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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 28.09.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-09-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19050928021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1905092802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1905092802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-09
- Tag 1905-09-28
-
Monat
1905-09
-
Jahr
1905
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LezugS-Prei» tu der HiMptexpedttion oder bereu Ausgabe stellen abgedoit: otertelsührltch I.—, bet täglich zweimaliger Fuslellnng Ws. hau» oiertelsührltch S.75 Durch auter» ous- ivärtlgen Ausgabestellen and durch die Post bezogen für Deutschland and Oesterreich vierteljährlich 4.50 tkir dl» übrigen Länder lau» steitungSpretSltstr Diese Nummer kostet auf ck ä'h A allen Bahnhüsen and bei I11 den Zeitungs-Verkäufern k «edaktto» und Sr»edttt»>u Johaauisgass, 8. Fernspr. Nr. lLS. «r. »88, Nr. H7L. verltuer AedakNvns vurea»: Berit» I, Dorvtheeustrab» SL. * Del. I. Nr. »870. Ore-dner RedakttonS-llgureau: DrM-w«, «uuerttzstr. »4 Del. t, Nr 4S8L Abend-Ansgabe. MWM.TMUM Handelszeitung. ÄmLsv5att -es Hönigl. Land- und -es Königs. Amtsgerichtes Leipzig, -es Aates un- -es Votizeiamtes der Lta-t Leipzig. Anzeigen-PreiS dt» 4 -eivatteo, Vettlzeiü 25 Pf. Famtkte», vtohnuua» au» Stelle». Au^Peu ßt> Pt. Muanzlell, «»zeigen, «chchüswauzetgea unter Tex» ober a» bewuderei Stell» noch Darts. F»r aas Ertcheiuen »» bestimmten lagen u. Plätzen wird kein, Varautt» überuommen. «uzeigen »ad ExtrobeUage» »ur w der Ptarge» Rutzgad« Schlag der »uuah», aachmMag» 4 llhr. >>q»Pe»«»»»dm« U,^tU»»»latz «t »ck» Zohamcksgafle. -rpedliwa W «acheuwg» »»»»terbrochea geüffue» »»» «LH 8 dt» ad«d» 7 Uhr. Wltat-«r»«»M«,i lve^W. Lützo»»^ 10 vvsde». vtari«aftr.8< Demi mW Varl». « P»l» w Leidig (Iah. 0». B. k » G. Ült.khardt). herausgadaa» 0e. Btkt»» MtukdardL, Nr. ^5. Donnerstag 28. September 1905. 98. Jahrgang. Var Wwtigrie vom Lage. * Der «Petit Parisien" versichert, daß der italienische Minister de-Auswärtigen Tittoui morgen in Baden-Baden mit dem Reichskanzler Fürsten Bülow eine Konferenz baben werde. * Nach dem „Temps" erklärt da- Marokko-Ab kommen, daß die Entscheidungen der Konferenz sich nicht auf die Grenzgebiete Marokko» erstrecken könnten, wo Frankreich direkt« Abmachungen mit dem Sultan habe. E- betont, daß die von Deutschland abgeschlossenen Ver träge über die Mole von Tanger und die Zehnmillionen- Anleihe keinen Präzedenzfall bilden könnten. Die zu schaffende Staatsbank werde diese Operationen absorbieren. Alge ciras wird als Konfereozort vorgeschlagen. Dir für not wendig erkannten Polizei- und Fmaazresormea werden von ver Konferenz geregelt, wobei Einstimmigkeit erforderlich ist. Die von der Konferenz beschlossenen Maßnahmen be halten nur drei Jahre lang Gültigkeit. „Matin" berichtet aus Wyborg, daß die Zaren jacht mit der Zareofamilie gestern Nachmittag abgedampft ist. * Der Vizepräsident der ungarischen Unabhängigkeit-Partei, Polonyi, hat einen Korrespondenten der ,N. Fr. Pr." er mächtigt, zu erklären, der unbeugsame Wille des Kaiser» gegen die Armeeforderung Ungarns sei auf daS direkte Eingreifen der deutschen Regierung zurückzuführen. * Die