Volltext Seite (XML)
Beilage zum „M-Matt mW Anzeiger." so eine i be- Proceut des Lohnes an. — Der Rcichszuschuß, nach der Vorlage ein Drittel der Prämien, soll nach den Vorschlägen der Commission bei allen Versicherten der gleiche sein; er betrink mindestens 36 Mark und steigt mit der Zahl dec Heikragsjahce beS Versicherten bis auf 80 Maik an. — Das QuittungSmarken- Shstem ist von der Commission berdehalten, dagegen das Quittungsbuch durch Jahreskarten ersetzt, die alljährlich gegen neue umgetauscht werden, während die zurückgelirserten der Statistik und Berechnung dienen sollen. — Das Prämiensystem wurde von der Com mission verworfen; dafür ist ein« Art CapitaldeckungS- verfahien beschlossen. Die Beiträge sollen für die ersten fünf Jahre gleichbleiben und werden dann von fünf zu fünf Jahren neu berechnet und festgcstellt. Dies dürfte zur Folge haben, daß anfänglich die Beiträge «eit niedriger find, als sie der RegierungSentwurf festsetzte, in späteren Perioden aber um ebensoviel höher werben und daß dann die Forderung nach größerem Reichs zuschuß sich lebhaft geltend machen wird. — Stirbt ein Versicherter, ehe er zum Rentengenuß gekommen, so sollen alle Beiträge, dir er selbst gezahlt, seiner hinterbleibevden Wittwe und seinen Kindern unter 15 Jahren zurückerstattet werden, jedoch ohne die ausgelaufenen Zinsen. Mit diesem Beschlüsse der Commission ist, falls er Gesetz werden sollte, der Uebergang zu einer Wittwen- und Waisenverstcherung geschaffen worden. Ledige weibliche Personen, die sich verheiralhen und auS der Versicherung ausscheiden, er halten gleichfalls ihre Beiträge lohne Zinsen) zurück. — Schließlich hat die Commission auch eine (frei willige) Alterssparcasse beschlossen. Jeder Versicherte kann freiwillige Einlagen machen; dieselben werben ihm nach vollendetem 60. Lebensjahr, mit Zinseszins be rechnet, als Capital zurückerstattet. — Sooft ist der *) Nach dem Orttclassen-Lyslem wäre für jeden einzelnen Industrie-Ort bezw. -Bezirk ein DurchschnittSloonsatz für alle in demselben beschäftigten Arbeiter als Grundlage der Be rechnung angenommen worden, so daß z. B. die Arbeiter Berlins und anderer großen Jndustriebezirke obne Ausnahme in die höchste OrtSclasse kämen, dagegen selbst der beftbezahlte Arbeiter in Orten mit geringsten DurchschnittSlöhncn mit der für die niedrigste OrtSclasse festgesetzten Rente sich hätte be gnügen müssen. TageSgeschichte. Bei dem großen Interesse, welche« die LlterS- und Invaliditäts-Versicherung für sehr weit«, sozial weniger günstig gestellte BolkSkreise hat, nehmen die fort schreitenden Verhandlungen über diesen Gegenstand eine besondere Aufmerksamkeit in Anspruch. Die betieffende ReichStazScommisston hat die erste Lesung deS Ent wurfs beendet und mehrfache sehr tief gehende Aenbe- rnngen vorgenommen, deren praktische Durchführbarkeit gegenwärtig von der Regierung eingehend erwogen wird. — Da in der Commission die einzelnen R-ichstags- sraktionen der Zahl nach richtig vertreten sind, geben ihre Beschlüsse bereits ein Bild davon, wie sich das Plenum deS Reichstages selber zu der Vorlage stellen wird; und dieses Bild berechtigt zu der Annahme, daß die Vorlage im Großen und Ganzen mit den von der Commrsston beschlossenen Aenderungen zum Gesetz werden wird. — Die wichtigsten Commissionsbesldlüffe, soweit dieselben Abänderungen des RegierungSentwurss betreffen, sollen nun hier in der Kürze zusammenge stellt werden. Die Vorlage wollte die Altersrente mit dem 70. Lebensjahre beginnen lassen. Nach der Stallstrk würben gegenwärtig etwa 80000 mäunliche und 40000 weibliche Erwerbsthätige b,zu.