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Beilage r«m „Elbeblatt «NV Anzeiger." 18d. Donnerstag, den 7. November 188S. ^2. Jahrg. Tagesgeschichte. DaS dem deutschen Reichstage über die Verhält nisse in Ostafrika soeben zugegaugeue Weißbuch umfaßt den Zeitraum vom 3. April bis S. November 188S und bringt 21 Aktenstücke zur Kenntniß deS Bunde«» rathS und Reichstags. Eröffnet wird dasselbe mit einer Reih« von bereits bekannten Berichten, welche mit der Ankunft deS Reichs-Lommiffar« in Zanzibar beginnen und mit der Miltheilung über die von ihm beabsichtigte Expedition in daS Innere von Mpuapua schließe». Die noch nicht bekannten Berichte betreffen dagegen die Ausführung der erwähnte, Expeditionen in da« Innere, die Besetzung von Condutschi, die Ver hältnisse auf den Küste,istattone« während der von dem kaiserl. Commissar unternommenen Expedition »ach Mpuapua, die Absicht und die Ausführung deS Ueber- falles deS bei Dunda stehenden Buschin nebst der ihm verbündeten Eingeborenen des Mafiti-Stammes, die Niederlage der Aufständische» bei Somwe, die Ver treibung der Aufständischen aus dem Hinterlande von Bagamcyo und Dar-es-Salaam nnd endlich die Meldung von der Ankunft deS Reichs - CommissarS Wißmann und die Freimachung der Karawanen-Straße in das Innere. Aus dem Zusammenhang« der Einzel berichte ergicbt sich sodann, daß der ReichS-Commissar nach Sicherstellung des deutschen Besitzstandes an der Küste zum Angriff auf Buschin überging und ihn mit stürmender Hand aus den zur Störung und Un- wirksammachung des deutschen Pacisicalionswerkes ein genommenen Stellungen hinauswarf. Bei der Lösung dieser seiner strategischen Aufgabe wurde dem Reichs- Commifsar die kräftige Unterstützung der Marine zu Theil; außerdem war dem Reichs - Lommifsar aber auch die Genugthuung beschieden, daß die einheimische Bevölkerung bald volles Verständniß für die Wiß- mann'sche Sendung gewann und erkannte, daß Deutsch land der Freund aller friedlichen BevölkerungS-Elemente ist und nur gegen daS barbarische Treiben dar Sklaven jäger und Sklavenhändler die Waffe gekehrt werden solle. Der weiteren Entwickelung der Dinge dürfe man unter solchen Verhältnissen mit voller Zuversicht entgegensetzen. Deutsches Reich. Die „Agenzia Stefan!" meldet auS Venedig, die Ankunft des Kaisers Wilhelm und ver Kaiserin-Augusta Viktoria sei am 12. Novem ber zu erwarten. Wie es heißt, würde nur der Kaiser sich zu eurem 2tägigen Aufenthalte nach Monza begeben, die Kaiserin aber zur Besichtigung der Sehenswürdig keiten in Venedig bleiben und vom Kaiser daselbst zur Heimfahrt wieder abzeholt werden. Dem Reichstag ist am Montag das bereits ange kündigt gewesene Weißbuch über Ostafrika zugegangen. Dasselbe stellt sich als Fortsetzung der früheren dar und behandelt lediglich den Aufstand in Ostasrika. ES besteht auS den schon bekannten Berichten Wiß- mannS, sowie seines Stellvertreters Gravenrcuth, die bis zum 2S. September brieflich, bis zum 25. Oktober telegraphisch in Berlin eingingev. Die ReichStagSwahlen sollen, wie nationalliberale Blätter auS Regierungskreisen tlfahren, möglichst nahe nach dem Schluß der Reichstagssession angesetzt werden. Ob schon Anfang Januar oder etwas später, darüber werde erst die Entscheidung getroffen werden, wenn sich die Ausdehnung der ReichStagSsession genauer übersehen lasse. Die Regierung gehe von dem Wunsche aus, die Wahlagitation keinen breiteren