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672 müssen: da noch keine Kirchenvorftände bestanden, so, Hal der Patron auch kein Recht auf Sitzund Stimme in denselben geltend zu machen. Indem man dies ihm aber zugestehe, schaffe nian factlsch neue Recht« oder erweitere die bestehenden. Nachdem der Redner noch, zwei ähnliche Äußerungen der Deputation als mit d« Vorschlägen zu ß. 5 nn Widerspruch stehend, hervorgehoben, kommt er auf den Ehren Vorsitz zu sprechen, über welchen er nicht ernstlich diScutiren könne. Endlich macht er darauf aufmerksam, daß ja der Patron die Ausführung jeden Beschlusses, wo er in der Minorität bleibe, dadurch verzögern könne,, daß er. denselben zur Entscheidung der Ober-Behörde bringe. -- Nachdem Ploß und Thiele für den Rie- del'schen Antrag auf Ablehnung des 8 5 gesprochen, sagt Abg. Günther : Das Patronat stehe zum Kir- chenrvgiment in der innigsten Beziehung und man würde der künftigen Feststellung des Verhältnisses durch die Synode vorgreifcn, wollte man heute schon AenderungeN mit dem Patronat beschließen. Die im Entwurf enthaltenen Bestimmungen seien keine Erwei terung der Pattonatsrechte, sondern nur eine Regel ung des Verhältnisses zum, neuerrichteten Kirchcnvor- stande. Schließlich stellt Redner zu 8 5 folgenden Antrag: „Pie Kammer wolle beschließen, an die Staatsregierung den Antrag zu stellen/dieselbe wolle der ersten zusammentxetenden Synode eine die Neu- gestaltUM, begiehendlich Beschränkung und Aufhebung des Collatur- und Patronatsrechtes, insbesondere aber di« erweiterte Mitwirkung der Gemeinden bei Besetz ung geistlicher und Schulstellen betreffende Vorlage zur-Berathung unterbreiten." Gegen diesen Antrag wenden einzelne Redner ein, man wisse noch nicht, wie die künftige Synode zusammengesetzt sein und ob sie das Vertrauen verdienen würde, welches man ihr durch den Günther'schrn Antrag entgegenbringe. An dererseits (von Grieger«) werden wieder auf die Be denken hingewiesen, schon jetzt das Patronatsrecht so schwankend zu machen. Kultusminister von Falken stein: Die Regierung sei verpflichtet, bestehende Rechte zu achtem, wo immer dieselben nur anzutreffen seien. Deshalb hätten auch die Patronatsrechte Aufnahme im Entwurf finden müssen. Nachdem der Minister eingehend sich über diese Rechte verbreitet, verweiset er auf andere Kirckenordnunqen, z. B. die vielfach angezogene hannoversche, die dem Patron sogar das Recht zur Wahl des Vorstehers im Kirchenvorstande vindicire. So weit habe aber die Regierung durchaus nicht gehen mögen. ^-Hierauf folgt der Schluß der Debatte. Nach dem Schlußwort der beiden Referen ten wird nun 8 5 unter Ablehnung des Riedel'schen Antrages in folgender Fassung angenommen: „Der Kirchenpatron kann von der Verwaltung des Kircheu- vorstanyeS jederzeit Kenntniß nehmen und hat, wenn - er der evangelisch-lutherischen Confession zugethan und die zur Wählbarkeit für den Kircheuvyrstand erforder lichen Eigenschaften besitzt, Sitz: und Stimme im Kir chenvorstande. Er hat dieses Sitz- und Stimmrecht persönlich auSzuüben» doch können, unter den obigen Voraussetzungen, Ehemänner für ihre Ehefrauen, und Vormünder für ihre Pflegebefohlenen eintreten. Auch ist der Kirchenpatron zu den Versammlungen des Kirchenvorstands nur dann einzuladen», wenn er inner halb des Landes wohnt. Gestattet