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solchen Verabredungen (8 152) Theil zu nehmen oder ihnen Folge zu leisten, oder wer Andere durch gleicht Mittel hindert oder zu hindern versucht, von solche» Verabredungen zuriickzutreten, wird mit Sefängniß bis zu 3 Monaten bestraft, sofern nach dem allgemeinen Strafgesetz nicht eine härtere Strafe eintritt. 3) auf tz 240 deS ReichSstrafgesetzbucheS: Wer einen Anderen widerrechtlich durch Gewalt oder durch Bedrohung mit einem verbrechen oder vergehen (unter letztere fallen insbesondere auch einfache Mißhandlungen und Ehr verletzungen) zu einer Handlung, Duldung oder Unter lassung nöthigt, wird mit Gefängniß bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bis zu 600 Mk. bestraft. Der Versuch ist strafbar. — Im Hinblick auf die in neuerer Zeit sich mehrenden Zuwiderhandlungen gegen vorbesindllche Strafvorschriften wird darauf hingewieseo, daß gegen derartige Zuwiderhandlungen mit voller Strenge vorgegangen werden wird. Chemnitz, den 23. October 1889. Der Erste Staatsanwalt. Schwabe." Chemnitz. Am Freitag Abend gegen ^/,8 Uhr verunglückte auf der Sonnenst.aße ein Geschrrrführer dadurch, daß er beim Einfahren mit einem mit zwei Pferden bespannten und mit Scheitholz beladenen Wagen in ein Grundstück im Thor weg von dem Wagen direkt gegen die Wand gedrückt wurde, daß er nach wenigen Minuten seinen Geist aufgab. — Weiter er eignete sich noch ein zweiter Unglücksfall, indem in einem Hause an der Passstraße ein sechs Jahre altes Kind aus einem Fenster der vierten Etage hinab in den Hof stürzte. Das Kind war sofort erne Leiche. Plauen i. V., 31. October. Die Jagd hat Freuden und Leiden. In Bezug auf die „verd.n" ist wieder zu berichten, daß gestern einem hiesigen Fabrikanten bei de: Jagd auf Hohendorfer R-vier von einem hiesigen Schützen durch einen Schuß ins Bein ein Denkzettel beigebracht worden ist, um den ihn Niemand beneiden wird, im Gegentheil, Schütze und Berletzier werden allgemein bedauert. Der Getroffene hat die volle Schrotladung in die Wade erhalten. Zwickau, 1. November. Die in nächster Nähe des Bahnhofs Niederschlema b fiübliche Holzstoff- und Papierfabrik ist heute in den zeitige» Morgenstunden ein Raub der Flammen geworden. Leipzig, 1. November. Der hier 11 Uhr 42 Minuten Abends auf der Thüringer Bahn ein treffende Personenzug kam mit einer Verspätung von 1 Stunde 30 Minuten gestern hier an. Derselbe war bei der Station Großheringen in die Flanke eines Güterzuges gefahren und hatte mehrere Wagen deS letzteren stark beschädigt. Durch diesen Unfall, der die Ursache der Verspätung war, sind glücklicherweise Personen nicht verletzt worden. Leipzig, 1. November. In Gohlis trug sich gestern Mittag ein schrecklicher Unglückssall zu. Als der Geschirr sührcr eines Lastwagens, welch letzterer vor einem Hause hielt, eben den Wagen bestiegen hatte, zogen die Pferde plötzlich an, so daß der Geschrrrführer vom Wagen stürzte und so unglücklich unter die Räder kam, daß er sich die schwersten Verletzungen zuzog. Der Verunglückte wurde sofort nach dem Leipziger städtischen Krankenhause gebracht, woselbst er seinen Leiden erlag. Beuthen O.