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Ort ihrer Bestimmung gebracht «erden sollen. Die ZuckerauSsuhr hat begonnen und soll in sehr bedeutenden Mengen vor sich Hetzen. I« Böhmen halten sich die Frachtsätze für Zucker recht gut, trotz de» guten Wasser- standeS und trotzdem zahlreiche Bei schlußschiff« in letzter Zeit nicht beladen, sondern für Zucker in Bereitschaft gehalten «orden sind, Kohlrnfrachten sind um 20 Pf. für den Doppelhrctoliter im Verkehr von Aussig nach Magdeburg zurückgegangen, obwohl Angebot von Schiffen für Braunkohlenladungen nur schwach rst und sich meist auf kleine Kanalschiffe bezieht. Man klagt schon wieder über Kohlen- und Wagenmangrl in Böhmen. — Betreffs der Einstellung der Rekruten ist jetzt Folgendes festgesetzt worden, W.sinh einzustellen: L) sämmtliche Rekruten zum Dienst mit der Waffe bei den in Sachsen garnisonirenden Truppentheilen ausschließlich der Cavallerie-Regimenter und deS Train- Bataillons am 9. November, d) die Rekruten der Eavallene-Regimenter am 5. October, e) di« zu drei jähriger aktiver Dienstzeit einzuberufeoden Train- Rekruten am 4. November, 6) die zu halbjähriger aktiver Dienstzeit einzuberufenden Train-Rekruten am 4. November 1889 und bezw. am 1. Mai 1890, s) die als Oekonomie-Handwerker, sowie die als Krankenwärter auSgehobenen Mannschaften treten bereits am 1. Oktober ein. — Zur Mahnung sei mitaetheilt, daß jüngst wieder in einem Otte Oesterreich Schlesiens ein fünfjähriger Knabe am sogtüannten Hundswurm starb. Dieser Fall jeigl 'IMf'S Ntitt, wie gefährlich eS ist, sich von Hunde» lecken zu lasten. — Für die itn Jahre 1890 zur Verwendung ge langenden Paßkarten ist der gelbe Unterdrück gewählt worden. Aus dem Triebischthale, 5. Oktober. In üvserem industriereichen Thale haben sich die industriellen Verhältnisse im Allgemeinen stetig gebessert: die Fabriken haben genügende Ackfkäge ünd an Arbeit mangelt es demzufolge nicht. WäS die Mühleniudustrie anbetrifft, so hat die Ernte allenthalben eine überaus rege Tätig keit veranlaßt, so daß auch in den Mühlen große Schaffenslust herrscht. Günstig ist im Vergleich zum Vorjahre der Umstand, daß das Getreide weniger feucht ist ünd kein erhetzlichtr Ausfall in der Ausbeute an Mehl zu rtgistriren ist. AuS diesem Grunde ist auch daS Bedürfniß nach trockener ausländischer Waare kein so dringendes als im Vorjahre. Dresden. Ueber die große Reise Sr. königl. Hoheit des Prinzen Friedrich August, die am 17. Ok tober anzetteten werden dürfte, dringen nunmehr Einzel heiten in die Oeffentlichkeit. In Folge des Ablebens deS portug. Jnfanten und Herzogs von Coimbra dürfte daS Programm kleine Verschiebungen erhalten. Vier Wochen lang reist Se. königliche Hoheit zu Pferd unter Benutzung von Zeltlagern. Eine» Theil der interessan ten Reise leitet der dekannte Reiseführer Stange. Das Studium der italienischen Sprache ist sowohl seitens deS Prinzen als seines Adjutanten, deS Hauptmanns Freiherrn v. Wagner, bei dem Prof. Baron Locella fleißig betrieben worden. AuS dem oberen Vogtlande, 4. Oktober. Obwohl der Regen während der letzten Tage die Kartoffelernte sehr behindert hat, ist man Loch in bäuerlichen Wirtschaften mit derselben ziemlich fertig geworden; doch klagt man allgemein darüber, daß die Kartoffeln, was Güte und Menge anlangt, noch viel zu wünschen übrig lasten. Wir haben nur eine Mittelernte. Das ist für unsere Gegend, wo die Käktoffel das Hauptnahrungsmittel für die arme Be völkerung bildet, von wesentlichem Einflüsse