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Beilage zum „Klkeblatt und Anzeiger " Ift. Dienstag, den 22. Januar l88S. 42. Jghrg. TageSgeschichte. Die dem BundeSrath nunmehr zugegangene ost afrikanische Vorlage ist so einfach und in ihren Forderungen so bescheiden, daß deren glatte Annahme durch den BundeSrath wohl zweifellos ist. Auch der Reichstag dürfte sie, freilich erst nach langen, bewegten Erörterungen über die Colonialpolitik im Allgemeinen, ohne CommisstonSberathung unverändert anoehmen. Wie dem „Dr. An,." mrtgetheilt wird, war diese Vor lage in ihrer ursprünglichen Gestalt nickt ganz einwandS- frei. Sie ist indessen nach den Besprechungen des Fürsten Bismarck mit den Vertretern der Mehrheits parteien deS Reichstages wesentlich abgeändert worden. Daraus erklärt sich auch die Verzögerung in der Zu stellung der Vorlagen an den BundeSrath. Eine be sondere Schwierigkeit bereitete den Verfassern des Ent wurfs die künftige Stellung deS Hauptmanns Wißmann in Ostafrita. Wenn dafür in der Vorlage die Bezeich nung eines Reichskommissärs gewählt worden ist, so leuchtet ohne Weiteres ein, daß dies nur ein Berlegen- heitsousdruck ist, der eigentlich gar nichts besagt. Ein „R.ickskommisiar" würde neben dem kaiserlichen Gene ralkonsul in Sansibar recht bald eine sehr untergeord nete Rolle spielen und sich kaum Geltung zu verschaffen wissen. Es verlautet denn auch aus Regierungskreisen mit Bestimmtheit, daß dort die Anschaffung vorherrsche, Hauptmann Wißmann werde zwar zunächst nur als „ReichSkommissar" noch Sansibar gehen, aber daselbst binnen Kurzem der Nachfolger des jetzigen Generalkonsuls Michahelles werden. Daraus erkläre es sich auch, wes halb die thatsäch erfolgte Abberufung des letzteren vor läufig nicht amtlich bekannt gemacht werden solle. Herr Michahelles würde solange noch in seiner Stellung ver bleiben, bis Hauptmann Wißmann in Sansibar ein- getrofsen sein und sich endMig erklärt haben werde, ob er bereit sei, die Stelle eines kaiserlichen General konsuls daselbst zu bekleiden. Vielleicht wird die bevor stehende Reichstagsverhandlung, an welcher sich in der Thal auch Hauptmann Wißmann als Bundeskommifsar persönlich zu betheiligeu gedenkt, über diesen sehr wich tigen Punkt näheren Ausschluß bringen. Deutsches Reich. Am Freitag ertheilte der Kaiser vor dem Ordenscapitel vom Schwarzen Adler folgenden sechzehn Rittern die Investitur: Prinz Friedrich von Hohenzollern, Erbgroßherzog von Hessen, Prinz Wilhelm von Hessen, Fürst zu Schwarzburg- Rutolstadt, Kürst Hohenlohe, Grafen Friedrich und Wilh.lm v. Brandenburg, Botschafter Prinz Rcuß, Graf zu Dohna-Schlobitten, Graf Otto zu Stolberg- Wernigerode, Botschafter General von Schweinitz, Justizminister Dr. v. Friedberg, Minister v. Maybach, General V. Schlotheim, Reichsgerichtspräsident v. Simson, Staatsminister v. Puttkamer. Ein Londoner Telegramm des „Kieler Tageblatts" meldet, die Kaiserin Friedrich treffe Mitte Februar auf der Dampfjacht der Königin Viktoria von Eng land in Hamburg ein und begebe sich von dort nach Kiel. Im Befinden des Chefs der Admiralität Grafen MontS ist leider wieder eine Verschlimmerung einge- treteu. Die Professoren Bergmann und Gerhardt haben eine Magenoperation an ihm vorgenommen. In wohlunterrichteten Kreisen wird trotz des zeit lichen Zusammentreffens deS Rücktritts des Justiz- ministerS v. Friedberg mit der Veröffentlichung der Anklageschrift gegen Geffcken bezweifelt, daß ein Zu sammenhang der beiden Vorgänge besteht. Am Freitag erst ist die erwartete Vorlage betr. Ostafrika an den BundeSrath gelangt. In derselben wird für Maßregeln „zur Unterdrückung deS Sklaven handels und zum Schutze deutscher Interessen in Ost