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EMlall md Anzeiger Druck und Berlag von Langer L Winterlich in Riesa. — Mr die Redaktion verantwortlich : T. Langer in Riesa. H 124 4S. Jahr«. Sonnabend, den 12. Oktober IE O. er- Dr. V. Deutsches Reich. Ueber Ankunft und Em pfang des Zaren wird der „Nat.-Ztg." Folgendes mitgetheilt: Der Zar verläßt am Mittwoch Schloß Fredensboeg, übernachtet auf der Fregatte „Derschawa", trifft Donnerstag in Kiel ein und reist dann nach Berlin, wo seine Ankunft auf dem Lehrter Bahnhof er folgen soll. Dort werden ihn der Kaiser und die jetzt zur Zeit hier anwesenden preußischen Prinzen empfangen. Ihnen schließen sich an Fürst Bismarck, die gesammte Generalität, die Mitglieder des preußischen Staats- ministeriumS und die Spitzen der Reichsbehörden. Auf dem Bahnsteig giebt die Leibcompagnie deS ersten Garde-RegimentS mit Fahne und Musik die Ehren wache, die Regimenter der Berliner Garnison bilden Spalier zu den beiden Seiten des Weges bis zum russischen Botschaftshottl. Vor dem letzteren ist die erste Compagnie des Kaiser Alexander Garde-Grenadier- Regiments mit Fahne und Mullkcorps aufgestellt. Am Freitag findet dann Golatafel im königlichen Schloff- und Gala-Oper statt. Sonnabend: Jagd im Wildpark bei Potsdam, Festtafel im dortigen Stadt schloß, Besuch der Friedenskirche, Fahrt auf der Havel nach Charlottenburg, Besuch des dortigen Mausoleums. Sonntag: Frühstück bei dem Alexander-Regiment, Abends Abreise. Der Reichskanzler ist am Mittwoch Abend auf dem Lehrter Bahnhof in Berlin «»gekommen. Zur Begrüßung war der Staatsminister Graf Herbert Bis marck zugegen. Im Nebligen bemerkte man noch de» Polizeibirektor Krüger. Bis zum Einlaufen deS ZugeS war der Bahnsteig dem Publikum polizeilich verschlossen. Der Reichskanzler, welcher mit seiner Familie im letzten Wagen fuhr, trat zuerst heraus und reichte seinem Sohne die Hand, während das Publikum ihn mit lebhaften Hochrufen begrüßte, die sich alsbald auf dem Bahnhof fortpflanzten. In der Begleitung deS Kanzlers befanden sich die Frau Fürstin von Bismarck und zwei Enkel, die Söhne deS Grafen Rantzau, sowie der stellvertretende Chef der Reichskanzlei, Geh. Le- gationSrath von Brauer. Fürst BiSmarck, der eine» dunklen Sommerrock, weiße Binde und den bekannten schwarzen Schlapphut trug, sah ganz vortrefflich auS. Wie er — noch immer eine stolze Gestalt — hoch aufgerichtet und nur leise auf einen Stock sich stützend, in munterem Bespräch mit dem Grafen Herbert den Deutschland ein kühles. — Noch auf seinem Sterbe bette empfahl der greise Kaiser Wilhelm seinem Enkel ein gutes Verhältnis zum Zaren. In pietätsvoller Weise erfüllte der junge Kaiser dieses Vermächtnis, indem seine erste Reise ins Ausland dem Besuch des Zaren galt. Dieser Besuch hat, soweit sich das nach äußerlichen Anzeichen beurtheilen läßt, an dem kühlen Verhalten des Zaren gegen die deutsche Regierung nichts zu ändern vermocht. Nun, nach einem Jahre, erwidert der Zar den Besuch des jungen deutschen Kaiser«. Inzwischen aber haben sich die Verhältnisse doch ganz gewaltig geändert, nur der Zar nicht. Er zürnt weiter und . . . zur Liebe kann bekanntlich Niemand ge zwungen werden. Das Zürnen des Zaren hat aber heute fast jegliche Bedeutung verloren. — Die durch dos hohe Alter Kaiser Wilhelms des Ersten und die tödtliche Krankheit seines Sohnes bedingte Unsicherheit der nächsten Zukunft hat einem nach menschlichem Er messen langandauernden festen Verhältnisse den Platz geräumt. Die deutsche Politik hat gegenwärtig keine anderen Rücksichten zu nehmen, als die durch die Weltlage gebotenen. — Der Friedensbund und das allgemeine Frievensbedürfniß sind so stark und die Be grüßung der englischen Flotte in Kiel durch Kaiser Wilhelm/den englischen „^.