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Sachsen war und für die gleich« Körperschaft in Bayern kandidnte, will jetzt seinen Sitz im sächsische» Landtage seinem Parteigenossen Liebknecht abtreten; dafür hofft er um so sicherer, bei der nächsten Landtagswabl in Bayern ein Mandat zu erlangen. Ruf den Ruhm, Angehöriger zweier deutsche» Bundesstaaten und Einzel landtage zu sein, will der Herr also in Zukunft ver zichten. — Die gegen Unfall versicherten Arbeiter mögen hiermit darauf hingewiesen sein, daß noch mehrfachen endgiltigen Entscheidungen deS ReichSversicherungsamteS die EntschädigungSpflicht einer Berufsgenofsenschast für die Folgen eineü Betriebsunfalles dann wegsällt, wenn der Verletzte einer ausdrücklichen ärztlichen Anordnung zuwider, ohne Grund das Krankenhaus verläßt, und wenn dieses Zuwiderhandeln nach glaubhafter, sachver ständiger Versicherung zur Folge hat, daß der Heilungs prozeß, welcher sonst ein vollständiger, jedweve Erwerbs unfähigkeit ausschließender gewesen wäre, derart unter brochen wird, daß eine theilweise Erwerbsunfähigkeit zurückbleibt. Ist, wenn völlige Wiederherstellung des Verletzten von vornherein ausgeschlossen war, die Durch führung deS Heilverfahrens durch Zuwiderhandlung gegen ärztliche Anordnungen vereitelt worden und in folgedessen ein höherer Grad von Erwerbsunfähigkeit hinterblieben, als nach Ausspruch des behandelnden ArzteS mit Sicherheit zu erwarten gewesen wäre, so hat der Verletzte nur Anspruch auf Rente nach dem jenigen Prozentsätze seiner Erwerbsunfähigkeit, welche bei ungestörte« Heilungsprozesse sich ergeben haben würde. Die theilweise, beziehentlich höhere Erwerbs unfähigkeit ist in solchen Fällen nicht sowohl die Folge deS Betriebsunfalles, als vielmehr der freien Hand lungsweise des Verletzten. — Die preußischen Eisenbahndirektionen sind durch Ministerialerlaß darauf hingewiesen worden, daß die Thiere, welche m Käfigen zur Beförderung gelangen, sehr leicht Verletzungen ausgesetzt find, wenn die Bau art der Käfige es ermöglicht, daß einzelne Köipertheile zwischen den Latten hervorgestreckt werden können. Die Versender sollen hierauf aufmerksam gemacht und zur Verwendung möglichst zweckmäßiger Käfige angehalteu werden; empsohlen wird, den Boden und die untere Hälste der Käfige durch Weidengeflscht., leichte Bretter oder dergleichen zu bilden, oder mit einem breiten Streifen starker Leinwand zu umkleiden. Käfige, deren Bauart die darin befindlichen Thiere der Gefahr erheb licher Verletzungen besonders ausgesetzt erscheinen läßt, sollen künftig nicht zur Beförderung angenommen werden. Bobersen. Am vergangenen Sonntage hielt der Männergesangverein von Bobersen im prächtig decorirten Saale des Gasthofes sein diesjähriges Stiftungsfest ab, zu welchem auch viele Gäste eingeladen waren. Das selbe bestand der Hauptsache nach in Concert, Theater und Ball. Die Gesangsvorträge, Chorlieder wie Solo gesänge, zeugten von Mühe und Fleiß und ernteten verdienten Beifall. Die Posse mit Gesang „1733 Thal« 22'/z Ngr." von Jacobson setzte bei sicherem Vorzüglichem Spiel, da die einzelnen Rollen in den besten Händen waren, die Lachmuskeln aller Anwesen den in Bewegung. Das sinnig vorgetragene Duett, „der goldue Hochzeitsmorgen", sowie das darauf folgende, denselben darstellende „lebende Bild" unter bengalischer Beleuchtung verfehlten ihre Wirkung nicht und riefen stürmenden Applaus hervor. Nach gemeinschaftlicher Tafel, gewürzt mit den üblichen Toasten und einem Lafelliede widmete man sich dem