen gehören kann. Daß den Bundesrat im nächsten Herbste auch größere Verwaltungsmaßnahmen be schäftigen werden, ist bereits gemeldet. Es gehören hierzu namentlich die umfangreichen Ausführung Sanweisung en zum neuen Zolltarif, die bis zum 1. März 1906 fertig gestellt sein müssen, auf deren Vollendung zu einem früheren Termine aber schon mit Rücksicht darauf hingearbeitet wird, daß den Zollbeamten und der Geschäftswelt möglichst frühzeitig die authentischen Hülfsmittel zur richtigen Zolldeklaration in die Hand gegeben werden können. Es ist selbstverständlich, daß bei der Fülle deS zu bewältigenden Materials alle Entwürfe, die nicht durchaus dringlicher Natur sind, zurückgestellt werden sollen. Hierzu dürfte in erster Reihe die Novelle zum VereinSzollgesetz gehören, an deren Herstellung eifrig gearbeitet wird, die aber auch wegen der Mannigfaltigkeit der in ihr behandelten Materien noch einer längeren Tätig keit in den vorbereitenden Stadien bedarf. Aber wenn auch diese und andere weniger dringliche Arbeiten dem BundeSrate in seinem nächsten TagungSabschmtte nicht zugestellt werden würden, so würde er schon an den angegebenen Arbeiten einen so reichen BeratuagSstoff haben, daß er für den Herbst übergenug zu tun haben wird. So werden eine umfangreiche Novelle zur Gewerbeordnung und eine Novelle zum Gesetz, betreffend den Unterstützungswohositz, die schon seit längerer Zeil im Reichsamt des Innern fertiggestellt ist, zugehen. * Ueber die Aussichten der Milttär-PensionSgesetze er fährt dir „Tgl. Rdsch." folgendes: Die Militärbehörde hat die Vorlagen fertiggestellt. Sie wird auch dafür sorgen, daß sie dem zusammentretenden Reichstage sofort vorgelegt werben. Daß er die Vorlage wieder der Budget-Kom mission und keiner Kommission aä Koo überweisen wird, ist leider anzunehmen, aber auch dabei ließe sich eine schleunige Erledigung ermöglichen, wenn nur der Reichstag die erste Lesung der Vorlagen, die nunmehr von neuem er folgen muß, sofort vornimmt. Dies könnte ganz gut geschehen, da diese erste Lesung ja nicht lange zu bauern braucht. Während sodann der Reichstag in die Reichsfinanzresorm eintritt, hat die Budgetkommiffion Zeit und kann inzwischen die zweite Lesung der Pensionsgesetze durchberaten. Tritt der Reichstag dagegen von vornherein und sofort in die Beratung der Reichsfinanzreform ein, bann ist eine Versumpfung der Militär-Pensionsvorlage zweifellos. Es wird also Sache der Regierung sein, mit der nötigen Entschiedenheit auszutreten, um die erste Lesung der Pen sionsgesetze vor der Beratung der Reichsfinanzreform durch zusetzen. — Ministerferien. Fast alle Minister und Staats sekretäre haben ihre Ferienreisen anaetreten, und die we nigen, die noch hier sind, werden auch in kurzem abreisen. Der Reichskanzler hat sich auf vier bis fünf Wochen nach Norderpey begeben. Von den preußischen Ministern befindet sich der Minister des Innern, v. Bethmann- Hollweg seit acht Tagen in Kissingen und bleibt dort noch vier Wochen. Minister v. Budde ist nach Dresden bis zum 2. August beurlaubt. Kriegsmimster v. Einem ist seit acht Tagen ebenfalls in Kissingen und bleibt dort noch fünf Wochen. Handelsminister Moller erledigt zunächst eine Dienstreise