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Beilage M Nr. 103 des Llbeblattes und AMigers Dienstag, de« 27. Dccembcr 187V. Neueste Nachrichte«. Brüssel, 24. December. In Lille wurde beute offiziell angezeigt, daß gestern ein sieben- stündiger, größtentbeil» durch Artillerie geführter Kampf »wischen Faidherbe und Manteuffel stattge funden habe. Vern, 28. December. Sur Pruntrut bon aestem wird gemeldet: 28,000 Mann find aus Lyon in Besan-on anaekommen und marschirm nordwärts. Di« Stsenvahnverbtndung Lyon-Be- saneon ist unterbrochen. Montbeliarv ist stark verschanzt und verbarrikadirt. Florenz, 28. Dee. Der Oesterretchisch-Un- Verhandlungen de» KSnigl. Bezirksgericht» zu Meißen. Schöffengerichtssitzung am 16. Dec. 1870. Der Fleischer Franz Louis Haberland, 34 Jahr« alt und noch unbestraft, wohnt seit einigen Jah ren in Riesa und hat daselbst die Fleischeipro session und den Buchhandel für sich und ander« Fleischer betrieben. Ec war auch niit dem Müh- lengrundstllckebesitzer Emil Edmund Humbsch in O.lsitz bei Riesa bekannt worden und halte be reit- im Jahre 1869 mit ibm in Geschäft-Ver bindung gestanden, er halte Schweine von Humbsch entnommen. Heule befindet sich Haberland auf der Anklagebank und e- liegt nach der geführten Voruntersuchung die Anschuldigung vor, daß er am 28. Februar d. I. dem Mühlengutsbesitzer Humbsch in Oelntz wahrheil-widrig vorgespiegelt habe, von dem Viehhändler Friedrich Schilde in Liebenwcrda mit Auftrag versehen zu sein, für diesen Vieh einzukausen und daß er unter diesem Vorgeben mit genanntem Humbsch einen Kauf um drei Kühe und zwei Schweine um und für die Summe von 340 Thlr. und Gewährung eine« Angelde- von 1 Thlr. abgeschlossen habe und zwar so, daß da- Vieh den 8. März d. I. abge holt und dabei bezahlt werden solle, Haberland aber Humbichen zu bestimnzen gesucht, ihm die gedachten Viehstllcke am 4. März d. I. auf den Bahnhof Nöderau zu liefern und hier ohne Zah lung zum TranLport nach Burxdorf zu verab folgen, dieß Alle- aber nur gethan habe, um in den Besitz des Viehe- zu gelangen, Humbschen dage gen um den vereinbarten Kaufpreis zu bevortheilen. Diese Anschuldigung fand in den Auslassungen de- Verletzten Humbsch und mehrerer Zeugen Un terstützung, indem Haberland Humbschen durch eine Lüge zu Ablieferung de- Viehe- nach Nöderau bestimmt hat, was aus einem den Acten «lnver- leibten Briefe vom 4. März d. I. herooraeht und ferner nach Schilde'- Versicherung Haberland da mals gar keinen Auftrag gehabt habe, Vieh für ihn einzukausen, Haberland auch von zwei Zeugen für einen „Luftikus und Schwindler" bezeichnet worden und Haberland selbst bekannt hat, da» Vieh um jeden Preis verkauft und das erlangte Geld verbraucht, resp., wie aus einem zweiten von Haberlanden an Humbschen gerichteten Briefe vom 8. März hervorgeht, verspielt, dann aber aus Angst vor den Vorwürfen de» Verletzten, Humbsch, sich entfernt und nach Berlin begeben hat, ohne ihm bis jetzt gerecht worden zu sein. In der heul« unter dem Vorsitz de» Herrn Ge» rtcht-rathS Baumgarten-Crustu« und unter Mit wirkung von Gcricht-schöffcn abgehaltenen Haupt verhandlung war die KSnigl. Staat-anwaltschast durch Herrn Staat-anwalt HentschÄ, die Bei» theimaung durch Herrn Advocat Köttig vertreten, der Verletzte Humbsch war al« Zeug« vorgeladen und erschienen. Der genannt« Humbsch ändert« da« 8. Armee-Corps allein fielen SSO Granat schüsse, wovon der Verlust de« Torp- 1 ver wundeter. Am 22. December gingen 2 feindliche Briga den läng« der Marne gegen den linken Flügel der Position der sächsischen Armee-EorpS vor, wurden aber durch da« sianktrende Feuer zweier witrttembergischer Batterien zum Rückzug veran laß». von PodbielSkh. Versailles, den 23. December. Die IS. Division rückt« am 21. December bi« zur Brücke von Tour« vor, sand Widerstand durch Bevölkerung und warf de-halb SO Grana ten in die Stadt. Diese zog darauf weiße Fah nen auf und bat um preußische Besatzung. Die Division begnügte sich jedoch, ihrer Instruction gemäß, mit Zerstörung der Eisenbahn und bezog di« ihr angewiesenen EanionnementS. von PodbielSkh. 