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Elbeblall un- Anzeiger. Amtsötalt »a Siinigl. AmlshnnPImannschast Großenhain, der Kitnigl. Amtsgerichts und de» StadttathS zu Riesa. Druck und Verlag von Langer L Winterlich in Riesa. — Für die Redaclio» verantwortlich: T. Langer in Riesa. H 60. DiEag, de« 21. Mai 188». 42. Jahkg. scheint in Riesa wöchentlich dreimal: Dirn-tag, Donnerstag und Eonnabend. — AdonnemenSprei» vierteljährlich l Mark 2b Pfg. — Bestellungen nehmen alle ikaiserl. Postan holten. Wdoten, die Expeditionen in Riesa und Strehla (8. Schön), sowie alle Boten entgegen. — Inserat«, welche bei dem auSgebreiteten Leserkreise eine wirksame Veröffentlichung finden, erbitten wir uns bis Montaq, rrsp. MUtwoch oder Freitag, Vormittag- v Lbr. Insertion-prei» die dreigespaltene LorvuSzeile oder deren Raum 10 Psg. Ortskrankenkasse Riesa. Svnvtag, den 28. Mai dss. Jahres, Nachmittag Punkt L Uhr findet die 1. ordentliche Generalversammlung für 1889 im Hotel zum Kronprinz statt Tagesordnung: 1. Vorlegung der Jahrcsrechnung für 1888 mit den von den Revisoren ge zogenen Erinnerungen, beziehentlich Richtigsprechung der Rechnung. r. Beschlußfassung über sich nöthig machende Einschränkungen der Ausgaben, ' um dem Reservefond den gesetzlichen Theil zuführen zu können. 3. Nochmalige Berathung über Abänderung der 88 14 und 17 des Statuts, I nachdem die Beschlüsse der letzten Generalversammlung in der jetzigen Form die Genehmigung der Königl. Kreishauptmannschaft nicht gefunden haben. 4. Wahl eines Vorstandsmitgliedes an Stelle des freiwillig ausgeschiedenen Herrn Scheibe. 5. Berathung etwa eingehender schriftlicher Anträge. Die Vertreter der Generalversammlung «erde» hierzu eingeladen Md um pünktliches Erscheinen ersucht. Großjährige Cassenmitglieder, welche nicht zur Generalversammlung gehören, haben zwar Zutritt, sind jedoch nicht stimm berechtigt. Riesa, den 16. Mai 1889. Der Cafseuvorstaud. * Franz Heinrich, Vorsitzender. Tagest; eschichte. Die deutsche Reichshauptstadt hat sich zum Em pfange des italienischen Monarchen, der am Dienstag als Gast unseres Kaisers in Beilin seinen Einzug halten wird, gerüstet. König Humbert ist nicht der erste König Italiens, welcher an der Spree erscheint, da ja auch König Victor Emanuel glanzvolle Tage dort- s.lbft verbrachte; eine ganz besondere Bedeutung erhält die Lntrevue diesmal aber doch durch den Eindruck der Mischen Konstellation, deren Herbeiführung dabei so recht als ein Werk der deutschen Friedenspolitik be zeichnet werden darf. Aus der deutsch-österreichischen Manz vom Jahre 1879 hat sich der Dreibund ent wickelt, und so sehr sich auch die französischen Agitatoren jenseits der Alpen bemühen, an diesem Bündniß zu rütteln, so erscheint die Jntereffen-Gemeinschaft, welche beide Völker verbindet, doch weit stärker, als dieS Be streben jener im Trüben fischenden Elemente, die aus längst erkannten Absichten der italienischen Politik eine andere Richtung zuweisen möchten. In der Begleitung König Humberts auf der am Sonntag Mittag ange- tretenen Reise befindet sich der Ministerpräsident Fran- leSco CriSpi, welcher rm Laufe der Zeit und unter dem leuchtenden Einflüsse der Machtstellung unseres neuer standenen Reiches aus einem lauen Freunde Deutsch lands zu einem seiner begeistertsten Verehrer geworden ist. Diese Stellungnahme ist dabei durchaus nicht blos das Product diplomatischer Schlauheit, sondern das Ergibniß einer politischen Erkenntniß, welche Crispi eist vor Kurzem wieder im Parlamente zu Rom den dort erstandenen Gegnern gegenüber so energisch und ausdrucksvoll zu