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Müßen, 29. Oktober. W.lche traurigen Folgen eine ungenügende Treppenbeleuchtung nach sich ziehen kann, zeigt rin UnglückSfall, der sich gestern Abend in Verdrücke ereignet hat. Eine über 70 Jahre alte Frau, dir allein zu Hause war, stürzte die Treppe hinab und wurde von den Hausbewohnern besinnungslos aufge funden. Der sofort hivzugerufene Arzt stellte einen schweren Schädelbruch fest. Die Verletzung ist eine so schwere, daß an dem Aufkommen der verletzten ge zweifelt wird. — Aehnlich ging eS vor einiger Zeit einer älteren Meißnerin, welche in einem schlecht er leuchteten Treppenhause am Altmarkte so zu Falle kam, daß sie den Arm brach. Pirna. In Porschendorf hat ein sogenannter Sonntagsjäger, der von Zeit zu Zeit den Hobel mit der Flinte vertauscht, auf freiem Felde zwei Frauen, welche mit Kartofsellesen beschäftigt, waren angeschossen. Die Jüngere wurde hierbei in die Haud getroffen, wobei der Schrot bis auf den Knochen gegangen ist, während die Aeltere eine noch gefährlichere Verletzung erlitt, da ihr der Schrot in die Augenhöhle drang und in Folge dessen in Dresden ärztliche Hilfe in An spruch genommen »erden mußte. Dresden. Hier beschäftigte man sich jetzt lebhaft mit einer daS Victoria-Hotel betreffenden Ver kaufs-Angelegenheit. Die Käufer hatten den Vertrag so eingerichtet, daß sie mit Vollziehung desselben Be sitzer wurden. Der Zeitpunkt für die Uebervahme war genau bestimmt, desgleichen auch die Höhe der von den Käufern zu leistenden Anzahlung; es war aber nicht festgesetzt, wann diese Anzahlung erfolgen sollte. Die „Käufer" beanspruchten nun die Uebergabe ohne Anzahlung und der Besitzer, der jetzt erkannte, wie er daran war, zog es vor, die stipulirte Abstands summe von 10000 Mk. zu zahlen, um schlimmeren Verlusten vorzubeugen. — Am Freitag verunglückte in Boderitz der jüngste Knecht des Gutsbesitzers Grahl dadurch, daß er beim Herabwerfen von Stroh von den Balken stürzte und nicht nur beide Hände und das Nasenbein brach, sondern auch einen Schädelbruch er litt. Im Carolahause zu Dresden, wohin man den Verunglückten sofort brachte, erlag der Aermste seinen Verletzungen. Der Fall ist um so betlagenswerther, als die Eltern des verunglückten, die Tagearbeiters leute Rolle in Kaitz, vor wenigen Wochen erst einen 13 jährigen Sohn durch den Tod verloren haben. An na berg. Ein Luftdruck-Minimum, welches vom Atlantischen Ozean kommend, nördlich von unserer Gegend vorüberzog, war am Sonntag die unmittel bare Ursache eines Südsüdoststurmes, der an Dächern, Bäumen, Essen u. s. w. vielfachen Schaden ungerichtet hat. Die Heftigkeit der Windsbraut ließ erst am Montag früh nach. Auch aus Oberwiesenthal wird von Sturm, Kälte und gefrorenen Fenstern berichtet. Zwickau. Dieser Tage wurde der 13 jährige Knabe eines Bergarbeiters beim Kaffeekochen von fernem 3 Jahre alten Bruder am Bein gezogen. Ersterer ließ dabei einen Topf mit kochendem Wasser fallen und verbrühte dabei das Kind an den Beuren uns Armen derart, daß am anderen Tage der Tod eintrat. — Daß Vorsicht auch bei den scheinbar kleinsten Ver letzungen nothwendig ist, beweist folgender Fall. Eine Tuchmacherin hatte sich bei ihrer Arbeit an ter Ma schine beim Weznehmen einer hölzernen Einlegestange einen Schiefer in den linken Zeigefinger gestochen, den selben sofort herausziehen lasten und ohne weitere Sicherung des Fingers fortgearbeitet. Gar bald