Umfang, als nöthig ist, annehmen zu lassen. Bisher hat man darüber gestritten, ob Emin Pascha in englische Dienste getreten sei oder nicht. Die Sache war insofern von Wichtigkeit, als die von ihm be herrscht« Sudan - Südprovinz (Wadelai) sicherlich eine englisch« Kolonie geworde» wäre. Nun ist aber ein Brief von Stanley in Sansibar eingetroffen, nach welchem sich Wadelei in den Händen der Mahdisten befindet. Somit hat die Herrschaft Emin Paschas am oberen Nil ihr Ende erreicht. Er selbst befindet sich, wie schon gemeldet, mit Stanley und etwa 800 Mann auf dem Marsche in daS deutsch-ostafrikanifche Schutz- zebiet. Graf Kalnoky ist, von FriedrichSruh kommend, am DienStag früh in Berlin eingetroffen und im Hotel Royal abaestiegeu. Au« Konstantinopel, 5. November, wird gemeldet: Beim gestrigen Diner überreichte Se. Maj. der Kaiser Wilhelm dem Sultan die Kette deS GroßcomthurS deS kgl. HauSordenS von Hohenzollern und legte dem selben die Kett« persönlich um den Hals. Der Sultan war durch diese Auszeichnung auf'- Höchste erfreut. — Nach den bis jetzt getroffenen Bestimmungen werden Ihre Majestäten der Kaiser und die Karsen» am Mitt woch die Rückreise nach Venedig autreten. DaS kaiser liche Gefolge beäiebt sich per Bahn «ach Berlin zurück. Der EtaatSminrster Graf Bismarck beabsichtigt, auf der Rückfahrt einen kurzen Aufenthalt iu Pest zu nehmen, vom Reichstag. Der Reichstag begann am Montag die Socialrstengesetz-Debatte. Zunächst stand auf der Tagesordnung der Rechenschaftsbericht über die Verlängerung de« kleinen Belagerungszustand«« in Berlin, Hamburg-Altona, Fran kfurt-Offenbach und Leipzig. Abg. Singer behauptete von demselben, daß er den Reichstag nur mit Phrasen aufwarte. Die angeführten Thatsache», namentlich auch die auf die Organisation bezüglichen, suchte er al« unhaltbar darzustelleu und beklagte sich sehr über daS Agent-Provokateurwesen. Der preußische Minister des Innern, Hcrrfurth, trat diesen Ausführungen entgegen. Er theilte höchst auf reizende Stellen aus einem der Flugblätter mit, deren Verbot Herr Singer ebenfalls abfällig kritisirt hatte. Mit besonderem Nachdruck wies der Minister den Vor- wuif zurück, daß die Regierung mit Lockspitzeln operire, wobei er eine abschließende Beleuchtung der Angelegen heit deS Polizisten Jhring gab. Abg. Frohme ging auf die einzelnen Thcile des Rechenschaftsberichts ein, suchte überall in den drastischsten Ausdrücken eine Ver folgung der Arbeiterbewegung als solcher zu konstruiren, und schloß mit den Worten: „Lernen Sie; Sic sind gewarnt!" Abg. Barth nahm das Wort, um den Schein zu verhüten, als ob die deutschfreisinnige Partei durch Schweigen die Rechtfertigungsschrift billigen wolle. Im G-zentheil er fand gerade in dem Bericht einen Beweis der Gefährlichkeit des Socialisten-G-sches, in dem sich hier klar herausstelle, daß die socialbemokratische Agitation mehr und mehr in eine geheime Agitation umgewandelt sei. Besonders aber die Ausweisung der Führer mache die Agitation nur gefährlicher. Abg. Hartmann wandte sich gegen eine Frohmesche Aus führung, um nachzuweisen, daß die Getreidezölle auch den städtischen Arbeitern zu gute kommen. Abg. Singer unternahm eS, den Minister Hcrrfurth zu widerlegen. Nach seiner Darstellung sind Ausschreitungen, wo sie wirklich einmal vortamen, immer die Schuld der Polizei bezw. deS Gesetzes, welche- dieselbe auSsühre. In diesem Zusammenhänge blieb er namentlich