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und Schützentzereme, die Casseler freiwillige Feuerwehr uuv eine zahlreiche Schuljugend mit ihren Fahne» auf gestellt. Ganz Lasse! ist mit Laub- und Blumenge winden, Fahnen, Wappen und Reihe» junger Fichte»» Läume aufs Reichste geschmückt. — Die nächste» Tage bis zum Freitag, den 20. September, wo die große Parade des II.Lrmeecorps bei Wabern stattfindet, be- absichtigt der Kaiser in aller Ruhe zu verleben. — Fürst Bismarck ist ebenfalls am 14. d. Nachmittags mit Familie von Bastei» abgereist. Berlin, IS. September. DaS große Unglück, von welchem am 81. Mai d. I. unsere junge deutsche Kriegsmarine durch den Untergang deS „Großen Kurfürsten" an der englischen Küste heimgesucht wurde, hatte heute im Reichstage ein die Aufmerksamkeit und das allgemeine Interesse auf das Stärkste anspannendes Nachspiel. Die »«mittelbar »ach dem Zusammentritt deS Reichstages vo» den Abgg. MoSle und Genoffen eingebrachte Inter pellation über den Zusammenstoß der Panzerschiffe „König Wilhelm" und „Großer Kurfürst" stand auf der Tagesordnung und bei dem tiefschmerzlichen Mitgefühl, welche- überall im deutschen Baterlande und darüber hinaus sich für die beklagenswerthen Opfer der Schiffs katastrophe bis jetzt erhalten hat/ konnte eS nicht ver wundern, daß der Zudrang des Publikums zu der heutigen Verhandlung ein außerordentlich starker war. Alle Tribünen, auch diejenigen für den Hof und den BundeSrath, waren dicht besetzt. Das Haus selbst zeigte dieselbe starke Präsenz, wie bei der vorausgegangenen Präsidentenwahl. Dre Begründung der Interpellation durch den Bremer Abgeordneten Mosle war ruhig und sachlich gehalten; der Redner enthielt sich aller per sönlichen und verletzenden Bemerkungen. Unter allge meiner Spannung deS Hauses ergriff der die Admirals uniform tragende Staats- und Marineminister von Stosch daS Wort. Seine ersten Worte waren gegen die Annahme gerichtet, als ob ihm die Jnterpellalwn eine Aergerniß bereitet habe, im Gegentheile, er ver sicherte, sie komme seinem Drange nach einer gewissen Rechtfertigung entgegen. In etwa halbstündiger Rede ging er nun auf den materiellen Inhalt der Inter pellation ein und wir müssen der Wahrheit gemäß con- statiren, daß Herr von Stosch sich seiner immerhin unan- Lenehmen und undankbaren Aufgabe mit Geschick und Wärme entledigte. Begreiflich ist, wenn er sich den Angriffen in einem Theile der Presse gegenüber in etwas gereizter Stimmung befand. In der Hauptsache aber waren seine Ausführungen in ruhigem Tone gehalten. ES war zu erwarten, daß Herr von Stosch über das auf Grund der technischen Erörterungen gewonnene Beweismaterial hinsichtlich der eigentlichen Ursachen des Unglücksfalles und der Frage, ob den betreffenden Offi zieren und Mannschaften eine Schuld beizumeffen ist, keine Auskunft geben konnte Alles dieses Material, alle die technischen Gutachten stehen gegenwärtig nicht mehr zur Verfügung der Admiralität, sondern sie be finden sich bei den Anklageacten, die Sr. Majestät dem Kaiser zur Entscheidung darüber vorliegen, ob ein Kriegs gericht einzusetzen ist oder nicht. In diesem Augen blicke konnte der Marineminister aus diesen Acten nichts mittheilen oder ein Urtheil darüber abgeben, was vom Reichstage durch sein Stillschweigen als richtig anerkannt wurde. Der Minister gab dagegen die bestimmte Er klärung ab, was an ihm liege, solle geschehen, um später den Inhalt der Acten zur Kenntniß der Station zu bringen, und er fügte die einen ganz ausgezcicbneten Eindruck im Hause hervorbringende Bemerkung hinzu, daß die Admiralität nichts