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eilage zum „Elbeblatt und Bestellungen «uf da» „Slbeblatt und Anzeiger" — wöchentlich 4 mal erscheinend — für das 4. Vierteljahr Verde« vo« sSmmtltche« katserl. Poft, anstatte«, de« Landbrieftrüger«, «vser« Expeditionen i« Riesa und Ttrehla, unser« Ausgabestellen bei Herren A. B. Hen nicke (am Albertsplatz), Paul Holz, (Schützenstraße), Paul Koschel (Bahnhofstraße) und Hermann Seidel (Stadt Leipzig), sowie unsere« Bote« zum Preise von L M. S« Pf. angenommen. Riesa, Die BerlagS-EMdition. üastamcnstraße 54. « " Tagesueschichte. Der an anderer Stelle als bevorstehend gemelceten Orginasation einer nationalen Fortschrittspartei wird von denjennige» deutschen Blättern, welche sich durch die beginnenden Umgestaltungen im inneren Parteileben »itgetrofsen fühlen, leine Bedeutung beigemessen, da gegen betrachtet man sie auswärts als ernste Anzeichen einer Krise, der man große Wichtigkeit zuzuerkennen geneigt ist. Die Wiener „Presse" steht eine „weitere Jsolirung der extremen Elemente voraus" und glaubt, daß zugleich eine erhebliche Erstarkung des nationalen Bewußtseins damit verbunden sein werde. Auch die der freisinnigen Truppe g stnnungsverwandte „N. Fr. Pr." glaubt, daß eine Spaltung innerhalb der letzteren tevvrstehe, die bei de» am IS. Öctober erfolgenden sächs. Landtagswahlen zuerst zu Tage treten werde. Daraus, daß die „K. Z." die Hoffnung ausdrückt, dieses Bei spiel werde anderwärts Nachahmung finden, sucht das genannte Wiener Blatt zu erweisen, wie wenig Vor theilhast die „Rebellion gegen Eugen Richter's Tyrannei" (diese Worte sind in Anführungszeichen ge setzt) der freisinnigen Partei im Ganzen sein werde. Es könne nicht geleugnet werden, daß die Rebellion selbst in vollem Gange sei. Die freisinnige und demo kratische Presse in Deutschland sucht die Bewegung als sehr geringfügig hinzustellen. Sie erklärt, der Versuch der sächsischen Freisinnigen könne doch nur den Erfolg haben, daß die neue national-fortschrittliche Gruppe ein Anhängsel der K«rtellgruppe würde, von der sie schließlich auch in Abhängigkeit gerathen müsse. Am schärfsten spricht diese Meinung die „Frkf. Ztg." auS, welche darüber schreibt: „Der sächsische Kammerfort schritt, der seither zwischen Thür und Angel eine recht unglückliche Figur machte, kündigt die große That an, daß er demnächst seine Firma ändern werde. Als „nationale Fortschrittspartei" will er zu einer stelbständigen Existenz kommen neben dem nationalen Kartell und dem Freisinn, dem damit die nationale Tugend abge sprochen wird. Der kreißende Berg wird ein Mäuslein zur Welt bringen, denn was kann aus diesem Fortschritt anders werden, als ein Anhängsel der Kartellparteien, das von deren Gnade abhängig bleibt? Das waren die Herren Starke, Schreck und Genossen seither schon und in der Metamorphose wird es dabei bleiben. Zu begrüßen ist dabei, daß jetzt in Sachsen die Scheidung der Geister sich endlich vollziehen wird, denn daß für wahrhaft freigesinnte Elemente kein Platz in der „nationalen" Fortschrittspartei sein kann, bedarf keiner Auseinander setzung. Manchen Herren mag das unangenehm sein, denn unter den breiten Kartellschirm flüchtete sich gern die Unentschiedenheit. Das wird nun nicht mehr an- gehen; von Nachts wie von Links wird gleich bestimmt »erlangt, daß Farbe bekannt werde, ein