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GIMM kiüd Anzcherl .1° 205 45. Jahrg Gr. Hmtzsch. Riesa^ Sonnabend, :U Tceomber 18VÄ, Abends luge. Montag. Mtliiooch, Krettog und Sonn abend Abends. VrznaoprrtS: DllneyMnUch 1 Mk 25 PI. ->!'ck und Verlag von Langer L Winterlich in Ricsa — weMri-ueile Kastantenstrab« ro. — Für d'e Nedaction verantwortlich: T. Langer in Skiesa. Kernlprechstelle «r. 20 HF F sF HF das „Olhllatt und Anzeiger" erbitten uns bis «4 n D V tz zß H Iß spätestens Bormittags « Uhr des jeweilige«, Ausgabetages Die Geschäftsstelle. Wir dir R uumur der Lutgahetages d» «arm. SW ahne Gewähr. Nnjrt-eaprei» 4g«lpali. SorpuSzetl« adel Roum 10 Ps. Tagesgeschichte. Deutsche- Reich. Ueber die handelspolitischen Ver handlungen mit Rußland wird halbamtlich aus St. Peters burg Folgendes gemeldet: In seiner Antwort auf deutschen Forderungen hatte Rußland von der Einführung eines Meist- und Mindest-Zvlltarifes gesprochen. Deutschland hat es darauf als selbstverständlich bezeichnet, daß, solange Ver handlungen im Gange sind, die Basis derselben nicht ge ändert werde. In seiner Erwiderung erklärte sich Rußland bereit, mit Acnderung seines Zollsystems bis zum 1. April zu warten, worauf Deutschland auch seinerseits sich ver pflichtete, bis zu diesem Termine den Status quo aufrecht zu erhalten. Die „Bert. Börsenztg." schreibt: Es sei kein Zweifel mebr möglich, -aß hinter den Kulissen über die Militärvor lage paktirt werde. Unter diesen Umständen werde man auch von den Enthüllungen innerhalb der Kommission keine Epoche machenden neuen Mittheilungen erwarten, welche die Reichstasgmitglieder geneigter zur Annahme der Vorlage machen sollten. Die „Nordd. Allg. Ztg." prüft, welchen Einfluß di, Annahme oder Ablehnung der Militärvorlage bei einem künftigen Kriege auf die Stimmung im Heere und Volke üben könne. Sie sagt, das Bewußtsein, schwächer als der Gegner in den Krieg einzutreten, würde die Stimmung des Heeres schädigen. Unsere Finanzen sind und bleiben im Verhältnis zu jenen anderer Nationen gut. Niemals wird die Stim mung der zur Rettung ihrer Ehre oder Daseins aufge rufenen deutschen Nation vom Kurszettel abhängen. Ein künftiger Krieg werbe nach mehr als zwanzigjährigem Frie den unter neuen Führern mit veränderten Waffen und mit veränderter Taktik geführt. Die lähmende Verstimmung über die unterlassene Heeresverftärkung würde dann r«t,S- schädljcber. wirken. Die Ablehnung der Vorlage aber Mrce den kuuftlgen Führern und nup^n die Aufgabe umsomehr erschweren, als ohnehin der Vergleich mit den glorrretchen Feldzugsjahren 1870/71 immer naheliegt. „Sind wir nicht stark genug zur Offensive, so wird der deutsche Boden der Kriegsschauplatz. Dann stehen andere Dinge auf dem Spiele als Verstimmungen." Die Frage sei daher sehr ernst und ob es nicht gerathener sei, lieber jetzt den Unmuth zu über winden, als die Leistungsfähigkeit des Heeres und Volkes beim Ausbruch eines Krieges auch moralisch herabzudrückcn. Der Ausstand im Saarkohlengebict wird bedrohlich. Am Freitag waren sämmtliche fiskalischen Gruben des Saarreviers, ausgenommen Grube „Kronprinz", Inspektion 1, ausständig. Die Stimmung ist sehr erregt. Exzesse sind bereits vorgekommen. Die Bergleute sollen vielfach Revolver besitzen. Gendarmerie ist aufgeboten. Es finden 2 Ver sammlungen von Bergarbeitern der Grube „Kronprinz' in Schmalbach wegen Eintritts in den Streik statt. Im Ganzen feierten