trat Blutvergiftung ein und der verletzte Finger mußte im hiesigen Kreiskrankenstift, wohin oie Schwerkcanke ge bracht wurde, sogleich abgelöst werden. Zwickau. In einem Schachte wurden vor einigen Tagen zwei Berghäuer von hereingebrochcner Klar kohle vollständig verschüttet, jedoch wunderbarerweise gerettet. Dem vereinten Bemühen von Mitarbeitern gelang es, nach 30 Minuten den einen und nach 60 Minuten den anderen Verschütteten hervorzuarbeiten. Beide wurden zwar fast erstickt, jedoch noch lebend und nur leicht verktzt hervorgebracht. Die am RettungS- werke Betheiligten waren selbst in hohem Grabe des Lebens gefährdet, weil trotz sofort bewrrkter Nolhbaue fortgesetzt Klarkohle nachbrach. Hohenstein. Bor einigen Tagen war die der Gutsbesitzerin verw. Wolf in Abteioberlungwitz gehörige Viehherde, während der Hirte sich auf einige Zeit ent fernt hatte, vor der hiesigen Station auf bas Bahn- geleiS geratheu, sodaß der um diese Zeit die Strecke passirendr Güterzug mehrere Male zu halten gezwungen «ar. Einer Kuh wurden beide Hörner und cmer «urdereu zwei Rippen gebrochen. Leicht hätte aber auch eine Gefährdung de« Zuge« erfolgen könne». Eibenstock. Am Sonntag vormittag und in der vorhergehenden Nacht herrschte hierseldst orkan artiger Sturm, der in Stadt und Land au Gebäude», Dächern, Gartenzäuuen rc. vielfachen Schaden herbei geführt hat. Im Walde hat daS Unwetter besoaderS große Verheerungen »»gerichtet und selbst di« größten und schönsten Bäume theilS gebrochen, theilS entwurzelt. Die Straße zwischen Eibenstock und Schönheide war stundenlang unpasstrbar, da eS beim sogen. „Heitern Blick" in der Nähe der Buche eine große Anzahl entwurzelter alter Bäume quer über die Straße gelegt hatte. Roßwein, 28. October. Im Anschluß an die vor Kurzem gebrachte Mittheilung, betreffend die Auffindung ergiebiger Thon- bez. Porzellan-Lager nahe unserer Stadt, »st heute zu erwähnen, daß sich für die Lager in weiteren Kreisen erhebliches Jnrerefse gezeigt hat. Von Nah und Fern sind Anfragen, diesen Gegenstand betreffend, hierher gelangt und eS steht zu erwarten, daß bald mit der Ausbeutung io industriellem Interesse begonnen wird. Die Qualität de« Thons ist, soweit die Informationen reichen, eine recht zufriedenstellende. Leipzig. Hier stürzte am Montag Mittag aus einer Wohnung vierter Etage ein vierjähriges Mäochen, während die Mutter kurze Zeit die Wohnung verlassen hatte, um Holz heraufzuholen, aus dem Fenster auf die Straße herab. Da« arme Kindchen war schwer verletzt, wurde aber noch lebend nach dem Kranken hause gebracht, ist aber inzwischen gestorben. Bitterfeld, 28. Oktober. Ein Raubmord versuch, dem ein Kampf auf Leben und Tod voran ging, hat unsere Stadt in furchtbare Aufregung ver setzt. Der Gemeindevorsteher Kählitz zu Rawsin ging am Sonnabend Abend nach 10 Uhr nach seiner Haus- thür, um dieselbe zu verschließen. Hierbei wurde er durch seinen Hund auf eine auf der Bodentreppe stehende Person aufmerksam gemacht. Als er sie an redete, erhielt er sofort mit einer Spitzhacke zwei wuchtige Hiebe auf den Kopf. Schon nach dem ersten Schlage ließ Kählitz die Lampe fallen, welche in Folge dessen erlosch. Der Fremde kam nun die Treppe vollends herunter, drang auf Kählitz ein und schlug mit der Hacke nochmals nach dessen Kopf. Jetzt ent spann sich zwischen Beiden ein furchtbarer Kampf und auf die Hilferufe des Kählitz eilte nun auch dessen Frau mit einer brennenden