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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 21.09.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-09-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19050921027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1905092102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1905092102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-09
- Tag 1905-09-21
-
Monat
1905-09
-
Jahr
1905
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(Siehe Deutsches Reich.) * König Eduard wird zu Anfang des nächsten Jahres den: König Alfonso eineu Gegenbesuch abstatten. * Der „Daily Expreß' meldet aus Petersburg: Auf den Prinzen Louis Napoleon wurde gestern, als er im Wagen fubr, ein Schuß abgefeuert. Der Prinz wurde nicht getroffen; der Attentäter ist entkommen. * Kaiser Menelik von Abessinien hat seinen Neffen Ligg Manu zum Negu« von Caffa und Thronerben von Aethiopien ernannt. * Kuropatkin ist im Begriff, die Mantschurei zu ver ¬ lassen und sich direkt nach Nauheim zum Kurgebrauch zu begeben. * Der japanische Legationssekretär Sato ist^ für den Washingtoner Gesandtenpoften ausersehen, falls Takahira diesen verläßt. Vie Hittlvanaelllng «tri «äcdrircben Inüurttie. Die Klagen über den geringen Wert der neuen Handels verträge, speziell sür die sächsische Industrie, sind nickt neu. Auck im Bericht der Dresdner Handelskammer kehren sie wieder, und zwar mit berechtigter Schärfe. Wohl erkennt die Kammer den Vorteil an, der darin liegt, daß Handel und Industrie aus zwölf Jahre im Verkehr mit den benachbarten Ländern Mit festen Zollvechältnisien rechnen können, aber sie spricht auch ebenso offen aus, daß die neuen Verträge, abgesehen von den Verbesserungen und Erleichterungen bei der Zollbebandlung selbst, der deutschen Industrie kaum irgendwelche Borieile bringen, und laß der höhere Döllschütz, den die deutsche Landwirtschaft in den neuen Beiträgen erlangt bat, durch Preisgabe wichtiger iupuiirieUer Interessen unnöiig teuer erkaust worden rst. stur die Industrie ist im ganzen daS Resultat der neuen Beiträge eine Reihe von Erschwerungen im Verkehr mit dem Aus lände und gegenüber der auswärtigen Konkurrenz. Beionders erfreulich ist es, daß die Dresdner Handels kammer es nicht bei der bloßen Klage bewenden läßt, sondern auch den Gründen nachgebt, weSbatd bei den Handels» verlragsverhaublungen von den deutschen Unterhändlern nicht mehr erreicht wurde. Und da hebt der Bericht mit Recht hervor, daß die Schuld zum Teil au dem Instrument liegt, daS den deutschen Unterhändlern mit aus den Weg ge geben worden ist, an dem autonomen deutschen Zolltarif Es ist sehr dankenswert, daß dies einmal Ilipp und klar in einem offiziellen Bericht von sachverständigen Leuten hervor gehoben wirb, denen gewiß leine Einseitigkeit des Urteils nachzusagen ist. Wie erinnerlich, wurde schon in der Zeil der Zolllarisdebaitrn von 1901 von liberaler Seite hervor gehoben, die Rüstung, den man den deutschen Handels- vertragsunterhändlern umhängen wolle, sei so schwer, daß sich in ihr überhaupt nicht lämpsen lasse, und Deutschland müsse insolgevessen unbedingt den Kürzeren ziehen. Dagegen wurde von gegnerischer Seite eingewendet, die Zollsätze seien nur deshalb so hoch angesetzi, damit sie als KompensatlonSobjektt dienen und möglichst viel von ihnen „abgehandclt' werden könnte. Daß die andren Länder an gesichts des deutschen Verfahrens den gleichen Weg ein schlagen und auf diese Welse Paroli bielen würden, daran dachte man nicht oder wollte cs nicht einsrhen, und so lam ,eneS Tarisniünstrum zustande, dessen Folgen durch die Handelsverträge nur