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Einrichtungen schwerlich zur Verwirklichung gelangen können. Die überaus kärglichen Löhne, von denen wir gesprochen, sind hauptsächlich dadurch hervorgerufen worden, daß eine nicht geringe Anzahl Mädchen und Frauen aus besseren Ständen, die den Verdienst ledig lich zur Bestreitung von NebenauSgaben, d. h. als so genanntes Taschengeld verwenden und die Höhe des selben also nicht in Betracht zu ziehen haben, sich — besonders in der Stickereibranche — zur Uedernahme derartiger Arbeiten geradezu drängen und dadurch den jenigen Arbeiterinnen, die von dem Ertrage ihrer Ar beit leben müssen, eine schwere und keineswegs schöne Concurrenz bereiten. Wenn wir auch kaum erwarten dürfen, daß durch Darlegung dieser Mißstände an der Sache selbst oder ohne Weiteres Wesentliches wird ge- geändert werden, so hielten wir uns doch verpflichtet, die Aufmerksamkeit auf diese Schattenseite hinzulenken, um eine genaue Beobachtung zu veranlassen." — Der „Zeitung des Vereins deutscher Eisenbahn verwaltungen" wird aus Sachsen über Wagenmangel Folgendes geschrieben; Der großartige Aufschwung, welchen in der letzten Zeit Handel und Gewerbe in Deutschland und zumal in dem industriereichen Sachsen genommen und für welchen vorerst noch keine Ab schwächung abzusehen ist, hat zu dem eigenthümlichen Ergebniß geführt, daß auch in den sonst verkehrs ärmeren Frühjahrsmonaten der verhältnißmäßig be kanntlich ziemlich reich bemessene Wagenpark der säch sischen Staatsbahnen den Bedürfnissen nicht allenthalben zu genügen vermocht hat. Indessen würde der Wagen mangel kaum einen so hohen Grad erreicht haben, wenn nicht noch besondere, in keiner Weise vorherzu sehende Ursachen dazu gekommen wären. Zunächst haben die Arbeiterausstände in den verschiedenen Kohlen distrikten eine Anschwellung des Kohlenverkehrs zur Folge gehabt, wie er sonst niemals in dieser Jahreszeit beobachtet worden ist, wohl auch deshalb, weil viele Fabriken, durch Schaden klug gemacht, sich jetzt größere Kohlenvorräthe zulegen, als sie vor den Streiks hatten. Man hat daher die sonst im Frühjahr feiernden Kohlen wagen nicht zu den mit Anfang des Sommers ge wöhnlich beginnenden Transporten von Baumaterialien verwenden können, und es war dies jetzt um so em pfindlicher, als die Bauthätigkeit in diesem Jahre eine ganz außergewöhnlich lebhafte ist. Hierzu kommt aber noch, daß die in den letzten Wochen infolge von Ueber- schwemmungen vielfach — so insbesondere zwischen Zwickau und Mosel, zwischen Gößnitz und Crimmitschau und zwischen Großenhain und Weinböhla — einge tretenen, lange anhaltenden Betriebsstörungen den regelmäßigen Lauf der Wagen Wochen hindurch be hinderten und dadurch die Ausnutzung derselben m hohem Maße beeinträchtigten. So sind z. B. die im Zwickauer Bezirk vorhandenen zahlreichen Wagen durch die gedachten Unterbrechungen bei Zwickau und Gößnitz i vom Verkehr fast gänzlich abgeschnitten gewesen, da die eingleisige Route Chemnitz-Aue kaum den über dieselbe geleiteten Güterverkehr bewältigen, zur Beförderung leerer Wagen aber absolut nicht mehr verwendet werden konnte. Selbstverständlich hat es die Staatseisenbahn verwaltung nicht an den eifrigsten Bemühungen fehlen lassen, um dem Wagenmangel zu begegnen. Vor Allem ist eine erhebliche Verbesserung des Wagenparks vorgesehen worden und es sind in letzter Zeit zahlreiche neue Betriebsmittel zur Ablieferung gekommen. Außer dem aber ist, da die weitere Neubeschaffung an Wagen in der nächsten Zeit jetzt, wo alle Wagenbauanstalten mit Aufträgen überhäuft sind, nicht thünlich ist, eine größere Anzahl von Güterwagen von einer Berliner Wagenleihanstalt abgemiethet worden. Im Nebligen aber ist alle Aussicht vorhanden, daß, nachdem gegen wärtig auf allen Hauptlinien der regelmäßige