Petroleumlampe in der Hand herbei. Sofort ließ der Raubmörder von Kählitz ab und versetzte mit der Hacke der Frau Kählitz einen Schlag auf den Arm, daß diese die Petroleumlampe fallen ließ, holte alsdann nochmals zum Schlage gegen die Frau aus, wurde am Zuschlägen aber von deren Ehemann gehindert, indem dieser den Mörder von hinten packte, und ihm die Hacke entriß. Kählitz schlug nun in seiner Todesangst wie ein Wahnsinniger auf seinen Gegner los und hat denselben jedenfalls auch am Kopfe verwundet, wurde aber in Folge seines Blut verlustes von demselben alsbald wieder übermannt. Derselbe entriß ihm auch die Hacke wieder und ver setzte ihm Mil derselben von Neuem einen Schlag gegen den Kepf. Hierauf packten Beide sich nochmals, nach erneutem heftigen Kämpfen und Ringen riß sich der Mörder aber plötzlich los und ergriff durch das Nachbargrundstück die Flucht. Kählitz hat 4 Wunden auf dem Kopfe, 2 an der Stirn, 1 an der Nase und 1 an der rechten Schulter erhalten, der Frau desselben ist das Schlüsselbein des Armes zerschlagen worden. Die Wunden des Kählitz sind zum Theil lebensgefährlich. Vermischtes. Kaum hat die Nachricht von den „großartigen Er folgen" der amerikanischen Ty.iamitkanone die Welt erschüttert, und schon kommt uns die neue Kunde von einem nicht weniger erwähnenswerthen Schießversuch dessen Britannia sich rühmen darf. Durch einen ihm befreundeten englischen Artillerieoffizier hat unser Ge währsmann, auch ein Jünger des Mars, das Folgende in Erfahrung gebracht: Auf dem Schießplatz bei Wool wich wurden neue Gebirgs-Geschütz: erprobt, deren einzelne Stücke, Rohr und Lasset«, gesondert von Maulthieren getragen und dann zum Gebrauch zu sammengesetzt werden. Ein schlaues Mitglied des Prüfungsausschusses schlug vor, einmal versuchungs weise einen scharfen Schuß von dem Rücken deS Thieres aus — man hatte einen Esel zur Verfügung — ab zufeuern, um zu sehen ob man nicht auch so, ohne die zeitraubende Arbeit der Zusammenstellung der Geschütze, Erfolge erzielen könne. Trotz des KopfschüttelnS einiger Mitglieder fand der versuch statt. DaS arme Vieh stand geduldig da und ließ seinen Hintertheil, über welche« die Mündung der kleinen Kanone schaut«, mit GemüthSruh« nach dem Ziele richte«. Eia guter Treffer schien sicher, und die Zündschnur, welche den Schuß zum LoSgehen bringe» sollte, wurde darauf angezündet. Zischende« Geräusch der Schnur, und mit der Gemüthsruhe deS Esel« ist eS vorbei! Er bockt, schlägt und wendet dabei seinen gefährliche, Körpertheil im Kreise. Der Prüfungsausschuß liegt, die Gefahr «keimend, vom Jüngsten bl« zum Aeltesten im Handumdrehen platt auf dem Loden; vor ihnen springt der bockende Esel. Noch ein paar angstvolle Sekunden und dröhend durchschlägt daS Geschoß, glücklicherweise ohne weiteren Schaden zu thun, zwei Wände de« Arsenals, daS gerade dem Ziel entgegen gesetzt war. Ueber fürchterliche Leiden zur See wird aus Baltimore unterur 26. d. per Kabel berichtet: „Zwei Seeleute, NamenS Graves und Loder, Mitglieder der Mannschaft deS britischen Dampfers „Carnmoor", welcher Anfangs vorige» Monats auf der Fahrt von Baltimore nach Rio de Janeiro unweit der Bahama- Jnscln unterging, sind hier «»gekommen und erstatteten einen herzzerreißenden Bericht über die furchtbaren Entbehrungen und Leiden, welche sie in einem offenen Boote auf dem Meere ausgestanden haben. Sie er zählten, daß William Robinson, einer der Insassen des Bootes, nachdem