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ElMatt und Anzeiger. Amtsölatt für dir KSnIgllchk» Grrichtsämtcr sowie die StadtrWe zu Riesa uud Strehla. Druck und Verlag von L. F. Grellmann in Mesa. 87. Dienstag, den 20. August 1872 Diele« Blatt „eididisN und An,-tger" erscheint in Nicsa Ivöchcnlltch zweimal, Dienstags und Freitag«, und kästet vterteljihrltch 10 Ngr. — Bestellungen werden bet seder Postanstalt in uichren Srxcditionen in Siieia und Strehla sowie von allen unsern Boten entgegen genommen. — Zu Annahme von iilnnoneen sind seiner steoolimichligt Haasenstetn und Vogler in Hamdutg-riliona, Leipzig und Kranlsurt a. M., R. Mossc in Leipzig, z. W. Laaldach in Dresden und Eugen Fort in Leipzig. Bekanntmachung. In Betracht der fortschreitenden Verbreitung der asiatischen Cholera innerhalb der deutschen Grenzen hat das Königliche Ministerium des Innern angeordnet, daß mit thunlichster Beschleunigung in jedem Otte Lokalitäten für tie Ausnahme und Verpflegung solcher Choierakranker zu ermitteln sind, welche nach ihren Velhattnissen oder als Ntchleinhemnsche die erforderliche Pflege in ihrer eignen Häuslichkeit nicht finden können, daß auch die er forderlichen Hospitalrequisiten sür diese Krankenstuben anzuschafsen und Krankenwärter zu ermitteln sind. In Folge dessen werden di« Gemeindever tretungen angewiesen, dieser Anordnung schleunigst nachzukommen, auch vorkommcnde Choleraerkrankungen sofort hier anzuzeigen. Strehla uud Oschatz, am 10. August 1872. Die Mcdicinalpolizei-.Behörde im Gerichtsamts-Bezirke Strehla. In Stellvertretung: Fedor Erchenbrecher, Assessor. 0r. Königsdörfer, K. Bezirksarzt. Medicinalpolizeiliche Bekanntmachung. In Gemäßheit hoher Verordnung hat die unteizelchnete Medicinaipolizei-Behörde bei dem Herannahrn der asiatischen Cholera schon jetzt ge wisse Schutzmaßregcln anzuordnen, deren sorgfältige Beachtung und Ausführung den Gemeinden zur besonderen Pflicht gemacht wird und deren Nicht achtung eine Geldstrafe von Fünf Thalern —- —- unwiderruflich zur Folge hat. Die Maßregeln, welche sofort in Aussühiung zu bringen und sorgfältig zu beobachten sind, hat man unten sub näher ausgestellt. Strehla und Oschatz, den I I. August 1872. Die Medicinalpolizei-Behörde im Gerichtsamts-Bezirke Strehla. In Stellvertretung: Fedor Erchenbrecher, Assessor. l)r. Königsdörfer, K. Bezirksarzt. D Eine besondere Aufmerksamkeit ist daraus zu richten, daß alle Localitäten in Wohngebäuden oder deren Umgebung, wo ein« Anhäufung übelriechender und gesundheitsschädliche Ausdünstung verbreitender Stoffe sich findet, thunlichst rein gehalten, die Abtritte und Schlcußen rechtzeitig geräumt und namentlich die Abtritte solcher Orte, wo Reisende viel verkehren, wie die der Bahnhöfe, der Gasthöfe und Restaurationen, nicht minder der Schulen, Fabriken rc. von jetzt an bis aus Weiteres regelmäßig desinficirt werden. Als bestes DeSinsectionsmittel gilt, abgesehen von allen neueren Anpreisungen, der Eisenvitriol, wovon man 2 Pfund in 5 Meßkannen kaum Wassers auslöst; hierzu setzt man etwa 2 Loth Carbolsäure (zu 100"/»). Bei der Desinfektion mit dieser Mischung ist zu berücksichtigen, daß man diese ganze Quantität nicht aus einmal braucht, sondern daß «s vollkommen genügt, wenn von derselben aller 2 Tage eine hinreichende Portion mittelst des Sprengkopfes einer Gießkanne sorgfältig in die Aborte rc. gesprengt wird, so daß die ausbünstenden Stoffe vollkommen damit befeuchtet werden. Bekanntmachung. In Folge Generalverordnung der Königlichen Kreisdircction zu Dresden vom 16. Juli dss. Js. wird den Gemeindevorständen hiesigen Amts bezirk» hiermit ausgegeben, über die Zahl der in ihrem Orte sich aushaltendcn französischen Unterthanen unter Angabe des Geschlecht-, Standes und Lebensalters schriftliche Anzeige anher zu erstatten und dieselbe oder einen etwaigen Vacaischein längstens den ki. September d. I. hier einzureichen. Königliches Gerichtsamt Riesa, am 17. August 1872. Ucbrig.Wg. Jesuitenlehren. Bei der Ausführung des Gesetzes, welches den Mitgliedern der Gesellschaft Jesu den Wohn sitz und die Lehrthäligkeit im deutschen Reiche untersagt, fühlt sich gar Mancher wohl versucht, die absolute Nothwendigkeit