am Dienstag erfolgte Antwort der Pforte aus die zweite serbische Note gibt der Hoffnung Raum, daß der Zwischenfall durch beiderseitiges Emverständniß Kalo beige legt wird. * Der «Frankfurter Zeitung" wird aus Tientsin gemeldet, daß gestern im Auswärtigen Amt in Peking Prinz Tsching und die Vertreter der Siguatarmärbte des Pekinger SchlußprotokollS von 1901 das Ab kommen über die Korrektion des HwangpuflusseS unter zeichnet haben. ve» Wiener HrdeilerverricheiMgrlrsngrett. Der siebente internationale ArbeiterversicherungSkongreß ist in der Tagespreise weniger beachtet worden, als die fest- liche Einleitung unter dem Ehrenvo-sitz de« früheren Ministerpräsidenten Dr. von Koerbcr wahrscheinlich ge macht hätte oder die periönliche Auszeichnung, die mindestens zwer der Delegierten gebührte und gebührt, dem Geheimrat Dr. Boediker und Herrn Miüerand. Im deutschen Reich und in Oesterreich ist die Zwangs versicherung durchgedrungen; in allen sonstigen Ländern letzt da- Prinzip nur mühsam sich durch, und die Geictzgebung ist nicht weiter vorgeschritten, als sie in Deutschland zur Zeit des Hastpslichtgesetzes, vor dem Be ginn der ganzen Reiorm, war. Man tonnte den Begrüßungs reden, etwa der beS Vertreters der Union entnehmen, welchen Widerhall da« Verdienst der deutschen Sozialpolitik im Ausland geiunven hat, und welche propagandistliche Kraft dem in seinem Ursprungsland angezweifelten Gedanken noch innewohnt. Trotzdem war der diesjährige Kongreß auch der Kruik gewidmet, verleiden Kritik, die zu icheuen die Arbeiter versicherung durch einen unncmUcken Angriff in der Debatte betchulvigt worden ist. Zum ersten Male nahmen Vertreter der Arbeiterschait an den Beratungen teil, denen deshalb leicht der Zweck lozialer Exekutive Hütte untergeschoben werden können, dem zu dienen sie durchaus nicht imstande waren. Sie gelten der Theorie; und der Tdeorien genug sind sich auch in Wien begegnet. Man halte das sranzvsilche System der freien Selbsthilfe neben dem obligatori'chen Staalssystem; beide suchten sich über mögliche Verlegungen der Grenz« klar zu werden. Im Brennpunkt der DlStutsion befand sich, wie das zu erwarten war, die Frage der Ver einheitlichung und Vereinsachung der Versicherungsgattungen, die mitunter irrtümlich al« Frage der AuSemanderletzung zwischen feindlichen OrganisationSsormen aufgefaßt wurde. In der Frage der internationalen Unfallstatistik stehl nun fest, daß ihre Resultate wegen ihrer Verlchievenheit versicherungslech- nlsch zunächst nicht zu benutzen sind; dennoch bleiben viele für alle Rationen gültige Probleme, zu deren Studium der siebente ArbeiterveisicherungSkongreß eine zwischenstaatliche Kom- milsion eingesetzt bat, der er austrägt, sich mit dem internatio nalen statistischen Bureau ,n London zu verständigen. Große Kon- troverien hat die heikle Frage der Einschätzung der Invaliditäts grave, die durch Unfälle verursach» worben stad, hervorgrrufen; inan hat mehrere Methoden proponiert, die Schätzung nach der tatlächlichen Veränderung des Arbeitsverdienste« und indi viduellere Prinzipien. «Systematische" Erhebungen über die vkonomiichen Verhältnisse der Reutenbezieher sind gewünscht worden; e« ist natürlich, daß hierzu eine außerordentlich intelligente Beamtenschaft gehören würde. Der Dienst der Aerzte innerhalb