Tanz, der die Theil- nehmer bis zum andern Morgen beisammenhielt. Die Küche, billig und gut, ließ nichts zu wünschen übrig. Das ganze Fest verlief in schönster Harmonie und Ge- müthlichkeit. Möge der Verein, der von wacker n Händen geleitet wird, weiter wachsen und gedeihen! Zeithain. Während den Forstverrvaltungen der Kieferspinner recht große Sorgen und großen Schaden verursacht, ist das Auftreten desselben dnsmal im gewissen Sinne gerade der Landwirthschaft sehr Vortheilhaft. Die Forstverwaltungen, vornehmlich die königliche in Gohrisch, machten die größten Anstrengungen, der Raupen Herr zu werden. Hunderte Arbeiter schälen die Rinde der Bäume, d. h. sie schälen nur die Schale glatt. Sobald warme Witterung eintritt, sollen dann Theerringe um die Bäume gestrichen werden, damit " auskriechenden Raupen kleben bleiben. Jetzt halten Raupen in der am Boden liegenden Waldstreu 'n Baum oft viele Hundert. So ungern " Waldstreu abgeben, ja eine Frage der Streu, die unter dem Mangel an haben, wurde anfänglich abschlägig -en dieselben Forstverwaltungen jetzt Streu ganz billig abgegeben. Die allerdings auf diese Weife in die Gehöfte wrdrn, wüsten aber »«kommen, und -er Wald bleibt verschont. Beisuche, dies« Raupen durch Frost zu vertilgen, stad gänzlich gescheitert, sobald ma- eingefrorene Raupen aufthaute, waren sie auch gleich wieder lebendig. So ist der Laudwirth zu billiger Streu gekommen und kann sorgenloser der Zukunft entgegensehn. In den Wäldern war eS die letzte Zeit gleich einem Ameisenhaufen. Hundert« von Arbeitern rechten die Streu, während di« Wagen mastenhaft den Gehöften die Streu zusührten. Streumen-Lichtensee. Der dem nunmehr verstorbenen Pfarrer während seiner Krankheit beige gebene Vikar Herr Teichmann wurde uns ganz plötzlich genommen (da jetzt Vakanz eingetreten ist) und als Vikar nach Berthelsdorf bei Herrnhut beordert. Leider hat genannter Herr die Stelle noch im letzten Augen blicke ausschlagen müssen, da er erkrankt und ernen achtwöchentlichen Urlaub angetreten hat. Große Lrebe halte sich derselbe in der kurzen Zeit seines Hierseins in seinen Gemeinden erworben, sodaß in den Gemeinden der einstimmige Wunsch besteht, Herrn Teichmann als ständigen Geistlichen einführeo zu können. Schon hat der Herr Kirchenpatron sammt den Kirchenvorständen die nöthigen Schritte zur Erfüllung des einstimmigen Wunsches gethan. Tiefenau. Daß solche Ausschreitungen wie in Großenhain auf das bürgerliche Leben nicht ohne Ein fluß bleiben, daß sofort bei geringem Streit „Blank" gezogen wird, und wenr.'s kein Säbel ist, so rsr's das Messer, zeigt folgender Fall: Bei der letzten Tanzmusik in Trefenau kam es auch zu einer Schlägerei. Bald spielte das Mester die Hauptrolle. Einer, der mit demselben übel zugerichtet worden war, mußte auch vom Platze getragen werden. Bei Vernehmung des Thäters war er dem Gendarm gegenüber in höchster Weise frech und roh. Brüstete sich ja einer der Schläger oft damit: „Ja, wie ich Soldat war, da haben wir manchen eins mit dem Säbel ausgewlscht, Blut mußte fließen!" (Elbthaib.) Lommatzsch, 11. Februar. Gestern Voinntlag 9 Uhr erfolgte in unserer Stadtkirche die feinlrche Einweisung des neuen Pfarrers Richard Gündel du ch den Ephorus vr. xkil. Kohlschütter. Durch Herrn Diakouus Voigt erfolgte die Verlesung des Gündel- schen Lebenslaufes, welchem zu entnehmen war, baß der Eingewiesene am 10. November 1848 zu Johann georgenstadt geboren ward, und nachdem er die Abiturientenp-üfung bestanden, von Michaelis 1867 an auf der Landes-Universität zu Leipzig sieben Se mester Theologie studirte. Vier Jahre später unterzog er sich daselbst der (ersten) theologischen Candidaten- priifung und wurde 1873 Nachmittagsprediger an der St. Pauli-Kirche zu Leipzig.