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In der einstimmig angenommenen Erklärung de« BundeSratheS vom 5. April 1884 heißt eS u. A.: „Die Einrichtung verantwortlicher Ministerien im Deutschen Reiche ist nicht ander» möglich, als auf Kosten der Summe von vtrtragSmäßigen Rechten, welche die verbündeten Regierungen gegenwärtig im BundeSrath üben/' Die Einrichtung verantwortlicher Reichsministerien wurde noch ausdrücklich als „ein Mittel zur Unterwerfung der RegiernngSgewalt im Reiche unter die Mehrheitsbeschlüsse des Reichstages" bezeichnet. Daß sich bis heute an dieser Sachlage etwas geändert haben sollte, ist zum mindesten nicht wahrscheinlich. Deutsche- Reich. Graf Kalnoky ist in FriedrichS- ruh eingetrossen. Die Reise wurde schon im August beschlossen, da schon in diesem Monat die Einladung dtS Fürsten Bismarck.erfolgte. Wenn man die Ver- muthung ausgestellt hat, daß sie auS Anlaß des Zaren- besuchS in Berlin erfolge und wichtige politische Ver einbarungen zum Zweck habe, so ergiebt sich schon auS dem obigen Zeitpunkt der Einladung die Grundlosig keit dieser Annahme. Gleichwohl ist sie selbstverständlich nicht ohne politische Bedeutung, denn die beiden Staats männer werde» sicherlich alles Dasjenige in den Kreis ihrer Besprechungen ziehen, was die gemeinsamen Interessen der verbündeten Staaten berührt. Durch daS dem Reichstage zugegangene Gesetz über die Abänderung.des Bankgesetzes wird 8 24 dahm ab geändert, daß auS dem Reingewinn zunächst für die AntheilSeigner eine ordentliche Dividende von 3*/, Procent des Grundkapitals berechnet und vom Mehr beträge eine Quote von 20 Procent dem Reservefonds zugeschrieben wird, so lange dieser nicht ein Viertel des Grundkapitals beträgt. Der verbleibende Ueberrest wird zur Hälfte an die AntheilSeigner, zur Hälfte an die ReichScafse gezahlt, soweit dir Gesammtdividende der AntheilSeigner nicht sechs Procent übersteigt. Vom weiter verbleibenden Reste erhalten die AntheilSeigner Vi und die ReichScafse Erreicht der Reingewinn nicht volle 3'/, Procent deS Grundkapitals, so ist das Fehlende aus dem Reservefonds zu ergänzen. Etwaiges Aufgeld bei der Begebung der Antycilsscheine fließen dem Reservefonds zu. Dividendeurückstände verjähren binnen vier Jahren. DaS Gesetz tritt in Kraft zu Neujahr 1891. In der November-Nummer der „Fortnightly Review" unterzieht Major A. M. Mnrroy die Stärke der deutschen Wehrkraft im Vergleich zu Frankreich einer eingehenden Kritik. Im Jahr« 1905 werde Deutsch land nur 2 251286 Mann auf die Beine bringen können, aber Frankreich 3 000000; indessen würde das ungünstige Zahlenverhältniß deutscherseits durch die Schnelligkeit der Mobilmachung gemildert werden, denn 20 Tage nach der Kriegserklärung stände Deutsch land mit 17 Armeecorps in einer Gesammtstärke von 1400057 Mann bereit, während Frankreich unter denselben Bedingungen nur 1300000 aufzubicten im Stande sein werde. Nicht Lob genug kann der Ver fasser dem deutschen Eisenbahnsystem spenden, welches an sich fast die Festungsvertheidigung überflüssig mache. Vom strategischen Standpunkte aus ist er vollständig mit der Einverleibung von Elsaß-Lothüngen einver standen, da sie eine leicht zu vertheidigente Grenze be wirkt habe. Der Werth von Metz liegt ihm dagegen weniger auf dem Gebiete der Vertheidlgung als des Angriffs. Oesterreich. Was mit dem aus dem Fürsten stande austretenden Erzherzog Johann werden wird, weiß noch Niemand. Es heißt, er werde in der Redaktion des „New-Uork Herald" eintreten und dort ein Jahresgehalt von 40000 Franken