Ausweichen ist nicht möglich. Lächeln kann man nur über die Ruhm redigkeit, der „nationale Fortschritt" werde von Sachsen aus sich über das Reich verbreiten." In den Reichs- regierungSkreisen scheint man zunächst den weiteren Verlaus ver Bewegung abwarten zu wollen, bevor man ein Urtheil darüber äußert. — Die „Leipz. Ztg." be merkt: „So hoch wir die Männer, die an der Spitze des neuen Unternehmens zu stehen scheinen, schätzen —> ein sachliches Bedürfniß scheint uns für Be gründung noch einer Partei in Sachsen nicht vor handen zu sein. Einen G>winn würden wir in der selben nur dann erblicken könne», wenn sie dazu bei tragen sollte, die Grenze zwischen der sächsischen Fort schrittspartei und dem Berliner Freisinn noch schärfer als dis jetzt zu ziehen, die Zugehörigkeit zu der einen oder anderen Partei auch für die Außenstehenden bestimmter he,vertreten zu lassen und dieselbe auch äußerlich leichter kenntlich zu machen. Mißverständnisse, wie die bei der jstzigen Wahlbewegung vorgekommenen, würden dann ausgeschlossen sein." Souuabeud, Ven 28. September 1889. Deutsche» «eich. Sine Reise de« Kaiser paare« »ach Konstantinopel von Athen au« soll jetzt al« ziemlich feststehend betrachtet werde» können. Al« Beispiel für den Besuch einer Kaiserin in Konstantinopel führt die „Post" denjenigen der Kaiserin Eugenik auf ihrer Reis« zur Eröffnung d«S Suezkanal« an. Die Kaiserin Friedrich wird, von den Hochzeits- Feierlichkeiten in Athen zurückgekehrt, den Wi»ter in Italien verleben. Ueber das Befinden deS Reichskanzlers bringt die ,N. Allg. Z/ folende Notiz: Fürst Bismarck, welcher vor 14 Tagen vorübergehend unpäßlich «ar, Hot sich von dem damaligen Unwohlsein vollständig erholt und ist in erfreulicher Weise arbeitsfähig. Die Gesandtschaft deS SultanS von Sansibar ist am Mittwoch in Berlin eingetroffen. Dieselbe besteht aus dem Oberkadi Muhamed Ben Soliman, dem früheren Gouverneur von Lamu, Send Ben Muhamed und einem Dolmetscher. Der BundeSrath hat in seiner Plenarsitzung vom Mittwoch den Anträgen Preußens bezw. Preußens und Hamburgs und Hessens wegen erneuter Anordnungen auf Grund des Sozialistengesetzes (kleiner Belagerungs zustand) für Berlin und Frankfurt a. M. und Um gegend, für Hamburg-Altona und Umgegend sowie für den Kreis Offenbach zugestimmt. Eine Novelle zum Krankenkassengesetz war für die vorige Session des Reichstage- angekündigt worden, kam aber, da der Reichstag vollauf von der Jnvaliditäts- und Altersversicherung in Anspruch genommen «ar, nicht mehr zur Vorlage an »en Bundesrath. In zwischen haben sich verschiedene Aenderungen der Vor lage nothwendig gemacht, doch sind die Arbeiten für die Novelle so weit gediehen, daß dieselbe dem Reichs tage in der bevorstehenden Session zugehen kann. Ob dies jedoch thatsächlich der Fall sein wird, gilt noch als fraglich, da der dringliche Arbeitsstoff, namentlich der Et«t und das Sozialistengesetz, die im voraus durch Ablauf der Wahlperiode beschränkte Dauer der Session ausfällen dürfte. Die „Kölnische Zeitung" bringt einen auffälligen Leitartikel über KriegSvorbereitunqen Rußland«, deren Urheber der Generalstabs-Chef Obrutschew sei, welcher im Sommer als stellvertretender Kriegsminister dem Czaren eine diesbezügliche Denkschrift überreichte. Der Czar neigte zu den Ansichten Obrutschew's hin, trotz des Widerstandes des Finanzministers, denn