und geht am 22. d. M. auf fünf Wochen nach seinem Gute Kupferhammer bei Brackwede. Landwirtschafts minister v. Podbielski ist vom 1. Juli bis 1. August nach Bad Nenndorf beurlaubt. Finanzminister Freiherr v. Rhein- baben. Justizminister Schönstedt und Kultusminister v. Studt haben über ihren Urlaub noch nicht verfügt. Von den Staatssekretären der verschiedenen Reichsämter geht der des Reichspostamtes, Krätke, erst in vier bis fünf Wochen auf Urlaub; wohin ist noch nicht bestimmt. Der Staats sekretär des Reichsiustizamtes Rieb erding hat seinen Urlaub bereits beendet. Der Staatssekretär des Innern, Graf Posadowsky, tritt am 16. Juli einen sechs- bis achtwöchigen Urlaub an. Das Reiseziel ist voraussichtlich England. Der Staatssekretär des Aeußeren, Freiherr v. Richt Hofen, ist von feinem fünfwöchigen Urlaub bereits zurückgekehrt; er war im Hochgebirge in Bayern. Der Staatssekretär des Reichsschatzamtes, Freiherr v. Stengel, ist bis zum 30. August nach Bühl bei Jmmenstadt in Bayern beurlaubt, und der Staatssekretär des ReichsmarineamteS endlich, v. Tirpitz, ist feit dem 1. Juli aus drei Monate beurlaubt. Er war zuerst zur Kieler Woche, dann in Metz zur Besichtigung der Schlachtfelder und geht nun nach St. Blasien im Schwarzwalde. s„B. T."j — In der Mannheimer Presse tritt die Behauptung auf, da» Redeverbot in Konstanz gegen die ausländischen Genoffen sei auf rin besonderes Schreiben des Fürsten Bülow an den badischen Staalsminister Dusch ersolgt. Bülow habe in dem Schreiben das Berbot des Auftretens ausländischer Sozialisten ausdrücklich von der badischen Regierung erbeten. Einen Grund zur Aufregung wegen eines solchen Verfahrens wird man nur mit einer sozial demokratischen Lupe entdecken können. — Abg. Graf Limburg-Stirum hat an di« Wähler dr« Wahlkreise« Breölau - Nrumarkt anläßlich seiner Mandat-nieder- leaung eine Kundgebung gerichtet, in der e« nach der „Kreuzztg." beißt: „Mit zunehmendem Alter und abnehmender Gesundheit besitz« ich nicht mehr die Frische, um ein parlamentarische« Doppel mandat befriedigend wahrzunehmen. Ich habe daher mein Mandat für da« preußische Abgeordnetenhaus niedrrgrlrgt." — Wegen der Thronfolge io Brannschweig hatte, wie erinnerlich, unlängst der Reich«tag«abg. v. Damm dem Reichs kanzler eine Adresse von Angehörigen der braunschweigischen Rechtspartei zustelleu lassen, deren persönliche Annahme aber von dem Fürsten Bülow verweigert wurde. Wie jetzt die „Braunschw. Neuesten Nachr. melden, ist dem Abg. v. Damm von dem Geheim rat v. Löbell nunmehr mitgeteilt worden, daß der Reichskanzler die Adresse nicht zu beantworten gedenke. — An Stelle de- zum RrichSgericht-prästdenten beförderten Freiherrn v. Seckendorfs ist der bisherig« Regierung-Präsident in Wiesbaden, Hengstenberg, zum UnterstaatSsekretär im Staatt- ministerium und der bisherige vortragende Rat im Ministerium de« Innern, Dr. v. Meister, zum Regierungspräsident«» iu Wiesbaden ernannt worden. — Wisfmann-Denkmal in Dar-eS-Salaam. Auf den Aufruf des Herzog- Johann Albrecht zu Mecklenburg an di» Ab teilungen und Mitglieder der Deutschen Kolouialgesellschaft, Beiträge für die Errichtung eine» Wissmann-GedenksteiuS io Dar-eS-Salaam zu sammeln, sind