zu einem kleinen Teile gemildert, aber tcineswegs ganz abgewendet werden tonnten, sich vielmehr noch Jahre lang schwer fühlbar machen werden. Die Schuld tnffl natürlich in erster Linie die Parteien, dir im vorigen Reichstag bei den Zoll- tarisdebatten von 1901 die Mehrheit bildeten. Auch aus natioualliberalcr Seite muß man es heute mehr und mehr einseben, daß es ein schwerer Kehler war, sich von der Rechten und dem Zentrum INS Schlepptau nehmen zu lassen und sich bedingungslos aus die Regierungsvorlage sestzulegen. Halle man mi Winter l 901/2 schon bündig, aber fest von national- liberaler Seite erklärt: „an den Grundlagen unserer Handels verträge darf nicht gerüttelt werden, über Abänderung ein zelner Positionen wird sich eme Verständigung erzielen lassen', so wäre der ganze neue Zolltarif wohl gar nicht aus der Bildfläche erschienen. Ein einfaches Avdilioosexempel hätte den verbündeten Regierungen gesagt, daß sie gegen eine aus Nationalliberalen, den freisinnigen Parteien, den Sozialdemokraten, sowie den intransigeant agrarisch gesinnten Elementen der Kouservatioen und deS Zentrums bestehende Opposition nicht durchdringen könnten. Em großer Leit der Schuld liegt aber auch am Zentrum, das sie natürlich hinterher von sich adzuwälzeu bemüht ist und nicht Wort haben will, daß der neue Zolltarif lind die darauf beruhenden neuen Handelsverträge dem deutschen Handel und der deutschen Industrie Nachteil bringen. Als vor kurzem der Verband sächsischer Industrieller eine Umfrage unter seinen Mitgliedern über die voraussichtlichen Wirkungen der neuen Handelsver träge veranstaltet hatte und einige der «ingegangeuea ab fälligen Urteile veröffentlicht wurden, war man im Zentrum aan; aus dem Häuschen. Die „Germania' brachte zwei längeie Artikel, dre sich mit dem Schein gründlicher Sach- kenniniS umgaben und einige der veröffentlichten Antworten arg zerpflückten. Daß e- aus Grund völlig falscher Vor aussetzungen und Schlußfolgerungen geschah, lag nicht ohne weiteres klar zu Tage, au« dem emsacheu, von dem ZenirumSblatt auch selbst einmal angeführten Grund«, weil eia« fosortige Nachprüfung hier sehr schwierig und für «uutch«, v«m das Mawrial nicht »hu, weiter«« ur Gebote steht, sogar unmöglich ist. Um so schärfer muß aber diesen unbegründeten, ja geradezu leichtfertigen Behauptungen entgegen getreten werken, und ver Verband läcksiscker In dustrieller hat denn auch der „German a" die gebührende Antwort nicht vorcnthalten. Prüft man nämlich die Anolassnngeii des Zentrumsblaites aus ihren inneren Gehalt, jo zeigt sich, dag die Arbeits losigkeit, die eö den sächsischen Industriellen verwirft, nicht bei diesen, Wohl aber bei der „Germania" zu finden ist. Daß sie nur ganz wenige Auslastungen entdeckt bat, die ihr Angriffspunkte bieten, während eiwa Uä0 Antworten vor liegen, sei nur nebenbei eiwäbnl. Ebaraklensti'ch ist aber die Art und Weise, wie daS Blatt sich die Antworten für seine Zwecke zurechtlegl und es tertig bringt, die Antwort eines Fabrikanten sür sich zu verwerten, ter zwar mit er wähnt hak, baß die Zölle aus jeincn Artikel (AnjichtS'arteN) bei einzelnen, von Dcnischland industriell abhängigen Ländern Wohl voni Verbraucher getiagen werden wurden, im übrigen aber schreibt: „Diese enormen ZolleiHöhungen sind doch ohne Zweifel ein weiteres Hindernis jür die stärkere Ausfuhr und in der allgemeineren Verwendung der deut scheu Produkte." Wie man einen so urteilenden Industriellen als nut den Handelsverträgen „zufrieden" bezeichnen tann, ivcitz die „Germania" wohl nur allein. Dabei nennt sie Flb.l den Herrn ausdrücklich „ur teilsfähig'. Die übrigen Angriffe des genannten Blattes