Volltext Seite (XML)
Beilage znnr „Elbeblatt «nv Anzeiger". 21. Sonvabcnd, den 16. Februar 1884. 87. JlHrU Tage-geschlchte. Deutsches Reich. Kais« Wilhelm, welcher sich im besten Wohlsein befindet, hatte am Mittwoch Bormittag mit dem preuß. Minister oeS Innern, von Puttkamer, eine Konferenz, und empfing darauf den Prinzen August von Württemberg, sowie den Piinz Friedrich von Hohenzollern, der zum Kommandeur der 3. Garde-Kavallerie-Brigade ernannt worden ist. Für den Empfang deS Prinzen Heinrich von Preu ßen, welcher demnächst von seiner zweiten großen See reise an Bord der Corvette „Olga" wieder in Kiel ein- tressen wird, werden dort umfassende Vorbereitungen getroffen. Di« Appartements des Prinzen auf dem Kieler Schlöffe werden restaurirt und zum Theil neu montirt. Zu der bevorstehenden Ankunft deS Prinzen werden Mitglieder deS Königshauses in Kiel nicht ein treffen, dagegen wird der Chef der Admiralität, General lieutenant von Caprivi, dort erwartet. Die Corvette „Olga" wird nach der „Kieler Ztg." voraussichtlich am 21. März in Kiel eintreffen und der Prinz Heinrich wird sich dann sofort nach Berlin begeben, um ain Morgen deS 22. März seinem Großvater seine persön lichen Glückwünsche darbringen zu können. Nach den GeburtstagSfeierlichteiten kehrt Prinz Heinrich nach Kiel zurück. Der Reichstag soll, wie nun als bestimmt gemeldet wird, auf den 4. März einberufen werden. Zum russischen Botschafter in Berlin ist Fürst Orloff ernannt worden. (Derselbe ist ein Duzfreund des Fürsten Bismarck; auS seiner Ernennung kann man auf die ausgezeichneten Beziehungen schließen, die gegenwärtig zwischen Deutschland und Rußland bestehen.) Der General der Kavallerie von Tümpling, zuletzt Oberstkommandirender des 6. Armee-Korps, ist am 13. d. gestorben. Der begnadigte Bischof Dr. Brinkmann ist am Montag spät Abends in Münster angekommen; ein Empfang fand nicht statt, die BegrüßungSfeierlichkeiten nahmen erst am Dienstag ihren Anfang. Stuttgart, 14. Februar. Der „Staatsanzeiger für Württemberg" meldet: Die Nachrichten aus San Remo über das Befinden des Königs lauten fort während befriedigend. Nach einein 3 Monate dauern den Aufenthalt daselbst macht die Genesung des Königs sehr erhebliche Fortschritte, was vornehmlich der früheren Abreise nach der Riviera zu danken ist. Die ärztlichen Untersuchungen bestätigen die erfreuliche Wahrnehmung, daß die Athmungsfunctionen des «krankten Theils der linken Lunge wieder normaler geworden sind, jedoch erscheine bei der andauernden Empfindlichkeit dieser Stelle und weil die katarrhalische Assertion noch nicht vollständig gehoben ist, eine noch längere Dauer des Aufenthalts räthlich, auch wirb der König sich wohl noch später für lange Zeit jede die Lunge stark in An spruch nehmende Bewegung, wie Bergsteigen, Reiten re. versagen müssen. Oesterreich. Das Abgeordnetenhaus hat ein Gesetz über die Entschädigung unschuldig Verurtheilter angenommen. Danach hat der Staat Ersatz zu leisten, wen» eirt vermögensrechtlicher Nachtheil aus der Ber- urtheilung erwachsen ist. Bei einem zum Tode Ver- urtheilten kann dessen Familie Entschädigung bean spruchen. Für schuldlos ausgestandene Untersuchungs haft gewährt der Staat keine Entschädigung. Fraukreich. Der „Nat.-Ztg." wird auS Paris vom 13. d. Abends gemeldet: Die optimistischen Mit teilungen über den Erfolg der neuen Anleihe, welche gestern Abend im. hiesigen Finanzministerium gegeben wurden, haben sich als stark übertrieben erwiesen. Die Anleihe ist im Ganzen nur 3'/i Mal Überzeichnet worden, und dies nur durch das in letzter Stunde er folgte Eintreten der großen Bankinstitute und Roth schilds, nachdem die telegraphischen Nachrichten aus allen Theilen deS Landes eine unerwartet mittel,näßige Betheiligung deS Publikums gemeldet. hatten. In finanziellen, sowie in politischen Kreisen hat dieser re lative Mißerfolg, der im Vergleiche zu den Erfolgen aller früheren Anleihen sogar als Fiasko bezeichnet werden darf, lebhafte Sensation erregt und wird von den Feinden der republikanischen Regierung sicherlich gehörig ausgebeutet werden. Natürlich wurden be reits Gerüchte verbreitet, der Finanzminister Tirard, welchem zum Theil die Schuld an dem Mißerfolge zu- geschrieben wird, werde denselben-nicht überdauern