für daS Befinden der Leute im Winter. Werdau, 4. Oktober. Die Herren Bruno Gottlob Schön, Ernst Hugo Schön, Franz Emil Schön und Carl Robert Schön haben zum ehrenden Ge- dächtniß an ihre im Jahre 1887, bez. in diesem Jahre verstorbenen Eltern, weiland Herrn Ferdinand Gottlob Schön und Frau Pauline Schön der Stadtgemeinde eiv Kapital von 20000 Mk. mit der Bestimmtheit überwiesen, daß diese Stiftung den Namen „Gottlob und Pauline Schön-Stiftung" führen soll und die Zinsen von dem Stiftungskapital zur Unterstützung solcher junger Leute von . Werdau verwendet werben sollt», welche auf einer sächsischen Realschule da« Reife- zeckMß erlangt haben und eine deutsche gewerbliche Shule, in erster Linie »Ur eine sächsische, besuchen, umtt mehreren Bewerber« aber Demjenigen der Bor- zugHu geben fei, welcher die Realschule zu Werda« besMhat. Reichenbach i. L.Am 3. Oktober wurden »öü 'dive« hiesigen TrichiNtNschauer in einem frischge- schVHHtrkn Schweine Trichinen »orgesnudeu und Tag« darauf, am 4. Oktober, ist vvm Thierarzt Weber nu gleicher Fall zur Anzeige gekommen. Beide so kurz auf einander vorgekommenen Fälle von Trichinofl« mahnen von Neuem wieder zur Vorsicht beim Verrusse von rohem Schinken und verschiedenen Wurstwaaren. Adorf. Am ch. Oktober verunglückt« der seit 12 Jahren in der Mühle de« Herrn Kollmu« in Sieben brunn beschäftigte Mühlknappe Scherzer beim Auf legen eines Treibriemens derart, daß ihr« der linke Arm in da« Getriebe gerieth und derselbe gänzlich zerquetscht wurde. Im vestcht erlitt Sch. ebenfalls verschiedene Verletzungen. Der Arm mußte noch Abend« im städtischen Krankeahause zu Adorf abge- »ommeu «erden. Leipzig, Ü. Oktober. Eine Tragikomödie spielte sich gestern Abend in einer Wohnung der Kurprinz straße hier ab. Seit etwa Jahresfrist hatte ein hier wohnhafter junger Mann, der sich in günstigen Ver- mözensumständro befand, mit einem jungen, hübschen Mädchen, einer Schauspielerin auS Ellenburg, «in näheres Verhältniß angeknüpft, wobei eS, wie üblich, zu einem Heirathsversprechen gekommen war. In letzterer Zeit hatte sich aber dies Verhältniß gelockert, der junge Mann wollte nichts mehr von dem Mädchen wissen und hatte der einst Geliebten eine Absage ertheilt, worüber Letztere außer sich war und in höchster Er regung beschloß, den treulosen Jüngling durch Schrecken wieder an sich zu fesseln. Gestern Abend erschien daS Mädchen in dessen Wohnung in der Kurprinzstraße und knüpfte ein Gespräch an, da« sich natürlich um das treulose Verlassen und Bruch deS Heirathsvcr- sprechenS drehte, jedoch zu weiter nichts führte, als daß der junge Mann bei seiner Absage blieb und dadurch die verschmähte Geliebte in die höchste Erregung ver setzte. Plötzlich zog diese einen Revolver hervor und schoß ihn, auf sich gerichtet, ab. Doch war sie dabei so vorsichtig gewesen, die Schußwaffe zur Seite zu halten, so daß sie nicht getroffen wurde. Trotzdem sank sie aber nach dem Schuß in die Knie und fiel der Länge lang auf den Fußboden nieder, wo si- regungSlos und anscheinend todt liegen blieb. Man eilte hinzu und suchte die Schußwunde, konnte aber nichts auffinden und eine Verletzung an dem Mädchen, das sich nicht rührte, überhaupt nicht entdecken. Erst als Polizei hinzugeholt und Anstalt zum Fortschaffen der leblosen Person getroffen worden war, hörte die Komödie auf. Die Schauspielerin bekam wieder Leben, stand von selbst auf uod entfernte sich ohne jeglichen Beistand noch vor Ausführung weiterer Maßregeln. Das von ihr