1) Versailles, den 24. December. Die erste Armee unter General v. Manteuffel griff am 23 den Feind in seiner Stellung nord östlich AmienS an. Trotz seiner doppelten Ueberzahl und zahlreicher Artillerie wurde Beau court, Montignh, Frecheneourt, Quer- riex, Pont-Nogelle«, Busfh, Verque- mont und Daour» genommen uud gegen hef tig« Offensiv-Stöß« siegreich behauptet, bi- die Nacht dem Kampfe rin rin End« machte. Bi- jetzt über 400 unverwundet« Gefangene ein gebracht. von PodbielSkh. 2) AmienS, den 24. December. Gestern siegreiche Schlacht der l. Armee an der L'hallu, l'/, Meilen nordöstlich von AmienS, gegen die 60,000 Mann starke feindliche Nord- Armee. Dieselbe wurde nach Erstürmung mehre rer Dörfer mit sehr bedeutende» Verlusten über den Abschnitt der L'hallu zurückgeworsen. Bis- jetzt 1000 unverwundele Gefangene einge bracht. von Sperling. 1) Versailles, 25. Dec., Morgens 10 Uhr. Der Königin Augusta in Berlin. Vorgestern hat Manteuffel den Feind bei Amiens geschlagen, Detail« fehlen. Hier nichts Ernstlickcs vorgcsallen, Feind aber immer noch mit Mafien vor seiner Ostfront bivouakirend. Heute 9 Grad Kälte, aber heiter, ohne Schnee und Wind. Wilhelm. 2) Versailles, 25. Dec., 4 Uhr Nachm. Der Königin Augusta in Berlin. Manteuffel machte über 1000 Gefangene und nahm einige Geschütze. Die Verfolgung begann erst heute nach ArraS. Wilhelm. 3) Versailles, den 25. December. Am 24. Dec. versuchte der Feind zur Deckung seiner Rückzuges verschiedene Offensivstöße gegen General von Manteuffel, wurde aber zurückge worsen, über 1000 unverwundete Mannschaften sind bi« jetzt in unseren Händen. Am 25. früh meldet General von Manteuffel: Die geschlagene Nord-Armee wird in nord östlicher Richtung von mir verfolgt. von PodbielSkh. Versailler, 26. December. Am 25. Dec. erreichte General von Manteuffel in der Verfolg ung der feindlichen Nordarme« Albert, wobei Gefangene eingebracht wurden. Vor Pari- unter hielt der Feind am 26. «in wirkungslose- Feuer au« den Fort«. von PodbielSkh. Officiclle Depeschen. 124, ISS, 126, 127, 128.) 1) Versailles, den 22. December. Der Königin Augusta in Berlin. ^Wahrscheinlich in falscher Annahme, daß eine französisch« Nord-Armer nahe sei, gesiern größerer Autsall g«tn StainS, war vom 2. und Füsilier- Bataillon de» l. Garde-RegimenlS wieder genom men wurde, gegen l« Bourget, dar von 2 Ba taillonen Elisabeth und I Bataillon Augusta wfeder genommen ward. Bedeutender Artillerie kampf, viele hundert Gefangen«, geringer Verlust diesseits. Vorstoß gegen di« Sachsen von Bobianh auf Sevran, von RoSnh und Nruillv an der Mapne gegen EhelleS, überall zurückgeworsen. Heute Erwartung eine« neuen Angriff« daselbst. Heiterer Frosttag, Nacht« 8 Grad Kälte. Wilhelm. 