dabei, daß das Agent-Provokateurwesrn durch daS Socialisten- gesetz gezüchtet werde. Nach einem weiteren kurzen Wortgefecht zwischen den Abzg. Frohme und Hart mann wurde die Diskussion geschlossen. — Am Diens tag sprach Abg. Reichensperger gegen eine fernere Aus dehnung deS Socialisteu-Sesetzes, wodurch auch die eine Aufbesserung der wirthschaftlichen Lage der Ar beiter bezweckenden Bestrebungen getroffen würden. Das Umsichgreifen socialistischer Ideen habe seinen Grund im Halbwissen und im Unglauben. Die Hebung kirch licher Gesinnung sei daS beste Heilmittel. Bei den Streiken der Bergarbeiter seien vielfach Härten der Arbeitgeber gegen die Arbeiter h-rvorgetreten; es empfehle sich ein persönliches besseres Einvernehmen beider Theile. Ab. Cuny betonte die Nothwendigkcit eines dauernden Gesetzes, dabei sei aber von entscheiden der Bedeutung, ob der Reichstag sich der bisherigen Controle begeben könne und wolle, und welcher Ersatz für die fortfallenve Controle einzutreten habe; ferner sei zu erwägen, ob nicht die Bestimmungen deS ge meinen Rechts genügten, auf Grund deren zahlreiche Eocialistenprozeffe erledigt worden seien. Gegen die Aufnahme der Ausweisungsbestimwungen in ein dauern des Gesetz sprächen schwere Bedenken, jedenfalls dürfe die Entscheidung über die Zulässigkeit ver Ausweisungen nicht in daS Ermessen deS Verwaltungsgerichts allein gelegt werden. Der Beschwerde über das verbot von Zeitschriften müsse aufschiebende Kraft beigelegt werden, damit verhindert werde, daß aus daS erste Verbot hin daS Weiterrrscheinen inhibirt werde. Die Hauptklage der Socialistea richte sich gegen den Mißbrauch deS Gesetze«; dem müsse eine wirksame Rechtscontrole steuern. — Abg. Liebknecht führte auS, das Gesetz ver danke seinen Ursprung den Attentaten Hödels und NobilingS. Hödel aber war Anhänger StöckerS, Nobiliog Anhänger der Nationalliberalen. Da« Gesetz sei längst überflüssig, eS habe nicht daS Geringste er reicht, man sei desselben aber zum Schutze der wirth schaftlichen Politik d«S AgrarierthumS und de« Kapitalis mus benöthigt. Die Socialdemokratie sei keine Partei deS Umsturzes und' der Gewalt, sondern deS wirth schaftlichen Fortschritts; sie habe mit der Anarchie nichts gemein. Wer sie mit Gewalt vernichte» wolle, sei auch Anarchist ; iu gewissem Sinne seien dies also auch di« heutigen Mehrheitsparteien. Man möge daS Interesse de« Vaterlandes erwägen, ehe man sich entscheide. Frankreich. Das Bündniß der Bonapartiften mit den Royalisten und Boulangisten ist durch eine bonapartistische Kundgebung vorläufig aufgekündigt worden. Dieser Schritt war nach de« Wahle« zu erwarten, und eS wird wohl «ichl lang« dauer«, bis di« Boula«gisten auch von ihren andere« Parteige nossen aufgegebe» sein werden. Boulanger hat durch «in Rundschreiben kl Deputirte zur Parteiberathung »ach Jersey eingeladen, 2k Abgeordnete haben bisher abgrlrhnt. Rußland. Am 27. ». wurde in Moskau auf dem Massengrab« der im Jahre 1812 gefallene» Franzosen ein Denkmal enthüllt. Der Enthüllung wohnte ein zahlreiches Publikum bei. Der französische Grneralkonsul Mayer hielt die Enthüllungsrede, in welcher er unter Anberm sagte: „Möge die Erinnerung an den Krieg von 1812 auS dem Gedächtnisse der beiden Bölter schwinden, welche einst Gegner auf dem Schlachtfeld« waren, die aber niemals einander feind selig gegenüberstanden und die auSgesvhnt find und in freundschaftlichem Verhältnisse