verlheioigen wußte. Der rheinisch-westfälische Arbeiterausstand geht an scheinend seinem Ende entgegen. Aus Dortmund wird gemeldet, daß dort und im ganzen Bezirk die Arbeit meder ausgenommen sei, und auch aus den anderen Bergwerks bezirken kommen Meldungen, welche die Hoff nung begründen, daß zu Anfang dieser Woche der ge summte rheinisch-westfälische Streik erledigt sein wird. Als unerläßliche Voraussetzung dafür gilt freilich, daß die Grubenbesitzer die vom Abg. Hammacher mit der Albeiterabordnung vereinbarten Friedensbedingungen un- verkürzt annehmen. Sollte daran etwas geändert «erden, dann würde der Streik freilich von Neuem ausflammen und nach dar bekannten Erfahrung von Rickfallen noch weit schlimmer werden, als er gewesen ist. In einer am Freitag in Dortmund abgehaltenen großen Arbeiteiversammlung zur Entgegennahme des Berichts der Arbeiterabordnung sind tue erzielten Er gebnisse gutgeheißen worden. Allem man erklärte sich mir unter der Bedingung zur Wiederaufnahme der Arbeit bereit, daß die Grubenbesitzer sich auf das Friedensinstrument vorher verpflichten. Daß einzelne Trabenbesitzer mit den Bedingungen, welche die Ar beiter billigen, nicht einverstanden sind, tritt schon jetzt zu Tage. So namentlich nicht mit der Einführung eines gemischten Ausschusses, der über die Zulässigkeit M Ueberschichten befinden soll, eine Einrichtung, in der sie nur eine Schmälerung ihres Ansehens, ihrer Machtstellung und ihrer Rechte als Brodherren er blicken. Gerade diese Bestimmung ist es aber, auf welche die Arbeiter den größten Werth legen, weil sie von ihr eine vorurtheilsfreie und billige Entscheidung bei etwaigen Streitigkeiten erwarten. In den Kreisen derjenigen Sozialpolitiker, die nicht auf -dem rein kapitalistisch-panimonialen Standpunkte stehen, findet diese Einrichtung als Keim der von den vereinten liberalen Parteien schon seit langem erstrebten Ein führung von gewerblichen Schiedsgerichten und Eini gungsämtern lebhaften Beifall. Man spricht sogar die Hoffnung aus, daß der schon früher vom Reichstage mit großer Mehrheit angenommene Beschluß auf gesetzlich zur Pflicht zu machende Einrichtung von Eini gungsämtern dadurch seiner Verwirklichung näher ge führt werden würde. Bis jetzt haben etwa 30000 Arbeiter, also nahezu ein Drittel aller Ausständigen, die Arbeit wieder ausgenommen. Deutsches Reich. Die Hebersi-delung der kaiserlichen Familie noch Schloß Friedrichskron soll einer neueren Bestimmung zufolge am 17. Juni er folgen. Der Reichskanzler hatte zum Montag Vormittag an die Mitglieder des Bundesraths und Reichstags Einladungen zu einem parlamentarischen Frühschoppen ergehen lasten. Für den Abend war gewissermaßen als Abschied des Reichstages ein Gartenfest in Aus sicht genommen, zu welchem auch die Mitglieder des Bundesrathes eingeluden waren. Es verlautet, daß die Regierung kein Gewicht da rauf legt, daß die vom Bundesrath angenommene Abänderung des 8 4 des Strafgesetzbuches noch die parlamentarischen Stadien durchmache. Da man an nimmt, daß man sich bei der dritten Berathung der Jnvaliditätsvoilaze beschränken wird, so könnte der Schluß der Session binnen acht Tagen erfolgen. In der freien Commission zur Berathung der vor der dritten Lesung des Alters- und Invaliditäts-Ge setzes event. einzubringenden Abänderungsanträge ist hinsichtlich der letzteren volles Ernverständniß erzielt worden. Dr. Hinzpeter (der Erzieher des Kaisers) weilte in diesen Tagen in Dortmund, um sich über den Streik zu informiren. Derselbe hat einen eingehenden Bericht an den Kaiser erstattet. Nach anderen Nachrichten ist Dr. Hinzpeter, der