2) Versailles, den 22. December, Nacht«. Vor Papi» wurden heim Ausfall am 21. December über 1000 unverwundete französische Gefangene gemacht. Die nicht angegriffenen Fron ten wurden während des Ausfälle» wie gewöhn lich unausgesetzt mit Granaten beworfen. Auf garische Reichtfinanzminister wird demnächst hier erwartet, um di« in Folge de« Friedensvertrag«« von I86S zwischen Italien und Oesterreich noch schwebenden finanziellen Fragen zu ordnen. London, 28. Dec. Nachrichten zufolge, welche über Bordeaux eingegangen sind, tit in Part- die Gasbeleuchtung erloschen. Die Beleuchtung der Straßen und Häuser erfolgt nur noch durch Pe troleum. Der Time- wird vom 23. d. M. au« Versailles gemeldet, daß am Tag vorher eine große Kanonade Seiten« der Pariser Fort« statt fand und starker Frost herrschte. Sonstige Ereig nisse von Wichtigkeit fanden nicht statt. London, 28. Dcc. Der in Bordeaux er scheinende Coustitutionnel meidet, daß der bet Metz gefangen genommene General Clinchamp au» der Kriegrgefangenschast entflohen und unter Bour baki angestellt worden ist. Eine Nolabeln-Dcpu- tation an« Nantes ist in Bordeaux eingetroffen und befürwortet die Ernennung KSratrh» zum unumschränkten Commandanten Westsrankreich». In Havre findet eine umfassende Concentration von Marinekräften statt. Wien, 24. December. Zum Vertreter der Oesterreichisch-Ungarischen Regierung auf der Con serenz betreffend die PontuSsrage, ist der Ocster- reichische Gesandte in London, Aras Apponht, designirt. ragetgcschichte. Gortsetzimg au« dem HouMatte.) DreSdei^ 24. Dec. Der hier wohnhafte Eisenbahnschaffner Päßler hatte in verwtchener Nacht da« Unglück, in der Nähe von Prtstewitz, al« er im Begriff« war, auf dem Laufvrete de« im Gang« befindlichen Bahnzug« sich zu dem Locomotivensübrer »u begeben, auSzugleiten und herabzufallen, so daß ihm beide Beine abaefahren wurden. Der Verunglückte wurde erst bei An kunst de« Zug« in Dresden vermißt und daher mittelst Exiramaschin« nachgeholt und in« Stadt- krankenhau« gebracht. Auf der Uferstraße wurden gestern Abend zwei Männer ziemlich erstarrt im Schnee aufgefunden. Beide wurden wieder zum Leben gebracht. Die «ingetreten« rauhe Witterung macht sich bei den Insassen der Dresdener Lazarethe auch durch da» häufigere Borkommen von Lungenkrank helten bemerklich. Der TvphuS hat wenig Zu wach» erhalten, Ruhrfäll« sind seltener geworden. Für die Pockenkranken sind jetzt drei besondere Stationen errichtet; die im Stadtkrankenhause ist die älteste, hieran schließt sich ein« Pockenstation im Garnisonhospital und eine in der Pionnier- caserne, letzter« war gestern mit 34 Franzosen be legt. Selbstverständlich werden diese Pockensta tionen in völliger Jsolirung erhalten. Der in Oschatz bestehenden König-Friedrich- August-Stiftung wurde von einer nicht genannt sein wollenden Frau rin« Schenkung von 300 Thlr. überwiesen. Frankfurt a. M., 24. Dec. Der Main ist au« seinen Usern getreten und bat mehrere Stadt- theile und di« Umgegend überflnthet. Die über schwemmten Gegenden sind bet der heftigen Kälte von 12 Grad mit Ei» bedeckt. Der in den Kellern und auf den Feldern angerichtete Schaden ist bedeutend. Die-Verbindungsbahn hat außer Betrieb gestellt werden müssen. Rom. Durch ein Dccret vom 8. December hat der Papst auf den Antrag der Bischöfe der aesammten katholischen Erdkreise» und mit Rück sicht aus dl« gegenwärtigen trübnißvollcn Tage der kath. Kirche den heil. Joseph feierlich als Schutz patron der ganzen katholiscken Kirche eingesetzt und bestimmt, daß für alle Zukunst da» Fest des selben, am 19. März al» ein Fest erster Claffe, jedoch, weil e» in die heil. Fastenzeit fällt, ohne Octave begangen werde. Die Abreise de» Königs Amadeus nach Spanien soll wieder vers-boben sein und der neu gewählt« Monarch den Entschluß gefaßt haben, erst nach Auflösung der constiluirenden CorteS und nach erfolgter Wahl einer regelmäßigen Legisla tiv« in Madrid einzutreffen. Ein solcher Entschluß hätte Angesicht- der letzten Vorfälle in den con- siituirenden Corte» nicht» Befremdende». Die Ver söhnung der Parteien, aus welche König Amadeus sein« neue Herrschaft gründen wollte, ist bei den in Spanien obwaltenden Verhältnissen ein äußerst schwer herzustellende» Fundament.