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dieses Mädchen, schier unglaublich, einen Sang der Elfe gleich. Sie hatte entschieden Rasse. Sie bracht« ein mächtige« dickes Album geschleppt und warf eS krachend auf den Tisch. Die erste« Bilder stellten Herrn und Frau W. in ihrem ganzen Diamant- reichthum dar, dann folgte Fräulein Bella W. in Straßentoilette, ein reizende» Bildchen, das ich feurig küßte. Donnerwetter! waS ist daS? Lin junges Mädchen auf dem Drathseil und meiner Bella bis aufS Haar pichend? Die Braut errieth meine Gedanken. „Findest Du auch eine Aehulichkeit? Alle Welt sagt, ich sähe der Künstlerin frappant gleich !" „Einfach unheimlich, aufEhre—geradezu räthselhaft!" „Dann weg mit dem dummen Bilde — eS kommen schönere," meinte Bella und summt« daS schöne „1.6 voils, XicolL8 " Kinder, Ihr kennt mich, Ihr wißt, daß ich sonst nicht gleich de« Kopf verliere, aber jetzt blieb mir der Verstand stehen, als das Mädchen weiter blätterte und vor meine» Augen eine ganze Menge Damen in TricotS, Reiterinnen, Jongleusen nnd Luftgymnastiker innen erschienen. — Bor Erstaunen blieb mir der Mund offen, während Fräulein Bella beim Anblick meines dummen Gesichts in ein tolleS Gelächter auSbrach und in ihrem Uebermuth durch den Salon in einer Weis« hüpfte, welche mir hätte zeigen müssen, daß auch sie früher mit diesen schönen Arnstinnen die Arbeit getheilt. Endlich fand ich meine Sprache wieder. „Wer ist das?!" „Die waren früher bei Papa engagirt." „Bei Papa engagirt, Der war ja Handels ¬ kammerpräsident! Bella lachte »och toller. „Was für Zeug? Hast Du denn nie von dem weltberühmten Grand Eirque international Wilhelm W. gehört? Der gehörte dem Papa bis vor zwei Jahre»; heute arbeiten wir nicht mehr, Papa hat eS nicht mehr nöthig und auch keine Lust. Mich läßt er leider nicht mehr fort, trotzdem ich ihn fast jeden Tag darum bitte. Deshalb wollte ich heirathen — ich darf doch nicht mehr arbeiten. Na, was ist Dir denn? Du hättest wohl lieber die Tochter deS ehrsamen Rentiers Wilhelm W. als das Zigeunerkind ge- nommen?" Bella sah bei diesen schelmisch hervorsprudelnden Worte» reizender denn je aus. Ich stützte meine» Kopf zwischen die Hände. Teufel, weshalb lassen die ehernen Gesetze der sogenannten guten Gesellschaft eher zu, daß ein Offizier die Tochter eines durch allerhand Manipulationen reich gewordenen galizischen Juden als die eines nach jahrelanger ehrlicher Arbeit wohlhabenden CireuSdirectors heirathen darf? Also, mein unbeschriebenes Blatt, mein Ideal war dir Drahtseiüäuferin vom Circus W. — und ich be kam den Consens nicht, wenn Papa auch jetzt ange sehener Stadtrath in der schönen Stadt am Rhein war. Dies mein Abendteuer. ES ist nichts Besonderes dabei, nicht war? Lieutenant — Drahtseil — TricotS — eS paßt eben nicht zusammen, da man glaubt, daß auf dem Stande der Arena kein Feldblümchen ge deihen kann. Dafü rzieht man für uns im schwülen Treib haus prächtige Rosen und Lilien, die beim ersten Luft hauch deS Draußen entblättern." O. Tbl. Entfernungen im Weltenraum. So lange wir auf Erden nur Höhen oder geringe Entfernungen zu messen haben, leistet uns daS Meter maß praktische Dienste. Weniger dankbar sind wir aber dem neuen Maße, wenn eS selbst da Platz greift, wo eS sich um bedeutende Länge« oder Flächen handelt. Da mag die geographische Meile ihre alten Rechte