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Vellage zum „Elbeblatt und Anzeiger." Sv. Tagergeschichte. Am Moitag hat der neue Präsident der Ver- «migten Staate«, Benj. Harrison, sein Amt ange- fteten. In der Botschaft, mit welcher er am 4. März die Präsidentschaft übernahm, heißt «S, er sehe der Fortdauer deS Schutzzollsystems und der davon zu er wartenden Weiterentwickelung der Manufakturen und Vergwerksintereffen voll Hoffnung entgegen. Die Ge setze über die Naturalisation müßten dahin Verbeffert werden, daß eingehendere Nachfragen nach dem Charakter derjenigen Personen stattfinden, die naturalisirt werden wollten. Amerika dürfte nickt aushören, gastfrei gegen die Einwanderer zu sein, es müsse dabei aber mit größerer Sorgfalt vorgegangen werden; es müßten solche Personen, gleichviel welcher Raffe sie angehörten, von denen zu besorgen stehe, daß ihre Gegenwart dem Staate und den Staatseinkünsten eine Last aufbürden könne oder daß sie die sociale Ordnung bedrohe, aus geschlossen werden. Amerika habe sich glücklich eine Politik der Vermeidung aller Einmischung in die omopälschen Angelegenheiten enthalten, Amerika sei bei den diplomatischen Streitigkeiten der europäischen Staaten nur interesstrter Zuschauer und immer bereit gewesen, seine guten Dienste im Interesse des Friedens anzubieten, Ameuka habe niemals unerbetenen Rath ertheilt und niemals versucht, die unter anderen Mächten entstandenen Schwierigkeiten zu Gunsten seines Handels auszunutzen. Daß eine kürzere Wasserstraße zwischen den östlichen und westlichen Küken von irgend welcher europäischen Regierung beherrscht werden solle, sei so augenscheinlich unvereinbar mit dem Frieden und der Sicherheit Amerikas, daß dasselbe zuversichtlich er warten dürfe, daß keine befreundete Macht einen solchen Schritt beabsichtige. Amerika werde nach wie vor be müht sein, dre freundschaftlichen Beziehungen zu allen Großmächten aufrecht zu erhalten, letztere dürften aber nicht erwarten, daß irgendwelches Unternehmen, welches Amerika einer feindliche^ Ueberwachung und Umgehung aussetzen würde, mit Wohlwollen betrachtet werde. Amerika sei berechtigt, zu erwarten, daß keine eurcpäische Regierung den Versuch mache, abhängige coloniale Niederlassungen in unabhängigen amerikanischen Staaten zu gründen. — Man sei nicht so exclusiv amerikanisch, daß anderswo vorkommende Ereignisse Amerika nicht interesstrten. Die eigenen, sowie die Rechte der für Handelszwecke in anderen Ländern und Inseln wohnenden amerikanischen Bürger müssen ge schützt werden; Häfen und Kohlenstationen seien noth- wendig. Die Privilegien sollen nur durch freundschaft liche Mittel erlangt werden, sei auch die Regierung, bei der sie erreicht werden, noch so schwach. Seien sie aber einmal erlangt und zwar für Zwecke, die mit freundschaftlichen Dispositionen gegen andere Mächte völlig vereinbar, so werde die Zustimmung Amerikas für jeve Modifikation einer solchen Concession rroth- wendig. Amerika werde nicht versäumen, die Flagge einer anderen befreundeten Macht oder die Rechte ihrer Bürger zu achten, Amerika werde aber für sich und seine Bürger die gleiche Behandlung in Anspruch nehmen. „Ruhe und Gerechtigkeit sollten das bezeichnende Merk mal unserer Diplomatie sei», die Dienste einer in telligenten Diplomatie oder ein freundschaftliches Schieds gericht sollten im Stande sein, alle