angewandte Schußwerkzeug, ein niedliches Revolverchen, sogenannter Salonrevolver, hätte, selbst wenn der abgegebene Schuß getroffen, kaum erheblichen Schaden anrichten können. Nordhausen, 3. Oktober. In der gestrigen Sitzung der hiesigen Strafkammer erschien in Sträf lingskleidung der frühere Realschuldirector Karl Christian Horche laus Leisnig Königreich Sachsen), ein vielfach wegen Schwindeleien und Betrügereien vorbestrafter Mensch, welcher zur Zeit in Lichtenberg eine längere Zuchthaus strafe verbüßt. Ho.che ist im Anfänge dieses Jahres (7. Januar) hier eingetroffen, hat im „Hotel Wieg" beim Gastwirth Nitschke als „Or. Müller aus Halle a. d. S." Wohnung genommen, mehrere Tage bei ihm gegessen und getrunken und ist schließlich durchgegangen. Die Strafkammer belegte den Schwindler mit einer Zusatzstrafe von vier Monaten Zuchthaus, 150 Mk. Geldbuße eventuell noch 20 Tagen Zuchthaus und 2 Jahren Ehrverlust. Ueber Kurzsichtigkeit. Ueber diese jetzt so viel beklagte Erscheinung spricht sich Prof. Rothmund in aufklärender Weise in den „N. M. N." auS. Er sagt unter Anderem: Bezüglich der Kurzsichtigkeit hat Prof. Stilling in seiner aus gezeichneten Arbeit nachgrwiesen, daß selbe zu ällen Zeiten unter den Kulturvölkern nicht nur bekannt, sondern auch sehr verbreitet gewesen sei. Er berichtet, daß eS schon zu Aristoteles Zeiten sehr viele Kurz sichtige gegeben haben müsse, da dieser sich mit der Frage beschäftigt, warum dieselben blinzeln und kleine Handschrift schreibe». Bei den Römern war die Kurz sichtigkeit sehr bekannt und hat sogar schon im römischen Rechtsleben eine Rolle gespielt, indem «in eigenes Gesetz für kurzsichtige Sklaven geschaffen wurde. Im 1«. Jahrhundert finden wir Bestimmungen, welche den Zweikampf mit Kurzsichtigen regeln und am Ende des selben wird viel geklagt über die Menge der Myopen (Kurzsichtigen) in Italien rc. Al« Bewei« für die Zunahme der Kurzsichtigkeit durch erhöhte Naharbeit hat mau die Statistik der einzelnen Beruf-arten an geführt. Nun läßt sich allerdings nicht leugnen, daß diese Krankheit dri Ständen, Die sich au«schließlich mit Naharbeit befassen, viel häufig« ist, al« bei anderen, rndglltig ist aber auch dieser Bewei« nicht, denn wie oft wird der künftige Beruf nach den jeweiligen An lagen gewählt. Da« myopische Auge ist äußerst dauer haft für die Naharbeit und gerade diese «»«dauer bei Beschäftigung mit kleine» Gegenständen ist ost für die Zukunft entscheidend. Der kurzsichtige Bauern junge z. B. ist ein fleißige« Schulkind, zeigt aber weniger Lust und Brauchbarkeit zur Feldarbeit, der Vater läßt ihn deshalb weiter auSbllden, der Junge wird Pfarrer oder Lehrer und vermehrt so die Zahl der Brillenträger in diesen Ständen. Noch viel weniger ist damit gesagt, wen» man die zunehmende Zahl der Brillenträger al« Beweis für die Ausbreitung der Kurzsichtigkeit anführt. E« ist daS fast, als ob man einem Meteorologen sagen wollig daS häufigere Tragen der Pelzröcke beweise eine Zu nahme der Winterkälte auf unsere« Planeten oder e« könne in früheren Zeiten nicht so viel geregnet haben, weil Niemand einen Regenschirm besaß. Abgesehen davon, daß nicht alle Brillenträger Konkavgläser, d. h. Gläser für Kurzsichtige tragen — ein großer Theil trägt wegen anderer Anomalien Konvex- oder Zylinder gläser, prismatische oder hyperbolische Gläser, letztere lauter Eifindungen der Neuzeit — abgesehen davon also, ist die Brille in ihrer Bedeutung erst in neuerer Zeit klar erkannt worden. Denn vor nicht gar