der Ardeitervrrsicherung soll eine« der Themen für den nächsten Kongreß, der in Rom tagen wird, sein; schon diesmal haben deutsche Delegierte, die über die freie Arztwahl berichteten, präludiert. Man hat ferner die Errichtung von Lehrstühlen der sozialen Medizin, di« Wöchne- rmnen-Versickerung und die Heranbildung von Beamten für die soziale Versicherung aus die Tagesordnung gestellt. Außer Herrn Millerand war auch der Mutualist Leopold Mabillrau al» Delegierter Frankreich» m Wien erschienen, und französische Journalisten siod den Beratungen gefolgt, die sie in höchst charakteristischer Weise besprochen haben. Das Pariser «Journal" hatte einen Herrn Ieau Hebrard entsandt, der für seine Heimat den Titel m An spruch nimmt, sie habe vielleicht noch zu kodifizieren, aber nicht mehr ,» schaffen. Die Berichte für Italien, die Schweiz und Belgien werden als Empfehlungen des franzöfllchen Prinzip« ausgelegt «ad als Dokument einer «Gemeinsamkeit der Raffe, der Traditio», der Geistigkeit und de» Fortschritts." Nichtsdestoweniger spürt man den Eindruck, den Boediker bei den Ausländer« hinterlaffe« hat. Er wird «in «jovialer, lächelnder Bismarck" genannt. Dir stolz« Red« wird zitiert, woriu er sagte, die deutsch« Bevölkerung sei aus dem Kleid der gegenwärtigen Arbeiterversicherung wohl etwas herausgewachseu, aber diese werde nur zusammen mit dem Deutschen Reiche untergeben; sie bedürfe einer Reform, aber sie mehre Deutschland» Macht und befestige die unteren Klaffen. Auch Dr. Boediker weist dre Argumente der VerstcheruagSgeguer nicht ab, die das Schlagwort vom «Renteuhunger" erfunden haben; er wendet sich gegen das Markensystem und gegen da» System der Kotisation und Kapitalisation, deren jede» im frauzösischen Entwurf enthalten ist. Aber trotz alledem »st, wie der französische Journalist nicht ohue Niedergeschlagenheit herauSgemerkt hat, Deutschland nicht gewillt, dir Führerschaft in deu Versicherungsgesetzen an andere Nationalitäten abzu geben. In Wien bat da« Dr. Freund ausdrücklich proklamiert, mit derselben Absicht, in der 1897, aus dem Kongreß von Biüfsel, Dr. Boediker den Delegierten der übrigen Staaten zugerufen hat: ,^n voiturol sn vaituro!" Auch Herr Madllleau mußte, wie da» der Exsozialtft und ehemalige Hanbelsminister Millerand getan hat, die deutsche Hegemonie sachlich billigen; er suchte ein Kompromiß au» Brrstcherung»- zwang und Wahlsreiheit zwischen de« Versicherung»- wegen. Die Formel ist nicht neu; sie ist schon 1902 von dem Franzosen Paulet, der auch »n Wien zu gegen war, auf dem Düsseldorfer Kongreß in äußer licher Dialektik begründet worden. Zu der Wirkung, daß die dreifache deutsche Versicherung gegen Unfall, Krankheit und Invalidität, auch in Wien sich behauptet hat, hat Herr Millerand in porscrn» wesentlich beigetragen. Er hat auSgeführt, daß, wer an der tiefen An hänglichkeit der deutschen Bevölkerung für das Ver sicherungswerk zweifle, überhaupt nicht m Deutschland ge wesen sein müsse. Der «kolossale" Organismus ruhe aus einer Erfahrung von 15 Jahren; er habe den .Pauperismus" in Deutschland gemäßigt, seine Unvollkommenheiten »eien nebensächlicher Natur. Daß er Finanzlasten erfordere, sei telbstoerstäudlich. Für Frankreich scheint Millerand die Trennung der Invaliditätsversicherung von der Alters