bi» zum 12. Juli 3896,80 bei der Hauptkasse der Gesellschaft eingegangen. * Au« vftfrieSland. Nachdem erst kürzlich die königliche provinziale Moorbereisung-kommisfion unter der Führung des Regierungspräsidenten Prinzen von Ratibor eine ausgedehnte Besichtigung der ostfriesische» Moore vor genommen hat, ist jetzt eine Spezialkommission unter der Leitung des Oberpräsidenten der Provinz Hannover v. Wenzel und deS Unterstaatssekretärs Konrad aus Berlin in den Mooren zwischen hier und Spetzerfehn anwesend. Wie verlautet, handelt eS sich in der Hauptsache darum, diese möglichst bald durch noch mehr Kanäle als bisher an den EmS-Iahdekanal anzuschießen. Das Kapital, das allem im Torfe dieser Moore steckt und da« erst durch solche Maß nahmen gehoben werden kann, zählt nach vielen Millionen, und überdies kommt später der von der Torfkruste befreite sehr ertragfähige Boden auch noch der Landwirtschaft zugute. * Essen, 14. Juli. Die Mehrheit der Essener Stadtver ordneten hält anscheinend zu dem Oberbürgermeister Zweigert bei seinem Kampfe gegen die Unternehmer im Baugewerbe. Die Stadtverordneten beschlossen nach langer stürmischer Debatte mit 27 gegen 23 Stim men, den Antrag des Oberbürgermeister« auf Be willigung von 20 000 für die am Montag zur AuS- jperrung kommenden Essener Bauarbeiter der sozialen Kom mission zu überweisen, die nochmal- eine Einigung zwischen den Arbeitgebern und den Arberteru versuchen soll. Der Beschluß wird al- Zustimmung zu den Anschauungen deS Oberbürgermeisters gedeutet. Allerdings hat man nicht gleich zu dem Aeußersten, der Genehmigung des Antrages, gegriffen. Aber eS scheint, daß die Mehrheit den Antrag acceptieren will, sobald der letzte Versuch, eine Emigung zwischi > Unternehmern und Arbeitern herbeizuführen, scheitern sollte. * Ttuttgarl, 1V. Juli. Die bekannte EntschädigungSklag«, di« Frh. v. Münch gegen den württembergischen FiSku» auf Zahlung einer Entschädigung von 10000 wegen der s. Z. gegen ihn ver fügten Einweisung in eine Irrenanstalt angestrengt hat und die bereits das Landgericht, das Oberlandes- und da» Reichsgericht beschäftigt ha.', wurde gestern von der Zivilkammer de» Landgericht- Stuttgart kostenpflichtig abgewiesen. * München, 15. Juli. Der Eisen bahn rat genehmigte die Reformprojekte der Staatsbahnverwaltung in Sachen der Personen- und Gepäcktarife. Danach wird zukünftig erhoben bei Personenzügen für den Kilometer erster Klasse sieben Pfennig, zweiter Klaffe 4 >/, Pfennig und dritter Klasse zwei Pfennig, bei Eilzügen und auf Lokalbahnen für die dritte Klasse drei Pfennig. Für besonders beschleunigte Züge tritt ein Zuschlag je nach der Entfernung und Klaffe von 25 Pfennig bis zwei Mark hinzu. PersonalverSnderungerr in der König!. sSWchen Hrmee. Offiziere, Fähnriche usw. Ernennungen. Beförderungen und Versetzungen. Im aktiven Heer«. Den 13. Jnli. v. Einsiedel sHauboldj, Oberltnt. im 1. Jäg.-Bat. Nr. 12, unter Versetzung als Komp.-Chef in das 4. Jnst-Regt. Nr. 103, zum Hauptm., vorläufig ohne Patent, Roth, Ltnt. im 5. Jnf.-Regt. „Kronprinz Nr. 104, zum Oberltnt., befördert. — Klceberg, Ltnt. im 4. Jnf.