Verkehr wieder hergestellt und damit die Wagencirculation und Ausnutzung wieder eine bessere geworden ist, auch der Wagenmangel seinen acuten Charakter bald wieder verlieren wird. — Ueber „Das Küssen der Kinder" theilt der „V. A." Folgendes von einem Arzte mit: Es ist eine schauderhafte Unsitte, Kinder auf den Mund zu küssen. Ich gebrauche absichtlich den Ausdruck „schauderhaft", weil ich mich zart ausdrücken will und die Bezeichnung „mörderisch" mir schon auf der Zunge schwebte. Ja wohl, gnädige Frau, „mörderisch". Besinnen Sie sich vielleicht noch darauf, als Sie vor etwa 14 Tagen mit einem großen Shawl um den Hals einen Besuch bei Frau S. machten? Und als der kleine Hans ins ! Zimmer gesprungen kam, griffen Sie nicht den Kleinen 1 mit anscheinend überströmender Zärtlichkeit auf, nannten ! ihn „mein reizendes Kerlchen" und küßten ihn nach , Herzenslust? Dann fingen Sie an zu erzählen, was , für einen entzündeten Hals Sie hätten; daß Sie sogar s am Tage vorher eine Einladung zum Concert hätten ablehnen müssen, weil Sie zu verschwollen 'Sie ( i hatten keine Absichten auf daS Leben des K'-udeS und r doch tödteten Sie dieses so sicher, als wenn Sie ihm » statt Ihre- zärtlichen KufleS Strychnin oder Arsenik d gegeben hätten. Ihre Zärtlichkeit wurde ve'rhängnißvoll. - Zwei oder drei Tage darauf fing „mein reizendes - Kerlchen" an, über einen entzündeten Hals zu klagen, - und als der Arzt kam, genügte daS eine Wort „Diph- - theritiS", um Alles klar zu machen. Heute ist ein e kleiner frischgeschmückter Hügel auf dem Friedhöfe die - einzige Erinnerung an Ihren Besuch. Die Mutter hat - natürlich nicht den geringsten Verdacht auf Sie; sie ! hängt ihren herben Verlust der geduldigen Vorsehung i an. Es läßt sich schwer beurtheilen, ein wie großer ; Theil der grasstrenden Diphtheritisfälle auf solche Ge dankenlosigkeit zu schieben ist ; das steht jedoch fest, daß , Erwachsene, die die Diphtheritis oft in so geringem , Grade haben, daß sie dieselbe für eine einfache Er ¬ kältung nehmen, und da die Erkältung nicht ansteckend - ist, so finden sie auch nichts BöseS darin, Andere ihrem i Athem auszusetzen. Da aber die Diphtherie in den , meisten Fällen durch direkte Uebertragung der bös- > artigen Keime, welche die Krankheit verursachen, vor > sich geht, da es ferner kein geeigneteres Mittel zur Uebertragung giebt, als das Küssen, so ist es gewiß nicht auffallend, daß diese Krankheit so leicht epidemisch wird. Meißen, 5. Juli. Durch ein Mitglied des hiesigen entomologischen Vereins wurde bei Zaschendorf ein Zug Wanderheuschrecken im Fluge beobachtet, welcher mehiere Qudratmeter Flächenraum einnahm. Es ge lang, ein Exemplar dieser Thiere zu fangen. Dasselbe gehört der gefürchteten Gattung der orientalischen Zug heuschrecken (Xcriäium) an, ist aber nicht die gleiche Species, wie die im vorigen Jahre in der Nieder lausitz eingefallenen Schrecken. Ohne Zweifel ist das gefangene Thier zweiter Generation, d. h. es ist der Abkömmling eines im vorigen Jahre aus der Heimath ausgewanderten Stückes. Dresden. Kaiser Franz Josef, welcher wegen der Hoftrauer an der Wettin-Feier nicht Theil nehmen konnte, hat, wie aus Wien geschrieben wird, die Ab sicht, auf der Rückreise von Berlin Se. Majestät den König von Sachsen zu besuchen. Dresden. Eine interessante Feuerlöschprobe fand dieser Tage auf der Elbwiese beim ehemaligen Ponton schuppen seitens der Imperial Fire Extinguisher Com pany in London statt, der auch Vertreter verschiedener Behörden beiwohnten. Nachdem der Erfinder einige Erläuterungen gegeben, wurden die drei errichteten Holzbauten, und zwar eine Esse, eine Wand und eine Bude, welche stark mit Pech bestrichen und durch petroleumgetränktes Lattcnwerk für die Flammen recht em pfänglich gemacht worden waren, nach einander in Brand