erhalten. In Oesterreich geht man unterdessen gegen den „Abtrünnigen" vor: Das Ärtillerieregiment, dessen Inhaber er war, wird fortan ohne Namen geführt. Rsthlaud. In den leitenden russischen Kreisen ist man nicht sehr erbaut davon, daß es dem Prinzen Ferdinand von Coburg gelungen ist, eine Anleihe zum Abschluß zu bringen, denn dadurch gewinnt derselbe auch in der politischen Welt an Kredit. Das amtliche russische Blatt äußert sein Mißvergnügen über diesen Umstand in einer ziemlich unverhohlenen Weise, indem es schreibt: „Wir sind erstaunt zu sehen, wie der Prinz Ferdinand von Coburg und Stambulow durch Verpfändung der Eisenbahnen über das National- eigenthum verfügen. Ihre Stellung wird aber da durch vom Rechtsstandpunkt aus nicht an Festigkeit gewonnen haben, da die materielle Bürgschaft bei di ser Vereinbarung weder älteren Schulden noch den Rück sichten, die daS internationale Recht erheischt, Rechnung trägt. WaS die dabei betheilizten Kreditanstalten be trifft, so muß man wenigstens deren Muth bewundern, Geschäfte mit einer unrechtmäßigen Regierung zu machen, die sich wenig um frühere Verpflichtungen kümmert." Dadurch wird natürlich die Anleihe nicht rückgängig gemacht werden. LS ist aber auffalle»d, daß man an leitender Stelle s» wenig den Aerger da rüber zu verbergen vermag, daß in Bulgarien Alles in Ordnung und Ruhe von Statten steht. Schweiz. Die Nachricht, der BundeSrath Droz habe mit einem Berichterstatter deS Journal „Siöcle" eine Unterredung über das Verhältniß der Schweiz zu Deutschland gehabt, entbehrt der Begründung. Die angebliche Unterredung hat nicht stattgesunden, dagegen werden im BundeSrathe die jetzigen Beziehungen der Schweiz zu Deutschland als sehr gute bezeichnet. Von dem angeblich baldigen Beginn der Unter handlungen über den Niederlaffungsvertrog mit Deutschland ist hier nichts bekannt. Oertliches und Sächsisches. Riesa, den 2. November 1889. — Gestern fand im Saale deS Wettiner Hofes daS 1. Abonnement-Concert der Kapelle der König!. Sächs. reitenden Artillerie in dieser Winter saison statt. Herrn Stabstrompeter Günther war es gelungen, zu diesem Abend den königl. Hoftammer- virtuosen Herrn Renard für einige Borträge auf seiner preisgekrönten „Poesie-Harfe", welche König Ludwig der II. von Bayern eigens für den Künstler nach bissen Angaben hat bauen lassen, zu gewinnen, und wir haben alle Ursache, diese Acquisition als eine sehr glückliche zu bezeichnen. Der Künstler, der an dem Abend die Reverie „WaldeSzaubn" von Chopin, die Glocken-Fantaste „Der träumende See" von Czerny eine Reverie über ein Minnelied von Abt, einen Liedercyclus, bestehend aus Motiven verschiedener Meister, Variationen über ein Alpenthema (eigene Composition) u. A. m. zu Gehör brachte, spielt sein Instrument mit vollendeter Meisterschaft und weiß demselben Töne zu entlocken, die selbst das verwöhnteste Ohr auf das Angenehmste überraschen, so namentlich Glockenkläsge, die melodischen, sanften Liederlaute der Nachtigall, das Rauschen des Bächleins und das Waldweben. Das Instrument, auf dem Herr Renard häufig vor dem unglücklichen idealen Bavernkönige während dessen Verweilen in den Zaubergrotten seiner feenhaften Bergschlöffer Lohengrinweisen vorgetragen hat, ist eine glückliche Verbindung der Harfe und der Zitter, daher auch „Harpa-Cittara" genannt. Neben der musikalisch technisch eigenartigen Bauart überrascht die ideale Form und die feine künstlerische Ausstattung desselben, so di- Mosaiken der Griffbrett- und Resonanzfläche die plastischen Darstellungen als