-Regt. Nr. 103, vom 25. Juli d. I. <w auf ein Jahr ohne Gehalt beurlaubt. Im Beurlaubten stände. Den 13. Juli. Scholl, Ltnt, der Res. der 3. lKönigl. Sachs.! Komp, des König!. Preutz. Telegr.-Bats. Nr. 1, Bu Eckhardt, Ltnt. der Landw.-Jäg. 1. Aufgebots des Landw.-Bez. II Dresden, R « u t h e r , Ltnt. der Landw.-Feldart. 1. Auf- aebots des Landw.-Bez. Leipzig, zu Oberltnts., Fischer, Oberlent. des Landw.-Trains 2. Aufgebots des Landw.-Bez. Leipzig, zum Hauptm., befördert. — Wittig, Ltnt. der Landw-Kav. 1. Aufgebots des Landw.- Bez. Leipzig, zu den Offiz, der Res. des 2. Ulan.-Regts. Nr. 18, versetzt. Die Vizefeldwebel bezw. Vizewachtmeister: Distelbarth des Landw.-Bez. Zittau, zum Ltnt. der Res. des 3. Jnf.-Regts Nr. 102 „Prinz-Regent Luitpold von Bayern", Krause des Landw.-Bez. Meißen, zum Ltnt. der „Hundelend fühle ich mich, wie an allen Gliedern zer schlagen!" sagte er. „Ich habe Kopfschmerzen zum Per- rücktwerden. Das Beste ist, ich lege mich nieder und ver suche es auszuschlafen, ich werde einige Pulver ein nehmen. Es muß eine Erkältung sein, die morgen schon wieder vorbei sein wird." Baron Janos' Zustand verschlimmerte sich. Am dritten Tag trat Fieber ein und da bei der Schnellig keit der Abreise ein Arzt nicht mitgenommen war, stand man ratlos genug am Krankenbett. Ohne Befehle abzuwarten hatte der Kapitän, sobald er die Gefährlichkeit der Krankheit erkannte, den Kurs des Schiffes geändert. Er hielt sich so nahe er konnte an der Küste, das Wetter war schön und klar und be günstigte seinen Plan. Ohne daß Gräfin Mara eine Ahnung davon hatte, war bereits gedreht worden und der „Eros" steuerte jetzt graben Weges zurück und auf Corsika zu. Als das Fieber nachlieb, war eine Schwäche und Mattigkeit zurückgeblieben, die sich wie Blei auf die Glieder legte und allen Lebensmut lähmte. Diese stumme Teilnahmlosigkeit wirkte fast noch grausamer als das Fieber es getan. Angst und Sorge um den Kranken, trostlose Langeweile, Sehnsucht, Reue verfolg ten Gräfin Mara nun unausgesetzt. Sic war froh, als der Kapitän schließlich ihr die Aenderung der Fahrt mitteilte. „Ich überlasse Ihrer Einsicht alles!" hatte sie in ihrer trostlosen Angst gesagt. „Ja, — ja — lassen Sie uns in Eorsika landen und je früher, desto besser. Sie haben Recht, in Ajaccio finden wir gute Aerzte und alle er denkliche Bequemlichkeit für den Baron!" „Nicht allein das, Frau Gräfin! Auch die Luft dort ist heilsam. Man schickt ja Lungenkranke nach dort zur Heilung und Erholung." „Lungenkranke?" Die Gräfin sah ihn aus weit und schreckhaft geöffneten Augen an. „Nun ja; Sie wissen doch. Die Mutter des Herrn Barons starb an der Schwurdsucht und " „Nein, das wußte ich nicht!" sagte sie tonlos. „Ich ich kenne den Vetter meines Mannes erst seit zwei Jahren und "sie stockte, eine jähe Röte stieg in das blasse Antlitz. Ach es war ja alles so gleichgültig jetzt. — Was er -achte, was die ganze Welt denken mochte Sollte sie denn alles ver lieren! Den Gatten, ihre Ehre? durch ihre Schuld sie wußte es wohl. Aber ihr Kind und nun auch ihn, um dessentwillen — — — — — — „Herr Kapitän, Sie können nicht glauben, nein, nein, Sie dürfen nicht glauben, daß Baron Janos den Keim vererbter Krankheit in sich trägt. Nur das nicht, Herr Kapitän", rief sie. „Ich fürchte es nur allzusehr!" antwortete