und wahrscheinlich durch den Bautenminister Raynal ersetzt werden. Türkei. Die Nachricht von dem Ausbruch eines Aufstandes auf der Insel Kreta wird türkischerseitS für völlig unbegründet erklärt. Norwege«. Wie gemeldet, wurde vor Kurzem ein Schuhmacher in Drammen verhaftet, welcher an den König OSkar einen Drohbrief gerichtet hatte. Dieser Tage erschien der König unerwartet im Gefäng nisse, um mit dem Briefschreiber selbst zu sprechen. Dieser zeigte sich sehr zerknirscht und sagt», er wäre durch revolutionäre Schriften aufgereizt worden. Der König sprach freundlich und eindringlich mit dem Ge fangenen und wird ihn wahrscheinlich begnadigen, wenn das gegen ihn eingeleitete Proceßverfahren beendet ist. Rußland. In Petersburg sind neuerdings Proclamationen verbreitet worden, welche viel ge mäßigter als die gewöhnlichen der Nihilisten sind und selbst nicht einmal eine Verfassung nach europäischem Muster verlangen. Ganz Rußland soll Volksvertreter wählen, die alljährlich einmal zusammentreten; der Zar kann sich mit der Meinurig der Minderheit oder der Mehrheit einverstanden erklären; die von ihm ge wählt« Meinung erhält gesetzlich« Kraft. Ferner wird verlangt Freiheit des Glaubensbekenntnisses, Abschaff ung der Strafcensur, Geschworenen-Gerrchte für Preß- Vergehen und Begnadigung aller politischen Verbrecher. Aegypten. Als neueste Hiobspost meldet der Telegraph, daß Silikat in die Gewalt der Aufständischen gefallen sei. Nachdem die Besatzung schon seil 8 Tagen Hunger gelitten hatte und kein Entsatz zu erhoffen war, vernagelte sie die Kanonen und sprengte die Befestigungswerke. Darauf machte sie einen Ausfall mit der schwachen Hoffnung, sich nach Berber durch schlagen zu können. Sie wurde jedoch von den Auf ständischen bis auf den letzten Mann niedergemacht! Als die Nachricht von dem Fall der Festung Sinkst eintraf, war man aus's Aeußerste wegen des Schicksals der Weiber und Kinder daselbst besorgt, Diese sollen nun, einem Privat-Telegramm der „Hoff. Ztg." zufolge, von den Rebellen geschont, die Männer dagegen bis auf sechs niedergemacht worden sein. Mittheilungen über Obst-und Gartenbäu. Boin Landes-Obstbau-Verein. (Nachdruck verboten.) Neber die Bearbeitung und Bestellung des Gemüselaubcs. II. Zur Düngung der Gemüsebeete wird entweder Düngerkompost verwendet, welcher einfach mit unterge- grabxn wird, oder gut verrotteter Stalldünger, welcher vor der Bearbeitung des Bodens so gleichmäßig als möglich über denselben vertheilt wird, sodaß beim Um spaten das betreffende Quantum in jede Furche einge legt und dann mit Erde vollkommen überdeckt wird. Je speckiger und verrotteter der Mist'ist, UM so gleich mäßiger läßt er sich vertheilen und um so besser wird er wirken. Vor der Bestellung deS Landes wird dann noch die feinste Zertheilung der Bodenkrume und die Ebenung des Landes mittels des Rechens erreicht. Die Aussaat der Gemüsesamen geschieht entweder breitwürfig oder in Reihen. Zum Unterbringen der breitwürsig ausgesäetea Samen bedient man sich eben falls üm besten des Rechens, indem man mit dem selben leicht in den Boden einhackt und etwas Erde nach sich zieht, wodurch dann die Samen je .nach Er forderniß 1 bis 3 Zentimeter mit Erde bedeut werden können, je nach der Stärke des Samens tiefer oder flacher. Die Reihen- oder Farchensaat geschieht, indem auf etwa 1,20 Meter breiten Beeten mit einer kleinen Hacke, einem Rechenfiiel u. dgl. nach der ausgespannten Gartenschnur 4 bis 6 Furchen von entsprechender Tiefe gezogen, die Sainen darin ausgestreut, die Furchen zu gezogen und der Boden, zur Zusaminenhaltung der Feuchtigkeit, durch leichtes Andcilcken eines Brettes etwas verdichtet wird. Ein wichtiges Mittel, das gleichmäßige Ausgehen der Samen zu befördern, ist das Bedecken des Bodens nach der Aussaat; bei einem leicht krustig werdenden Boden ist ohne dieses« Bedecken deS Landes nach der Aussaat fast gar kein günstiger Erfolg der Kulturen möglich; man verwendet dazu gut verrotteten Mist, rohen Kompost, Sägespäne, alte Lohe us dgl. und ist außerdem bei trockener Witterung flei ßiges Gießen nolhwcndig, um ein gleichmäßiges Auf gehen der Saat zu erzielen. Nachdem die Saat aufgegangen und gehörig er starkt, ist das Behacken der Gemüsepflanzen dce wichtigste Arbeit