zu verschweigen habe. Herr von Stosch gab sich ersichtliche Mühe, den Reichstag davon zu überzeugen, daß die deutsche Kriegsmarine sich in einer ganz außerordentlichen Lage befindet. Der für die Gründung der Flotte festgestcllte Plan läuft darauf hinaus, daß man im Jahre 1882 mit der als Ziel vorgcsteckten Organisation fertig sein will. Tiefer Flotten gründungsplan ist seiner Zeit vom Reichstag genehmigt worden. Da nun aber Alles aus neuen Anfängen herauszuschaffen ist, und unsere deutsche Industrie erst ganz allmählig zur Lieferung des Bedarfes an Schiffen und ihrer Ausrüstung herangezogen werden konnte, so ist von der Organisation eine gewisse Ueberhastung nicht zu trennen gewesen. Herr von Stosch wies darauf hin, daß man von der deutschen Flotte erwartete, daß sie scholl in den ersten Jahren zur Beschützung der deutschen Interessen auf den Meeren eintreten werde und sie hat dies ja auch bekanntlich gethan. Dazu sei aber noth- wendig gewesen, die Mannschaften und das Schiffs material sehr anzuspannen. Mit jedem Jahre werde das aber bester und wir würden bald ganz geregelte und normale Zustände in der Marine haben. Ein Hauptvorwurf, der von den Abgg. Hänel und Meier (Vorsitzendem der Gesellschaft „Norddeutscher Lloyd) aus gesprochen wurde, war der, daß die nautische oder see männische Ausbildung in der deutschen Kriegsflotte gegen die soldatische Dressur der Leute etwa- hivtan gesetzt werde. Herr vo» Stosch hck diesem Vorwürfe auf daS Bestinünteste widersprochen und Beweist für dessen Richtigkeit gefordert. Im Vegentheil, er ver sicherte mit scharfer Betonung, daß die Offiziere und Seeleute unter seiner Leitung weit mehr al- früher mit de» Regeln der Nautik praktisch und theoretisch vertraut gemacht würden und daß insbesondere die Ausbildung der Offiziere große Fortschritte gemacht habe. Ein anderer wichtiger Punct war die vielfach aufge stellte Behauptung, daß die Formation des verunglückten Panzergeschwaders eine zu enge gewesen und die Schiffe in zu kurzen Distanzen hinter einander gefahren seien. Der Minister verwahrte sich in dieser Beziehung zunächst dagegen, daß die kurzen Distanzen etwa eine persönliche Liehaberei von ihm seien. Das Reglement schreibe im Allgemeinen Distanzen vor, die nicht sehr von denen in der englischen Marine abweichen, eS lasse aber dem Geschwaderchef Spielraum in Betreff der Einhaltung kürzerer Distanzen zu. Und nun gab Herr von Stosch eine Erläuterung, warum kürzere Fahrdistanzen in der deutschen Flotte geübt werden sollen. Er führte auS, die deutsche Flotte werde immer gegenüber den Flotten der Engländer, Franzosen rc. klein bleiben. Wenn sie im Ernstkampfe gegen die letzteren etwas auscichten solle, dann müßten die deutschen Schiffscommandanten daran gewöhnt werden, schneller und beweglicher mit ihren Schiffen manövriren zu können und zu diesem Behufe bedürfe es der kürzeren Segeldistanzen. Der Reichstag nahm diese Auseinandersetzungen schweigend entgegen und es wird wohl abzuwarten sein, was dagegen etwa" von sachverständiger Seite eingewendet werden wird. Von Interesse war ferner eine Bemerkung des Ministers in Betreff des Sporns, den die großen Panzerschiffe vorn tragen und der in dem vorliegenden Falle so vcr- hängnißvoll geworden ist. Herr von Stosch meinte, der Sporn bleibe auf alle Fälle ein gefährliches Ding und man sei gegenwärtig mit technischen Erörterungen beschäftigt, ob der Sporn sich vielleicht so einrichten lasse, daß man ihn in Friedenszeiten abnehmen könne. Der ganze Verlauf der Interpellation und der sich daran knüpfenden Debatte kam nicht aus dem Geleise