umfassende, von Obrutschew verlangte Eisenbahnarbeiten sind an geordnet und werden bis zum nächsten Frühjahr aus geführt sein. Bis zum Mai sind 8 Millionen Pud Schienen nothwendig, welche die russischen Werke nicht liefern können, weshalb mit Cockerill Verhandlungen eingeleitet sind. Bis zum Mai müssen ferner 300 Lo komotiven fertig sein, und zu dem gleichen Zeitpunkte würde die Bahnlinie Petersburg-Eydttuhnen durchweg doppelgeleisig sei», ebenso die Strecken Wilna-Warschau, Wilna-Rownow und Sramenska-Fastow (Kiew). Da durch erfahre das russische Eisenbahnnetz eine bedeutende strategische Verstärkung wodurch eine Truppenzusammen ziehung im Westen wesentlich erleichtert werde. Angesichts der augenblicklichen Höhe der Fleischpreise wird neuerdings wieder auf die Verwendung der See fische als Volksnahrung hingewiesen. Gegenwärtig wird der Verbrauch von Seefischen im Binnenlands vielfach durch die hohen Transportkosten beschränkt, und es wird deshalb vorgeschlagen, daß die preußische Staatsbohnverwaltung billige Sondertarife für Beförde rung von Seefischen in das Binnenland einrichte. Ein Gerücht, nach welchem der als staatssozialiflischer Schriftsteller bekannte ehemalige österreichische Handels minister Dr. v. Schäsfle in württembergische Staats dienste treten soll, erhält sich. Bei der Landtagswohl in Altenburg haben die Sozialdemokraten in der dritten Wählerabtheilung der Residenzstadt ihren Sitz im Landtage behauptet. Der Reichscommiffar Hauptmann Wißmann hat bei einer zur Sicherung der Karawanenstraßen unter nommenen Recognoscirung 4 Tagereisen von Bagamoyo entfernt zwei Lager der aufständischen Araber zerstört und dann den Marsch nach Mpwapwa fortgesetzt. Ar««krerch. Für den in seinem seit 20 Jahren behaupteten Wahlkreise diesmal unterlegenen JuleS Ferry soll anderwärts ein Mandat frei gemacht werden. — DaS Ministerium, obwohl im Wahlkampfe Sieger, will gleich nach dem Zusammentritt der neuen Kammer seine Entlastung nehmen, damit die Kammer völlig „freie Hand" habe. — Pariser Blätter berichten, daß Boulanger sein herrschaftliches HauS am Portlandplatz verläßt und eine bescheidenere Wohnung bezieht. Seine unbekannten Geldgeber scheinen ihm also den Mammon Anzeiger." 42 Zatzr». abschneide» zu wollen. — Bei der Einweihung d« neuen Pariser Produktenbörse schloß der HaadelSmiuifter Tirard seine Rede mit de» Worten: „Heute, wo der Fried« im Jnnrr» gesichert ist und nicht« zu der Be fürchtung Anlaß giebt, daß er nach außen gestört «erd« könnte, «ollen wir vertrauen in die Zukunft und keine andere Gorge haben, al» den Wohlstand Frankreich« durch unsere Besonnenheit und Arbeit zu sichern." Rvtzla«». Die Rückkehr der Kaiserfamilie wird für Mitte Oktober erwartet. Der Zar werde die Heim fahrt zur See antreten. AuS Londoner Blättern erfährt mau, daß kürzlich wieder einmal ein Ttznamitanschlag gegen den gare» geplant gewesen sein soll, der indessen mißglückte, weil die Ladung zu unrechter Zeit sich entzündete. Dieser Vorfall soll auf dem Bahnhof von Peterhof stattge- fuoden und einem Bahnbcamten das Leben gekostet haben. Es seien zahlreiche Verhaftungen in Peters burg vorgenommen worden. Was hieran Wahrheit oder Dichtung ist, läßt sich selbstverständlich nicht erkennen. Balkanftaaten. Von der Insel Kreta melden neue Depeschen, daß dort noch weitere zahlreiche Per sonen wegen Verschwörung