ge setzt. Zuerst wurde ein Essenbrand dargcftcllt. Mächtig schlugen die Flammen empor und als die Gluth eine bedeutende Höhe erreicht hatte, wurden zwei Granaten in den Feuerherd der I Esse geworfen, wodurch die Flammen augenblicklich verlöschten, j Mit je 4 Granaten wurden sodann die übrigen in Brand ge steckten Bauten in gleicher Weise gelöscht. Die gewaltige Flamme beim Brande der Bude loderte mit so großer Hitzeentwickelung haushoch hinaus, daß das Publikum weil zurückwcichcn mußte. Geradezu ftaunenswerth war die Wirkung der Flüssigkeit, welche in wenigen Sekunden das Flammenmeer total auslöschte. Der Referent des „Dresdn. Journ.", der wiederholt dergleichen Vorführungen beigewohnt hat, mutz gestehen. Laß die ausge- sührtcn Experimente alle bisherigen Löschprobcn weit in den Schatten gestellt haben. Der ganze Feuerlöschapparat besteht aus einem saft kugelförmigen Behälter aus dünnem, leicht zerbrechlichem Glase, angesüllt mit einer wasserhcllen Flüssigkeit, deren Beftandtheile und Herstcllungsweise GefchästS- geheimniß sind. Diese Flaschen werden auf die Brandstelle geworfen und zerbrechen infolge dessen sofort. Die aus strömende Flüssigkeit entwickelt, sobald sie mit dem Feuer in Berührung kommt, eine große Menge GaS. Dieses Gas, welches schwerer als die Atmosphäre ist, entzieht der Luft den Sauerstoff, und da ohne diesen ein Feuer über haupt nicht brennen kann, so muß dasselbe, sobald man diese Flaschen hineinwirst, naturgemäß sofort verlöschen. Obgleich nun diese Flüssigkeit das Feuer so schnell unterdrückt, sind die sich entwickelnden Dünste dennoch ganz ungefährlich. Der „Imperial Feuerlöscher", obwohl einfach in feiner Zu sammensetzung, bietet im Vergleich mit ähnlichen Apparaten noch einen bedeutenden Vortheil dadurch, daß in dem Stöpsel ein patentirtes sich selbstregulircndes Ventil eingesetzt ist, welches die überschüssigen Gase entweichen und so die Aufbewahrung -er Flaschen in jedem Raume, selbst im Salon zuläßt. Der Inhalt dieser Handgranaten besteht auch nicht aus einer ätzenden Flüssigkeit, welche bel etwaigem Zerbrechen dem Körper oder der Kleidung Nachtheile bringen könnte, sie üben in dieser Hinsicht gar keine Wirkung aus und sind von Frauen und Kindern leicht zu handhaben. In geschlossenen Räumen soll nach der Versicherung des Vorführenden der Erfolg ein noch augenfälligerer sein. Es ist nicht zu bezweifeln, daß, wenn die Anschaffungskosten noch ermäßigt werden — zur Zeit kostet eine Granate 4 M-, das Dutzend 40 M. — die Ein führung dieses Feucrlöschmittels eine allgemeine werden wird, s Verschiedene größere Anstalten haben bereits Ankäufe gemacht, , so hat die Direktion der Straßenbahnen, in ihren Futter- , Magazinen, Werkstellcn, Wagenschuppen re. solche Granaten niedergclcgt. — Die hiesigen Vertreter der Londoner Fabrik I sind die Herren Berthold und Kaspar, Güterbahnhosstraße 22. ! Aus der Lößnitz, 5. Juli. Ein betrübendes f Ereigniß hat die Lößnitzer Einwohnerschaft in Auf- ) rezung versetzt. Der Gemeindevorstand W. Vogel von , Kötzschenbroda, welcher bereits 14 Jahre diesen Posten k sowie den deS königl. Standesbeamten für die Parvchie . Kötzschenbroda bekleidete, auch Mitglied deS BezirkS- j ausschuffeS der königl. Amtshauptmannschaft DreSden- , Neustadt seit langen Jahren war, hat sich im Abort - tes Bahnhofes zu Coswig erschossen. Der hier sehr i geachtete Beamte, welcher als vermögend galt, soll sein > gesammteS Vermögen und dem Anschein nach auch im f Gemeindeamt deponirte Cautionen in Spekulationen : verloren haben. , Chemnitz. Welch' traurige Folgen ein Insekten, stich nach sich ziehen kann, hat jetzt eine Familie in Altendorf erfahren müssen. Am 5. Juli hat dieselbe einen hoffnungsvollen erst zu Ostern aus der Schule l entlassenen Sohn begraben, dessen Todesursache ein