afrika" eine Summe bis zur Höhe von 2 Mrll. Mark gefordert; zugleich soll ein Reichscommissar zur Aus führung jener Maßregeln nach Sansibar entsandt werden. Die Abgg. v. Benda und Mrtöffen haben im Reichs tage folgenden Antrag ekWbracht: „Der Reichstag wolle beschließen: Die Verbündeten Regierungen zu er suchen, behufS einheitlicher und beschleunigter Ent scheidung von Tarifstreitigkeiten die Errichtung eines Reichs-Zvlltarif-AmtS in Erwägung zu ziehen." Zur zweiten Berathung des Etats deS Reichsamts des Innern hat der Abg. Bebel folgenden Antrag ein gebracht : „Der Reichstag wolle beschließen: Di« ver bündeten Regierungen zu ersuchen, in Zukunft die Jahresberichte der mit der Beaufsichtigung der Fabriken betrauten Beamten in wörtlichem Abdruck dem Reichs tage zur Kenntniß zu bringen." vom Reichstag. Bei Gelegenheit der Be rathung deS PostetatS kamen zahlreiche besondere Wünsche auS dem Hause zur Sprache. Die Auf besserung der Gehälter der Unterbeamten und die An stellung derselben als ordentliche Beamte in größerem Umfange, die Verbilligung der Postnachnahme- Senvungen und deS Drucksachen-PortoS wurden ange regt. In letzterer Beziehung wurde eine Petition de» Buchhändler-VereinS in Leipzig, welche die Herabsetzung deS PortoS für Drucksachen von 50 bis 100 Gramm von 10 auf 5 Pf. verlangt, der Regierung zur Kenntnißnahme überwiesen. Staatssekretär v. Stephan gab einige sehr interessante Zahlen über den Tele graphen- und Telephon-Verkehr und sein Commissar Oberpostdi'ector Fischer beantwortete die an ihn ge stellten F agen mit großem Wohlwollen. Beim Etat der ReichSdruckerei fanden sich ebenfalls nur gering fügige Punkte zur Anknüpfung einer Debatte. ES wurde eine größere Auflage der Patentschriften verlangt und Beschwerde geführt, daß das Institut ihm nicht zukommende Druckurbeiten besorge. — Am Sonnabend stand zur Tagesordnung der Etat deS Reichsamts deS Innern. Auf mehrere Anfragen erklärte der Staats minister v. Boetticher, die Vorlage zur Verhütung des übermäßigen Genusses geistiger Getränke werde dem Reichstage baldigst zugehen. Der Erlaß eines Reichs- vereinsgcsetzes werde erneut in Erwägung gezogen werden, ebenso die einheitliche Regelung des Lager- scheinw-sens. Abg. Bebel sprach sich gegen die Gehalts erhöhung für den Staatssekretär des Innern aus, b-rntragte die Veröffentlichung der Berichte der Fabrik- inspikloren im Worrlaute und forderte eine umfassende Lohnstatistik. Staatssekretär v. Maltzm, sowie die Abzz. V. Bennigsen und Windthorst traten für die Gehaltserhöhung deS Staatssekretärs de« Innern ein. Abg. v. Staufftnberg wünschte sanitäre Vorkehrungen zum Schutze der mit Quecksilber beschäftigten Arbeiter. Minister v. Boetticher erwiderte, d^-ß die Regierungen beschlossen, im Verordnungswege für Beschäftigung in hohen lustigen Räumen, Abkürzung der Arbeitszeit und Verhinderung des Zerstäubens des Quecksilbers Vor sorge zu treffen. Die BerichtSform der Fabrikinspectoren anlangend, so sei das Verlangen nach Berichten über haupt gering, von der vorhandenen Auflage sei trotz der Preisherabsetzung noch die Häufte vorhanden. Die Berichte würden bei noch größerem Umfange noch weniger begehrt werben. An der weiteren, vorwiegend um die Fabnkinsp.ctocen sich drehenden Debatte nahmen der bayrische Bundesbevollmächtizte Landmann, der sächsische Bundesbevollmächtigte Boetticher, sowie die Abg. Hartmann, Baumbach, Hitze und der Minister v. Boetticher Thcil. Der Titel ward gegen die Stimmen der Socialdemokraten angenommen, der Antrag Bebels abgelehnt. Bei dem Titel über Hoch seefischerei erklärte Abg. Hermes einen Antrag, die dem Fischereiverein zugedachten 30000 Mk. auf 50 000 Mk. zu erhöhen, einzubrinzen. Geheimrath