-S., 30. October. Gestern, Nach mittags 4 Uhr, wurden die Bewohner des östlichen StadttheileS und des Dorfes Roßberg durch eine furcht bare Detonation aufgeschreckt. Das Dynamitlager der Versuchsschächte der Aktiengesellschaft „Friedenshülte" war in die Luft geflogen. Das Sprengmaterialien lager, auf der Roßberger Feldmark, in der Nähe des Dorfes gelegen, bestand aus einer gegen zwei Meter tiefen Grube von etwa zwei Meter ins Geviert. Durch die anhaltenden Regengüsse der vergangenen Woche hatte sich in dem Lager Wasser angesammelt. Die beiden Bergleute Mastalers und Maciejok wurden nun beauftragt, daS Wasser aus dem Behälter zn schöpfen. Bei dieser Verrichtung, während der eine Arbeiter unten in dem Raume stand und daS Wasser schöpfte, und sein Genosse, ans einer Leiter stehend, daS Gefäß mit dem Wasser abzunehmen hatte, explodirtru die Sprengmaterialien, wobei beide Arbeiter getödtet wurden; der Leichnam des einen wurde in unzählige Stücke zerrissen und bis auf viele Meter weite Ent fernungen umhergeschleudert; von dem anderen Arbeiter war nur ein Theil des Körpers aufzufinden, da der andere sich voraussichtlich in der Erde befindet. Von den Verunglückten «ar der eine ledig, während MastalerS Vater von fünf Kindern war. Di« Leitung der VersuchSschächte lag seit einer Woche dem Steiger Fremder ob. Die Katastrophe ist aller Wahrscheinlich keit nach durch Unvorsichtigkeit des in der Lagergrube beschäftigten Bergmannes verursacht worden. I« der Lehre vo« de» Funktion«», de- Gehirn- hat, wie man der T. R. schreibt, Professor Victor HorSley in London einen neuen glänzenden Fortschritt erreicht. Wir erinnern daran, daß man seit den bahn brechenden Untersuchungen von Fritsch und Hitzig im Jahre 1870 weiß, daß die einzelnen Theile der Hirn rinde verschieden« Funktionen haben. Jeder Köiper- theil, jede Bewegung, jede SinneSthätigkeit hat ihr eigenes „Zentrum" i« Gehirn, durch dessen Erregung sie zu Stande kommt. In den Zentralwindungen deS Großhirns, der sogenannten motorischen Region, ist der Sitz für die Bewegungen der oberen und untere» Gliedmaßen, der SesichtSmuSkeln u. s. w. und zwar in der rechten Hirvhalbkugel der Herd für die links seitigen Bewegungen und in der linken Hemispäre für die rechtsseitigen. Während sich nun bisher unser Wissen auf die Kenntniß der Zentren für die größeren Körpertheile, wie Arm, Bein, Kopf u. s. w. beschränkte, hat Prof. HorSley durch elektrische Reizung kleinerer Bezirke der Hirnrinde auch die Lokalisationsstellen für die Bewegungen einzelner Aölpertheile, wie der Schulter, des Handgelenks, des Mundwinkel« u. s. w. festgestellt. Mit geradezu erstaunlicher Genauigkeit hat er daS Zentrum einzelner eng umschriebener MuSkelgruppen, wie des Daumens, des Zeigefingers, der Zehen, deS Kinns, der Augenlider bestimmt. Die Zentren für die einzelnen MuSkelgruppen liegen natürlich dicht bei einander, und es gehört daher außer einer sehr genauen Kenntniß der Ortsverhältnisse noch ein sehr hoher Grad von Geschicklichkeit im Expcrimentiren dazu, um auf Wunsch nur eine bestimmte Muskelgruppe zu reizen und zur Zusammenziehung zu bringen. Prof. Horsley hat aber nicht nur den Herd für die einzelnen MuSkelgruppen ermittelt, sondern auch für die Art ihrer Bewegungen, z. B. Beugung oder Streckung des DaumenS, Hebung oder Senkung der Augenlider u. s. w. Weiterhin hat Horsley die merkwürdige Thatsache ge funden, daß daS Zentrum für eine gegebene Bewegung zwar an einem bestimmten Punkte der Hirnrinde am stärksten ausgesprochen ist, aber auch in seine nächste Umgebung sich noch weiter erstreckt, so daß man die Auslösung jener Bewegung am vollkommensten durch Reizung ihres Hauptzentrums erreicht, in abgeschwächter Form durch Reizung ihrer Nachbarschaft, und die Bewegung wird um so schwächer und undeutlicher, je weiter man sich von dem Hauptzentrum entfernt. Diese Entdeckungen