* Nachdem er in demselben Jahre zu Dresden die (zweite) Wahlsähigkeitsprüfung bestanden, wurde er 1874 al« Pfarrer zu Lauenstem angestellt und als solcher 1880 nach Schönbrunn bei Wolkenstein versetzt, woselbst er bis jetzt 9 Jahre lang ununterbrochen gewirkt hat. Herr Pastor Gündel hielt auf Grund des Textes Evangel. Matth. 20. Cap., 1. bis 16. Vers seine Antiittspredigt, in der er aus- sührte 1. die Zelt, 2. den Ort und 3. die Gefährten der Verklärung Jesu Christi. Dresden, 11. Februar. Vorgestern verstarb einer der ältesten, noch im aktiven Dienst stehenden Offiziere der sächsischen Armee, der Abtheilungsvorstand im hiesigen Montirungsdepot, Hauptmann v. d. Armee Freiherr von Bülow. Der Tod ereilte ihn ganz plötz lich, und zwar infolge eines Herzschlages, der ihn nach der Rückkehr aus dem Dienst beim Abendessen traf, v. Bülow war bereits im Jahre 1849 als Oberlieute nant der reitenden Artillerie in den Pensionsstand ge treten. Vor 4 bis 5 Jahrzehnten galt v. Bülow als einer der reichsten Kavaliere und erlangte er damals eine gewisse Berühmtheit durch seine mit einem Vier spänner von Sachsen nach Paris ausgeführte Hoch zeitsfahrt. Dresden, 11. Februar. Vor der II Straf kammer des hiesigen königl. Landgerichts erschien heute die 23 Jahre alte, schon mehrfach vorbestrafte Hand arbeiterin Amalie Ernestine Dietze aus Riesa, um sich wegen wiederholten Rückfalldiebstahls zu verantworten. Die Angeklagte wurde für schuldig erkannt, zunächst am 16. December v. I. dem Handarbeiter Sachs in Riesa, welchem sie die Wirtschaft führte, auS einer unverschlossenen Lade neun Mark baares Geld, außer dem am 9. v. M. zu Sageritz bei Riesa dem Hand arbeiter Polster ein Paar Schuhe und eine Wurst, so wie der Zeugin Münzinger rin Tuch entwendet zu haben. Daß die Dietze während der Nacht zum 18. Der. v. I, dem Kutscher Engelhardt in Riesa einen Geldbetrag von 5 Mk. weggenommen, erachtete das Gericht nicht für festgestellt; dasselbe verkannte aber nicht, daß sehr erheblicher Verdacht gegen die Angeklagte vor liegt, auch diesen Diebstahl begangen zu haben. DaS Urtheil lautet« wegen wiederholten Rückfalldiebstals in zwei Fällen, unter Ausschluß mildernder Umstände, auf 1 Jahr 4 Monat« Zuchthaus, 3jährigen Ehren rechtsverlust und Stellung unter Polizeiaufsicht. Die III. Strafkammer deS hiesigen königl. Land gerichts beschäftigte heute zunächst eine Untersuchungs sache gegen den 25 Jahre alten, schon mehifach vor bestraften Handarbeiter Ernst Julius Hofmann au» Weida bei Riesa wegen Diebstahls und Betrugs. Nach den Ergebnissen einer sehr umfänglichen Beweisauf nahme und trotz deS hartnäckigen Leugnens des Ange klagten wurde derselbe für schuldig erkannt, im Laufe deS vorigen SommerS seinem damaligen Dienstherrn, dem Gutsbesitzer Behrisch in Weida, nach und nach elf leere Getreidesäcke und 78 Pfund Gerste, sowie im December v. I. in Riesa einem Agenten eine Peitsche gestohlen zu haben. Daß Hofmann dasjenige Behält- niß, in welchem sich die Gerste befunden, erbrochen, wie ihm zur Last gelegt wird, erachtete das Gericht nicht für erwiesen. Außerdem hat der Angeklagte am 9. November v. I. einen Gastwirth in Kobeln bei Meißen dadurch um Branntwein und Wurst geschädigt, daß er demselben vorschwindelte, der Gutsbesitzer Beh risch werde dafür Zahlung