Insektenstich in den rechten Oberarm war. > * Hainichen, 5. Juli. Für den Abend des 4. Juli hatte der Ehrenpräsident des CentralausschuffeS sämmtliche Mitglieder des Festcomitce's zu einer ge meinschaftlichen Sitzung im Krug'schen Saale eingeladen. Nach erfolgter Begrüßung durch Herrn Schützen- Commandanten Pöland berichteten die Vorsitzenden der verschiedenen Ausschüsse über die Ergebnisse der gepflogenen Berathungen. Der Wohnungs- und Empfangsausschuß konnte am Schluffe der Sitzung die erfreuliche Mittheilung machen, daß eine Anzahl von Frciquartieren zu seiner Verfügung stünden. Die vom Vergnügungs- und Schmückungsausschuffe im Verein mit dem Bau- und Wirthschaftsausschuffe geplanten Veranstaltungen werden unsere freundliche Gellertstadt in ein festliches Gewand kleiden. Endlich war der Schießausschuß in der angenehmen Lage, zu berichten, daß eine Anzahl sehr schöner, zum Theil werthvoller Geschenke zu Ehrenpreisen von auswärtigen Vereinen und von Privatpersonen eingegangen sind. Der Ge- sammteindruck, den die Verhandlungen hinterließen, war der, daß allseitig mit größtem Eifer daran ge arbeitet wird, das Gauschützenfest zu Hainichen zu einem in bester Weise gelungenen zu gestalten. Hainichen, 6. Juli. Beunruhigend häufig wird unsere Pflege jetzt von Schadenfeuern heimgesucht. Nachdem am Sonntag im benachbarten Langenstriega ein Brand das Hintergebäude des Matthesschen GuteS mit ansehnlichen Vorrätben und Wirthfchaftsgeräthen einäscherte, brach in der Nacht zum Donnerstag in hiesiger Stadt auf dem Fischerschen Zimmerhofe ein bedeutender Brand aus, welchem die dort lagernden Jahrmarktsbuden, sowie Holzvorräthe und Theile des Schlltzenzeltes zum Opfer fielen. In dem letzeren Brandfalle vermuthet man Brandstiftung; binnen 8 Tagen haben hier und in der Umgebung 4 Schaden feuer stattgefunden. Bischofswerda, 5. Juli. Wie man dieses Jahr schon mehrfach von Blutvergiftung durch Stiche giftiger Insekten gehört, so ist heute auch hier ein in bestem Mannesalter stehender Mann einem solchen zum Opfer gefallen. Der Kürschnermeister Meyer, Vater von 7 Kindern, ist heute nach unsäglichen Leiben daran gestorben. Schellenberg. An einem Tage, am vergangenen Mittwoch, haben sich hier und in der Umgebung nicht weniger als 3 schwere Unglücksfälle ereignet. Auf einem Neubau in Schellenberg kam beim Transport von Baumstämmen der Zimmerpolier Edwin Mathes zum Stolpern und der schwere Stamm zerschmetterte ihm einen Fuß. Schwerverletzt mußte der Unglückliche in seine Wohnung befördert werden. — Am Nach mittag des genannten Tages ist auf Rittergut Jäger hof das einzige im 12. Lebensjahre stehende Töchter chen des Rittergutsbesitzers Kempe beim Spielen mit anderen Krndern in der Scheune auf die Tenne herab gestürzt und nach kurzer Zeit, ohne wieder zum Be wußtsein gekommen zu sein, gestorben. — Nm selben Nachmittag verunglückte in Kunnersdoif bei Erdmanns- dorf das im 3. Lebensjahr befindliche Söhnchen des Gutsbesitzers Reichel, indem es in den Zschopaufluß fiel und leider ertrank. Reichenbach. Am 5. Juli Nachmittags 2 Uhr gingen zwei vor einem mit Schutt beladenen Wagen gespannte Pferde mit dem Wagen durch, die Reichs straße hinab, und stürmten gerade auf das Burkhold'sche Haus zu, vor welchem die 6 Jahre alte Tochter des Korbmachers Albin Löschers sich befand, nebst einem Kinderwagen, in welchem ein 1 Jahr alter Sohn Löscher's lag. Löscher, die augenscheinliche Gefahr seiner Kinder sehend, eilte dem flüchtigen Geschirr nach, erlangte die Zügel der Pferde und konnte so wenigstens das direkte Ueberfahren seiner Kinder verhüten, was sicher ohne seine Geistesgegenwart geschehen wäre. Die Deichsel stieß mit furchtbarer Gewalt an das Burk hold'sche Haus und ward dadurch zersplittert. Die Pferde stürzten um, und zwischen Pferden und Wagen