Krönung des Stabes, Symbole auS „Lohengrin" — Schwan und Seerose. Dieses eigenartige, poesieumwebte Musikinstrument existiit nur in einem Exemplare und wird seiner Zeit das Münchener Museum zieren. Herr Renard spielt dasselbe nicht bloß mit einer seltenen technischen Fertig keit, sondern auch mit einer Empfindungstiefe, die uns den Zauber erklärlich erscheinen läßt, mit dem sein Spiel die Zuhöre schüft unausgesetzt fesselt und in erwartungsvoller Spannung erhält. Bei diesem Spiel, das stets sclo erfolgt, fällt die Melodie der Zither, die Harmonie oder Begleitung der Harfe zu, wodurch eine Tonfülle er zielt wird, die auf der einfachen Zither unmöglich ist. Ter geschätzte Künstler erntete denn auch für seine ausge zeichneten Darbietungen rauschenden Beifall. Nach dem Concer t erwies sich HerrRenard auch noch auf einem anderen Felde als Meister. Er zeichnete auf rauchgeschwärztem Po-zellan mit den bescheidensten Mitteln in sehr kurzer Zeil zwei reizende Bilder, ein Schwanen- und ein Reiterbild. Auch diese Arbeiten des Künstlers wurden von den Anwesenden mit hohem Interesse und mit Ausrufen des Staunens und der Verwunderung aus genommen. Herr Renard hat sich hier, das ist zweifel los, durch seine künstlerischen Leistungen ein bleibendes Andenken geschaffen. Die Oechestervorträge unserer anerkannt tüchtigen Militärkapelle, unter denen wir die Ouvertüren zu„Tell" und zu „Oberon" besonders hervor heben, hatten sich unter der bewährten Leitung des Herrn Stabstrompeter B. Günther ebenfalls einer sehr bei fälligen Aufnahme zu erfreuen. Herr Stabstrompeter Günther wird es sich gewiß angelegen sein lassen, fernem Auditorium auch zum zweiten Abonnement-Concerte eine besondere Ucberraschung darzubieten und wünschen wir ihm daher für dasselbe schon rm Voraus ein ebenso volles Haus, wie es das erste Concert ge funden hat. — Am 1. Januar 1890 treten für die Be förderung von Baumwolle, roher, und von Baumwoll abfällen bei Zahlung der Fracht für mindestens 10000 kx für den Frachtbrief und Wagen zwischen Riesa-Elbkai einerseits undGaiSbach-Wartberg, Gmunden, Kleinmüochen, Lambach, Linz, Salzburg, Schwanenstadt u»d Wels andererseits erhöhte Frachtsätze deS i, Kartiluugswege giltigeu Ausnahme-Tarife« Nr. k j, Kraft, welche bei dem VerkehrSbureau der kgl. General, direction der sächs. StaatSeisenbahne» in Dresden in Erfahrung gebracht werden können. — Bon de» sächsischen ReichstagSabgeordneten sinh in die Fachkommissionen gewählt worden Herr Ackermann in die Kommission für die Geschäftsordnung, die Herren Grumbt, Hultzsch und Kurlbaum in die Petition«. Immission, die Herren Dr. v. Frege und Dr. Hart- mann in die Kommission für den ReichShauShaltSetat, Herr Frhr. v. Friesen in die Kommission für die Wahl prüfungen. — Wie dem „Dr. I." auS Freiburg i. v. be richtet wird, sind Ihre königl. Hoheiten die Prinzen Johann Georg und Max mit Beginn deS Winter semesters wohlbehalten daselbst wieder eingetrosfen. Ihre Rückreise haben dieselben, begleitet vom Ritt meister Freiherrn v. Reitze»stein, diesmal nicht direkt, sondern auf einem Umweg genommen, um Eisenach mit seiner Wartburg, Marburg, die zwischen Koblenz und Bingen gelegene Rheinstrecke, das Niederwald denkmal, Oppenheim mit seiner schön restaurirten Katharinenkrrche und einige durch Natur und Kunst ausgezeichnete Punkte in den Vogesen, wie Rappolts- weiler, Gebweiler, Murbach u. A. kennen zu lernen. Die Prinzen haben nach ihrer Rückkehr sofort Ihre Studreu wieder mit dem Besuche des von Professor Rümelin gelesenen, bereits im Sommer