so lange perhorreSzierten sogar bedeutende Augenärzte dieselbe und in vielen älteren Werken findet man noch das Rezept für ein gutes Wäfferlein oder Salbe, um sich der so schädlichen Brillen zu entwöhnen. Wenn heutzutage Jemand einer Brille bedarf, ist eS ihm überdies gar leicht, diesem Bedürfniß abzuhelfen, da gewiß in jedem Städtchen sich ein Opliku« befindet, dessen Vorräthe in allen Nummern in Jahren nicht erschöpft sind. Früher war das anders und Dr. Karl v. Weber, Direktor deS Havststaatsarchivs in Dresden, erzählt uns, wie kostspielig und zeitraubend eS noch vor 360 Jahren selbst für ein get öntes Haupt war, sich eine Brille zu verschaffen. Kurfürst August von Sachsen besaß zwar schon einen Nasen quetsch», eine große Brille oder Christallin, dessen er sich in der Kirche bediente und der daher seinen Platz im kurfürstlichen Betstübchen hatte. Als aber seine Augen mit den zunehmenden Jahren an Schärfe verloren, wünschte er sich eines solchen Hilfs mittels auch außer der Kirche zu bedienen und beauftragte daher Paul Buchner, den „Schrauben macher", er solle ihm einen Ring ums Haupt machen lasten mit einem Haken daran, daß man die Brille hineinhängeu könne und nicht auf die Nase setzen dürfe und zwar so, daß man den Haken, darein man die Brille hänge, entweder zudrücken oder mit einem Schräublein, wie sich's am füglichsten schicken werde, zuziehen könne, damit die Brille ständig vor dem Grsichte hänge. Paul Buchner aber konnte damit nicht zu Stande kommen und wendete sich deshalb an einen Goldschmied, der den Ring so machen sollte, daß man ihn zu kleineren Brillen brauchen und für die Augen hängen konnte. Nun kam eS noch darauf an, geeignete Gläser zu erlangen. Der Bürgermeister Rauscher hotte zwar sür den Kurfürsten 1572 zwei Paar Brillengläser ge kauft und den Auftrag erhalten, noch mehrere „fein lauter" auf dem nächsten Leipziger Markt zu erkaufen, allein er muß sie wohl nicht haben auftreiben können, denn der Kurfürst sandte den 1'akai Georg Bert nach Augsburg, einem Haupthandelsplatz, wo man deu seltenen Artikel wohl zu finden hoffen durfte. Doch war auch dort kein Brillenglas zu bekommen und mrhrmonatliche Bemühungen der angesehenen Firma Philipp Stammler daselbst blieben vergeblich. Im Sommer 1574 reiste der Lakai, mit einem Reisegeld von 15 Dukaten versehen, nach Venedig. Er hatte eine unglückliche Zeit gewählt, denn auch dort war kein Brillenglas vorräthig und das Glasbrennen, wie ge wöhnlich, in den Hundstazcn eingestellt. Berl benutzte seine Mußezeit dazu, sich »ach der praktischen Anwen dung der Augengläser näher zu erkundigen und schrieb deshalb: „Ich hab mich befragt, wenn man das GlaS auf die Schrift legt, ob es auch groß- Buchstaben möcht machen; so haben mir alle Gebläser und Brillen macher gesagt, daß eS nicht möglich sei, daß die Buch staben dadurch groß erscheinen mögen, sondern, wenn man es davor hält eine Spanne oder Ouerhand weit, so macht es große Buchstaben, so groß man eS haben will und schadet dem Gesicht auch nichts." Erst im Oktober 1574 konnte Berl melden, daß ihm der Kunst reichste im ganzen Lande, der daS GlaSmachen könne, „wodurch die Schrift scheine", versprochen habe, eiuige Gläser zu fertigen, daß der Künstler jedoch für da« Stück 50 Thaler und für ein kleineres 20 Thaler verlange. Kurfürst August zahlte gerne deu hohen P»i«, um nur endlich i» den Besitz von Vergrößerung«-- drillen zu gelangen, wie «au sie jetzt in jeder Jahr marktsbude um wenige Groschen würde kaufe» könne».