mehrere Zechen besuchte, von dem Kaiser selbst in das Revier gesandt worden, um ihm Bericht zu erstatten. Der Oberprasident von Schlesien, v. Seydewitz, ist aus dem schlesischen Kohlenstreik-Revier in Berlin ein getroffen, nahm an den Sitzungen des Reichstags theil und hat am Freitag dem Kaiser Vortrag über die von ihm beim Bergarbeiterstreik seiner Provinz ge machten Wahrnehmungen gehalten. Auch im Saar-Kohlenbezirk beginnen sich die Bergleute zu regen. Am Mittwoch waren in Bild stock, im nördlichen Saar-Kohlenbezirk, Bergleute von 7 Inspektionen versammelt. Sie beschlossen, vorstellig za werden um Gewährung neunstündiger Arbeitszeit eingerechnet die Einfahrt und Ausfahrt, statt der jetzt geltenden zwölf- bis dreizehnstündigen, sowie um einen Schichtlohn von 3,50 Mk. und einen Gedinglohn von 4 Mk. Die Versammlung verlief unter dem Vorsitze des Bürgermeisters aus Sulzbach ganz ruhig. Die Bergleute sagten: Wir verlangen nur, was recht und billig ist und arbeiten gerne. Die Eingabe an die Bergbehörde, unterschrieben von drei Bergleuten jeder Inspektion, ist abgegangen. Die Versammlung schloß mit einem Hoch auf den Kaiser. Nach dem „New Uork Herald" hätte Deutschland auf der Samoakonferenz den Ber. Staaten alles zu gestanden, was mit seiner Ehre vereinbar war und da bei die Interessen seiner eigenen Unterthanen in Samoa gewahrt. Der Friede ist mit Ehren geschloffen. Ferner heißt es, daß Deutschland und Amerika durch je einen Beirath die Kontrolle der einheimischen Regierung aus üben werden. In streitigen Fällen würde England als Schiedsrichter angerufen werden. — Wie weit diese Nachricht mit den Thatsachen übereinstimmt, bleibt natürlich dahingestellt. Der Nachricht von dem beabsichtigten Rücktritte des preuß. Finanzministers v. Scholz, welche dieser Tage von der „Germania" wiedergegeben worden war, wird offiziöserseits jede Begründung abgesprochen. Vom Reichstag. Am Freitag begann der Reichstag die dritte Berathung des Alters- und Jn- validitätsgesetzes, ohne daß dabei irgend ein neuer Gesichtspunkt entwickelt wurde. Von den Gegnern sprachen die Abgg. Singer, Barth, Komierowski (Pole) und der westpreußische Reichsparteiler Holtz, welcher letztere seine abweichende Stellung mit der bedrückten Lage der Landwirthschaft seiner Provinz begründete, die neue Lasten nicht tiagen könne. Die Freunde der Vorlage führten die Gegnerschaft auf allgemeine Anti pathien oder auf Unkenntniß des Gesetzes zurück und baten im Interesse des Wohles und ber Rechtsge währung an die Arbeiter um Annahme des Gesetzes. Es sprachen in diesem Sinne die Abgg. v. Manteuffel und Gehlert, sowie der Staatssekretär v. Bötticher, welcher den Sozialdemokraten gleicbnißweise entgegen hielt, daß das Volk nicht verstehen werbe, warum man dem Arbeiter, wenn er ein belegtes Butterbrod nicht bekommen könne, auch ein unbelegtes vorenthalten wolle. Nach fünfstündiger Dauer wurde die Debatte vertagt. — Am Sonnabend trat bei der dritten Berathung der Nbz. Gebhardt für die Vorlage ein. Eine Hinaus schiebung der Erledigung sei niemals zu billigen. Die Abgg. Langwerth und Simmern waren gegen die Vor lage. Abg. Wendt (Centrum) sprach für die Vorlage, deren Mängel künftig Verbeffert werden können. Das Reich möge nur auch nach anderer Richtung seine Autorität geltend machen, jeder Religion die freie Be- thätigung gewähren und die katholischen O-den wieder zulasten. Die sozialpolitische Wirkung werde nicht ausbleiben. Abg. Staudy sprach Namens eines Theils der Conservativen gegen die Vorlage. Staatssekretär v. Bötticher widerlegte die gegen die Abstufung der