bewegen sich auf dem gleichen Niveau und zeigen in ähnlicher Weise, daß eS auch nicht im enlsernteneu eine Ahnung voni praktischen GeschaftSlebeu und den Preisberechnungen des industriellen Exporteurs hat, der sehr hänsig nur durch einen Massenexporl überhaupt lohnenden Verdienst findet und deshalb ost von Zollerhöbunaen i'.uwer getroffen wird, die Laien nur ganz unbedeutend erscheinen, da sie sich im Klcinvertauf dem Konsumenten ^egenüver nickt lnölbar machen. Die „Germania" Hal zwar sehr six ausgerechnet, daß z. B. bei Ansichtskarten die Erhöhung des ö'lerreicki chen Zolles von 43 aus «>5> Kronen per Ion ans da - ölück noch nicht ganz i Pfennig auSmacki, sie bat aber nickt bedacht, daß diese Erhöhung bei einer Sendung von hnndeittausend Stück 100 -ett beträgt und den Verdienst derartig schmälert, daß der Export sehr lewen muß. wen er e.nsach uichi mehr rentiert. Das Zcnlrumsblait dagegen folgert ein- sach aus der geringen Beiaslnna des einzelnen Sluck,, dag dem Auösprucke res Industriellen von der Schädigung des Geschäfts durch diese Zvlln Höhung tein Glaube belzumesseu lei. Den gleichen „Werl" besitzt die B.'hanpiung desselben Biatles, die Eihöhiing des vster- rcichischen Zolles ans ^eise macr- aut das Pfund nur etwas mehr als einen Pfennig aus. Slimml ausiallent, aber dieser eine Psennig vernichtet nack dcm Urteil der Industriellen den Export nach den Vernags!ändern völlig, ^miial die deutsche Hausieiicnittdustrie tchou setzt laum noch exportfähig ist. Dies gilt nicht nur für die Venraistänver, jondeiu auch tür die übrigen, soweit sie uni uns nu Meislbegünsligungs- verhältnis sieben und dadurch die Veitragsiarife bean'prucken können. Man mag übrigens nehmen, welche Indnstriegruppi. mau will, teine einzige erwartet VoneUe von den neuen Handels verträgen, alle sehen recht trübe in die Zukunft, und man kann es tatsächlich den ffabritanlen nicht veidenken, wenn sie, wie einer sich ausdrückt, „v>.e Klappe zumachen" und ihre Fabriken in die Länder verlegen, nach denen sie bisher am meisten exportiert haben, „aus die wohltätigen Agrarier aber für Hungcrlöhue einige tausend Arbeiter mehr abgeschoben werden, die fetzt anständig zu verdienen gewöhnt sind!" Zsriaiae«s8raii5ckrr . artrilag. Von unserem eigenen Berichterstatter. i). Dr. 0. Jena, 19. September. AnS dec Diskussion über den VorUandSberickt sei nur Einzelnes hcrvoraehoben, was auch sür weitere .Kreise von Iuier- ejse ist. In Mainz habe» die Griioisen bei den ckememdewablen Mit den Nationalllberaleu gegen daS Zentrum lompromisselt, in dem nahen Darmstadt bekämpften sie umgekehrt die Nnlional- tiberalliberalen in gemeinsamer Lisi» mit den anderen Parteien. Dafür gabs im Vorüanoebecicht einen leisen Tadel, gegen den wiederuin die Delegierten der beiden Orte sich zu rechtfertigen suchen. Allerdings ohne Erfolg, wie der Beifall beweist, mit dein ihnen der Abg. Scheidemaun Gaffel) entgcgentlitt, der unter anderen einen Wahlaufruf „der vier liberalen Parteien' von Mainz verliest, worunter die Nationalliberalen, freisinnigen, Demokraten — und die Sozialdemokraten verstanden sind. Auch Dr. David bringt es nicht fertig, dem Parteitag diesen sozialdemokratischen Liberalismus schmackhaft zu mache». — Im Nebligen wird über alles Mögliche und noch einiges andere geredet. So über die polnische Sonder organisation. die sich noch immer nicht mit den deutschen Genossen einigen will; über die Fleijchnot. wobei Dr. Südekum be sonderen Wert auf die Kommunalisierung der Fleüchverjorgung legt und der badische Lanvtaasabgeordnete Kolo die Agitation für die Konsumvereine empfiehlt. Eduard Bernstein begründet in seiner unklaren