die. LrMfichteit einer zu verhandelnden Angelegenheit nicht, den außer haß dm Parochie sich aufhattenden SircLenpatron ei^ zuladen, oder ist derselbe abgehalten, der Versamm? lung bcizuwohnen, so ist demselben sofort und läng stens binnen drei Tagen quf seine Kosten eine Ab schrift des Protokolls über die stqttgefundene Ver handlung zuzusenden. Es gebührt ihm der Ehren vorsitz, während dem Vorsitzenden bezichendfich dessen Stellvertreter die Leitung der Verhandlungen. und. das lfireotni ium setorüm verbleibt. Stadträthe und andere Corporationen, denen ein Patronatrecht zu? steht, können durch eines ihrer Mitglieder, welches die zur Wählbarkeit in den Kirchenvorstand erforderlichen Eigenschaften besitzt, mit gleichem Ehrenrechte Sitz und Strmme. im Kirchenvorstande führen. Bei der Er klärung des KirchenvorstandeS über einen von dem Patron LesigniMn Geistlichen hat der Patron keine Stimme. Findet der. Kirchenpatron einen/Beschluß deS Kirchenvorstandes bedenklich, so kann er auf.Ent scheidung der Kirchcninspection, beziehcndlich der Confiftorialbchörde antragen." Im Verfolg der weiteren Abstimmung wurde der Heinze'sche An trag abgelehnt, dagegen der Günther'sche mit 35 gegen 24 Stimmen angenommen, mit derselben Stimmenzahl war bei Beginn der Abstimmung Nic- del's Antrag auf Ablehnung des 8. 5 verworfen worden, tz. 6 (Vertretung der eingcpfarrten und der Filialgemeinden) und ß- 7 (Vertretung mehrerer Kirchengemeinden in einer Stadt) wurden ohne De batte genehmigt- 8 8 handelt von. der Stimmbe rechtigung und Wählbarkeit. Während die Majorität der Deputation die inr Entwurf enthaltenen. Be schränkungen, als: Verachtung des Wortes Gottes, u »ehrbaren Lebenswandel, öffentlich gegebenes Aerger- niß, nicht treues Festhalten zur evangel.-lutherischen Kirche, noch daniit erweitert, daß sie auch die bei politischen Wahlen nicht Stimmberechtigten. aus schließt, beantragt Riedel: „Stimmberechtigt sind alle selbstständigen Hausväter, welche das 25. Lebensjahr erfüllt haben und nicht von der Stimmberechtigung bei Wahlen der politischen Gemeinde ausgeschlossen sind, sie seien verheiralhet oder nicht; wählbar alle Stimmberechtigten, welche das 3V. Lebensjahr über schritten haben." — Nach kurzer Debatte trat die Kammer unter Ablehnung des Riedel'schen Antrages dem Majoritätsvorschlage der Deputation bei. Ohne weitere Debatte wurden nun noch die 88 0 16 in der von der Deputation vorgeschlagenen Fassung ge nehmigt. — Endlich ist . noch zu erwähnen, daß die Abgg. Schreck, Mammen, Ehret, Hecker, Kretzschmar, Ploß, Pornitz, Tempel, Geyer, Ostwalt, Meltzer, Stauß, Bering, Fahnaucr, Riedel und Reichhardt in der heutigen Sitzung eine Interpellation des Inhalts eingebracht haben: ob und wann die Staats regierung die Wahlgesetzfrage zur Erledigung zn bringen gedenket Dresden, 7. Nov. Ju der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer begründete' zunächst der Abg. Schreck die Interpellation : ob und wann die StaatS- regierung die Wahlgesetzfrage zur Erledigung zu bringen gedenke? Abg. Schreck sagte in der Hauptsache Fol gendes : Die Unterzeichner der Interpellation glaubten mit derselben eine Pflicht gegen den nicht kleinen Thell des sächsischen Volkes zu erfüllen, der ihre Ansicht in ditter Frage theile. Hie Hütten ursprünglich die Absicht gehabt einen mit dem vom Bürger-