internationalen Schwierigkeiten zu beseitigen." Die Aufgabe des Congrefses werde es sein, alle finanziellen Ge setze so zu regeln, daß kein bedeutender Ueber- schuß bleibe, der Ueberschuß könne zur Einlösung der Staatsschuld verwendet werden. Harrison hält sich von der Möglichkeit überzeugt, daß der Ueberschuß ver ringert werten kön e, ohne daß der Schutzzolltarif umgestoßen oder irgend eine Industrie geschädigt werde, er empfiehlt schließlich eine Verstärkung der Flotte. Harrison steht gegenwärtig im 57. Lebensjahre. Sein Urgroßvater gehörte zu Denen, welche die Unab- himgigkeitSerklärung der Vereinigten Staaten unter schrieben und sein Großvater war der neunte Präsident. Len ersten Unterricht genoß Harrison in der Distrikts schule seines HeimathSortrs. Als Knabe von 15 Fahren bezog er die Mrami-University zu Oxford, wo er bereits nach drei Jahren die Abgangsprüfung mit Ehren bestand, um sich sodann in Cincinnati dem Brod- studlum der Jurisprudenz in dem Bureau von Balla- my Storer zu widmen. Noch nicht volljährig wurde der junge Harrison zur Advokatur zugelaffen, und ob gleich ohne Geldmittel, besaß er Muth genug, um zu gleich mit Aufnahme der GenchtSpraxiS in den Ehe stand zu treten. Lange Zeit lebte Harrison mit seiner Familie in bescheidenen Verhältnissen, allein er ent wickelte so ungewöhnliche Eigenschaften, daß er bald Donuerstag, den 7. Mürz 188S. eine angesehene Stellung al» Advokat einnahm. Als der Bürgerkrieg auSbrach, warb er auf Veranlassung d«S Gouverneurs Morton eine Compagnie an, zog in'S Feld und avancirte schnell zum Capitän und Oberst deS 70. Jndiana-RegimentS, ohne jedoch Gelegenheit zu finden, sich vor dem Feinde irgendwie auSzuzeichnen. Erst am Tage von Resacea (23. Januar 1865) konnte er sich unter General Hooker Hervorthun. Der Gene ral ritt zu ihm hin und sagte: „Bei Gott, Ben Harrison, ich will Sie für dieses TageS Arbeit zum Brigadier machen." Harrison's Aeußeres war nichts weniger «lS kriegerisch, und seine Kameraden hielten mit Witzen über die komische Erscheinung des kaum 30 Jahre alten Generals durchaus nicht hinter dem Berge. Mit breiten Schultern, kräftigen Armen, kurzem Nacken und kurzen Beinen, sonst schmal, fast knaben haft aussehend, fiel er umsomehr auf, als er stets ein großes Pferd ritt. Aus der anderen Seite erfreute er sich aber des vollen Vertrauens seiner Soldaten. Was ihm an Kriegskunst fehlte, ersetzte er durch ein scharfes Auge in der unter Umständen schwierigen Kunst des Fouragirens. Nach Beenvigung des Krieges, aus dem er unversehrt Henn kehr le, nahm Harrison in Indiana polis sofort seine Advokatur wieder auf und beteiligte sich dabei auch eifrig am politischen Leben, in dem er bald eigen großen Einfluß gewann. Später wurde er in den Senat geschickt. Als Advokat hatte er einen umfangreichen Geschäftskceis und genießt er noch gegen wärtig eines bedeutenden Ansehens. Deutsches Reich. Der in Elsaß-Lothrinzen entstandene Plan, das Andenken des Kaisers Friedrich durch Errichtung eines Denkmals auf dem Schlacht felde von Wörth zu ehren, hat die kaiserliche Ge nehmigung gefunden. In den letzten Tagen hat sich in Beilin ein Komitee zur Betreibung der Angelegen heit gebildet, zu welchem viele angesehene Männer aus allen Berufskceisen ihren Beitritt erklärt haben. Der Erlaß eines öffentlichen Ausrufs zu Beiträgen für das Denkmal steht in naher Aussicht. Zur