einer ruhigen sachgemäßen Erörterung. Allgemein schien das Gefühl vorhanden zu sein, daß bei dem großen Unglück der böse Zufall doch wohl die Hauptverschuldung gehabt hat. Aus den Darlegungen des Marineministecs, dessen ganzes Auftreten freundliches Entgegenkommen gegen den Reichstag bekundete, kann man die bestimmte Zuver sicht schöpfen, daß alle nur irgend möglichen Nutzan wendungen aus der Katastrophe für unsere Flotte gezogen werden. Hoffentlich wird sie ein gütiges Ge schick vor der Wiederkehr eines solchen ensetzlichen Ereignisses bewahren. Oesterreich. Wien. Das „Tagblatt" erfährt Näheres über den Abschluß einer russisch-serbischen Militär-Convention. Serbien stellt auf Verlangen Rußlands 50,000 Mann an der serbisch-albanesischen Grenze oder an einein anderen Punkte gegen monatlich eine viertel Million Rubel auf während der Mobili- sirungsdauer. Die Anschaffung des Kriegsbedarfes be streitet Rußland. Die Mobilistrung der ersten Miliz- classe ist bereits angeordnet. Der „Lloyd" bemerkt hierzu, man müsse auf das Thun und Treiben in Belgrad und Cettinje ein wachsames Auge haben. Die militärischen Maßregeln Serbiens, zumal unter russischen Auspizien, wollen stets scharf beobachtet sein. — Das „Memorial diplomatique" sagt: Layard versprach der Pforte englische Schiffe gegen den Aufstand der Albanesen, falls die österreichisch-türkische Convention zu raschem Abschluffe komme. — Das Bombardement Bertschkas durch die österreichischen Truppen hat heute begonnen. — Wie man dem B. T. meldet, verlautet hier bestimmt, daß England abgelehnt hat, sich gemeinsamen Schritten bei der Pforte wegen Ausführung des Berliner Vertrages anzuschließen. Frankreich. Paris, 12. Septbr. Arbeits minister Freicinet hat durch seine Rede in Boulogne einen großartigen Erfolg errungen; die öffentliche Meinung schlägt seine Kandidatur für die Präsident schaft der Republik vor. Großbritannien. Die neuesten Nachrichten, welche aus Cypern im englischen Kriegsministerium eingelangt sind, bestätigen, daß die Zahl der unter den Soldaten am Fieber Erkrankten noch immer im Stei gen begriffen ist und bereits über 25 pCt. der gejammten auf Cypern anwesenden Truppen beträgt; die Sterb-' lichkeit hat indeß sehr abgenommen. — Es verlautet jetzt bestimmter, Oberst Stanley werde nach Cypern gehen. Portugal. Aus Lissabon verlautet, die portu giesische Regierung habe Kenntniß davon, daß die Eng länder versuchen, sich am Henoe Cumene in Westafrika festzusetzen. Der Minister des Auswärtigen soll die englische Regierung um Erklärungen ersucht haben. die 2^baAnqn-tDo«aWoa de» Reichs am 10. August ihre Acheilt» Vertagt »ad ihr,Programm nebst Fragebogen veröffentlicht hat, sind nunmehr di« von ihr m den verschiedenen deutschen Staaten niederge- setzteu 24 BezirkScommissionen in Thätigkeit zetteten. Gleichzeitig werden auch die statistischen Erhebungen über daS Tabakgewcrbe beschleunigt, da da» Matena! schon am Ende September au da- kaiserliche statistische Amt abgeliefert werden soll. Die für da» Königreich Sachsen ernannt« BezirkScommission, deren Sitz Dresden ist, hat bereits 5 Sitzungen gehalten und sich soeben veranlaßt gesehen, eine öffentliche Aufforderung zu er lassen, auS der das von ihr beabsichtigte Verfahren zur Untersuchung aller einschlagend en Verhältnisse näher ersichtlich wird. Hiernach erachtet es die Commission zur Aufklärung der ihr zur Beantwortung überwiesenen Fragen für wünschenSwerth, möglich viele Erkundigungen im ganzen Lande einzuziehen und allen Sachkundigen Gelegenheit zu geben, ihre Interessen und Anschauungen, Klagen und Wünsche