verhaftet worden sind, i« Distrikt Heracleion allein 200, darunter mehrere Priester. Der Metropolit hat vergeblich bei Schakir Pafcha dagegen protestirt. Vermischte». Eine schreckliche Familientragödie. In der Rue du Mery zu Lüttich bewohnt der Droschken kutscher F., Wittwer und Vater von drei kleinen Kinder», ein und dasselbe Haus mit seiner alten Mutter, mehreren Geschwistern und andern Miethern. F. und sein ältester Sohn schliefen in einer Dachstube; vorige« Sonnabend Abend zog der Knabe es jedoch vor, bei seiner Großmutter die Rückkehr des Vaters aus dem Dienste abzuwarten, da dieser sorvvhlwieverschiedeneNach- barn Nachts vorher im oberen Stockwerke ein Geräusch gehört haben wollten, wie wenn Jemand sich dort einschliche. Als F. Nachts nach Hause kam, hörte das Kind ihn die Treppe hinaufsteigen und folgte seinem Vater auf sein Zimmer. Wenige Minuten nachher erscholl plötzlich vo« oben herunter der Ruf: „Mutter, bring Licht, ich habe den frechen Eindringling abgefaßt!" Schleunigst eilt die alte Frau hinauf in die Dachstube, wo sich ihr ein entsetzlicher Anblick darbot: ihr Enkel lag bewußt los und mit Wunden bedeckt mitten im Zimmer m einer Blutlache, während sei» Vater beim Anblick des Kindes in ein wahnsinniges Geschrei ausbrach. Ter unglückliche Mann hatte, wie das „Kl. I." be richtet, in dem Glauben, einen Verbrecher vor sich zu haben, im Dunkeln seinen eigenen Sohn erschlagen, de« er schlafend im Bette wähnte. Das Krnd ist de« Verletzungen bereits erlegen. Der Vater suchte nach der unseligen That sich selbst das Leben zu nehmen und stellte sich, hieran verhindert, freiwillig dem Gerichte, er wurde jedoch bereits auf freien Fuß gesetzt, da jeder Gedanke an ein beabsichtigtes Verbrechen ausgeschlossen ist. Ein schrecklicher Unglücksfall hat sich in Baden-Baden bei dem Jubiläumsschießen, welches die dasige Schützengesellfchaft gegenwärtig abhält, ereignet. .. Als ein Büchsenmacheilehrling den Beginn des SchießeuS durch Böllerschüsse avzeigen wollte, ging beim zweite« Laden der Schuß vorzeitig los und der Pulverstößer drang dem unglücklichen Jungen, welcher wohl zu früh lud, wodurch sich das Pulver an der noch heißen Röhre entzündete, in den Leib. Der Junge war so fort lobt. Hauseinsturz. Am Mittwoch Vormittag stürzte in Mailand ein im Bau befindliches Haus in der Allee Ports Victoria ein und begrub gegen 60 Ar beiter unter seinen Trümmern. — Bon den Verschütteten wurden bis jetzt 19 Personen als Leichen ausgegraben, 17 sind noch nicht gefunden worde». Der König besuchte am Donnerstag die verwundeten und unterstützte die Familien der Verunglückten. Marktberichte. Chemnitz, 2s September. Pro 50 Silo Weizen russisch* Sorten M. 10,25 bis 10,5V, sächsischer gelb und weiß Mk. 9,25 bis 9,75. Rogacn preußischer M. 8,50 bis 8,85. sächsischer M. 8,— bis 8,25. russischer M. 8,30 bis 8,59. Braugerste M. 9,25 bis IS,-. Futtergerfte M. 6.50 bis 6,75. Haler sächsischer, alter M. 7,25 bis 7,75. Koch-Erbsen M- 8,75 bis tv,—. Mahl- und ^utter-Srbsen M. 8,— bi» 8,25 Heu M. 3,5« bis 4 50. Stroh M. 3,- bis 4,20. Kartoffeln 2,59 bi, 2 70. l Kile »Utter M. 2 19 bis 2.80. L eivtia, 26. September. Produktenbörse. Weizen loco Ml. >02-194, srrmder Dl. 212-218, still. Roggen loco Mk. 170—174, ui verändert. Spiritus loco Pik. —, 70er 35,99, 50er 55,40. nominell. Rüböl loco Mk. 71'/,, flau.