leisten. Hofmann wxrde wegen wiederholten Rückfalldiebstahls und wiederholten Rückfallbetrugs, unter Ausschluß mildernder Umstände; zu 2 Jah.en Zuchthaus und 4jähnger Ehrenrechtsvei lust verurtheilt, auch seine Stellung unter Polizeiauf sicht für zulässig erklärt. Königsbrück, 10. F-bcuar. In Königsbrück hat auf Anregung des Bürgermeisters Heinze der Stadt- gemeindcrath in seiner Sitzung vom 8. Februar be schlossen, an Stelle von Festlichkeiten zur Wettinfeier eine Sammlung unter der Einwohnerschaft zu veran stalten, deren Ertrag mit zu »erhoffender Alle,höchster Genehmigung unter dem Namen Wettinstiftung derge stalt in städtische Verwaltung genommen werden soll, daß der Zinsertrag alljährlich am Geburtstage des Königs an O-tsa>me vertheilt werde. Bautzen, 10. Februar. Die großen Hoffnungen, welche man auf den hierselbst stationirten Schneepflug der Staatsbahn, dec erst vor wenig Tagen zum ersten Mal in der bewährtesten Weise zur Verwendung kam, sind mit heute vollständig vernichtet worden. Nachdem derselbe am heutigen Morgen zur Säuberung der Linie Bautzen-Wilthen mittelst zweier Locomoliven in Tätig keit gesetzt worden war, und die Wehen zwischen Bautzen und der Haltestelle Singwitz glücklich du'chbrochen hatte, versuchte man mit demselben die Rückfahrt, die jedoch ungünstiger verlief. Unweit des Torfes Boblitz ent gleiste bei Gelegenheit der Durchbrechung einer bedeuten den Schneewehe der Pflug, umschlug sich, zertrümmerte die Zugsstange und einen Puffer der Locomolive und flog, durch die gewaltige Kraft zweier Maschinen ge trieben, neben den Bahnkörper. Der Führer der ersten Maschine wurde durch den Anprall sofort von derselben heruntergeschleudert, stürzte aber glücklicherweise in den Schnee und blieb unverletzt. Die Strecke Bautzen- Wilthen ist infolge dieses Ereignisses seit heute Morgen vollständig unfahrbar. — Ein recht bedauerlicher Ün- glücksfall ereignete sich am gestrigen Abend auf der Haltestelle Sinzwitz, indem dortselbst kurz nach Abgang des Zuges der in der hiesigen Lausitzer Maschinenfabrik beschäftigte Arbeiter Schulze, Wittwer und Vater dreier kleiner Kinder, auf dem Bahnkörper mit abgefahrenen Beinen und schrecklich Verletzt, aber noch lebend aufge funden wurde. S. wird als ein solider, ordentlicher Mann geschildert, welcher vermuthlrch beim Abgang des Zuges durch den Sturm zum Falle gekommen und gegen den Zug geschleudert worden ist. Der Verun glückte ist nach kurzer Zeit verstorben. Bautzen. Am 10. Februar wurde in der Petri- kirche ein hochbetagtes Ehepaar, Instrumentenbauer Gustav Herberg und Frau, an seinem 50. Hochzeits tage an demselben Altäre wieder feierlich eingesegnet, an dem es einst getraut worden war. Das Jubelpaar, welches auch längere Zeit in Amerika gelebt hat und gegenwärtig 8l, bczw. 78 Jahre zählt, erfreut sich noch einer seltenen Frische und Rüstigkeit. Franke »berg. Die königl. Kieishauptmann- schaft Zwickau hat dem hiesigen Maurer Friedrich Her mann Wenzel für die am 22. Dezember 1888 mit Muth und Entschlossenheit bewirkte Rettung der in der Nähe der Rothfarbe hier in die Zschopau gefallenen 7 Jahre alten Fanny Weber auS Niederlichtenau vom Tode deS Ertrinkens eine Prämie von 50 Mark be willigt. Anna berg. Die goldene Hochzeit feierte am Sonntag der pensioairte Postschaffner Müller mit seiner Gattin. Der Jubilar erfreut sich noch voller Rüstigkeit, während seine treue Lebensgefährtin leider durch schwere» Leiden schon geraume Zeit an das HäuS gefesselt ist. Die Einsegnung m-' »aber im H^use