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Schweinezüchter veranlaßt haben, reichlich Zuchtmaterial anzuschaffen, sodaß bis zur angegebenen Zeit daS An gebet von Mastschweinen so groß sein wird, daß es die hohen Preise von selber drückt. — Nach dem Staatshaushalts - Etat auf die Finanzperiode 1890/91 Titel 2 Kap. 20 der Ueber- schüsse ist die Einnahme auS der Einkommensteuer mit 19,262,900 Mk. aufs Jahr veranschlagt worden, und würde ein ungleich höherer Betrag aufzubringen sein, wenn die Einnahme auS der Landes - Lotterie und Lotterie-DarlehnSkasse weniger als 4,245,557 Mk. und 330,872 Mk. fürs Jahr, wie in Kap. 17 und 18 dec Ueberschllsse veranschlagt worden ist, betragen würden. Dieser Umstand muß für alle Diejenigen, welche Ein kommensteuer zu entrichten haben, und beabsichtigen, sich ein Lotterie-LooZ zu kaufen, bestimmend sein, sich lediglich am Spiele der kgl. sächs. Landeslotterie zu betheiligen und von der Erwerbung von Loosen aus wärtiger Lotterien abzusehen, damit sie ihrerseits nicht dazu beitragen, daß Loose der kgl. sächs. Landeslotterie zum Vorteile anderer Lotterien unabgesetzt bleiben und hierdurch die Einnahmen der kgl. sächs. Landes lotterie und Lotterie-Dahrlchnskafse verringert werden. — Vom Landtag. In der am Montag abge haltenen Sitzung der Zweiten Kammer gelangte das kgl. Deccet, betreffend die Erbauung mehrerer Eisen bahnlinien, zur allgemeinen Vorberathung. Abg Müller-Colditz sprach hierbei sein Bedauern darüber aus, daß die Vorarbeiten für die Linie Walbhcim- Geringswalde-Rochlitz noch nicht fertiggestellt seien; er bat um deren möglichste Beschleunigung, um die wirth- schaftlich hoch entwickelte Gegend bald in den Besitz einer Eisenbahn zu setz.m. Freudig sei auch zu begrüßen, daß für den nächsten Landtag die Herstellung einer Eisenbahn-Verbindung für die westlich von Trebsen gelegenen Steinbruchdistricte in's Auge gefaßt sei. BicepräsiSent Georgi sprach seine Befriedigung darüber aus, daß dem nächsten Laadtage eine Vorlage gemacht werden solle wegen Herstellung einer Eisenbahn verbindung für die Stadt Mylau; hierbei sei nun noch besonders darum zu bitten, bei dieser Gelegenheit auch den unteren Theil von Reichenbach an die Eisen bahn anzuschlicßen. Abg. Opitz schloß sich diesen Wünschen an und beleuchtete sodann die Hohr Bedeutung der pcojectirten Eisenbahnlinie Falkenstein-Muldenberg für die vogtländrsche Industrie, die besonders ihren Grund in der Abkürzung der Entfernung nach dem Falkenauer Kohlenbecken habe. Abg. v. Orhlschlägel war darüber erfreut, daß die Regierung beabsichtige, auch für die Herstellung einer Eisenbahn für die zwischen dem Flöhalhal, der Eisenbahnlinie Freiberg-Moldau und dem Erzgebirgskamm liegende Gegend für die nächste Finanzperiode Vorarbeiten anzustellen. Es werde jedenfalls eine Hauptlinie im Flöhathal gebaut werden müssen mit einer Seitenlinie im Schweidnitz- thal. Redner wünschte sodann Herstellung der Linie Hohenfichte-Eppendorf als Normalspurbahn, nm das Umladen der Spielwaarcn und des Viehes zu ver meiden, wogegen er sich für den Anschluß der Bahn in Oederan nicht erwärmen könne. Nachdem noch ver schiedene Redner an der Debatte Theil genommen und die ihnen besonders naheliegenden Wünsche vertheidigt hatten, wurde das Decret schließlich der Finanzdeputation L überwiesen. Eingegangen ist bei der Zweiten