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den Fuß setzte, überall strahlte ihm ein Heer von Flamm« und Kerzen entgegen und öffentliche wie Privatgebäude wetteiferten, um ernander an Glan- zu überbieten. Wie am Tage, so boten auch am Abend die Einzugsstraßen ein besonderes anziehende- und belebte» Bild. Auf der Spitze eine» kolossalen, 90 Fuß hohe» Obelisken, der sich inmitten deS Potsdamer Platzes auS einem Walde von Flaggenmasten erhob, flammte ein elektrisches Licht, dessen Strahle» weithin TageShelle verbreiteten. Bom Potsdamer Platz, der Königgrätzerstraße entlang, er glänzte Alles in einem^Lichtermeer. Der Pariser Plqtz, die Anden strahlten in einem Glanze, der sich kaum beschreiben läßt, Tausende von Sternen und Flambeaus wetteiferten miteinander, um das Ange zu blenden. Der „Reichsanzeiger" publicirt drei Erlasse deS Kaisers von heute. Der erste ist an den Kronprinzen gerichtet und erklärt die Wiederübernahm« der Geschäfte mit heutigem Tage Seitens deS Kaisers. Der zweite und dritte lassen diesen ersten Erlaß dem Reichskanz ler respektive dem Staatsministerium zugehen, um sol chen zur öffentlichen Kenntniß zu bringen. Der Kaiser hat dein Kronprinzen für die mit voller Hingebung und sorglicher Beachtung seiner Grundsätze erfolgreich geführte Vertretung seinen Dank durch besonderen Er laß ausgesprochen. Die Corvette „Louise" ist nach den Sandwichinseln beordert, um daselbst die „Arpdine" in der Durchsetzung der Forderungen deS deutschen Reiches zu unterstützen. Großbritannien. Die letzten telegraphischen Meldungen vom englischen Hauptquartier in Afgha nistan berichten von einem großen durchschlagenden Erfolge der Engländer. General Roberts hat einen großen Sieg errungen und den Peiwarpaß genommen. Sämmt- liche Geschütze der Afghanen wurden erbeutet: der Ver lust des Feindes ist ein bedeutender. Die Engländer verloren an Todten und Verwundeten 80 Mann, da runter befinden sich zwei Hauptleute. Rußland. Se. Majestät der Kaiser ist am 4. Dccember Vormittags 10 Uhr in Petersburg wieder eingetroffen und von der massenhaft versammelten Menschenmenge, sowie von den aufgestellten Truppen enthusiastisch empfangen worden. Die Stadt prangte im reichsten Flaggenschmuck. Türkei. In einem unter dem Vorsitz des Sul tans abgehaltenen Kriegsrathe wurde beschlossen, vor Constantinopel 12 große detachirte Forts nach Muster der vor Paris ausgeführten zu erbauen und dieselben vermittelst einer Eisenbahn unter einander zu verbin den. Mit der Durchführung dieses Beschlusses soll unverweilt begonnen werden. Podgorizza soll erst mit Beginn des Frühlings den Montenegrinern übergeben werden. Oertliches und Sächsisches. Riesa, den 6. Dccember 1878. — An voriger Mittwoch hielt das freiw. Rettungs corps im Saale des Gasthofs zum Kronprinz seine diesjährige Generalversammlung ab. Wie aus dem vom Commandanten Herrn Ackermann vorgetragenen Jahresberichte hervorging, hat das Corps im verflossenen Jahre 19 Uebungen und 3 Landmärsche abgehalten und 3 Mal wurde dasselbe durch die Feuersignale zusammen berufen, um bei den ausgebrochenen Schadenfeuern seine Aufgabe zu erfüllen, welche denn auch jedes Mal auf das Beste gelöst ward, indem die Brände, wie bekannt, auf den kleinsten Heerd beschränkt wurden. — Nach Vortrag des Jahresberichtes erfolgte die Neuwahl dcs Commandanten. Als solcher wurde Herr Ackermann mit großer Stimmenmehrheit wiedergewählt