begonnenen Privatissimum über römisches Recht ausgenommen. Außerdem hören dieselben im öffentlichen Colleg „Deutsche Staats- und Rechtsgeschichte" bei Hofrath Professor v. Amira und „Geschichte Europas von 1795—1815" bei Geh. Rath v. Holst. Auch einen größeren Ausflug haben Ihre königl. Hoheiten bereits wieder von Freiburg i. B. aus unternommen, um am vergangenen Sonntag Ihrer Majestät der Kaiserin Augusta und Ihren königl. Hoheiten den großherzoz- lich und erbgrvßherzoglich badischen Herrschaften in Baden-Baden einen Besuch abzustatten und an einem zu Ehren der hohen Vermählung, welche an diesem Tage in Athen gefeiert wurde, bei Ihrer Majestät ter Kaiserin Augusta stattfindenden Diner Theil zu nehmen. Bischofswerda, 28. October. Als eine Un glücksjagd im wahrsten Sinne des Wortes kann man es wohl bezeichnen, wenn, wie am vergangenen Dienstag in der Gegend von Elstra geschehen, drei Jäger bei einer Jagd angeschofsen werden. Unter Anderem wurde, wie der „Sächs. Erz." mittheilt, durch höchst unvorsichtiges G.bahren der Gutsbesitzer Zenker aus Geißmannsdorf bei Bischofswerda durch einen Schuß in ein Bein schwer verletzt. Cunewalde in der Oberlausitz. Von den beim Bahnbau der Großpostwitz-Cunewalder Linie beschäftigten Italienern brachte am Abend des 28. Oclober einer derselben seinem Mitarbeiter 5 Stiche mit dem Brod- messer bei, wovon einer der Stiche durch Rock, Weste und 3 Hemden gegangen ist und die Lunge getroffen hat. Der Verletzte mußte nach seiner in W-izsdorf befindlichen Wohnung getragen werden. Der Meffer- htld wurde nach Bautzen eingeliefert. Zittau. Im nahen Kamnitz sind in Folge Denunziation beim Gürtler meister Wünsche 8000 falsche Fünfmarlstücke vergraben gefunden worden. In ver schiedenen nordböhmischen Ortschaften wurden zahlreiche Perfo.ren bei Ausgabe der Fälschungen verhaftet. Chemnitz, 31. October. Eine sehr beachtcnswerthe, die Arbeitseinstellungen betr. Bekanntmachung hat kürz lich der hiesige Erste Staatsanwalt Herr Oberstaats anwalt Schwabe erlassen. Dieselbe lautet: „Es ist bei Arbeitseinstellungcv neuerdings mehrfach wahrzu nehmen grwes n, daß ungesetzliche Mittel angewendet worden sind, nm Arbeiter, resp. Mitarbeiter zu be stimmen, an einer Arbeitseinstellung sich zu betheiligen bez. von einer Wiederaufnahme der Arbeit abzusehen. Da die Möglichkeit nahe liegt, daß die einschlazenden gesetzlichen Bestimmungen, namentlich in len be treffenden Kreisen, nicht so allgemein bekannt sind, als dieS im eigenen Interesse der Betheilizten wünschenS- werlh wäre, nimmt man Gelegenheit, auf folgende Gesetzesbestimmungen nachdrücklich hinzuweisen: 1) auf 8 152 Abs. 2 der Gewe beordnung für das Deutsche Reich: Jedem Theilnehmcr an Verabredungen und Vereinigungen zum Behufe der Erlangung günstigerer Lohn- und Arbeitsbedingungen, insbesondere mittelst Einstellung der Arbeit, steht der Rücktritt von solchen Vereinigungen und Verabredungen frei und es findet aus letzterem weder Klage noch Einrede statt. 2^ auf 8 153 der Gewerbeordnung für das Deutsche Reich: Wer Andere durch Anwendung körperlichen Zwange-, durch Drohungen, durch Ehrverletzung oder durch Ver- rufSerklärung bestimmt oder zu bestimmen versucht, an solch ihne Mit «er zu i Str 8 2 wir» eine inSl verl lass' Iah Der neu vorl daß Str 23. verr dad Pf-' Wa dire wer eigr eine Kin den Fr- wiel bei hies Del den wer voll deS Pa> ein 42 tres i c WS! ein. des die Pe, g-s der ein W vor kau De stät Lest mit St. bar Ve wa lag Do lies Di W, Di nu sch' Ar schi da! die wu St f-r wa an der M der Fr kei b«,