^berechtigt sein. Dre Commission hat indessen die Altersgrenze auf 6b Jahre herabgesetzt, wodurch sich dre Zahl der Bezugsberechtigten fast verdoppelt. Die AlterSunter- ftützung beträgt ein Achtel (13'/, Prozent) deS Jahres lohnes — Der R qrerungseulwurf schlug (statt des in den „Grundzügen" in Aue sicht genommenen einheitlichen Satz s) fünf Ortskiass >.*) (mit ansteigenden Durch- schnittslöhnen, drin enrspr.chend auch ansteigenden Ver sicherungsbeiträgen und Renten) vor; dre Commission ersetzte dieselbe durch fünf Lohnklaffm und schuf auch mit Rücksicht auf du w-idirch n Arbeiter noch Unterklasse. Es wurden dafür folgende Sätze schloffen: Durchschnitt«- JnvalrbitStSrente; Donnerstag, -en 28. Februar 188S. b-'-M'E.UWMmE -sl - s-7 Entwurf ick Wesentlichen unverändert gelassen worden. In der zweiten Lesung der Commission, welche am 7. März beginnt, dürfte indessen nach Entgegennahme der Regierungserklärungen »och manche« geändert werden — hoffentlich aber alle« i« Sinne de« Arbeiterwohle« und der kaiserlichen Botschaft. Ueber da« Mannlicher-Gewehr, dessen Einführung in das deutsche Heer in Aussicht genommen zu sein scheint, macht die „Post" folgende Mittheilung: „Was dieses Gewehr betrifft, so wird besonder» die Art deS BeischlusseS und Schlosse« al» vorzüglich bezeichnet, in den eie lediglich hin-und herfchiebend« (nichtmehr drehende) Bewegung d«S BcrschlußcylinderS dem Schützen gestattet, das Gewehr beim Mazazinfeuer in Anschlag zu be halten. ES scheint jetzt, als habe eS sich bei dem Patent, welches die Gewehipiüfungskommission im vorigen Sommer auf eine Neuerung an Handfeuer waffen mit Cylinderverschluß nochgesucht, um diese Ein richtung gehandelt. Da« Mannlicher-Gewehr in Oester reich-Ungarn ist kein eigentliches Magazingewehr, wie z. B. unser Jnfanteriegewehr öl/71, 84, sondern beruht auf dem Prinzip der Packladung, indem jedesmal eia Pack vor fünf Patronen al« Ganzes in einen Behälter unter halb deS Verschlusses eingelegt wird und dieselben von hier nach und nach dem Laufe zugeführt werden. Jener Behälter wird häufig auch Magazin genannt. Wird das Prinzip der Packladung bei einem etwaigen neuen deutschen Reichsgewehr unmittelbar übernommen, so bedingt eine wesentliche Aenderung deS neuen Exercir- reglementö, da letztere« den Inhalt des Magazins als Patronenreservc hinstellt, zu welcher der Schütze nur in entscheidenden Momenten greift. Es wäre immerhin eine Verbesserung denkbar, welche gestattete, das Gewehr al« Einzellader zu benutzen, auch wenn ein Patronen- prck im Behälter am Gewehre sich befindet. Beim österreichischen Gewehr geht die« nicht; Einzelladung ist hier nur denkbar bei leerem Behälter; e» wird da her in Wirklichkeit immer mit Packladung geschossen. Der Infanterist hat auch nur eine Ausrüstung mit Patronen in Päcken bei sich, während rin doppelter Sebcauch de« Gewehre« zweierlei Ausrüstung — lose Patronen und Patronen in Päcken — bedingen würde." Nach dem „Wiener Fremdenblatt" ist „das von der deutschen Regierung angenommene Modell identisch mit dem jetzt in der österreichisch-ungarischen Armee zur Vertheilung gelangenden kleinkalibrigen Gewehre", welche« eben das verbesserte