Manier redaktionelle Aendrrungen an einer der Resolutionen. Lr spricht dabei die Erwartung aus, daß in dem künftigen englischen Parlament uundestenS LO, vielleicht sogar öO Arbriterabgrordnete sitzen werden Dr. Michels-Marburg wies auf die Bedeutung der Erklärungen an die französischen und englischen Genossen hin, dafi die deutschen Arbeiter den Frieden erstreben und alle Mittel in Brweaung fetzen wollen, den Krieg zu verhindern. ES müsse aber auch in der Er klärung auSgelprochrn werden, daß, angesichts der wirt'chastlichen Verhältnisse, der Arbeiter nur soziale, aber leine nationalen Unter- schied« kenne. Wenn die Arbeiter erklären: „Wir machen den Krieg nicht mit," dann werden r« sich die Regierungen nicht dloS zweimal, sondern dreimal überlegen, ehe sie einen Krieg ansangen. Andere Redner bringen noch den Wunsch zum Ausdruck/ daß von nun an mehr Wert auf di« Gründung von Rednerschulen und Agitatton«kursen gelegt wrrde. Auch an KaulSkyS Behauptung io der „Neuen Zett, daß di« Partei zwar eine große Zahl von engeren Anhängern bad«, aber keine klar durchgebiidete, wurde er innert. Es ist doch schlimmer damit geworden, sagt ein Redner, in der heutigen Zett. Wir haben mit der Zeit nicht Schritt ge halten. D« Nachwuchs wird noch nicht genügen, für Vie sozialdemokratisch« Idee vorzuberriten. Wenn un« die Jugend gehSrt, gehört un« di» Welt. Sie müssen wir systematisch zum Sozialismus er»ieh«n. In unserer Bewegung werden viel« gebraucht. Dir Gewerkschaften nehmen un« viel brauchbare« Material fort. Auch ausklärend« Broschüren, bi« di« pratttichen Zill« de« Gozialttmu« tlarlegeu, sollen zur Verbreitung kommen. Wieder andere Genossin treten dafür ein, daß mehr für die Parteipresse ausgewendet werden müsse, damit sie auch in der Lage iri, sich der Neuzeit entsprechend auszugestalten. Eine Agitation mit Flugblättern würde nie den Erfolg Huben, wie die durch die Presse Auch müsse die Koinvromisserei und die Hascherri nach Mandaten nicht ins Uferlose gehen. DaS schädigt die Bewegung. Wir können die Mandate sür die Folge nur erhalten, wenn wir sie ans eigener Kraft erringen. In einem Schlußwort ermahnt Mölkenbuhr nochmals unter stürmijchem Beifall, man solle zuerst daran denken, die Gegner niederzukämpfen, bevor man untereinander kämpfe. Ueberhaupt scheint aus dieicm Parteitage die Stimmung gegen die Ltteralur- zäutereien sehr stark und die Radikalen werden froh genug sein, durch die Kommiisionsbehaudlung der „BorwärlS"-Frage fürs Erste einer öffentlichen Verurteilung durch den Parteitag entgangen zu lein. Der heutige Berhandlungeiag brachte im Ganzen ebensowenig Interessantes od-r gar Bedeutsames wie der erste. Die bereits er wähnten Resolutionen über die Flrischnot, über das Redeverbot gegen InulvS und über die Erhaltung des Friedens mit England werden selbsiverslnnölich angenommen. Den Schluß macht der Bericht über die Tätigkeit der Reichs- ta gssr aktivn, den der Abg Förster erstattet. Der eigentliche Bericht ist längst im Druck erlchienen, so daß dem Genossen Förster nichts übrig bleibt, als eine ganz allgemeine uni/ höchst inhaltslose BoltSversammluttgSrede zu halten. Da ihm aber kas hierzu nötige Bolt'sversammlungsvrgan durchaus abgeht, so hört ihm bald lein Mensch mehr zu. Delegierte und Berichterstatter sinken mehr und mebr in Schlaf. Ter Vorsitzende hat gerade noch die Kraft, den Parteitag auf morgen zu vertagen. politische Tagesschau. Leipzig, 20. September. Die Essener Reichstagswahl. Wie schon aus einem unter oen letzten Nachrichten,unserer Morgenausgabe veröffentlichten Telegramm zu schließen war, ist die Wahl, in Ellen am gestrigen Tage so ausgegangen, wie wir in unserem Leitartikel am Montag abend be- surchtekeu: e-ö kommt zu einer Stichwahl zwischen dem Kan didaten des Zentrums GiesbcrtS und dem Sozialdemokraten Gewehr. Jener erhielt 35 478, dieser 28 532 Stimmen. Für Tr. N i < ui eher snatl s wurden 17 873, sür BehrenS sEhr.