behaupten und wir sind Niemand dankbar, wenn er z. B. die Größe unsere» deutschen Vaterlandes statt mit 9818 Quadratmeilen mit 540,521 Quadratkilo meter angiebt. Große Zahlen erschweren eine klare Vorstellung. Vollends der Astronom, der mit Entferungen zu rechnen hat, gegenüber denen die Maße unseres Erd balles Kinderspiel sind, muß vor Allem bedacht sein, einen großen Maßstab zu gewinnen, um die unge heuere» Weiten einigermaßen dem VorstellungSvermvgen eines ErdenbewohnerS anzupaffen. Er wird in die Lage kommen, sich zu fragen, reicht daS Kilometer, die Meile, der Halbmesser deS ErdkörperS (860 Meilen), als Einheit gesetzt, hin, die vielstelligen Zahlen so weit zu reduziren, daß sie noch klar begriffen werde» können? So lange eS sich nur um Messungen innerhalb unseres Sonnensystem» handelt, — wohl! Aber funkeln nicht noch Millionen von Sonnen am dunklen Firmamente, die mit Ausnahme eines winzigen Bruch- theilcS überhaupt jeder irdische« Meßkunst zu spotten scheinen ? Und doch gilt eS, Einsicht zu gewinnen über ihre Entfernungen, die — sobald sie nicht mehr direkt zu messen sind, geschätzt werden müssen, um einiger maßen den Aufbau und die Anordnung d«S Universums erfassen zu können. Wir werden sehe», wie die Aftronomre, sobald «S gilt, außerhalb unsere- Sonnen system- Entfernungen festzustelleo, von einem Maßstabe Gebrauch macht, der an Großartigkeit seine- Gleichen nicht hat. Für unS find ja schon solche Zahlen, die nur den Weg zu unseren Nachbarplaneten, zu BenuS und Mars, angeben, außergewöhnliche. Aber sie liegen selbst dann »och im Bereicht sinnlicher Beranschauung, wenn wir bis zur Grenze unsere» Planetensystem vordringen, die durch de» 600 Millionen Meilen entfernten Planeten Neptun markirt erscheint. Nun ist allerdings hier noch nicht die wahre Grenze deS Bereiches, innerhalb dessen unsere Sonne unumschränkte Herrscherin ist; denn von Zeit zu Zeit empfängt sie Besuche auS fernere» Räumen — durch Kometen, die nicht blos als Gäste, sondern als bleibende Glieder unseres Sonnensystems betrachtet werden müssen, so bald die elliptisch« Gestalt ihrer Bahnen nachgewiesen werden konnte. Erk vor einem Jahre ist der am 6. März 1815 zuerst beobachtete, nach seinem Ent decker benannte OlberS'sche Komet wieder gekehrt: jetzt ist er bereits auf der Heimreise, wobei er 704 Mill. Meilen zurückgelegt hat. AuS ähnlicher Entfernung kehrt in 21 Jahren — am 16. Mai 1910 — der durch außerordentllchen Glanz ausgezeichnete Hallcy'sche Komet wieder. Aus noch weiteren Fernen kam der glänzende Komet des Jahres 1811 und der berühmteste von allen, jener aus dem Jahre 1680. Bei Angabe ihrer Entfernung sprechen wir bereits von Erdweiten oder Sonuenweiten. Dieser Maßstab entspricht dem Halb messer der Erdbahn oder der Entfernung der Sonne von der Erde und beträgt rund 20 Millionen Meilen. So läßt sich also sagen, das Gebiet der Sonne erstreckt sich jenseits des Neptun noch wenigstens 30 mal weiter; denn bis auf 850 Erdweiten, d. i. 17000 Millionen Meilen, und viele andere, deren Bahnen nur als Parabeln berechnet werden können, mögen noch beträchtlich darüber hinauSgehen. "Trotz dieser ungeheueren Ausdehnung, bis zu welcher die Herrschaft unserer Sonne reicht, müssen wir einen großen Sprung machen, bis wir zum nächsten Fixstern gelangen. Jahrhunderte lang hatten sich die Astro nomen überhaupt