versicherung und ihre Ueberlassung an die mutualistischen Vereine diskutabel, aber nur wegen seiner sozialen Konstitution, die Deutschland- Staat und Deutschlands Mafien nicht kennt. Man wirb mit Aufmerksamkeit zu verfolgen haben, wie Millerand in der gesetzgeberischen Praxi« seinen deutschen Aufenthalt verwerten wird; daß seine Einsicht von der deutschen sozialdemokratischen Presse beachte» wird, ist nicht wahricheinlich, denn sie hat seinen Besuch nach Kräften verschwiegen. vsr englische Frien. Ueber die Stellung des Deutschen Reiche» zur Publikation de» englisch-japanischen Vertrages ist in der «Kölnischen Zeitung", die autorisiert sein dürfte, zu lesen: „Es herrscht darin volle Uebereiustimmuug, baß die Wahrung der territorialen Unverletzlichkeit Chinas der beste Weg ist, alle Streitig!eiten auS dem Wege zu räumen, die entstehen muffen, sobald jemand versucht, Soudervorieile für sich zu erreichen, welche die Selbständigkeit de» Reichs der Mitte verletzen. Man darf allerdings sagen, baß sich nicht sehen läßt, wer in der nächsten Zeit Luft haben sollte, an der bestehenden Ordnung der Dinge in Ostasten zu rütteln, aber trotzdem bietet da» Bündnis eine neue feierliche Gewähr für die Ruhe und deu friedlichen Wettbewerb des Handel« und der Schiffahrt. Deutichlanv hat so ost seinen ernsten Willen kundgetan, diese Bahnen zu wandeln, daß Fürst Bülow, als ihm gestern der japanische Gesandte, wie eS früber schon von.eog- lilcher Seite geschehen, amtlich den Inhalt de« neuen Bündnisse« mitteilte, namentlich in diesem Sinne sich über die Ziele dr« asiatiichrn ZweidundeS Hal äußern können. Jede« Volk soll een Platz an der Sonne er halten, den e« sich durch seine kulturelle Arbeit erwirbt, nicht der Soldat, sondern der Kausmann soll sich im fernen Osten beteiligen — da» ist der Sinn, in dem wir dieses Bündnis aufsaffen." AuS dem Chor der Londoner Presse, der diese Interpretation der Kiauttchoupolttit nicht glauben und an das deutsch-englische Ehtnaabkommrn von l900 nicht erinnern wird, sind weitere Erklärungen hervor zubeben. Da» Abendblatt «Star" schreibt: „Wir stimmen mit den „Time-" darin überein, daß der Vertrag eine ernste Abweichung von der traditionellen Politik GroßbritannienS bebeutet. Wir baben bisher unser Gebiet stolz mildem eigenen Schwerte geschützt. Der Mittag ist vergangen, am Ende eine« imperialistischen Regime» ist die römische Unabhängigkeit England» endlich aufgegeben, e» hat sich heradgelafien, für den Frieden und Bestand de- Reiche- fremde Sicherheit zu suchen ober anzunehmen. England hält Indien nicht länger durch alleinige Stärke seine» eigenen rechten Arme». Der durch militärische Probleme gequält« müde Titane wendet »eine ermüdeten Augen der jungen Macht Japan» zu. Japan wird zu Hilse kommen, wenn Rußland Indien angrerfea tollte. Die Tatsache, daß diese Gelahr in lächerlicher Weise ferner liegt al» je, vermindert unser« Demütigung nicht. Bei tausend Alarmsällen, al» die Tüchtigkeit von Rußland- Legionen noch eine ungeplatzte Seifenblase war, Haden wir die Pforte Indien» allein bewache» können. Nun da Rußland in tiefste Ohnmacht gesunken ist, geben unsere Nerven »ach. Wir wende» u»» schwäch lich um Schutz zu einer gelbe» Rasse." Di« „Westminster Gazette" schreibt: „Wir hoffe» sehr, daß Ruß land Laasdo»»«« Mitteilung