-Soz.j 2196 und jür den Polen Chociszewski 1722 Stimmen abgegeben. Dazu kommen ca. 140 ungültige und zersplitterte Stimmen. Vergleicht man diese Zahlen mit denen von 1903, so ergibt sich, daß das Zentrum sdamals 351201 nur 819 Summen mehr erhielt, ebenso der Pole sda mals 1589j nur 133. Dagegen verloren die nationalen Par teien, die lick ans Dr. Niemeyer geeinigt hatten, 2946 Stnn- meu sdamals e-ckie!:en sie 20 819s, em Verlust, der wesentlich den christtichsoziaie« Quertreibereien zuzuschreiben ist. Daß aber der chrrstlichsoziale Kandidat selbst trotz der angestreng testen Agitation doch nur 2196 Stimmen erhielt, zeigt, daß er mit seiner Kandidatur wohl den nationalen Parteien schaden, aber sich leibst nicht einmal einen Achtungserfolg sichern konnte. Ausicrordenlltch lumerkenstvert ist dagegen an diesem Wahlkampfe das starte Wachstum der Sozial demokratie. Ihre Summenzahl stieg von 1906, wo sie 22 773 bnrug, mn 28 532, also um säst 6000 Stimmen! Eine maß lose, Ausnützung der hohen Fleischpreise und der noch vom BergarbeliersUeik nackzitterndcn Erregung haben diesen Er folg gezeitigt, den ersten und vereinzelten, den die Sozial- dcmolrmie feit 1903 bei Ergänznnqswahlen zum Reichstage mnzuweisen vermag. Das internationale uulitarffnjche Manifest. W>e em unwilliger und zugleich selbstbewußter Protest gegen die Forderung, den „PonoartS" jemes Charakters als Zentralorgan zu entkleiden und ihn zu der Rolle des primus inlvr purvo zu degradieren, nimmt sich eine Ver öffentlichung aus, die der „Borwärls" am Eröffnungs tage der Jenaer Jahresversammlung der Sozialdemo kratie gebrach: hat. Unter dem pompöfen Titel „Weltfriede und Proletariat ' werden auf Grund einer Umfrage, die das Zentralorgan „her hervorragenden ausländischen Parlei- genoffen und auch oeremzelten radikalen Intellektuellen" lxn anflellcil lassen, Acnßerungen einer Anzahl mehr oder weniger bekannter Politiker über die „Pflicht und Möglich keit des Proletariats zur Erhaltung des Weltfriedens" bekannt gegeben. Es sind einige Antworten erheblich anders ausge fallen, als sie Parteileitung erwartet haben mochte. Der Engländer H. M. Hhudmau schreibt: „Ich bin nicht der Meinung, daß jeder Krieg schädlich sei, oder daß man sich nicht gegen einen Angriff vom Auslande verteidigen müßte, bis das kapitalistische Lyslem gestürzt sei. Ob ein Krieg gerecht oder ungerecht, wohltätig oder schädlich ist, hängt viel fach von de,. Umständen ab. Der Ersolg Japans hat Asien mehr ausgerütteU, als irgend welche langsame und friedliche Entwickelung es hätte tun können. Als Engländer würde ich mich freuen, wenn Indien einen erfolg reichen Krieg gegen England führen könnte. Also auch in diesem Falle muß ich für Krieg gegen Frieden emtrelen. Ebenso kann ich Hervss Ansicht nicht billigen, die den französischen Genossen empfiehlt, sich ao der Ver teidigung gegen einen deutschen Angriff nicht zu beteiligen, sondern sich gegen die Kapitalisten des eigenen Landes zu wenden." Der englische Arbeiterführer James Keir Hardie ist einer Beantwortung der Frage mit der Be gründung, es fehle ihm an Zeit, ausgewichen, und hat sich mit der nichtssagenden Phrase, er sei überzeugt, daß in dem Niaße. wie der Sozialismus wachst, auch der Friedens- gedank« gestärkt wird, auS der Affäre gezogen. Enric» Leone, der Chefredakteur der Zeitschrift „Deoenire soziale", schreibt: „Cs ist eine