Mannlicher-Gewehr heißt. Die ursprünglich von Mannlicher vorgelegte Waffe hatte außer dem größeren Kaliber (11 m») auch noch verschiedene sonstige Abweichungen von der jetzigen Normalwaffe. Dre Verbesserungen gelten als ein Verdienst der öster reichischen Bersuchskommission. Sie würden darnach dem deutschen Reiche als engen Verbündeten rückhalt los zur Verfügung gestellt. Deutsches Reich. Kaiser Wilhelm war am , Montag beim Reichskanzler zu Gaste. An dem Diner nahmen außerdem noch sämmtliche preußische Minister, die Chefs des Civil- und de« Militärcadinets und Graf Wilhelm Bismarck theil. — Nachmittags unter hielt sich der Kaiser zum ersten Mal nut feinem Bruder, dem Prinzen Heinrich in Kiel, mittels der für Staatszwecke hergestellten Telephon-Verbindung Berlin- Kiel. — Am Sonntag besuchte der Kaiser den Grafen Moltke zum Thee und zu einer Whistparthie. Kaiserin Friedrich, die am Mittwoch England Verläßt, um sich nach Kiel zu begeben, empfing am Sonntag Sir Morell Mackenzie in Abschiedsaudienz. Zwischen Deutschland und Spanien droht wieder ein Streit wegen der Philippinen, wenn mau nämlich einem Madrider Bericht deS „Journal deS Debats" glauben darf. Danach hätte ein Erlaß deS spanischen Ministeriums den Landerwerb auf den Philippinen be sonders für die deutschen Fremden erschwert, wa« die deutsche Regierung zu Schritten in Madrid veranlaßt habe. In Berlin ist darüber noch nichts Näheres be kannt. Jener Erlaß soll erst in der Vorbereitung sei», und eS wär« möglich, daß Deutschland davon Kenntniß erhielt und auf eine mildere Fassung ein wirken wollte. Nunmehr ist endgültig festgesetzt worden, daß der Reichstag am 14. März seine Thätizkeit wieder auf nehmt» wird- Auch bei angestrengter Arbeit wird der vorhandene Stoff vor dem Osterfest nicht erledigt werden können; dagegen ist eS aber sehr wahrscheinlich, daß daS Alterversorgungs- und JnvaliditätSgesetz noch in dieser Session zu Stande kommt. Die ReichS- regierung legt hierauf den höchsten Werth. Die „Berliner Politischen Nachrichten" melden: Der Kaiser ernannte den Staatssekretär des Auswärtigen, Grafen Herbert Bismarck, zum Oberstlieutenant und den Lohn Nahe: lohn: Mindest: i-eift: Unterklasse 256 Ork 68,25 Mk. 156,80 Mk. " 1. Lohuklafse 384 „ 84 „ "5 „ »z 2. „ 512 „ 100 „ 233 „ 3. „ 640 „ 116 „ 272 „ Zw 4. „ 708 „ 132 „ 310 „ ff- 5. „ 8S6 „ 148 „ 34S „ 1 - Die Jnvaliditats ente steigt also von 12'/, bis 42. Jahr,. Staatsminister v. Goßler, sowie den Regierungspräsi denten Grafen Wilhelm Bismarck zu Majoren. Der Kieler Dampfer „Franziska", welcher mit einer Ladung Kohlen von Cardiff nach vlissingen fuhsh stieß Montag Nacht mit der norwegischen Bark ,Hoack" zu sammen und sank ö Meilen von Portland «Nkjfernt. Die Mannschaft ist gerettet. Die Bark wurde stark beschädigt und lief in Dartmouth ein. Da« deutsche Schulgeschwader ist nach Samoa be ordert worden. Nach seiner Ankunft daselbst, in etwa sechs Wochen, werden vor Samoa sieden deutsche AriegSsviffe mit 85 Kanone» und etwa 2000 Manu vereinigt sein. Der Reichscommiffar Hauptmann Wißmanu ist' am Montag in Alexandrien (Egypten) angekommea. Bezeichnend für den Umschwung der Gesinnung-in NordschleSwig waren die KreiStagSwahlen, welche kürzlich daselbst stattgefunden haben. Im Trenzkreise Harersleben wurden gewählt: 15 Deutsche, S Dänen; in Apenrade 13 Deutsche, 7 Dänen; in Sonderburg 12 Deutsche, 8 Dänen; in Tondern 22 