und nahm derselbe nur auf wiederholtes Bitten seitens des Corps die Wahl an. Daffelbe ist jedenfalls auch nur zu be glückwünsch«, daß eS unter seinem bisherigen bewähr ten Führer verbleibt. — Als Cassirer und Schrift führer wurde Herr Oscar Beger durch Acclamation einstimmig wiedergewählt. — Schließlich übte das Corps noch einen Akt echter Kameradschaft aus, indem eS für ein beim Brande des Härtel'schen Eishauses contusionirtes Mitglied durch freiwillige Gaben einen Geldbetrag sammelte und dem Betreffenden überwies. — Sämmtliche Polizeibehörden des Landes sind angewiesen worden, in Betreff der Ausführung des so genannten Socialistengesetzes allen Requisitionen von Behörden deutscher Bundesstaaten direkt und schleunigst Folge zu geben. — Unserer heutigen Nummer liegt ein Extrablatt bei, betr. den „ächten rheinischen Trauben- Brust-Honig" von W. H. Zickenheimer in Mainz. — In Folge des Auftretens der Rinderpest in Ostpreußen und im Regierungsbezirk Frankfurt a. O. wird vom Ministerium des Innern in einer unterm 4. Dccember erlassenen Bekanntmachung die Einfuhr von Rindvieh aus d« kgl. vreußischen Regi^runASbe- i zücke» Frankfurt a. O und Liegnitz über dre königlich I sächsische Grenze «nd die Durchfuhr dergleichen Viehes , durch Sachsen bis auf Weitere- untersagt; nur der kleine Grenzverkehr mit Rindvieh bleibt gestattet. Zu widerhandlungen werden nach Maßgabe deS ReichSge- setzeS, betreffend Zuwiderhandlungen gegen die zur Abwehr der Rinderpest erlassenen Vieheiufuhrverbote vom 21. Mai 1878 bestraft. Großenhain. Durch den am Sonntag Abend auf der Lottbus-Großenhainer Bahn von hier abge gangenen Güterzug ist bei Quersa eine Barrieren wärterin überfahren und sofort zetödtet worden. Die selbe hat sich wahrscheinlich mit Ausführung ihres Dienstes verspätigt und über die Schienen auf ihren Posten eilen wollen, wobei sie von der Locomotiv« erfaßt worden ist. — Brün hiesigen königl. Standes- bamte sind im Monat November d. I. 46 Geburts einträge, 40 Sterbeeinträge, 7 Aufgebotsverhandlungen und 15 Eheschließungen erfolgt. Meißen. Zu der stattgefundenen Auktion alt deutscher Gerätschaften rc., Gebrüder Geißler gehörig, waren eine Menge fremder Bietungslustige erschienen. Für die Gewehre herrschte eine große Vorliebe; denn manches derselben ging zu bedeutendem Preise an die Bieter. Hirsch- und Rehgeweihe wurden zuweilen spottbillig verauctionirt. — Ein unverhciratheter, 26 Jahre alter Comptoirgehilfe allhier wurde heute früh in der Behausung seines Principals mit einer Schuß wunde im Kopfe, angekleidet im Bett liegend, todt aufgefunden. Penig. In Wolkenburg verunglückte während der Nacht der ehemalige Kammerdiener Mende auf Schloß Wolkenburg. In einem Anfalle von Delirium wollte er, da das Schloßthor ihm nicht geöffnet ward, am Felsen empor nach dem Fenster des früher von ihin innegehabten Zimmers klettern, stürzte aber herab und spießte sich auf dem am Fuße des Felsens hinlaufen den Eisengeländer. Trotz der erhaltenen Verletzungen schleppte sich der Unglückliche noch bis in die Nähe der Försterei, woselbst er am Morgen todt aufgefunden ward. Chemnitz. Das hiesige Tagebl. schreibt unterm 5. d.: Wie uns ein heute Abend 9 Uhr 40 Min. hier angekommener Eisenbahnreisender mittheilt, hat sich heute zwischen den Stationen Edle Krone und Klingenberg eine That ereignet, welche an amerikanische oder italienische Verhältnisse erinnert. Zwischen