Vermählung der Prinzessin Sophie mit dem Kronprinzen von Griechenland schreibt die „Post", daß deren Trauung vor der Abreise nach Athen in Berlin durch Prokuration vollzogen werden wird. Die Stelle des Kronprinzen von Griechenland wird Prinz Heinrich einnehmen, der mit der Kaiserin Friedrich die Schwester nach Athen bringen wird, so daß also die Prinzessin Sophie schon als Kronprinzessin von Griechenland den griechischen Boden betreten wird. Die wirkliche Hoch zeit findet in Athen statt. In verschiedenen Blättern wurde die jüngste An wesenheit des württembergischen Ministers v. Mittnacht in Berlin mit angeblichen Verhandlungen in Verbindung gebracht, welche die Herstellung eines staatsrechtlichen Definitivums im Herzozthum Braunschweig bezweckten; es würde sich nach diesen Andeutungen um die end gültige Uebernahme der Herzogswürde durch den jetzigen Prinz-Regenten handeln. Das Gerücht, für welches kein anderer irgendwie gearteter Anhalt vorliegt, sei hiermit einfach verzeichnet. Der RachtragSetat liegt nunmehr dem Bundes- rathe vor. Der Nachtrag ist in Ausgabe und Ein nahme auf gegen 22 Millionen Mark, welche dem Reichshauptetat für Vas laufende Rechnungsjahr hin zutreten würden, abgeschloffen. Es werden davon die Verwaltungen des ReichsheereS, der Marine, des Reichs schatzamtes, des Auswärtigen Amtes und der Reichs schuld berührt. Der Entwurf eines neuen Zucke» steuergesetzes ist an den Bundesrath gelangt. Derselbe ist aber zunächst nur als Probe bestimmt, um nach Begutachtung durch den Bundesrath denjenigen Staaten vorgezeigt zu wer den, welche sich geneigt erklärt haben, das auf der Londoner Conferenz getroffene Abkommen zur Beseiti gung von Zuckerprämien vom 1. September 1891 ab zu verwirklichen. Zur Frage des Sozialistengesetzes wird jetzt offiziös gemeldet: Entgegen den bisherigen Absichten soll doch die Ueberführung des Sozialistengesetzes in das gemeine Recht versucht werden. Eine Vorlage für die laufende Session ist in Arbeit. Die freie Kommission des Reichstages zur Vorbe- rathung her Beschlüsse erster Lesung der Alters- und JnvaliditätS-Vorlage für die zweite Lesung ist am Mon tag zusammengetreten. Die Verhandlungen der Kom mission werden vertraulich gepflogen. Hauptmann Wißmann ist bei den ägyptischen Be hörden um die Erlaubniß eingekommen, etliche Suda nesen für Dienstleistungen in dem Polizeikoips, welches er für Sansibar zu organisiren gedenkt, anwerben zu können. 4S. Jahr«. - -- -- - Oesterreich-Ungarn. Die Pester Straßen kundgebungen gegen das neue Wehrgesetz, welche für einige Zeit aufgehört hatten, haben wieder begönne». Bon einer Anzahl Studenten fand eine lärmend« Demonstration vor den Wohnungen mehrerer Abge ordneten statt. Später wurde die Menge von berittene» Konstablern zerstreut, wobei sechs Studenten verhaftet worden sind. Frankreich. Das Ministerium Tirard eilt, so scheint eS, von Eifolg zu Erfolg. ES hat mit einer für seine Verhältnisse ungewöhnlich ansehnlichen Mehr heit eine» parlamentarischen Angriff der Patrioten- liguisten durch Einheimsung eines Vertrauenvotums parirt, und steht auch mit der öffentlichen Meinung außerhalb der Kammer auf leidlich gutem Fuße. Con stans festes Auftreten gegen verfassungswidrige Umtriebe von rechts und links hat sowohl den Ordnungsfreun den als den Oidnungsgegnern gewaltig imponirt und die weitere Verschärfung der Gegensätze für den Augen blick zum Stillstand gebracht. Die Furcht vor dem Boulangismus macht die Parlamentsmehrheit gefügig; es fragt sich dabei allerdings immer noch, ob dre Älbst- zucht dieser letzter» von Dauer sein wird, wenn eS sich zeigen sollte, daß die Patriotenliga durch ConstanS ernst lich außer Gefecht gesetzt ist. Aus Paris meldet man der „Nat.