Deutsche, 2 Dänen. Die Beisetzung deS Grafen Görtz-WriSberg, deS langjährigen braunschweigischen Minister-, fand am Montag in Braunschweig statt. Der Feier im Dom wohnte Prinz-Regent Albrecht bei. Am Montag gab Pcof. v. Gneist in der türkischen Botschaft zu Berlin seinen Schiedsspruch in der Streit sache zwischen der türkischen Regierung und dem Eisen- bahnbaroa Hirsch ab. Wie der Spruch lautet, ist noch nicht bekannt, eS handelt sich bei dem Streit um weit über 100 Mill. Frank. Oesterreich.Ungurn. In Ungarn haben am Sonntag wieder in mehreren Provinzialstädten Protest umzüge stattgefunden nach dem Muster der in Pest veranstalteten Kundgebung. Irgend welche störende Zwischenfälle sind dabei nirgends vorgekommen. Das Zustandekommen deS Wehrgesetzes scheint jetzt trotz der Gegenanstrengungen der Opposition gesichert und ebenso hat die Stellung des Ministerpräsidenten Tisza keine Erschütterung erlitten. Eugla nd. Die Ansichten der englischen Admirale über die nothwendigen Mittel zur Verstärkung der Flotte sind getheilt: Sümow verlangt 40, Hornby 80, Alcester 30 Mill. Pfund, Die „Army and Navy Gazette" gelangt zu dem Schluffe, daß die englische Marine doch wenigstens zwei Fünftel der Gesämmt- stärke aller Marinen der siebe» Großmächte besitzen sollte. Danach müßte die englische Flotte über etwa 60 Schlachtschiffe, 65 große und 265 klein« Kreuzer verfügen. Holland. Ueber das Befinden deS Königs Wilhelm wird gemeldet, daß dasselbe wenig zufrieden stellend sei, daß die Besserung nur geringe Fortschritte macht und namentlich der Kräftezustand sich »och nicht gehoben hat. Serbien. Dieser Tage ging die Nachricht durch die Presse, es sei in Belgrad ein Fall von Deutschen hetze vorgekommen. Nähere Mittheilurizen über diesen Fall lagen jedoch nicht vor. Jetzt veröffentlicht der „Hann. Cour." hierüber unterm 23. d. folgende Zu schrift aus Belgrad: Die Deutschenheye der serbischen Omladinisten (gleich Jugend), die großserbische Ideen vertreten, ist wieder einmal hervorgebrochen. Im Hotel Imperial gab eine deutsche Volkssänge g sellschaft ihre Vor stellungen, als eine Bande junger Hochschulstudenten und Kaufleute eindrangen, die Sänger beleidigte, ebenso auch die deutschen Gäste verhöhnte und über die„Schwaba" schimpfte. Als der Hotelwirth sein Hausrecht wahren wollte, zertrümmerten die jugendlichen „Deulschenstücmer" die Spiegel, Sessel, Gläser u. s. w. des Lokales, so daß der Wirth einen großen Schaden e>litt, die an wesenden Deutschen sich aber flüchten mußte». Italien. Die Kundgebungen der brodlosenMr- b-iter in Rom sind nicht ohne Wiederhall iu der Pro vinz geblieben. Ein Blick in die italienische» Blätter beweist, daß eS allenthalben gährt und brodelt. I« Norden wie im Süden, besonders in Apulien, Cala» brien, Sirilien, wo zwei Weinernte» unverkauft in dea Kellern liegen, herrscht bitterste Roth, lteberall stehe» die Arbeiter auf und vei langen „Brod und Arbeit": die geduldigen und nüchternen italienischen Arbeiter, die an Bedü'fnißlosigkrit einem Kuli gleichkommen l Ein trübeS Bild gewähren Vie Meldungen der italienischen Provinzialblätter, aus denen ein römischer Lorrespoadent deS „Nürnberger Generalanzeiger" nachstehenden Aus zug giebt: In Perstceto (Bologna) belagern Hunderte von hungernden Arbeitern das Ralhhaus und drohen eS zu stürmen, wenn der Gemeinderath nicht Hilfe schafft; in Parma kommt eS zum Handgemenge zwischen