an deu euglische» Bot schafter i» Petersburg, worin er erklärt, bi« Ziel« der britische» Regierung seien rein friedlich »ad keia«»wegs den russischen Äntereffe» feindlich, gut ausgenommen habe» wird. Wie aus emer Fußnote hervorgrht, wurde eine gleichlautende Mitteilung auch an den «nglischen Botschafter i» Paris ge schickt. W»r hoff,» nicht daraus schließ,» zu lalle», daß »ich» auch »ach Berti» eine Depesche geschickt ward«, ist, welch« der deutschea Regierung paffend, Erklärungen gibt. Wir habe» »ürttich g,sehen, was für uuliebsame Folgen entstehen könne», wen» solch« formelle srruadltche Mit- teilunge» eines urura Abkommens »ater bleiben. Deutsch- laadlaad als virrk. Mach» »it Interessen t» Ostastr» ist, wie wir Haffen, gehörig informiert morde».' Der „Morniug Leader^ schreibt: «Wir können aicht riosrbe», warum die Anerkennung von Englands Herrschaft über! Indien, bas es schon fast 200 Jahre besetzt hält, ein voll ständige- Aequivaleni dafür sein sollt«, daß Japan der! Besitz Koreas garantiert wird, für dessen Integrität Eng land der Welt gegenüber vor drei Jahren so lebhafte-, unerschöpf liche« Interesse zeigte." Der „Telegraph" meint, die Worte «militärische Maßregeln in der Nähe der indischen Grenze" seien vielleicht absichtlich ungenau gewählt, damit kein Anschein einer Drohung darin enthalten sei. Alle Welt wisse aber, daß diese Nähe Afghanistan, Geistan, sowie dre südliche Hälfte Persien« bedeute. Vielleicht könne England jehl noch durch ein Einvernehmen mit Rußland zu größerer Präzision in diesem Punkte komme». I»l übrigen wird lins au« London noch geschrieben: Für den parteipolitilchen Sinn der Preßagttalioa um Lans- bowne« astatische Politik ist ein Artikel der «Morniugpoft" bezeichnend, die verlang«, England müsse nunmehr odae Säumen seine Heer««reform vollziehen. Dl« andere Seite vertreten dir „Daily News", die ganz erbittert sind und sagen, diese Tat de« Ministerium- Balfour, da« in den letzten Zügen liege, sei ein Akt der Kapitulation England«, und niemand habe eine Garantie dafür, ob der Erfolg die Schärfe der antirussischen und antideutschen Tendenzen rcchlsertige. Der Termin der Publikation und sein Zu sammenfall mit der Erwerbung der Klotteustation von Singapore haben den Argwohn erweck», daß Balfour nun doch für den späten Herbst konservative Neuwahlen inszenieren möchte. Herr Chamberlain wird andere Mei nungen haben; denn er baut für seine Tarifreform auf Australien, und diese«, das den verbündeten Japanern die freie Niederlassung keinesfalls gewähren würbe, mag nicht sehr entzückt sei». Der „Standard" hat sich, außer dem Artikel ve« Sir Charle« Dille, drei Leitartikel geleistet, die er schließt, daS Abkommen gebe durch die in ihm summierten Streitkräfte eine Sicherheit, die „freundlichen" Nachbarn nur erwünscht sein könne. Denn der „Standard" bringt allen Ernstes Tabellen, die britische und japanische Mariae und Landmacht gegen die übrigen Staaten aus- ipielen. Frankreich, Rußland und Deutschland sollen 94 Schlachtschiffe gegen 69 der Verbündeten besitzen, während Gioßbrttannren und Japan an Panzerkreuzern sehr überlegen sind. Die l 132 529 Mann britischer und 1 000 000 japanischer Truppen werden zu 2 132 523 Mann addier»; Rußland bälte 4 550 000, Deutschland 4 017 977, Frankreich 3 339 