Illusion, zu glauben, das Proletariat könne direkt — durch seine politische Vertretung — auf den Gang der internationalen Beziehungen Einfluß üben, denn diese werden von Kräften beherrscht, die sogar das ganze bürgerliche Parlament überragen. Was die Friedens propaganda betrifft, so entspricht sie einem ideologischen Vorurteil, das ziemlich unfruchtbar an Ergebnissen ist und das man am besten tut, den Dekadenten der Wissenschaft und Literatur zu überlassen." Der italienische „Genosse" Claudio Treoes, Chefredakteur des „Tempo", sendet «ine Antwort, die scmießt- ,Kem Proletariat kann von vornherein und für jede Entwickelung der Zeit und der Umstände «S ausschliehen, eventuell auch zu irnem Kriege und jener Militärmacht Zuflucht zu nehmen, die der inneren Freiheit des eiacnen Landes, feinem wirtschaftlichen Wohlstand, der Hebung der Lebenshaltung, der Bildung und der Sittlichkeit des Proletariats gefährlich, schädlich und fogar verderblich sind." Es mag dem „Vorwärts, worum ihm in erster Lime offenbar zu tun wär, geliuiaen sein, vor der Partei den Nachweis «i erbringen, daß er alS Z e n t r a l o ra a n in Sachen der Weltpolitik feiner Pflichten eingedenk und feinen Aufgaben gewachsen sei. Nicht aber ist ihm gelungen, den erbringe^, dah -rieoe nickt )ein müssen. Ein« deuttich, Antwort au: diöi» «iHflchtRasrn Btrsuck einer internationalen Verbrüderung erteilt der Sozialist H. M. Hyndmam wenn er in seiner Auslassung an anderer Stelle sagt: „Die Wahrheit ist, wir haben uns alle gewöhnt, das menschliche Leben als solches allzusehr zu achten." Das entspricht ganz dem preuvischen, soldatischen Geist Friedrichs des Großen, der einst seinen flüchtenden Grenadieren zurief: „Verfluchte Kerls, wollt ihr denn ewig laben?" veutscves Kricft. Leipzig, 20. September. * Kamerun. Nach offiziösen Informationen der „Köln. Ztg.' kann eS keinem Zweifel unterliegen, daß die Unruhen unter den Eingeborenen im nordwestlichen Teile deS Kon zessionsgebietes der Gesellschaft Süo-Kamerun auf die Art und Weise zurückzuführen sind, wie in diesem Gebiete der Kantschnkhandel betrieben wird. Zur Zeil streiten sich, wie wir fchon berichteten, die Vertreter der Gesellschaft Süd» kaineruu und die der Küstenfirmeu darüber, wer eigentlich der schuldige Teil ist. Aus den gegenseitigen, sich einander gegenüberstehcnven Behauptungen ist natürlich keine Klarheit zu gewinnen, obwohl nicht direkt beteiligte Kreise dazu »eigen, den größeren Teil der Schuld den Küstenfirmen beizumessen. Bei dieser Lage der Dinge ist eS mit Freuden zu begrüßen, daß die Kolonialregierung schon seit längerer Zeit ein gehende Erhebungen über die Ursachen der Un ruhen anstellt. Wie wir erfahren, hat vor einiger Zeit die Kolonialregierung auch dem Gouverneur anheimgestellt, mit dem Abschluß der Erhebungen einen richterliche» Beamte» zu betrauen. * Freiherr von Würzburg. Der von »»« gemeldete Rücktritt des Freiherrn von Würzburg auS dem Deutsche» Flottenvereiu, bat, wie die „Preuß. Korresp.' erfährt, eme Vorgeschichte, die eines gewissen pikante» Beigeschmäcke« nicht entbehrt. Es war kurz nach der Rückkehr de« Deutschen Kaisers von seiner diesjährige» Mittelmeerfahrt. Der Kaiser weilte eben im Südwesten deS Reiche«. Dort hatte Freiherr von Würzburg Gelegenheit zu einer Aussprache mit dem Kaiser über verschiedene Dinge, u. a. auch über dte Agitation des Deutschen 'FlottenvereioS. ÄS läßt sich mit Sicherheit annehmen, daß diese Darstellungen de« süddeutsche» Zentruiusinanncs nicht unbeeinflußt war von der Befürchtung, daß die volkstümliche Agitation deS Flottenvereins unter Umständen geeignet sein würde, etwaige regierungsfreund liche