sie eine Zeit lang auf offenem Meere umhergetiieben, starb, worauf der sich unter den Schiffbrüchigen befindliche Schiffskoch aufgefordert wurde, den Leichnam ihres Kameraden aufzuschneiden. Zuerst wurde Robinsons Schädel eingeschlagen und die Ueberlebcnden saugten das daraus strömende Blut bis auf den letzten Tropfen auf. Der Koch schnitt hierauf das Fleisch von den Rippen und dörrte es in der Sonne. Nachdem die Leber, das Herz und andere Körpertheile, aus denen Blut erlangbar war, heraus geschnitten worden, wurde die Leiche über Bord ge worfen. Zwei Tage nach Robinsons Tode starb ein Maschinist Namens Hunt, dessen Leiche ebenfalls den Ueberlebcnden als Nahrung diente. Nach etwa drei Tagen begannen die Glieder der Ueberlebcnden anzu schwellen, und es erschienen häßliche Geschwüre an ihrem Leibe. Graves und Loder erklärten, daß sie sich nicht erinnern, könnten, wie das Fleisch geschmeckt habe, da sie sich zur Zeit in nicht ganz zurechnungsfähigem Zustand befunden hätten. Blutvergiftung durch Schreibtinte. Ueber einen eigenthümlichen Fall von Blutvergiftung, der bereits den Tod der Betroffenen im G,folge ge habt, wird dem Berliner „Frdbl." berichtet. Eine Lehrerin der Städtischen Gemeinde-Schule in der Brandenburgstraße in Berlin hatte am letzten Freitag das Unglück, sich durch Unvorsichtigkeit eine, mit Schreibtinte gefüllte Feder unter den Nagel des Daumens der linken Hand zu stoßen. Durch Aus saugen der Tinte und des nachfolgenden Blutes glaubte die Dame alle Gefahr beseitigt zu haben, jedoch am Abend schon zeigten sich bei ihr so deutliche Spuren einer Blutvergiftung, daß sofort ein Arzt zu Rathe gezogen werden mußte. Da aber bei deff-n Ankunft schon die ganze Hand bis zum Handgelenk angeschwollen war, mußte sich der Arzt sofort zu einer Abnahme der Hand entschließen. Leider kam auch diese Operation zu spät; innerhülb 48 Stunden war das blühende junge Mädchen, trotz aller ärztlichen Bemühungen, eine Leiche. In der Provinz Ostpreußen, wo das Wetter seit Milte September mild und wärmer als sonst in ganz Deutschland war, hat vorige Woche eine bedeutende Abkühlung stattgefunden. In Königsberg fiel am Donnerstag Morgen der erste Schnee und lag dort am Freitag Morgen bereits 10 Centimeter hoch, wo bei die Temparatur auf —2 Grad gesunken war. Memel, woselbsdam Donnerstag ebenfalls Schnee, jedoch in geringeren Mengen fi.l, hatte Morgens sogar 4 und selbst noch am Mittag 3 Grad Kälte. Dieselbe war durch scharfe Nordostwinde aus Rußland herüber getragen, wo sich im Norden schon etwas frühen Frost wetter eingestellt und dann auch weiter südwärts aus gebreitet hatte. Am weißen Meere herrschten bereits am Mittwoch 9 Grad, in Petersburg, das sich, wie ganz Rußland, seit Wochen eines für Oktober außer ordentlich warmen Welters erfreute, in den letzten zwei Tagen 7 Grad Kälte, und auch in Kiew, wo die Temperatur noch am Donnerstag früh -^-10 GradC. betrug, sank dieselbe am Donnerstag etwas unter den Gefrierpunkt. Wie aus Prag gemeldet wird, entgleiste am 28. d. ein Personenzug der Nordwestbahn zwischen Hlinsko und Skutsch, ohne daß dadurch ein weiterer Unfall entstand. Der von Deutschbrod nachgesandte HilfSzug fuhr indeß trotz der Warnunzssignale in den entgleisten Pcrsonenzuz hinein, wodurch 4 Passziert verletzt wurden, von denen einer bereits gestorben ist. Eine Gerichtsrommission auS Chrudim ist an der Stelle, wo daS Unglück stattgefunden hat, eingetrrffen.