während der Vegetationszeit; durch dasselbe soll der Boden gelockert und für die Atmosphäre aufge schlossen werden. In fleißig behacktem Gartenland stehen alle Pflanzen weit besser und kräftiger als in solchem, wo diese Arbeit weniger auSgeführt wird, weil Thau und Regen viel besser eindringen können. Je schwerer dpt Boden, desto eifriger mutz man beim Be hacken sein, während rin an sich schon locker« Boden, wie der Sandboden, dies« Arbeit selten« bedarf. Wie beim Graben darf auch beim Hacken der Bode» nicht sehr naß sein. Manch« glaube«, man dürfe bei sehr trockener Witterung die Gemüsepflanzenbeete nicht be hacken, indem sie dann zu stark auStrocknetrn; dies trifft aber nicht zu, denn eS ist eine physikalische That- sache, daß der bei trockenem, heißen Wetter gelockerte Boden in der Tiefe feuchter und kühler bleibt als der geschlossene, nicht gelockerte. Die ivlchttgftcn Siegeln der Weidenknltur. - DaS technologische Äewerbemuseum in Wien hat über die rationelle Weidenkultur eine kurzgefaßte An leitung he: ausgegeben, die wir bei der großen Bedeut ung, welche die Weidenkultur auch für uns hat, hier wiedcrqeben wollen. Dre zum Anbau besonders geeigneten Weidensorten sind: die kaspische (8alix eagpica), mandelblättrige (8. Lm^xäLlina), Flechtweide (8. vitsUina) und die vom Ural ^8. uralsnsis). Die Weide gedeiht i» jedem Boden, in jedem Klima, in jeder Lage." Jedes zur Korbweidenkultur bestimmte Grundstück muß von allem Unkraut befreit und rigolt (zwei Spatenstich tief umgearbeitet) werden. Der Boden soll möglichst eben sein. Das Umarbeiten des BodenS geschieht am besten mittelst Handarbeit (Spaten) und muß yor dem Mo nat Januar beendet sein. Dre gewöhnliche Korbweide (8alix, viminalrs) verträgt wohl am meisten" Feuchtig keit, gebundenen Boden, Mischung von Sand und Lehm. 8alix amz-xZalina liebt ausschließlich Lehm boden. Die rothe (8. rubra) und Purpurweide (8. purpursa) lieben Sand mit frischem Untergrund, 8. caspica Flug- and Dünensand. Die drei letzteren Sorten sind daher nur auf Sandboden anzupflanzen. Bei sumpfigen oder mit stehendem Grundwaffer versehenen Grundstücken ist die sogenannte Graben- und Wallkultur anzuwenden. Dieselbe besteht darin, daß man einen Wall aufwirft, dessen obere Kante 2 Meter breit ist, und diesen mit zwei Gräben von gleicher Breite umgiebt. Je nässer der Boden, desto höher sollen die Beete und desto breiter die Gräben sein. Auf den Wall kommen 3 Reihen Stecklinge zu stehen, die schräg eingelegt werden. Wo die Bewässerung möglich, ist dieselbe anzuwenden. Am voctheilhaftesten pflanzt man Stecklinge aus einjährigem Holze. Je feuchter der Boden, desto kürzer, je trockn« die Lage, desto länger müssen die Stecklinge sein und sollen die selben für feuchte und nasse Lage 20 Zentimeter, für Ackerboden 25 Zentimeter, für trocknen Boden 30 Zenti meter lang geschnitten werden. Die Stecklinge müssen einige Wochen im Keller mit feuchtem Sand bedeckt (im Kreien init Erde bedeckt'» liegen. Am besten ist eine inittlere Stärke der Stecklinge. Was die Zeit der Anlage betrifft, so kann ein Weidenfeld angelegt werden vom 15. Ottob« bis 15. April. Je früher die Stecklinge in den Boden gelangen, desto besser wird die Anlage gedeihen. Je näher man die Weiden pflanzt, desto voller, d. h. zäher, schlanker, gleichholzig« und astreiner wachsen die Ru then. Beim Pflanzen ist die Entfernung der Reihen zu berücksichtigen; diese sollen von Westen nach Osten gehen, auf schrägem Terrain in der Richtung der Schich- tenlmien. Die Reihen dürfen des Unkrautes wegen niemals näher als 50 Zentimeter angelegt werden, in diesen können die Stecklinge 10 bis 40 Zentimeter entfernt stehen, je nach der Sorte die man erziehen will. In geringerem Boden ist eine weitere Pflanzung, in furchtbarem eine engere angezeigt. Die hier folgende Tabelle giebt Aufschluß über Bedarf an Setzlingen bei verschiedenen Entfernungen der Reihen und d« Setz linge in denselben. TaS Pflanzen geschieht in folgender Weife. Es Weile der Reihen in Zentiw. Entfernung i.l den Reihen in Zentim. Unzahl der Scect- linge rund auf '/« Hektar. 50 10 50,000 50 15 33,000 "50 20 25,000 50 30 16,500 50 40 12,500 60 20 20.000 60 30 14,000 60 40 10,00" 70 30 12,000 70 - ' 40 9,00" 70 50 7,000 80 40 8,000 80 50 6,000