Kammer neuer dings ein von den Abgg. Grahl, Bönisch und Gen. gestellter Antrag: 1. die kgl. Staatsregierung zu er suchen, die Gesinde-Ordnung vom 10. Januar 1835 einer Revision zu unterziehen, dabei namentlich eine Abänderung der W 51, 52, 97 und 105 in Erwägung zu nehmen uud einen dem Ergebnisse der Revision ent sprechenden Gesetzentwurf womöglich noch auf gegen wärtigem Landtag der Ständcversammlung vorzulegen; 2. die Erste Kammer zum Beitritte zu diesem Beschlüsse einzuladen. Grödel. Am Sonnabend hat der Fleischbeschauer Rob. Grundmann in Grödel bei einem dem Gärtner Ernst Heeger daselbst gehörigen Schweine, eigene Mast des Besitzers, Trichinen gefunden. DaS Thier war gegen Trichinen versichert, so daß dem Besitzer ein Verlust nicht erwachsen ist. Kamenz, 2. December. Am 28. November hatte die Tagearbeiterin Johanna verehel. Kühne in Großröhrsdorf, 61 Jahre alt, das Unglück, beim Lehn gutspachter Weber dortselbst durch Ausrutschen mit dem rechten Fuß in d«S Getriebe der Dreschmaschine zu kommen, welcher ihr hierdurch vollständig zerquescht wurde. Die Aermste ist am folgenden Tage im hiesigen Barmherzigkeitsstift, wohin sie wegen uoth- wendiger Amputation gebracht worden ist, an Herz schlag verstorben. Markranstädt, 3. Dezember. Als gestern Mittag mehrere Wirthschaftswagen vom Rittergute Pretzsch den Eisenbahnübergang der Thüringer Bahn passirten, kam der Vormittag 11 Uhr 20 Minuten von Leipzig abzegangene Schnellzug gerade dort ange fahren, während sich der letzte Wagen, ein Lastgeschirr, noch auf dem Bahngleise befand. ES war nicht mög lich, dasselbe noch vollständig über daS Gleis zu bringen, und so geschah eS, daß der Zug mit aller Gewalt auf dasselbe aufstieß und eS überfuhr. Die beiden Pferde wurden sofort getödtet und der Geschirrführer, sowie ein Arbeiter schwer am Kopfe verletzt. Der Schnellzug blieb ohne hauptsächliche Beschädigung und kounte die Fahrt fortsetzrn. Aus dem Elbsandsteingebiet. Der Weltruf, welcher insbesondere den Postelwitzer Brüchen seit etwa einem halben Jahrhundert vorangeht, hat sich nament lich im Laufe dieses Jahres bewährt. Es galt, von hier aus für fast alle Kunst- und Staatsbauten des In- und Auslandes zu liefern, und noch sind die Aufträge nicht alle erledigt, zudem liegt auch bereits für nächstes Frühjahr und folgende Zeiten eine weitere umfängliche Bestellung vor. Eine große Firma, welche in dem Bruchzebiete des oberen Elbthales die meisten und die besten Brüche besitzt, wird auch für den Unr und Neubau des königl. Restdenzschlofsis zu Dresden Sandstein liefern. Chemnitz. Man gedenkt Hierselbst den Haus- haltungsunterricht in die Volksschule einzuführen, um zu verhüten, daß die Mädchen aus dem Volke später ohne alle Kenntniß der HauSwirthschaft in die Ehe eintreten. Als Muster bei dieser Einrichtung, die von Ostern ab zunächst bei der 5. Bezirksschule in der Abtheilung für Mädchen aus den ärmeren Klassen ins Leben treten soll, haben die Kasseler Einrichtungen gedient. Glauchau, 1. Dezember. Die kürzlich in Zwickau unter dem Federvieh ausgebrochene Geflügelcholeca hat sich auch in Glauchau in erschreckender Weise bemerkbar gemacht. Zwickau, 30. November. Ein Stück des alten Zwickau wird in Bälde verschwinden. Die einst vor den Thoren der Stadt, jetzt gerade in dem besonders wechselnden Theile derselben stehende Moritzkirche wird im