dieser Maßregel zu bezweifeln und der Meinung zu huloigcn, daß am Ende der Jesuitismus schlimmer heiße, als er in Wirklichkeit sei, und daß die einzelnen Mit glieder de» Ordens nicht so gefährlich sein wer den. Der Sache dieses berüchtigten Orden» ab hold, wähnt man, sie nicht an den Personen zu rächen, wiewohl doch eine Sache, die man ver folgen zu müssen glaubt, füglich nur in den ihr dienenden Personen getroffen werden kann. Aber nur ein Blick in das Lehrbuch der Je suiten und man wird «ingestehen müssen, daß solche Grundsätze eine wahre Schändung der christlichen Religion enthalten und daß es un begreiflich: ist, wie sie die katholische Kirche über haupt als die ihrigen dulden kann. Staat und Gesellschaft können indeß keinensalls sich solch« Lehren gefallen lassen, die geradezu das Gegen- theil ihrer Moral und deßhalb di« höchste Gefahr sür sie bergen. Einen Katechismus sür Gauner und Spitzbuben muß man dies Werk nennen, welche« der Jesuit Kury geschrieben hat, welche« von Weflelack beim Buchhändler Manz in Regens burg I8S» in deutscher Sprach« hcrauSgegebeu ist und durch bischöfliche Anordnung den Jesuiten- Semtnarien al« amtliche« Lehrbuch der theolo- igischen Moral dient. So heißt es darin in einem Artikel: „Das positive göttliche und menschliche Gesetz verpflichtet im Allgemeinen nicht, wenn dessen Beobachtung in einem besonderen Falle mit einem sehr gro ßen Nachthcil oder großen Schaden verbunden ist." Und dazu paßt, wenn es Weiler lautet: „Stehle» ist in äußerster, fast äußerster und sehr großer Roth keine Sünde" — denn in diesem Falle könne man Überhaupt nicht von Diebstahl reden und der Dieb hat auch nicht die Pflicht, das gestohlene Gut wieder zurückzugeben, wenn er später in glücklichere Verhältnisse kommt. „Bei den Dienstboten", lehrt da» saubere Buch Wester, „hängt die Wichtigkeit der Materie ab von der größeren Freigebigkeit oder Genauigkeit der Herr- fchast, von der Beschaffenheit und dem Stande der entwendeten Sache." Ein gemeiner Haus diebstahl ist bei den Dienstboten also kein« Sünde, wenn sie in Roth sind, oder zu s-i» glauben. Man bedenke, welch' eine Moral sür eine Klaffe von Menschen, die vielfach in katholischen Län dern noch wenig andere Bildung besitzen, als die durch den Religionsunterricht! In allen Fällen entsündigt der Jesuitismus den Diebstahl dann, wenn man da» gestohlene Gut den Armen gege ben hat, worunter natürlich ein „armes" Kloster oder auch der arm« Papst verstanden wird. Die Gesetze find überhaupt für die Jesuiten nur da, wenn sie ihnen (und sie beherrschen doch di« katholisch« Kirche) Vortheil« bringen. So sagt der 8 03 des Äuih'schen Lehrbuch« unum wunden, daß „die Fremden" (d. h. sie) „zur Be obachtung eine« Particulargesetze« de« Staate«, in dem sie sich eben aushalten, nicht verpflichtet sind, wenn auch da» nämliche Gesetz an ihrem Orte bestehen würde." Sie unterstehen eben mit ihrer tr-sflichen, Meineid und Diebstahl, Trug und Schurkerei beschönigenden Theologie nicht dem Gesetze des Staates, und das soll sich der Staat, so meinen sie in ihrem frommen Glauben, auch ruhig gefallen lassen. Nein, man thut dem Jesuiten-Orden und sei nen Mitgliedern gewiß kein Unrecht an, wenn man sie sür gefährliche Feinde der Gesellschaft hält, die man im Namen der Moral und de« Rechts verfolgen muß. Was wir hier in Kürz« au- ihrem Lehrbuch citirlen, ist nur etwas und soll lediglich dazu dienen, einen Vorschmack von den Jefuitenlehren zu geben. Man wird sich darnach das Weitere denken können. Rur zu tref fend ist die Moral diese« unseligen und zu solcher Macht gekommenen Ordens mit dem Satz be zeichnet worden: „Der Zweck heiligt da» Mittel!" D-e Srminarbibel der Jesuiten sagt dies viel fältig in allerhand Worten. ,Leder muß", ss lauter § 1S6, „sich geradezu und unbedingt mehr lieben als den Nächsten, denn Jeder ist sich selbst, mehr der Nächste, al» Jeder Andere", dazu nöthige die „natürliche unüderwinoliche Neigung" de« Menschen. Dieser Giundgedonk« de« EgviSmü«, der gemeinsten Selbstsucht, der uneisättlichsten Habgier, ist der de« Jesutitsmu«. All« feine Leh ren gehen davon au« und kehren ihr« Moral dem scheußlichen Principe zu: „Der Zweck heiligt da» Mittel!" (M. T.)