Anstrengungen des Zentrums zu Guusteo einer Flottenverstärkung überflüssig zu machen und derart da« Zentrum eines wichtigen KompensationSob^ekteS zu berauben. Tatsache ist jedenfalls, daß kurz darauf em Telegramm deS Kaisers an einen im Vorstand deS Flottenvereiu« sitzenden General abging, in welchem sich u. a. auch der PaffuS von den „Vernagelten Köpfen' befand. Kurz darauf fand bekanntlich die Tagung des deutschen Flottenverein« in Stutt gart statt, die den General Keim und Menge«, die besonder« eaS Mißfallen des Monarchen erregt hatten, eia über wältigendes Vertrauensvotum brachte, worauf die beiden Herren ihre Demission zurückzogen. Der jetzt erfolgte Rück tritt des Freiherrn von Würzburg dürfte im engsten Zn- sammeuhange mir den hier kurz geschilderte» Vorgängen stehen. * Berit», 20. September. * Generalleutnant von vnhres als bayerischer General stabs-Chef. D>e schon angelündigte Ernennung ist nunmehr erfolgt. Der ehemalige bayerische Bevollmächtigte beim Bundesrat wurde zum Chef des Generalstabes der bayeri schen Armee und zum Inspektor der Miiitärbildungs- anstalten ernannt. Hierin wird unS geschrieben: Diese anscheinend rein militärische Personalangelegenheit ist nicht ohne politische Pikanterie. Es ist noch gar nicht so lange her, daß Herr von Enders, als er noch bayerischer Militärbevollmächtigter in Berlin war, als „erledigt' betrachtel wurde. Das war, als er dem bayerischen Zentrum im Reichstage einmal so derb auf die parnkularistifch-a Hühner augen trat, daß ein großes Geschrei anbob. Der General vertcivrgte mit ungewohnter Deutlichkeit die Einheitlichkeit der deutschen QssizierkorpS. Natüilick Iain, was bei kein ultramontanen ParlameniSreginient in Bayern kommen mußte, Herr v. EnderS siel, aber — er fiel vie Treppe hinauf und bekam die zweite Division. Den politischen Militärbevollmächtigten halte man geopfert, den Militär aber gehalten. Und jetzt ist derselbe Offizier in einer der wichtigsten bayerischen Militärpositionen eingerückt. Im klebrigen verleugnet das Zentrum bei seiner Gegner schaft gegen diesen Mann seinen neuerdings so Hern betonten demokratischen Zug. Herr v. EndreS ist nämlich einer der wenigen hohen Ntilitärs, die aus dem einfachen Soldaten stande hervorgegangen sind. Auch der Abel ist ihm erst in semer Karriere verliehen worden. Der neue GeneralstabSckrf ist als echter Bayer jeder Schöntuerei abhold und auch die traditionelle norddeutsche Reserviertheit hat er sich in Berlin nicht angewöhnt — sie würde ihm auch nicht gut zu Gesicht stehen. Wie raS bayrische Zentrum sich zu der Personalfrage stellen wird, dürste immerhin interessant sein. * KaSprzak. Der „Vorwärts' veröffentlicht de» Bescheid des Auswärtigen Amtes an den sozialdemokratischen Partei vorstand auf die Eingabe wegen der Hinrichtung des pol nischen Sozialisten KaSprzak. Darnach stehe fest, daß KaSprzak mehrere Personen niedergefchossen bat, ohne von ihnen ange griffen zu sein. Nach den Berichten deS kaiserlichen General konsulat« in Warschau habe ein gesetzlicher Zwang zum Ausschub der Hinrichtung nach russffchem Rechte nicht be standen. Eine Gesetzwidrigkeit ist somit nicht vorgekvmmen. * Verfehlte LchulhvlUik Ein bedenkliches Mittel zur Beseitigung de« Lehrermangels ist, wie di« „Preuß. Schulztg.' mittrilt, feiten- der preußischen Staatsregieruag geplant. Danach ist beabsichtigt, abgekürzt« Srminarkurse zur Aus bildung von Lehrern rinzanchten, die vornebmlich zur Be setzung von Stellen auf dem platten Lande bestimmt sei» sollen. Sollte dieser Weg Abhilfe schaffe», so würde» «iaea t Seminar« aegrüadit »erd«», ia de»«» a»r
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