vergebens bemüht, Anhaltspunkte zu gewinnen für die Entfernung auch nur deS nächsten aller dieser Sterne. Erst vor 50 Jahren hat Befiel die Parallaxe des Sternes 61 im Schwan zu messen vermocht. Dieser Stern bildet mit der Erde nach einer Ortsveränderung von 41 Millionen Meilen, was von 6 zu 6 Monaten sich ereignet, nur einen Winkel von einer halben Bogen sekunde. Nach den seither fleißig fortgesetzten Messungen hat sich nur noch bei zwei Sternen eine etwas größere Parallaxe ergeben. Nun ist aber ein Stern, dessen Parallaxe bloS eine Sekunde groß ist, bereits 206 264 Erdweite» (4 Billionen Meilen) entfernt. Wie sollen wir nun die sich ergebenden Resultate noch übersichtlich ausdrücken, da bereits der Zahlenbegriff einer Billion schwer zu fassen ist? Da verfügt denn die Astronomie über einen Maß stab, der großartiger kaum gedacht werden könnte: eS ist der Weg, den der Lichtstrahl in einer gegebenen Zeit zurücklegt. Das Licht bedarf ja vom Monde bis zur Erde (386000 Kilometer oder 51800 Meilen) nur ir/e Sekunden, es durcheilt den Weg von der Sonne zur Erde in 8 Minute» und vermag in einem Jahre 1«/io Billionen Meilen zurückzulegen. Da wir aber von nun ab nur mehr Billionen geographische Meilen oder Hunderttausende von Erdweiten erhalten, so tritt das Lichtjahr als Maßstab auf, würdig der Fixstern welt, deren Regionen schier unermeßlich zu sein schienen. Der unS am Nächsten gelegene Fixstern, den wir aber auf der nördlichen Halbkugel nicht zu erblicken vermögen, ist bereit-. 4 Lichtjahre, der an Glanz alle übertreffen» Sirius 8^, die Wega in der Ley:r 23'/« Lichtjahre entfernt. Vom hellsten Stern in den Plejaden, oer Slcyone, welche nach Mäkler die Zentral sonne ist, um welche sich alle Fixsterne, also auch unsere Sonne bewegen, soll daS Licht bereits 573 Jahre brauchen, ehe eS zu unS Erdenbewohnern gelangt! Susg stattet mit diesem riesigen Maßstabe und frei gemacht von der irdischen Gewohnheit, Alles nach den winzigen G ößen unserer kleinen Erd« zu bemessen, suchen wi nun noch weiter einzudringen in die durch die vervollkommneten Instrumente erschlossenen Re gionen des Universums, wobei unsere Erde nicht allein, sondern auch die Sonn«, ja ihr ganze» System zu» unscheinbaren, nicht» bedeutenden Punkte zusammen- schrumpft. Alle in unseren stärkste» Fernrohren sicht baren Sterne, deren Zahl etwa 20 Millonen beträgt, bilde» ein große-, zusammenhängende- Ganze, ein Stern system, umschlossen von der allein -eqen 18 Million« zählenden Milchstraße, einem mächtrgen Ringgebilde, dessen Durchmesser 7800 Lichtjahre «ißt. Unsere Sonne befindet sich nicht genau in der Ebene diese» leuchtend« Ringes, sonder» steht außerhalb desselben in der Weise, daß wir znm nächsten Punkte annähernd 3300, zu» entferntesten aber 4400 Lichtjahre haben. Die ganze Anordnung aller Fixsterne ist einer Linse ähnlich, der« beide Durchmesser sich wie 19:3 Verhalten. Und sind wir damit an den Grenzen deS Univer sums angelangt? I» starken Fernrohren zeigen fich an verschiedenen Stellen des Himmels nebelige Licht massen, die zum Theil sich in Tausende von Stern« (Sternhaufen) auflösen lassen, zum Theil unauflöslich sind (eigentliche Nebelflecken). Ihr Wesen lernen wir verstehen an dem soeben betrachteten Fixsternensystem. Erheben wir unS im Geiste über dasselbe um das Zehnfache seines Durchmesser», so würde die