der Mann ernst. „Sehen Sie, ich kenne den Baron seit seinen Knabenjahren, er war ein zartes, wohlbehiitetes Kind, so eine Art Treibhauspflanze; sein Vater lebte des Knaben halber meistens im Süden, seinethalben wurde dies prachtvolle Schiff gebaut, jahrelang segelten wir mit dem jungen Baron auf dem Meere. Alle», was Menschenwitz und Verstand und ärztliche Weisheit je ausdachte, wurde für ihn angewandt. Nun, es ist ja auch ein Prachtexemplar daraus geworden — aber, Frau Gräfin, ein „Kunstprodukt", denn das böse Erbteil, die heimtückische Krankheit ist im stillen mitgcwachsen, sie schlummerte nur. Es bedurfte nur des Anlasses, um sie zu wecken; kommen mutzte es doch einmal!" Gräfin Mara rang die Hände. „Aber das ist alles so schrecklich, ich fürchte mich namenlos", rief sie mit so verstörtem Antlitz, daß es dem alten Seemann ganz weich unter der Uniform wurde. „Datz ich Sie erschrecken mutzte, bedaure ich tief, Frau Gräfin!" sagte er. „Indessen ahnungslos Sie zu lassen, wäre — — vielleicht grausamer gewesen! — Ueberhaupt es ist ja doch nicht hoffnungslos. Im Gegenteil, ich hoffe, die schöne Luft von Corsika bringt unserem Kranken bald die Genesung. Lungenkranke Leute können uralt werden, nur vorsichtig müssen sie sein. Na und wer sichs leisten kann, ei, der reist dem Sonnenschein und der Himmelswärme nach und pumpt sich halt nur das Allerbeste von Luft in die anspruchs- volle Lunge. Nein, nein, nur keine voreilige Sorge, Frau Gräfin und in 24 Stunden sind wir zurück in Cor sika!" Sie atmete erleichtert auf. „Wo hat er sich nur so Plötzlich diese unselige Erkältung geholt!" fragte sie dann, ohne eigentlich darauf eine Antwort zu erwarten. „Ter Baron ist, — als wir abfuhren, die ganze Nacht auf Deck geblieben. Ich hatte -em ersten Steuermann die Wache übergeben und mich schlafen gelegt. Wäre ich wach geblieben, ich hätt's nicht gelitten, mit Gewalt würd ich ihn ins Bett geschickt haben." Die Gräfin stampfte unmutig den Fußboden. „Wie furchtbar töricht von ihm!" rief sie. „Und glauben Sie, daß der Baron selber eine Ahnung, daß, daß ich meine wegen der Mutter, und vererbte Krankheits stoffe ?" „Nicht die blasse Ahnung, Frau Gräfin. Tas ists ja eben. Man hat ihm das stets verschwiegen. Und vor- sichtig ist der Baron nie gewesen. " Nach dieser Unterredung wurde die Gräfin sehr nach denklich und verstimmt, aber als der Kranke, der sich, nachdem das Fieber ganz ausgetobt, langsam etwas er holte, um auf Deck getragen und dort bequem gebettet zu werden, nun so matt und elend dalag, nahm sie sich doch zusammen, um ihre wahre Stimmung ihm zu verbergen. Janos nahm die Mitteilung, daß man in kurzer Zeit in Ajaccio landen würde, ziemlich teilnahmslos auf. Er schlief ungemein viel und seine Kraft zum Nachdenken kam nur langsam zurück. In Ajaccio wurden sofort Anstalten gemacht im Grand Hotel Unterkunft zu finden, was auch gelang, da sich nur noch wenige Gäste der vorgerückten Jahreszeit halber im Hotel befanden. Gräfin Mara atmete erleichtert auf. Und als man auch einen sehr vertrauenerweckenden Arzt gefunden, schien sie von entsetzlichen Lasten wie befreit zu sein. (Fortsetzung folgt.)
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