haben nicht nur ein hervor ragendes theoretisches Interesse für die Psycho-Phy siologie, sondern auch große praktische Wichtigkeit für die Chirurgie, welche sich jetzt kühn an die Operation von Hirngeschwülsten, Hirneiterhöhlen u.de rgl. m. wagt. Der Ausfall einzelner Bewegungen, z. B. die Lähmung eines Beines oder der GestchtsmuSkeln weist den Chirurgen mit Sicherheit auf den Sitz des Krankheits herdes im Gehirn hin. So wird die Physiologie zum Wegweiser der Chirurgie. Die spanischen Frauen. In einem Aufsatze in „Galignanis Messenger" plaudert Mrs. John Sherwood von den spanischen Frauen. Sie schildert dieselben als reine Naturkinder, welche sehr putz- und vergnügungssüchtig sind; man kann nicht gerade sagen, daß sie besondere Raffeeigen schaften haben, jedenfalls aber unterscheiden sie sich sehr wesentlich von einander. Sie besitzen sehr viel natürliche Intelligenz und eine bemerkenswerthe Gabe der Unterhaltung, sind religiös und lieben ihr Heim, sind gute Ehefrauen, gute Mütter, und gute Freundinnen. Der Reisende wird überall in Spanien die jungen Mädchen sehr schön finden; sie sind hoch und gerade wie eine Tanne gewachsen, haben eine prächtige Figur und ein Erficht, welches der TypuS einer dunklen, zarten und ernsten Schönheit ist. Ihr meist wunder volles Haar, stets glänzend und sauber geordnet und mmer mit einer unvermeidlichen Blume geschmückt, ist das hervorragende Kennzeichen jeder Spanierin, mag sie arm oder reich sein. In dieser Beziehung gleicht eine Spanierin der andern. Spaziert man in den Straßenvierteln z. B. Madrids, wo das ärmere Volk wohnt, so kann man oft Gelegenheit haben, zu sehen, wie die Schwester der Schwester oder die Mutter der Tochter daS Haar in kunstreichen Formen ordnet. Der hohe Haarkamm wird jetzt selten mehr getragen, das Haar wird regelmäßig hoch am Kopfe in die Höhe geflochten und bildet so eine natürliche Krone. DaS Auge der Spanierin, groß, feucht, sanft und schmachtend, halb verdeckt von Wimpern, so lang, so weich und so schön, daß der Stift des Künstlers in Verzweiflung geräth, die schwarze Pupille, die tiefe Nacht, in welcher dieser glänzende Stern zu schweben scheint, ist fast unbeschreiblich. Spanische Augen sind träumerisch, daher haben auch die spanischen Frauen, «en» sie nicht lustig sind und lachen, gewöhnlich eine» melancholischen Ausdruck im Gesicht. Am nächste« der Schönheit deS Haare« und der Augen der Spanierin»« komme» ihre schimmernden Zähne, dieselben find so ausgezeichnet, daß alle Studirende» der Zahnheilku»d« «ach Spanien gehe» sollten, um von den Spanierinnen zu lernen, wie sie ihr« Zähne pflegen. Doch leider ist alle Schönheit nie ohne etwa« Störende«, und da« ist bei den spanischen Frauen ein keckeS Bärtchen, oft von ziemlicher Füll», welche« ihre Lippen beschattet. Die Natur, welche so freigebig mit ihrem Geschenk an Haar ist, hat in eine« Augenblick« der Unachtsamkeit manches der liebliche» Frauengeslchter durch eine» un vorsichtigen, zu starken Pinselstnch am unrechten Ort geradezu verunzirt. Da» Bärtchen ist zwar nicht au«-.