Laufe der nächsten Jahre abgebrochen werden. Ein stattlicher, der jetzigen Zahl der Eingepfarrten entsprechen der Neubau soll sich an anderer Stelle dafür erheben. Anna berg, 2. December. Die letzte vierspännige Post im Königreiche Sachsen fuhr am 30. November, Abends 9 Uhr 15 Minuten von Annaberg nach Schwarzenberg. Nur wenige Postfahrten werden sich rühmen dürfen, in gleicher Weise von der allgemeinen Theilnahme des Publikums begleitet worden zu sein. Die Eröffnung der neuen Eisenbahnlinie Annaberg- Schwarzenberg, deren Einweihung am genannten Tage Hierselbst festlich begangen ward, hatte die Einziehung jener Personenpost zur Folge. Als die letzte gelbe Postkutsche von dem Postgebäude auf der Klosterstraße abfuhr, hatte sich vor dem letzteren eine große Menschen menge eingefunden, welche durch Tücher- und Hüte- Schwenken ihre Theilnahme zu erkennen gab. Lang sam und gesenken Hauptes als wüßten sie, daß sie diesem Weg heute zum letzten Male machten, schritten die vier treuen Pofipferde vor dem Wagen einher, über den Marktplatz und durch die Buchholzerstraße zum Thore hinaus, und traurig und wehmüthig klangen die Weisen des Posthorns: „Ach, wie ist's möglich dann" und „Muß i denn, muß i denn zum Städtl hinaus". Ein langer Menschenzug begleitete den Wagen bis zum hiesigen Bahnhofe, woselbst Herrn Posthalter Jäger, welcher an der Fahrt mit Theil nah , von einer jungen Dame ein großer Blumen kranz überreicht wurde. In Buchholz, Schlettau, Scheibenberg und allen übrigen Ortschaften, welche der Wagen berührte, wurde derselbe von zahlreich ver sammeltem Publikum bez. mit Musik empfangen, und es war bereits zu vorgerückter Morgenstunde, als der selbe endlich in Schwarzenberg ankam. ß Borna, 2. Dezember. In Berichtigung einer durch fast alle sächsischen Blätter laufenden Notiz über Ungiltigkcitserklärung der hiesigen Stjchtverordnetenwahl, weil von 260 Nbstimmenden 261 Stimmzettel abge geben worben waren, ist mitzutheilen, daß es laut Stadtrathsbeschluß nur zu einer Nachwahl eines dritten Ansässigen kommen wird, da die Wahl der übrigen Stadtverordneten durch eine Stimme mehr oder weniger nicht in Frage gestellt wird. Wurzen, 2. December. Nachdem vor Kurzem die nöthigen Vorarbeiten in Betreff der Gründung eine» Bankinstituts in hiesiger Stadt beendet waren, hat sich am vergangenen Freitag die Bank selbst con- stiuirt. DaS erforderliche BetrieSkapital von 300000 Mk. ist von 56 Bürger» unserer Stadt gezeichnet worden und der 4. Theil zur Einzahlung gelangt. Da» Institut wird den Namen „Wurzener Bank" führen und, wenn möglich, noch im Laufe diese» Monat», spätestens aber am 2. Januar 1890 eröffnet werde«. Geithain, 3. Dezember. Vorgestern früh hat sich die 14 jährige Tochter deS Tischlermeister« Strehle 2 Stock hoch auf die Straße herabtzestürzt. DaS Kind wurde besinnungslos und vermuthlich innerlich schwer verletzt aufgehoben und in ärztliche Behandlung ge nommen. De« Vernehmen nach hat da» Mädchen schon länger selbstmörderische Absichten gehegt und ge äußert; dte Veranlassung hierzu ist noch nicht genügend aufgeklärt. Neueste Nachrichten und Telegramme. Wien, 3. Dezember. Der am Sonntag einge tretene Schneesturm dauert jetzt noch fort; der Verkehr ist vielfach ganz unterbrochen, sonst ungemein erschwert. Mehrere Bahnen haben die Fahrten vollständig ststirt, andere kämpfen mit riesigen