am Freitag 11219 Bergleute. Daß der Ausstand schließlich nur zum Nachtheile der Bergleute ausschlägt, ist sicher; er ist völlig kopflos und ohne Mittel angefangen und auf nen> cnswerthe Unterstützung von außen können die Ausständigen nicht rechnen. Das Organ der Bergbehörde, „Der Bergmannsfreund", schreibt: „Im Monat Oktober betrug der DurchschnittSlohn der Hauer 4,55 Mk., der Ge- sammtdurchschnittslohn aller unserer 30000 Bergleute 3,SO Mk. für eine Schicht. Diese Zahlen sprechen fitr sich. Wir behaupten, daß die Bergleute auf den Königlichen Stein kohlengruben an der Saar die bestsituirten von -allen ! dustriellen Arbeitern des Saarreviers und sämmtlicher B' baudistrikte Deutschlands sind." j Krankreich. In einer Unterredung mit einem -?^uug^ berichterstatter sprach sich Jules Ferry über die geg'^'.trtige Lage Frankreichs aus und äußerte: Wir werden, well» wir unsere Feinde erst genauer unterscheiden können, unsere Reihen reformiren, in welchen sich alle anständigen, auf Ruhe bedachten Republikaner sammeln werden, die in gleichem Maße der Diktatur wie einer Restauration und der Anarchie als Gegner gegenüberstehen. Unter dem Vorwande, die öffentliche Moralität zu vertheidigen, will man die Republik zu Grunde richten. Ferry schloß: „Lassen wir von den Ge richten .diejenigen Personen treffen, deren Rechtschaffenheit nicht unantastbar ist und rüsten wir uns dazu, die öffent lichen Freiheiten zu vertheidigen." — Unter Vorsitz von Eluserer erklärten sich die sozialistischen Abgeordneten der verschiedenen Richtungen zu einer sozialistischen Aktionsgruppe der Kammer. Nur wenige gemäßigte sozialistische Abgeordnete protestirten dagegen. Tr. Brouardel erklärte auf Befragen einem Vertreter des „Figaro" gegenüber alle Gerüchte über das Ergebniß der Leichenschau Reinachs für unbegründet, er habe niemals gesagt, daß er auf einen natürlichen Tod des Barons Reinach schließe. Er habe um eine Nachprüfung ersucht, weil eine solche in Fällen, wo Vergiftung in Frage komme, stehender Sylvester- und Neujahrsgedanken. Nur noch wenige Stunden, und die metallenen Zungen der Sylvesterglocken werden uns von ihrer Höhe herab den Schluß des alten und den Beginn des neuen Jahres verkünden. Es ist ein ernster Augenblick, wenn die Thurmuhr ausholt zum letzten Stundenschlaze im Jahre und in feier licher «rille lauscht die nachgebliebene Menschheit den zwölf Schlägen, nm darauf nach guter alter Sitte sich gegenseitig .zu grüßen und zu beglückwünschen. Ein ganzes Jahr liegt hinter uns mit seinen Freuden und Leiden, mit seinen Mühen und Sorgen, ein ganzes Jahr vor uns, von dem wir vielleicht nur wissen, daß wir es glücklich und froh be ginnen, von dem wir aber nicht wissen, ob es auch glücklich enden werde. Unwillkürlich findet sich der denkende und sinnende Mensch in der «yloestcrnacht gezwungen, bei sich Einkeyr zu halten und sich die ernste Frage vorzulegcn: Bist du im letzten Jahre vorwärts gekommen in deinen Äußeren Verhältnissen, in deinem Geschäft, deiner Stellung, deinem Beruf? Und wenn er zu seiner Freude und Ge- nugthuung diese Frage bejahen darf, die zweite Frage: Bist du auch fortgeschritten am inwendigen Menschen? Wie so Mancher begegnet bei diesem Rücklick auf das vergangene Jahr unerfüllten Wünschen und zu Grabe getragenen Hoff nungen! Trotz des redlichsten Mühens und Strebens hat es ihm nicht gelingen wollen, in seinen geschäftlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen vorwärts zu kommen, ja er ist darin vielleicht gar rückwärts gegangen. Glücklich ist noch Derjenige zu preisen, der, eines besseren Looses würdig, sich mit gutem Gewissen sagen kann, daß das Unglück ohne sein Verschulden ihn verfolgt und ein ungünstiges Geschick ihm die irdischen Glücksgüter versagt har, die einem Anderen reichlich und vielleicht nnverdient, in den Schooß gefallen sind. Mit Scham und Reue mich dagegen das Herz Desjenigen erfüllt werden, der sich gestehen muß, seinen wirchschaftlichcn Rückgang, feinen geschäftlichen Ruin selbst verschuldet und dadurch her beigeführt zu haben, daß er seine Pflicht und Schuldigkeit nickn o:er doch nur säumig gethan und die zwei ersten bür gerlichen Tugenden, die Arbeitsamkeit uns Sparsamkeit, nicht gekannt und noch viel weniger geübt hat. Wie mancher Andere sieht sich in seinen Sylvestergcdanken zurückversetzt an ein langes und schmerzhaftes Krankenlager, das ihn selbst oder eines der Scinigen betroffen, oder gar an das Todlen- bett eines dahingeschicdenen Lieben! Wenige nur dürfte es wohl geben, denen sich bei solcher Rückschau in die vergange nen Tage nicht irgend eine Klage auf die Lippen drängte und kein einziger Seufzer der Brust sich entwindet; denn „des Lebens ungetrübte Freuden" sind noch keinem Sterblichen zu Theil geworden. Und wie steht es mit dem Wachsthum am inwendigen Menschen, mit den Fortschritten im Geistes und Seelenleben? Giebt hier nicht der Gedankenflug der j Sylvesternacht, der die Bilder der Vergangenheit an unserem I geistigen Blicke vorüberziehen läßt, nicht noch mehr Anlaß zur Selbstanklage als dort? O, daß es doch anders wäre! Dann würde wohl auch Vieles im Leben des einzelnen Menschen, im Leben der Familie, im Leben der Gemeinde und des Staates besser sein. Aber wie oft bleiben dre gesagten guten Vorsätze und Entschließungen unausgeführt! Hat doch einmal Einer gesagt: „Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert!" Welche große Rolle spielen nicht in unserer Zeit der leidige Egoismus, der Neid und die Mißgunst, welche Rolle nicht die Nimmersatte Begehr lichkeit und Habsucht in den breitesten Volksschichten und die leidenschaftliche Genuß- und Vergnügungssucht in den höheren gesellschaftlichen Kreisen! Liegt hierin nicht der Hauptgrund, daß man heutzutage so vielen unzufriedenen Menschen be gegnet, daß manches glückliche Familienleben zerstört, mancher ' blühende Wohlstand vernichtet wird? Darum hat der Mann Recht, der gesagt hat: „Werdet ihr Menschen nur besser, gleich wird's besser werden!" Und wie geht dabei die viel- gepriesene Nächstenliebe, der Kern und Stern des Christen- thums aus? Es ist wahr, unsere Zeit ist reich an Humanitären Bestrebungen und Einrichtungen aller Art. Es geschieht viel für die vsfenrli.be Armen- und Krankenpflege, für die Zwecke der inneren Mission und für anSere Zwecke der Wohlthätigkeit; es sind von der Reichsregierung die großen neuen socialen Gesetze, das Krankencassengesctz, das UnfaUversicherungsgesetz und das Alicrversorgnngs- und Jnvaltditätsgesetz ins Leben gerufen worden. Und das Alles ist gewiß recht schön und löblich und bedeutet einen großartigen socialen Fortschritt, den die Gegenwart vor der Vergangenheit voraus hat. Aber die Nächstenliebe im Volksleben, die neben dem eigenen anch den fremden Vonheil wahrnimmt, die sich strenge Rechtlichkeit und Ehrlichkeit im Handel und Wandel zum Grundsätze