vorzubringen. Die zu beant wortenden Fragen, welche bereits im „Dresdner Journal" veröffentlicht worden sind, können von dem Vorsitzenden der Commission, Uv. Böhmert in Dresden, unentgeltlich und franco bezogen werden. Die Bezirkscommission erklärt sich zur Entgegennahme schriftlicher und münd licher Mittheilungen, soweit dieselben auf Sachkunde beruhen, bereit und beabsichtigt zu diesem Zwecke noch im Laufe deS Monats September an den Hauptsttzen des sächsischen Tabakshandels und der Tabakfabrication insbesondere in Dresden, Leipzig und Waldheim öffent liche Sitzungen abzuhalten. Kaufleute, Fabrikanten, Landwirthe und Arbeiter, welche am Tabakbau und Tabakhandel, oder an der Tabalfabrication betheiligt sind, sowie Pe' sonen aus anderen Berufszweigen (Beamte, Aerzte, Geistliche, Lehrer, Mitglieder gemeinnütziger Vereine u. s. w.,) welche dem industriellen Leben nahe stehen und in der Lage sind, über die geschäftlichen und socialen Verhältnisse der in Frage stehenden Er werbszweige Auskunft zu geben, werden ersucht, sich rechtzeitig mit dem Vorsitzenden der Commission ins Vernehmen zu setzen, um von diesem über den Zeit punkt unterrichtet zu werden, an welchem ihr Erscheinen gewünscht wird. Hoffentlich wird dieser Aufforderung vielseitig entsprochen und das englische Verfahren bei Parlamstitsuntersuchunzen auch in Deutschland zur Geltung gebracht. In England pflegen sich die Com mission an Ort und Stelle über die einschlagenden Verhältnisse zu orientiren, eine größere Anzahl von Fabriken zu besichtigen, staatliche Beamte wie Fabrik- inspectoren sowie Fabrikanten, Arbeiter, Aerzte u. s. w. zur Zeugnißablegung zu veranlassen, öffentliche Sitzungen zu halten und überhaupt daS Publicum in Kenntniß von dem Gange der Untersuchung zu halten, um das Interesse für die Ermittelung vcr Wahrheit in möglich weiten Kreisen anzurege» und sich selbst unter die öffentliche Controle zu stellen. Zur Erreichung dieses Zweckes bei uns wird es namentlich auch einer Mit wirkung der Lokalpresse bedürfen. Literarisches. Im Verlage der Reich enbach'schen Buch handlung (Westermann u. Staeglich) in Leipzig jzu beziehen in Riesa durch die Buchhandlung von Joh. Hoffmanns ist soeben der bekannte, trefflich bearbeitete Taschen-Kalender für die Sächsi schen Haus- und Landwirthe auf das Jahr 1879 von l)r. William Löbe, Redacteur der Jllustrirten Landwirthschaftlichcn Zeitung rc. rc., 21. Jahr gang, erschienen. Obschon dieser Kalender vorzugsweise für den Landwirth — und zwar sowohl für den größeren als für den kleineren Grundbesitzer — bestimmt ist, so eignet sich derselbe aber auch in Folge seiner Gestaltung und seines Inhalts für jeden Geschäftsmann ohne Aus nahme, und hat sich derselbe bereits vielfach bei Beamten, Geschäftsreisenden, Kaufleuten, Handwerksmeistern rc. eingebürgert. Die Inhalts-Uebersicht ist folgende: Genealogischer Kalender; Astronomischer und Kirchlicher Kalender mit Illustrationen, Wetterregeln und Sinn sprüchen; Tagebuch auf alle Tage des Jahres zu Notizen mit Angabe des Aus- und Unterganges der Sonne und des Mondes; nächstdcm noch ein besonderer Notiz- Kalender; Schema zu einem Taglohnregister; Geld- Ausgabe- und Geld-Einnahme-Kalender; Viehabgangs- Kalender/, Körnerverkausskalender; Düngungs-Kalender; Aussaä t-Kalender; Ernte-Kalender; Ausdrusch-Kalender; Melk-Kalender; Noth- und Hülfskalender, enthaltend eine Anleitung zur Heilung der am häufigsten vor kommenden Krankheiten der landwirthschaftlichcn Haus- thiere nach homöapthischer und allopathischer Methode. Hieran schließt sich ein wichtiger, reichhaltiger Theil,