400 Mann. Der Admiral Sir Cyprian Bridge sucht zu demonstrieren. Französisch-Indochina und Hollandisch-Indien seien nie besser geschützt worben. Dem entspricht die arglose Sentenz des japanischen Botschafter- Hayas hi, ver von einer „sure guurantse ok pe»ev" erzählt. ?»IMrck>e Lagerrcbau. . Leipzig, 28. September. Ter Arbeit-kampf in »er MektrtzitStStnvuftrie. In der Berliner Elektrizität-industrie spielt sich ein Kampf zwischen Unternehmern und Arbeitern ab, dessen Folgen sich durch das wahrscheinliche Uederspringen dieses LohnkampseS auf andere industrielle Gebiete noch nicht übersehen lassen. Vorläufig ist das Eine sicher: Kommt bi« zu Sonn abend eine Einigung nicht zu stände, so werden durch die — infolge eines partiellen Streiks einzelner Arbeiter gruppen — bedingte Aussperrung gegen 40 000 Arbeiter brotlos. Die Maßregel der Au-sperruog der Arbeiter in der Elektrizitätsindustrie würde daau weiter mit einem Streik der Arbeiter der Maschinisten and Heizer der großen Berliner Kraft- und Lichtzentralen beantwortet und hieran sich wieder die Schließung anderer großer Maschinenbetriebe anschließen — kurz, es stehl eine Art Massenstreik bevor. — Der Ausgangspunkt dieser Bewegung ist die erhöhte Lohnjorverung der Packer- und Lagerarbeiter bei der All gemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft und die der Schrauben dreher bei Siemens und Halske. Die Forderungen wurden anfänglich abgelehnt, woraus jene Arbeuergruppen in den Au-siand traten. Die genannten Firmen erklärten sich jedoch zu Verhandlungen bereit. In ihrem Verlauf erhöhten, wie von feiten de- „Vorwärts" selbst zugestanden wird, die Direktionen jener Firmen ihr ursprüngliche- An gebot und boten den Schraubendrehern statt der zunächst zugebilligteu 5 Proz., 7'/, Proz. Lohnerhöhung für eine Anzahl von Positionen, sie gestanden de» Arbeitern einen gewissen Einfluß bei dr» Tarispositionen zu, versprachen, unbedingt keinen der Streikende» oder Ausgesperrte» zu maßregeln — und dennoch lehnten die Streikenden all« von der Direktion gemachten entgegenkommenden Vorschläge ab! — Die Elektrizitätswerke sahen sich in dir Notwendigkeit versetzt, die Einstellung ihrer Betriebe deshalb anzukündigen, weil durch den Streik der Packer- und Lager arbeiter wie der Schraubendreher Expedition wir Herstellung der Waren unterbunden war. E» schien, al« sollte m voriger Woche noch eine Einigung herbeigeführt werden können; die Streikenden und Ausgelperrten wollten erst den Schluß de« Jenenser Parteitages abwarltn, um endgültige Stellung zu nehme«. Da« Ergebnis war: Obwohl die «Führer" der Streikende» alle- taten, um den Streik beizulegen und die AuSstLndigrn zur Annahme der Angebote der Direktionen zu bewegen, wurde dennoch da« Ultimatum der letzteren abgelrhnt, und somit steht — wenn bi- Sonnabend keine Einigung erfolgt — die Aussperrung von etwa 40 000 Ar beitern bevor. — Um eine Lodnfrage handelt e- sich aber gar nicht mehr, wie heute der «Vorwärts" eingrsteht, sondern um die Machlfrage, welch« ähnlich auch dir frühere» Aus stände i» der Metallindustrie hervorgerufrn hat. Wie damals, so stellt auch jetzt die Sozialdemokratie «inen großen allge meinen Streik ver Metallarbeiter nicht nur Berlin«, sondern ganz Deutschland» in Au-sicht, wenn im Laus« dieser Woche nicht