Weymann sagte eine wohlwollende Prüfung desselben zu. Die Position wurde bewilligt, desgleichen der Rest des Etats. Oesterreich-Ungarn. Die liberale Partei iu Ungarn scheint sich noch in letzter Stunde eines anderen zu besinnen; die Annahme deS neuen Wehr- gesetzeS scheint jetzt gesichert. Frankreich. Viele deutschen Einrichtungen werden in Frankreich schleunigst nachgeahmt. Jetzt sollen zehn Dragoner-Regimenter je zur Hälfte ver suchsweise mit Lanzen bewaffnet werden. Die Reibungen zwischen den französischen und italienischen Arbeitern wollen kein Ende nehmen. Am Donnerstag geriethen wieder in Vassy 300 französische Eisenbahnarbciter mit italieniscken Arbeitern in einen Kampf, wobei zwei Italiener verwundet wurden. Durch das Eingreifen der Gendarmen gelang es, Abends die Ruhe rvieberherzustellen. Dänemark. Im Folkething scheint die unver söhnliche Richtung Oberhand zu gewinnen. Die Majorität trägt sich mit dem Gedanken, daS Ministe rium Estrup wegen der verausgabten acht Millionen zur Befestigung Kopenhagens unter NeichSgericktS-An- klage zu stellen. (DaS dänische Reichsgericht hat schon einmal, in der Steuerverweigerungsfrage s, gegen die Opposition entschieden.) Rußland. In diesen Tagen hat ein Abge sandter aus Petersburg in Neapel und in dessen Nähe verschiedene Billen in Augenschein genommen, um eine Residenz für die Kaiserin von Rußland ausfindig zu machen, für die ein Wechsel de« Aufenthaltes immer dringender erscheint, wenn ihr durch die Eisenbahn katastrophe bei Borki erschüttertes Nervensystem nicht eine gänzliche Zerrüttung erfahren soll. Amerika. Washington. Der. Bericht über den Gesetzentwurf, betreffend die Einwanderung, ist von der betreffenden Commission deS Repräsentanten hauses vorgelegt worden. Der Gesetzentwurf beantragt, an der Einwanderung in daS Gebiet der Bereinigten Staaten Arme, Unzurechnungsfähige, wegen verbrechen Bestrafte, ferner «narchrsten und Socralrsten und solche Personen zu verhindern, welche mit gewissen Krank heiten behaftet sind, endlich Arbeiter, welche keinen Vertrag über Beschäftigung besitzen, im Uebrigen allen Fremden eine Einwanderungs-Steuer von 5 Dollars aufzuerlegen. Dieselben müssen außerdem im Besitze von Beurkundungen seitens der Vertreter der Ber einigten Staaten im AuSlande sein. Der den Gesetz entwurf begleitende Bericht der Commission weist da rauf hin, daß viele Arme und selbst Verbrecher von ihren Behörden mit Mitteln zur Auswanderung ver sehen würden. In den Vereinigten Staaten hat am Dienstag die gesetzmäßig vorgeschriebene Neuwahl des Präsidenten dec Republik durch die Wahlmänner stattgefunden. Bekanntlich war General Harrison der Candidat der (republikanischen) Mehrheit, die selbstverständlich auch siegte. Vksrnv fiisrmit Wellen der Anna Gäbler auf meinen Namen etwas zu borgen. Emil Münch, Neumarkt Nr. 4. VV Eine Brille mit Futteral "MU ist auf der Bahnhofstraße gefunden worden. Abzu holen in der Oelfabrik Riesa. VE" Zwei größere LogiS "WU in zweiter Etage, für 240 und 250 Mark, getheilt oder im Ganzen zu vermiethen und am 1. April zu beziehen. Wo? zu erfragen in der Exped. d. Bl. Ein Dachlogis, hör, ist zu vermiethen und Ostern beziehbar. Zu erfragen in der Expedition d. Bl. gu-kz7uA?U^ welche schon bei Kindern gewesen ist, wird gesucht. Meldungen zu richten an Frau vr. Froehlich, Riesa, Bahnhofstr. 19. Ein Lehrmädchen berg, Damenschneiderin, Schloßgasse Nr. 2. Lehrlings-GW. Für unser Speditionsgeschäft suchen wir zum Antritt per sofort oder per Ostern a. c. einen mit guten Schulkenntnisscn ausgestatteten, befähigten jungen Mann aus guter Familie als Lehrling. Riesa. Crasselt L Thiem. 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