^ nahmSloS, ober doch in der Regel bei den Spanierinnen vorhanden. Die Portugiesinnen haben sich mit dem Schnurrbärtchen sogar versöhnt und pflege» e«, wie junge Männer thun — oder gern thun möchten, st« drehen es in Spitzen zusammen. Auf einem eigen artigen Frauengestcht ist da« Bärtchen nicht immer unangenehm; wo aber da« Bärtchen aus dem Zu stand- des Sprossens herauSgetreten und zum starken dunklen, beinahe männlichen Barte geworden ist, be leidigt es das Auge des Fremden. Weiter zeichne» sich die Spanierinnen, namentlich die andalusische Dame, durch einen reizenden kleinen Fuß aus, der bei den Vornehmen in vorzügliches Schuhwerk und seidene Strümpfe gehüllt ist. In den niedrigeren GesellschaftS- clafsen wird der Fuß zwar nicht so sorgfältig bekleidet, ist aber stets klein und zierlich. Die Spanierin ist deshalb auch eine geborene Tänzerin, ja selbst ihr Gang erinnert lebhaft an Tanzbewegungen. In Sevilla ist der Tanz die Poesie der Bewegung, wie dort überhaupt alle« Poesie ist. Es ist ein eigen artiges Vergnügen, die schönen Frauen von Sevilla in ihrem Hause zu beobachten. Auf dem Patio bei Mondschein, oder in den verschwenderisch beleuchteten Palästen sieht man sie reich gekleidet in glänzenden Farben und hört ihr Helles Lachen. Dazu tönt Musik, es ist der Ton der Guitarre, des nationalen Instruments der Spanier. Aber auch am Tage meide» sie die Straßen nicht, den unvermeidlichen Spitzen schleier um das Haupt geschlungen mit einer Blume an der Seite, ergehen sie sich, um zu sehen und ge sehen zu werden. Ueberall, auf dem Balkon, auf der Straße, am Fenster, auf dem Patio begegnet man lachenden, singenden, tanzenden, bezaubernden Spanierinnen mit ihren herrlichen Gluthaugen. Die spanischen Damen lieben es aber nicht, Fremde in ihrem Hause zu sehen, selten laden sie letztere zu sich ein. Die meisten von ihnen rauchen Cigaretten, auch beim Essen, und nehmen abfällige Bemerkungen darüber sehr übel. Ein spanischer Haushalt ist grundver schieden von einem englischen, amerikanischen oder deutschen; er ist viel einfacher, man giebt selten DinerS, ja es wurde mir gesagt, daß in einem herzoglichen Palafle in Madrid nicht einmal ein Speisezimmer vorhanden sei. Das Essen spielt in Spanien eine verhältnißmäßig unwichtige Rolle. Die spanischen Frauen haben bei Weitem nicht die bei de» Amerikanerinnen so gerühmte schöne Hand; nicht allem in den niedrigeren Schichten der Bevölkerung finden Seife und Wasser geringe Anwendung. Reinlichkeit und Ordnungssinn reichen auch bei hochstehenden Damen kaum weiter, als für das Haar. Dafür kann aber die gewöhnlichste spanische Zigeunerin die Guitarre spielen. Das Klima verführt die Frauen zu jener erschlaffender Unthätigkeit und geistigen Trägheit, von denen man sagt, daß sie die Schönheit erhalten; aber ganz im Gegentheil verschwindet der Liebreiz spanischer Frauen sehr bald, mit AuSgang der zwanziger Jahre werden sie alt und verlieren ihre Anmuth. Die Spanierinnen sind von Natur geistig sehr gut veranlagt, waS sie zu thun und zu lernen wünschen, wird ihnen leicht. Ihre ganze Bewunderung schenken sie den Stiergefechten und insbesondere den berühmten EspadoS; Frascuelo, Lagartijo und Enco sind große nationale Helden in ihren Augen. Ich sah vornehme ältere Damen im Kreise ihrer Töchter an der Arena sitzend, siegreichen EspadoS ihr Taschen tuch oder eine Blume zuwerfen. Dies ist eine Aner kennung ihres MutheS, ihrer Waghalsigkeit, ihrer Schönheit; denn ein Terrero muß von vornherein ein schöner Mann sein. Als Mütter erscheinen die spanischen Frauen sanft, liebevoll und sorgsam, be sonders in der unteren Bevölkerung, in welcher mir die besten Mütter begegneten; sie schlagen ihre Kinder nicht und zerren sie nicht umher, wie mau leider bei anderen Völkern so oft fleht, lle find nicht reizbar und verdrossen bei der Erziehung ihrer Kinder. Es ist ein wahre« Vergnügen, in einer schmutzigen, faulen und doch sorglosen, natürlich ungewaschenen Familie