ärrriral ok ttte üset", ein so beredtes Zeichen, daß selbst der mächtige Zar daran nichts zu ändern und zu mindern vermag, selbst wenn er mit den Politikern an der Seine einen Freundschaftsbund schließen wollte. — Daß der Zar übrigens persönlich dem Frieden zuneigt, ist bekannt. Alles hängt aber von der Frage ab, ob er auf die Dauer im Stande sein wird, dieser Neigung gegen über dem stete» Andrängen der einflußreichen Führer des Panslawismus Geltung zu verschaffen. Hierauf vermag er wohl selbst heute noch nicht zu antworte» und darum wird an der bisherigen Beschaffenheit der politischen Wolkenstimmung auch durch den jetzigen Besuch und die gegenseitige Aussprache wohl kaum etwas geändert werden. Die O-ffentlichkeit empfängt den hohen Gast mit demjenigen Grade von Ehrfurcht, der ihm als dem Verwandten und Gastfreunde unseres Herrscherhauses gebührt und wird ihm den Zoll ihrer Schätzung für seine persönliche» Tugenden nicht vor enthalten. Aber von politischer Begeisterung ist sie dabei ebenso fern «te vom Gegeutheil. Die Liste der stimmberechtigten, bez. wählbaren Höchstbesteuerten ist revidirt worden und liegt für die bei der Wahl Jnteressirten in der Canzlei der Königlichen Amtshauptmannschaft vom 14. Oktober 1689 an 4 Wochen lang zur Einsicht aus. Einsprüche gegen diese Liste sind bei deren Verlust längstens 14 Tage vor dem obgedachten Wahltage, also spätestens bis mit 15. November 1889, bei der unterzeichneten Amtshkuptmmmschaft schriftlich oder münd lich anzubringen. Die Amtshauptmannschast ist überdies bereit, auch schriftliche Anfragen der entfernter Wohnenden wegen ihrer Aufnahme in die Liste zu beantworten. Gemäß Z 7 Absatz 1 des Gesetzes vom 21. April 1873, die Bildung von Bezirksvcrbänden rc. betreffend — Gesetzblatt Seite 284 — wird dies mit der an die betreffenden Wahlberechtigten — vergl Punkt II des Gesetzes vom 2. Juli 1878 (Gesetzblatt Seite 211) — gerichteten Auf Meint in Ri eia wöchentlich viermal: Dienstag, Donnerstag, Sonnabend und Sonntag — Abonnemenspreis vierteljährlich l Mark 2b Pfg. — Bestellungen nehmen allrKatserl. Manuln , voftboten, die Expeditionen in Riesa und Strehla (E. Schön), sowie alle Boten entgegen. — Inserate, welche bet dem auSgcbreitcten Leferkreie eine wirksame Veröffent lichung finden, erbitten wir uns bis Montag, resp. Mittwoch, Freitag oder Sonnabend Vormittag« S Ubr. Jnsertivnsvrei» die dreigespaltene LorpuSzetle oder deren Raum 10 Pfg. - , -ü .... ..... . forderung öffentlich bekannt gemacht, in dem anberaumten Wahttermine persönlich zu erscheinen und ihre Stimmen abzugeben. Nach Schluß der Wählerliste wird den betreffenden Stimmberechtigten je ein Exemplar der Liste durch die Post zugesendet werden. Großenhain, am 5. Oktober 1889. Die Königliche Amtshauptmannschast. 