da« Gewerbegerichl da« Amt der Einigung übernimmt und zustande dring». Di« Bemrgung soll auch di« Greinen Deutschlands überschreite»t nach sozialdemokratischer M,t- leiluag habe» bereits di» Arbeiter der Londoner Filialen der Firme» von Siemens und Schuckrrk ihre Solidarität mit den Berliner Kollegen erklärt, und werden «deofall« streik,» l l Weiche «eiteren Kr,is« der Ausstand und h,e Aussperrung o»r El,ktr,z,täts- und Metallarbeiter nach sich ziehen kann, I läßt sich, wie gesagt, noch nicht vorausbrstimmen. Ader v,e Sozialdemokratie rüstet sich anscheinend aus einen langen und umlassenden Streik, der namentlich die Reichshauptstadt vor die Erfahruug mit einer Zeilepoche ohne die modernen Hilfsmittel der elektrischen Kraft stellen soll. Danach würde neben dem Versiegen der elektrischen Lichtquellen auch der gesamte Verkehrsbetrieb »n« Stocken geraten. — Die Hinter männer, welche bisher die Verhandlungen zum Scheitern brachten, laden die schwerste Verantwortung auf sich, wenn bis Sonnabend keine Einigung zustande kommt. Ter Aufstand In Teutfch-Vftafrtka. Die Nachricht von den blutig abgeschlagenen Angriffen der Wapogoro aus die Station Mahenge ist nicht direkt, sondern aus dem Umwege über Iriaga und Nilopa nach der Küste gelangt. Damit wird, wie man den „Hamb. Nachr." schreibt, bestätigt, daß di« sett längerer Zeil unterbrochene Verbindung zwischen Mahenge und Jringa wieder bergrltellt ist. Bereit« bei der Meldung von den Kämpfen, die die Kom pagnie de» HauptmaonsNigmaon in den Halbweg« zwischen beide» Stationen gelegenen Utschungwe - Berge» zu bestehen hatte und nach denen die flüchtigen Aufständischen in der Richtung auf Ijakara — richtiger wohl Katarr« am Ulangafluß — verfolgt wurden, war hervorgeboden, daß Hauptmann Nig- mann die Verbindung mit Mahenge suche. Sie scheint nun über Fakarra herbeigesührt zu sein. An diesem Ort führt eine Fähre über den fast 200 m breiten Ulanga oderKilombero, einen Quellsluß des Rufidji, der die BezirkeIringa unbMahenge von einander trennt. — Die Wapogoro (auch Upogoro), deren Angriffe Hauptmann von Hassel in Mahenge zurückschlug, gehören zu den Stämmen der Suaheli und bewohnten unter der Herrschaft de« Sultan» Mlongola eine Reihe von Inseln in Ulanga, sowie die angrenzenden Gebiete. Die Suaheli haben, wie wir der „Kreuz-Ztg." entnehmen, ihren AuSaangS- punkt von den dem Sultanat Witu vorgelagerten Inseln Lamu, Manba und Patta genommen, indem sie dir Ostküste besiedelten. Dort fand dann eine Vermischung mit den ursprünglichen Küstenbewohuern statt und nur einzelne Stämme wie die Wapogoro drangen weiter in» In nere vor. An der Küste haben sie vollständig die arabische» LebenSgewohaheiten und Tracht angenommen und sind meist Handelsleute und Karawauenführer geworden, während st« >m Innern großenteils dem Ackerbau sich zugewandt habe«, zum Unterschiede von den meist nomadisierenden au- Südes vorgedrungenen Zulustämmen, wie den Wahehes bei Iringa. Die Suaheli- (auch Wasuahelis genannt) an der Küste gelte» al- harmlos und leichtlebig, im Innern möge» st« durch di« umwohnenden Stämme in die Bewegung hi»eingezogea sei». Bei der jetzigen Auistaad-bewegung ist die augenblickliche Anwerbung für die dortige Schutztruppe von besonderer Wichiigkrit.. Der «Köln. Ztg." wird darüber «,»geteilt: Da« Gouvernement beabsichtigt, 300 Farbige au» A-kari i» Mafia»« anzuwerbeu. Man hofft hierbei weniger rein« Sudanesen, al» Halbaraber und christliche Abessinier zu be kommen. Vereinzelt sind in den letzten Jahren mit arabischeu Dhau» au<h ohne Anwerbung schon christliche Abessinier in Dculsch-Ostafrika emgetroffe». E» wurde» z. B. in die Polizeitruppe zu Tanga durch den dortig» Bezirksamtmann vor N/, Jahren drei Abessinier al» Soldaten eingestellt. Zur Durchführung der Anwerbung fuhr Anfang September der Major v. Schleinitz nach Mafia», und englilche» Zeituog-oachrichte» zufolge hat er dort schon erfolgreich mit der Anwerbung begonnen. Je mehr tüchtige farbige, in Ostafrika nicht heimische Soldaten unsere Schutztruppe erhält, desto zuverlässiger wird sie erfahrung»- gemäg bei ihrer Verwendung gegeu die Eingeborenen sein. Es muß hierbei allerdings darauf gesehen werden, daß mohammedanische Soldaten nicht der Propaganda de« J-lams bei den.ostafrikauischen Negern Vorschub leisten und überhaupt nicht einen zu erheblichen Bestandteil der Schutz truppe bilden. Abgesehen von de» Ausgaben sür die An werbung, tosten die elngeführten Soldaten der Verwaltung nur etwa 60 Rapien für deu Kopf jährlich mehr al- die Eingeborenen. ZnRfche verfti»»>«n,en. Aus Calcutta, vom 30. August, wird uns geschrieben: Durch den Plan, die Provinz Bengalen zu teilen, werden die Leute hier noch fortgesetzt in Aufregung erhalten. Soweit aus den bekannt gewordenen Drabtnachrichien zu ersehen ist, macht Herr Brovrick den bisherigen Vizelönig Lord Curzon für diese Absicht verantwortlich. Wen immer die Ver antwortung für einen solchen Plan treffen mag, Tatsache ist, daß er Kundgebungen veranlaßt, die zu einem sür England unerfreulichen Ergebnis führen können. So wird zum Beispiel Stimmung dafür gemacht, alle aus England eingeführten Waren in geschäftlichen Verruf zu erklären. ES ist freilich recht zweifelhaft, ob diese Maßregel desondrlS ernst zu nehmen ist, denn rer Eingeborene «st zwar mit wortreichen Kundgebungen leicht der der Hand, er weiß aber dabei sehr sorgsam zu erwägen, wo sei» Vorteil liegt. Aus diesem Grunde ist eine zweite Absicht, wenn sie planmäßig durchgefüdrl wird, schon bedenk licher. Die Eingeborenen wollen die «uropäischeKleidung gänzlich ausgeben und zu der allen heimlichen Tracht zurückkehrrn, die unter dem Namen ,Dhol>" bekannt ilt. Dar aus konnten die Baumwollspinnereien »n Cawnpore Nutzen ziehen. Der „Pioneer" vom 26. d. M. sagt darüber unter anderem, daß unter den in Cawnpore hergestellien Erzeug nissen Dhoti einen ganz hervorragenden Platz einnehme. Tausende von Ballen werden dort jährlich verkauft. Werde nun diese luftige und geschmackvolle Kleidung von den Bürgern einer großen Stadl wieder getragen, so sei m hoffen, daß die Webstühle m Cawnpore wachfende Beschäf tigung erhielten. Der Nachteil für de» riesigen englischen Import von Klerduag-stücken aber liegt auf der Hand. Vrukrcftrr Keicb. Letp»«n, 28 September. * veketsiqun» Des K»nt,s ttn Vschfe». Der Prozeß wegen Beleidigung de« König« von Sachten durch die Presse, der seit Anlang dieie» Jahre« gegen den sozialdemokramchrn Redakteur und Lanvtagsabgeordnelen K«,l anhängig m wird nunmehr, wir die „Schw. Tgw." miltettt, am 2. Ok
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