zu einander stehen." Balkaustaaten. Der Nothstand in Monte negro scheint allen Nachrichten von dort zufolge eine außerordentliche Höhe erreicht zu haben. Fürst Nikita thut, was in seinen Kräften steht, um den schlimmen Folgen vorzubeugen. Eia Abgesandter des Fürsten begiebt sich demnächst nach Odessa, um den Ankauf größerer Mengen von Getreide zu besorgen und die beschleunigte Verladung desselben nach dem Bestimmungs orte Antivari zu betreiben. Es wird der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß eS durch diese Getreidezufuhr gelingen werde, eine weitere Auswanderung von mehreren Tausend nothleidender Montenegriner nach dem AuSlande hintanzuhalten. Fürst Nikita hat ferner in Berücksichtigung der allgemeinen Nothlage die Abschreibung von Steuern in einem für hie montene grinischen Verhältnisse sehr belangreichen Umfange an geordnet. Gewinne der 5. Klasse 118. K. S. LandeS-Lotterte. Gezogen am 4. November 1889. (Ohne Gewähr.) 50000 Mark auf Nr. 61983. 30VVÜ Mark auf Nr. 3Zs01. 15000 Mark aus Nr. 37951. bvoo Mark auf Nr. 377SS K1833. 3 000 Mark aus Nr. 758 2034 4533 5808 6879 689t 7667 9065 10716 I5VS8 19579 25383 283II 28509 31333 36163 37187 39631 40153 4IS53 4618t 48077 5l50S 53186 53607 55546 59582 61326 61605 67143 69901 74090 78820 85419 86897 89452 90106 95677 95874 97475. 1000 Mark auf Nr. 1236 2951 4819 6719 8016 12413 15278 15862 16393 16905 22134 22622 26253 31519 36043 36461 39198 48624 52076 52159 53354 55159 55617 57562 61671 62947 63287 63344 69659 71740 71787 73567 75103 76464 78495 84174 84625 84718 85547 85984 89953 91564 92961 93150 96010 98009 99045. 500 Mark aus Nr. 1692 2052 2272 3288 6382 7006 7738 8548 14573 17149 18966 19188 19560 20546 23383 24452 26479 30688 32651 34108 34126 34719 36537 41207 43131 43966 46256 47030 47305 51132 52194 56496 56655 58922 60180 64877 65659 68502 74660 76738 7703» 80231 81414 86515 87287 88292 88407 88414 92049 92199 92993 97499 98027 98645 98989 99926. Gezogen am 5. November. IS 000 Mark aus Nr. 32063 45218. 5000 Mark auf Nr. 17781 31993 34819 88955. 3000 Mark auf Nr. 1548 1690 1862 14848 15727 23369 25655 35828 36575 37518 38525 45547 456»7 49874 523SI 54578 57072 62777 65665 67517 67645 68747 68844 69333 69508 72228 73379 75859 76057 79029 83467 88093 89008 90012 90774 95188 95191 95606 97506 97912 99159. 1000 Mark aus Nr. 79 328 2472 4018 4999 5705 10161 11700 22525 23409 25167 27180 28827 28919 32234 32650 34267 34759 36036 37802 39954 46188 46524 47710 48032 50813 51021 51023 52541 52920 53450 56735 60796 68153 68672 68764 70270 73146 73775 82800 86566 89340 91565 91753 92920 93741 93766 93788 95009 95608. Ttan-eSamtS - Nachrichten vom 13. bis 31. October 1889. Geboren: Sin Sohn: d. Hammerarb. Ed. Hermann Nitzsche in Poppitz, 22. d. »ürschnermftr. Hcinr. Otto Margen berg h., 31. «ine Tochter: d. Schlosser Joh. Heinr. striedr. Rücke h., 16. d. Schiffer striedr. Ernst Ouitzsch h., 13. b. unverehel. stabrikarbtrin. Johanna Schmutermajcr h-, 13. -. unvrrehel. Dienstmagd Emilie Paulin« zrenzel h., 14. d. Scharwerksmaurer ikarl Leopold Jedermann h., 21. d. Hammerarb. striedr. Herrn. Poitz h.. 27. Aufgeboten- o. Steinmetz Aug. Karl pahnert m. d. Näherin Marie Auguste verw. Kümmel geb. Pötzsch h. Schuhmacher striedr. Wilh. Teichmann in Roitzsch b. Lommatzsch m. d. Dienstmagd Hulda Emina Weber h., aufh. z. kkobeln b. Riesa, d. Fleischer Jul. Oswald Hettig h. m. d. Ida