-Ztg": Di« „Räpublique franxaise" drückt berechtigtes Erstaunen über die Thatsache aus, daß der englische Botschafter Lytton eingewilligt habe, am letzten Sonnabend bei dem Marquis Breteuil mit Boulanger zu diniren. Zweck des Diners wäre gewesen, den Botschafter zu bestimmen, ein Zusammentreffen BoulangerS mit dem Prinzen von Wales zu vermitteln, der in den nächsten Tagen, von Cannes zurückkehrend, Paris passirt. England. Das Unterhaus hat den von der Opposition beantragten Zusatz zu der an die Königin zu richtenden Adresse, welches die jetzige Verwaltung Irlands heftig tadelt und Maßnahmen fordert, die geeignet seien, die Zufriedenheit des irischen Volkes und eine wirkliche Union Großbritanniens und Irlands herbeizuführen, mit 339 gegen 260 Stimmen abgelehnt. Nachdem Pigott, der Fälscher der Parnellbriefe, sich durch Selbstmord selber gerichtet und damit sein Ver brechen eingestanden hat, wird eine ganze Reihe von Verleumdungsproz-ffen von irischen Abgeordneten gegen die „Times" angestiengt werden. Alle, sowohl Parnell, wie Davitt und O'Kelly, werden natürlich einen riesigen Schadenersatz fordern. Selbst Patrick Egan, der frühere Schatzmeister der Landliga, wird von Amerika aus die Kasse der „Times" auf gerichtlichem Wege in Anspruch nehmen. Italien. Mit der Bildung seines neuen Kabi- nets stößt Crispi auf Schwierigkeiten; besonders für das schwierige Amt des Finanzministeriums will sich keine geeignete Persönlichkeit finden lassen. Holland. Der Vorstand der luxemburgischen Kammer hatte am Freitag eine Konferenz mit der Regierung zur Berathung von Maßregeln im Falle einer eventuellen Thronerledigung beim Ableben deS Königs. Nach einer Aussage des Professors Rosenstein und der behandelnden Aerzte haben die Kräfte des KönigS nicht merkbar abgenommen; eine unmittelbare Gefahr bestehe nicht, doch ist das Allgemeinbefinden beunruhigend, da Anzeichen von U ämie vorhanden sind. Rutzla, d. Wie „Daily News" erfahren, trägt sich Rußland do» Mil feindlichen Absichten gegen Afgha nistan. Daß wirklich russtscherseits weitgehende Pläne bezüglich Mittel-Asiens verfolgt werden, ersteht man schon vcuaus, daß Rußland an den Schah die Forde rung gestellt hat, den Weiterbau der russischen Eisen bahn bis ins Herz Postens zu gestatten. In London ist man begreiflicherweise hierüber sehr verstimmt. Afrika. Einer Meldung de „B T" au« San sibar zufolge, hat am Sonntag dec eia ernstes Gefecht stattgesunden, in iyel-de-a oi< deutschen Truppen mehrere Geschütze eroberten. Ern,.w Serücht zufolge soll der Häuptling der Rebellen, Buichcri, ver wundet wo-den sein. Zuverlässiges war hie.über «och nicht in Ersah'ung zu bringen. Reuters Bureau erhält aus Kairo die -Meldung, daß Emm Pascha die Mahdisten abcrma ' i-estgt hat. Er erbeutete d,ei Dampfer und hat die mahoistische Expedition aufgelöst. . " , Berickt über di- Eladtverrn ^nete«- Litzung vom 5. Vt«, r (Nachdruck nur mit Angabe L > S <-« n ttet.) In der am Dienstag t- >n d<S Herrn Rendant Thost adgehaltenen rtzrng . r Stadt-