mach:, die den Mitmenschen mit gutem Rath und hilfreicher Thal unterstützt und seine Schwächen und Fehler mit Geduld trägt, die sich mir dem Fröhlichen freut und mit dem Trau rigen klagt, also innigen Anrheil nimmt an des Nächsten Freud' und Leid, die treue Freundschaft hält und nicht bloß dem Glücklichen, sondern auch dem Unglücklichen — diese christ liche Nächstenliebe ist heute doch, Goll sei's geklagt, nur noch seyr seuen auzmressen. ' Die Sylvcsternacht ist zugleich auch die Neujahrsuacht und den Sylvestergedanken schließen sich daher unwillkürlich Neujahrsgedanken an, die aber nicht wie jene auf die Ver gangenheit, sondern auf d'e Zukunft gerichtet sind. Was das neue Jahr uns bringen wird, wer kann es wissen! Da kein Menschenauge hinter den Schleier der Znklmft zudringen vermag, so können es hier nur Wünsche sein, die wir erfüllt sehen mochten, und es ist gewiß eine schöne, löbliche Sitte, daß Angehörige und Bekannte einander zum neuen Jahre beglückwünschen. Wir wünschen vor Allem, daß unserem deutschen Volke und unserem deutschen Vaterlande, daß Europa anch im nächsten Jahre der goldene Friede erhalte bleibe, denn nur im Frieden kann der Völker Wohlfahrt gedeihen. Möge daher unser Land nnd Volk auch im neuen Jahre und für die nächsten Jahre hinaus von einem Kriege, der, wie es wohl zweifellos feststeht, eine große Ausdehnung annehmen und viel Blutvergießen, Jammer und Elend herbeiführen würde, gnädig verschont bleiben. Mögen auch verheerende Seuchen unserem Lande und unserer Scadt fernbleiben und mögen die Befürchtungen, die in Betreff der Wiederkehr der Cholera laut geworden sind, nicht zur Wahrheit werden. Neben dem Frieden und der Wohlfahrt im Lande und Reiche, wünschen wir auch für unsere Stadt deu Frieden und die Wohlfahrt in der Gemeinde, Frieden und Wohlfahrt in jedem Hause, in jeder Familie. Mögen im neuen Jahre Handel und Gewerbe in unserem Lande, in unserer Stadt neuen Aufschwung nehmen und möge das neue Jahr auch für unsere Landwirlhschaft ein reichgesegnetes und für die Schifffahrt ein günstigeres als das letzverflossene sein. Den Lesern unseres Blattes wünschen wir noch ins besondere im neuen Jahre Glück und Segen im reichsten Maße in ihrem Hause, in ihrer Familie, in ihrem Berufe. So möge denn das Jahr 1893 für Alle ein Jahr des Glückes und Les Heiles sein nnd bleiben. rrlegramm-Adr-If«: A ,L b.bI°U r König!. Amtshauptmannschaft Großenhain, des König!. Amtsgerichts und des Stadtraths zu Riesa Bekanntmachung. In der am 12. dieses Monats abgehaltenen Stadtverordnetemv.ihl find die Herren Fabrikbesitzer Moritz Richter, Schuhmachermeister Hermann Ritzsche, Kaufmann I. H. Pietschman», Kaufmann Otto Barth, Kaufmann Max Barthel als ansässige und die Herren Fabrikant Heinrich Barth und Amtsrichter Heldner als nnansässige Stadtverordnete, mit Ausnahme des durch das LooS an Selle Les in das Rathscvllegium entsendeten H^rn Bretschueider auf die Zeit vom 1. Januar 18S3 bis 31. De zember 1894 getretenen Herrn Fabrikbesitzer Moritz Richter, auf 3 Jahre, nämlich vom 1. Januar 1893 bis 31. Dezember 1895 ge-kihlt beziehentlich wiedergewählt worden. Riesa, am 30. Dezember 18rc>. De» Ttadtrath. Mtzer. Bekanntmachung Drr das 4. Birr,elj.hr wird am t. Januar 189.! fällig und ist bei Vermeidung zwangsweiser Beitreibung Ängstens bis zum s Jaunar L8S3 an die hiesige Stadthauptkaffe abzuführen. Riesa, am 31. Dezember 1892. Der Stadtrath. Klötzer