367^vr. Waentig. Freiwillige Versteigerung. Auf Antrag der Erben des Gutsbesitzers Carl Friedrich Gründel in Medessen sollen die zu dessen Nachlasse gehörigen Grundstücke, Fol. 6 und 63 des Grund- und Hypothekenbuches für Medessen und Fol. 53 des Grund- und Hypothekcnbuches für Skassa, welche zusammen ortsgerichtlich auf 24 415 Mark 40 Pfg. geschätzt worden sind, zugleich mit dem gesammten ein schließlich der gleichfalls mit zu versteigernden Erntevorräthe auf 4587 Mark 20 Pfg. ortsgerichtlich geschätzten Wirthschaftsinvemar von dem unterzeichneten Amtsgericht freiwilliger Weise Montag, den S1. Oktober 1880, vormittags 1« Uhr, in dem zu Medessen unter Nr. 6 des Brandkatasters gelegenen Rachlaff- gute versteigert werden. Dies wird unter Bezugnahme auf die an hiesiger Gerichtstafel und im Gasthofe zu Medessen ersichtlichen Anschläge hierdurch bekannt gemacht. Großenhain, den 25. September 1889. Das Königliche Amtsgericht 8 2839/89. Estler. Bekanntmachung, die Wahl von Vertretern der Höchstbesteuerten in der Bezirksversanunlung betreffend. Zu Ende dieses Jahres haben in der geordneten Reihenfolge Bier Vertreter der Höchstbesteuerten aus der Bezirksversammlung auszuscheiden. In Folge dessen macht sich die Vornahnie von Ergänzungswahlen forderlich. Die bezügliche Wahl findet Sonnabend, den SO. November 1880 Vormittags in der Zeit von 11 bis IS Uhr im Cassenzimmer der Königlichen Amtshauptmannschast Großenhain statt. Die Liste der stimmberechtigten, bez. wählbaren Höchstbesteuerten Tagesgeschichte. Endlich ist der russische Kaiser in Berlin zu dem längst fällig gewesenen Gegenbesuch eingetroffcn. Es ist ganz selbstverständlich, daß ein Gast des deutschen Kaisers, wer es auch immer sei, der achtungsvollen Ausnahme auch seitens des deutschen Voltes sicher sein darf. Der Zar liebt kein öffentliches Schauge- pränge; seine Wünsche werden in Berlin gern respektnt; die Stadt als solche und die Bewohnerschaft haben keinerlei Vorbereitungen zum Empfange getroffen. Der Zar solgt einer Forderung der Höflichkeit, indem er die Antrittsvisite, die ihm warmen HerzenS der Enkel des greisen Kaisers Wilhelm abstattete, erwidert, so spät erwidert, als sich die Sache nur irgendwie ver schieben ließ. Wenigstens empfängt man keinen anderen Eindruck. — Der Zar zürnt, wie er schon vor zwei Jahren zürnte — und Zürnende haben häufig unrecht. Lor zwei Jahren hatte dieses Zürnen sein Bedenk liches. Auf Deutschlands Kaiserthron saß ein mehr als neunzigjähriger Greis, dessen berechtigter Wunsch war, auf jeden Fall die letzten Tage seines Erden daseins in Frieden zu verleben. Und im fernen Italien weilte der Thronfolger, einst die Hoffnung der Nation, damals aber schon ein unrettbar dem Tode geweihter Mann. — Dessen damals nur selten ge nannter Sohn war noch jung, man wußte nicht, waS man sich von ihm versprechen durfte. Zeitungen einer giwiffen Partei hatten ihn vorweg für sich in Beschlag genommen, wie die Zeitungen einer anderen Richtung den todtkranken Vater. Niemand wußte so recht, woran er war, selbst vielleicht der Mann in Varzin nicht. — Bor zwei Jahren, als die Verhältnisse so lagen, wie eben angedeutet, stand auch noch die bul garische Frage auf der Tagesordnung und drohte „brennend" zu werden, so daß der Brand ganz Europa ergreifen konnte. Es gelang zwar dem Fürsten BiSmarck, den Zaren zu überzeugen, daß derselbe durch gefälschte Depeschen über die Haltyng, der ReichS- regierung in der bulgarischen Fragt hinter- Licht ge führt worden war, aber Deutschland konnte mit Rück ficht auf seinen Wiener Bundesgenossen keine Zuge ständnisse machen. Sonach blieb auch nach dem da- aaligen Zarenbesuch das Verhältniß Rußlands zu Amtsötatt brr Wnigl. AmtShanptmamschaft Großenhain, de- König!. Amtsgericht- Md des StadUtthS zu Rttl«