gesammte Sternwelt nur noch die Größe von 6 Bollmondbreit« einnehmen und wir würden keinen Stern mehr in ihr erkennen. — wir hätten einen Nebelfleck vor unS, der« wir bereits über 5000 zählen. Wenn viele Nebelflecke unauflöslich sind, so kann die- nur die Folge ihrer ungeheueren Entfernung sein und wir find genöthigt, in ihnen große Sterngruppen, Weltinseln zu erkenne», wie die Milchstraße sammt allen Fixsternen eine solche ist. Die gegenseitigen Entfernungen dieser nach Tau senden zählenden Weltinseln lassen sich auf Grund folgender Schlüffe bestimmen: Die zu einem System vereinigten Körper sind stets von den zunächst stehenden Systemen durch Räume getrennt, die mindestens das Hundertfache des Durchmessers der Systeme betragen. Beträgt der Durchmesser der Fixsternwelt 8000 Lichtjahre, so wird der ihm zugehörende Theil deS Weltraumes wenigstens auf 400000 Jahre zu setze» sein. Nun sind aber mehrere Tausende von Nebel flecken vorhanden mit ähnlichen Raumsphären, so daß der entfernteste Nebelfleck nach sehr wahrscheinlicher Annahme in einer Ferne dämmert, die 80 Millionen Lichtjahre beträgt. Damit sind wir an der Grenze des Faßbaren — aber nicht an den Grenzen des Alls angelangt. Wie überraschend ist die Erweiterung deS geistig« Blicks, den diese Weltenmaffen uns gewähren. Was uns schon Unendlichkeit schien, ist immer wieder nur einzelnes eines höheren, umfassenderen Organismus, und wo — fragen wir — ist daS Ende? Wir fühlen, daß es in keiner irdischen Sprache Worte geben kann, die einem solchen Gegegenstande angemessen wäre». Selbst der Maßstab des Lichtstrahls entgleitet unserer Hand und im Innersten erbebend, bekennen wir in dem Momente wo sich uns die Unendlichkeit erschloß, daß wir an der Grenze des Wissens stehen. (,,M. N. N.") Bermischtckö. Eine Schreckensscene im Cirkus. Aus Budapest wird gemeldet: Im Cirkus Wulff gab es vor einigen Tagen eine SchreckenSscene. Der 24jährige JameS Rottwell, Mitglied der Akrcbatentruppe Dosts, verfehlte beim Schwünge von einem hohen, an der CirkuSdecke befestigten Trapez daS andere Trapez, flog über daS Sicherheitsnetz hinaus und fiel schließlich 14 Meter weit in der Vorhalle des Cirkus nieder, wo er, an eine Barriere anschlagend, ohnmächtig liegen blieb. Der verunglückte Akrobat wurde von Mitgliedern der Freiwilligen Rettungsgesellschaft zum Bewußtsein gebracht und konnte sich noch dem entsetzlichen Publikum zeigen, um eS zu beruhigen. Er mußte aber dann mit gebrochenen Armen auf die chirurgische Klinik ge bracht werden. Eine aufregende Jagd spielte sich vor einigen Tagen in der Schweiz auf der Straße von Chaux de foods nach Neuenburg ab. Ein Radfahrer deS erstge nannten OrteS traf unterwegs eine kleine Kuhheerde an, an deren Spitze ein gewaltiger Stier marschirte. Unser Reiter rief dem begleitenden Senner zu, ob eS gefährlich sei, vorbeizufahren. Die Antwort lautete etwas unbestimmt, eS komme darauf an, worauf der Fahrer keck vorbeisauste. Als ihn aber der Stier bemerkte, machte dieser eine rasche Schwenkung und stürzte sich wüthend auf den Reiter, der glücklicherweise seine Geistesgegenwart nicht verlor und die schnellste Gangart einschlug, hart hinter ihm drein der Stier. So dauert« die Jagd mehrere Kilometer, bi- endlich das Schnauben hinter dem gehetzten Radfahrer nach ließ; der Verfolger blieb zurück, er konnte nicht mehr.-