oben genannten Stationen, wo der Zug wegen großer Steigung langsam zu fahren gezwungen ist, tritt ein mit einer Dienstmütze der Eisenbahnbeamten versehener Mann in den Postwagen, in dem sich 2 Postbeamte und ein Unterbeamter befunden haben. Er verlangt, nachdem er die Signalleine durchschnitten hat, mit dem geladenen Revolver in der Hand, die Aushän digung der Geldbriefe, und droht, bei der geringsten Weigerung Alle niederzuschießen. Der Räuber nimmt, ohne daß die Beamten ihn hindern konnten, acht Geld- und Werthbriefe aus dem dafür angebrachten Behälter und verläßt den Wagen mit der Drohung, daß bei etwaiger Verfolgung seine draußen wartenden Spießgesellen ihm beistehen würden. Langburkersdorf. Am 2. d. verunglückte der Gutsbesitzer Fr. Hertler von hier dabei, als er eine Fuhre Getreide in die Mühle schaffte. Beim Pas siven des Dorfes Langwolmsdorf versuchte er, während der Wagen in Bewegung war, aufzusteigen, glitt aus und kam so unglücklich unter die Räder, daß eins ihm den Brustkasten zerquetschte, ein zweites ihm das Bein zer brach. In seine Wohnung nach Burkersdorf zurück gebracht, verschied er noch an demselben Abend. Zwickau, 4. Dccember. In dem Fleische eines von einem hiesigen Fleischer gestern geschlachteten Landschweines sind Trichinen, und zwar sowohl freie, als in der Einkapselung begriffene, gefunden worden. Der betreffende Fleischer gehört dem aus einer Anzahl hiesiger Fleischer bestehenden „Verein für Trichinen schau" an und hatte statutengemäß das Fleisch jenes Schweines von einem verpflichteten Trichinenschauer untersuchen lassen. Behufs Verhütung von Krankheiten durch den Genuß des fraglichen Schweines sind feiten der Medicinalpolizeibehörde alsbald die erforderlichen Vorkehrungen getroffen worden. Plauen. Als der am 2. December früh in der Richtung nach Greiz abgegangene Zug in die Nähe des Möschwitzer Tunnels kam, würde ihm nach einer Mit theilung des „B. A." das Zeichen zum Halten gegeben, da durch eine früh nach 6 Uhr vorgekommene Berg rutschung auf der Seite nach der Rentzschmühle zu der Bahnkörper dicht vor dem Eingänge in den Tunnel verschüttet worden war. Die auf dem Bahnkörper liegende Masse wurde auf 15 qm. geschätzt, worunter sich Blöcke befinden, die erst gesprengt werden müssen, I bevor sie weggeschafst ««den könne». Die auSgestiegenen Passagiere mußten den TnunÄl umgehen und wurde» »ach ungefähr anderthalbstündigem Warten mittelst eine« von Greiz heraufgefahrenen ExtrazugeS weiter befördert. Es sind Anordnungen getroffen worden, daß die fahrplanmäßige Personenbeförderung keine Störung erleidet, da ein auf der gesperrte» Seite haltender Zug die Passagiere, die umsteigen cküffen und eine kurze Strecke zu wandern haben, aufnimmt. Verunglückungen sind nicht vorgekommen, auch soll die Befürchtung, daß weitere Ablösungen erfolgen, aus geschlossen sein. Der Hase und seine Jagd. „Ach, wenn die Tage nur erst wieder zunehmen wollten" — denken schon jetzt die Meisten trotz der vielen geselligen Freuden und der gemüthlichen Abende im warmen Daheim, welch« der Winter bringen soll, wenn draußen seine Stürme und Schneewetter saußen; trotz der funkelnden Schönheit des Sternenhimmels in den eisigen Nächten und trotz der einen wonnigen, Hellen Nacht, wo di« glitzernden Sternlein trau» in unser trauliches Heim, als Himmelsbotschaft, herunter schweben, um glückselige Kindergesichter aus grünem Gezweig zu bescheinen! Auch