Schwierigkeiten, ihre Züge treffen mit vielstündigen Verspätungen ein. Wien selbst ist förmlich im Schnee begraben. Trotz fortwährender Säuberungen sind die Straßen mit ihren kolossalen Schneehaufen kaum fahrbar und noch schwerer gangbar. Die Posten aus Ungarn, aus dem Orient, Galizien, Böhmen und Deutschland sind ausgeblichen. (,B. T/) London, 4. December. Wie dem „Standard" aus Shanghai telegraphirt wird, ist in Wienhien (Provinz Shantung) während einer Theater vorstellung eine Zuschauertribüne zusammen gestürzt, wobei gegen 200 Personen daS Leben einbüßten. Bristol, 4. December. Der Ausstand der hiesigen Dockarbeiter ist durch Vermittelung beigelegt worden. Madrid, 4. December. Wie verlautet, hätte der Finanzminister aus Gesundheitsrücksichten seine Demission gegeben, der Ministerpräsident Sagasta würde interimistisch das Finanzministerium übernehmen. Alexandrien, 4. December. Die egyptische Regierung hat den Dampfer „Mansouah" nach Zanzibar geschickt, um Stanley und Emin Pascha abzuholen. Rom, 3. December. Ein Schreiben Ragazzi'S des Vertreters des Königs von Italien bei der Krönung des Königs Menelik in Antoto am 25. October, bestätigt die Niederlage der Derwische. Pest, 3. December. Zwischen den Abgeordneten Orban und Horvath fand heute Nachmittag ein Pistolenduell statt, welches resultatlos verlaufen ist. Paris, 4. Dezember. Dem Arbeitsminister ist gestern das Gesuch einer englischen Gesellschaft um Er- theilung der Konzession zum Bau einer Brücke über den Kanal zugegangen. Paris, 3. December. Im Senate hat Marcel Barthe den Antrag eingebracht, Preßvergehen gegen den Präsidenten der Republik, die Minister, die Mitglieder der Kammern und alle Beamten den Zuchtpolizeigerichten zu überweisen. New-Uork, 3. December. Dem „New-Uork Herold" ist aus Tsua vom 30. November folgende Depesche von ihrem Spezialberichterstatter zugegangen: Ich traf gestern Nachmittag um 5 Uhr Hierselbst Stanley, Emin Pascha, Casati, Stairs, Jephson, Dr. Parke und Bonney mit 560 Männern, Frauen und Kindern. Ich fand, daß Stanley sehr wohl auSsah; er trägt preußische Militärmütze, leinene Beinkleider, Canevas- schuhe. Ich schenkte ihm eine amerikanische Flagge, die mir anvertraut war; sie ist jetzt auf dem Zelte Stanleys aufgehißt. Stanleys Haar ist ganz weiß, sein Schnurrbart stahlgrau. Emin Pascha ist ein kleiner, brünetter Mann, welcher eine Brille trägt. In der kurzen Unterhaltung, die ich mit ihm hatte, theilte er mir mit, daß er nicht Ehrenbezeugungen wünsche für das, was er geleistet habe. Er wünsche nur in die Dienste des Khedive wieder cinzutreten. — Ich habe Kapitän Casati die für ihn angekommenen Briefe gegeben. Er sieht gut aus; aber die Strapazen, welche er durch gemacht hat, scheinen seine Konstitution ganz unter graben zu haben. Alle anderen Europäer sind wohl. Wir werden Alle morgen zur Küste Weiterreisen. Stanley, Emin Pascha und Casati waren gestern Abend vom Baron v. Gravenreuth in dessen Lager zum MittagS- essen eingeladen. Reden wurden gehalten von Herrn v. Gravenreuth und Stanley; der Erstere beglückwünschte Stanley und Emin Pascha und deren Gefährte« über ihren erfolgreichen Marsch von Central-Afrika au». Stanley antwortete, indem er deutschen Unternehmung»- geist und deutsche civilisatorische Fähigkeiten prie». LrisUcusten — tr. Wegen Raummangel erst in nächster Nummer.