sie, die liebe Jugend selbst, freut sich trotz dieser besonderen Aussichten und trotz der vielen schönen Schneebataillen und der spie gelglatten Eisbahn — auf das hellere, wärmere und knospende Frühjahr! Wohl wenige Creaturen haben aber so viel Ursache, den Winter vorbeizuwünschen, wie er, dem diese Zeilen gewidmet sind. Bedroht mit Schroten aller Nummern, aus Gewehren aller Systeme und aller Caliber, von allen wirklichen und Sonn tagsjägern, gehetzt von den braven Jagdhunden, wie von Ällerweltsködern, beunruhigt und verfolgt von allerlei Raubzeug, durchnäßt von Regen oder Thau- wetter, gepeinigt von Hunger und Kälte, führt „Meister Lampe" und Familie ein wirklich elendes Dasein während des Winters, dem gegenüber sein wohlthuen- des, gespicktes und gebratenes Erscheinen bei unserer Mahlzeit wahrlich wie eine Art verherrlichender Er« lösung erscheint. Und in ganz Europa — wo überall der Hase zu Hause ist — ergeht eS ihm ähnlich. Ist das Climq günstiger, dann sind seine zweibeinigen Verfolger um so schonungsloser und unvernünftiger. Sowohl unser schuldiges Mitleid rechtfertigt es daher, wenn wir uns hier mit dem Hasen beschäftigen, wie es, was sogleich gezeigt werden soll, seine große volks- wirthschaftliche Bedeutung verlangt, daß er im Allge meinen viel schonender, zweckmäßiger behandelt werde. Die volkswirthschaftliche Bedeutung des Wildes) insbesondere des Hasen, ist stets unterschätzt worden. Je nach der Gunst der äußeren Umstände, namentlich aber nach dem Schutz und der Schonung, welche der Mensch dem Hasen angedeihen läßt, liefert die Q.-Ä. Ackerlandes — von den berühmten Holzhasen rc. seh« wir hier also ab — ein dauerndes, jährliches Jagd- Ergebniß von bis zu 3-, ja selbst 4000 Hasen; in der hiesigen Gegend und für das laufende Jahr, dürfte selbst die höhere Ziffer noch zu niedrig gegriffen sei»; hier, wie in den besseren Theilen Schlesiens, der Magde burger Gegend rc. rc. ergiebt alljährlich die Hasenpro- duction in Geld ausgedrückt 10,000 Mark pro Q.-M. Im Mittel der Jahre kann man aber für die Riesaer Pflege (links der Elbe!) 3000 Hasen oder 7000 Mark pro Jahr und Q.-M. annehmen. Schon durch diese Zahlen, die gewissenhaft ermittelt sind und von jedem Kenner bestätigt werden, ist die volkswirthschaftliche Bedeutung des Hasen genügend bewiesen! Wenn auf den ca. 5500 Q.-M. Ackerland, Deutschland durch weise Gesetzgebung und richtigeren Sinn und Takt des jagenden Publikums die Hasenjagd in der fürs Allge meine l!) vorthcilhaftesten Weise gehandhabt würde, erwüchse ohne Kosten und Nachtheile dem National einkommen ein bedeutender jährlicher Zuschuß durch unser» unscheinbaren, verspotteten Hasen! Mögen auch von den 5500 Q.-M. Acker nur 2000 Q.-M. die Gunst der Verhältnisse haben, wie wir sie in der Riesaer Pflege finden, (mindestens 1000 Q.-M. davon sind dem Hasenstand allerdings noch günstiger!) so würden diese 2000 Q.-M. allein eine mittlere Hasenproduction von 6 Millionen Hasen oder ca. 14,000,000 Mark haben müssen und im Wrthe also dem Betrage der gesammten mißliebigen Salzsteuer, Tabaksteuer und Braumalzsteuer u. A. m. im deutschen Reiche*) gleichkommen. Auf den restirenden, ungün stigeren 3500 Q.-M. wäre das erreichbare Ziel selbst verständlich ein mehr und mehr geringeres. Dennoch könnte man auch auf ihnen mit voller Sicherheit ein durchschnittliches Productions-Ergebniß von in *) NeichLhaushaltrtat s. 1874.