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Gesetzentwurf« und lediglich Beschlußfassung Über eineu von der Deputation gestellte« Antrag, nach welchem die Negierung »och nm Vorlegung eines Ergäuzu»gSae- setzes ersucht werde« soll, verlangte, der zweite die Negierung ersucht wissen wollch, dem jetzigen Entwurf zurückzuziehen und einen anderweiten Gesetzentwurf, welcher die üz dich» Aqaelegenhpit mittelst Gesetzes zu erledigenden Fragen umfaßt, den jetzigen Landtage vor- zulegen. Nach längerer DiSrusston, in welcher.StaatS- mimster Abelen die Ueberzeugung der Regierüng ver focht, daß der Entwurf erschöpfend sei und eS der Vor legung eines Ergänzungsgesetzes nicht. bedürfe, beschloß die Kammer auf Antrag deS Abg. Lehmann gegen 11 Stimmen, beide Anträge an die Gesetzgebungsdeputation zurückzuweisen, wodurch sich die Berathung deS Ent wurfs vorläufig erledigt. Berlin, 1. Februar. In gewöhnlich gut unter richteten Kreisen glaubt man bestimmt, daß der Kaiser den Reichstag in Person eröffnen werde. Das Be finden des Kaisers, der bisher von der Vorlesung der Thronrede bei Beginn der Legislaturperiode des Reichs tags nur in Krankheitsfällen Abschied nahm, ist ein so vortreffliches, daß em Einspruch der Aerzte gegen die Absicht Sr. Majestät, die Vertretung des Reiches persönlich zu eröffnen, kaum zu befürchten steht. Mit großer Spannung sieht man dem Inhalte der Thron rede entgegen. Voraussichtlich wird in derselben auch die Stellung Deutschlands zu den orientalischen Ver wickelungen, sowie der zeitherige Stand nicht unberührt bleiben. Frankreich. Paris, 2. Febr. Die „Agence Havas" meldet aus Athen vom 1. d.: Die griechische Re gierung befahl, daß morgen eine Armee von 12000 Mann die türkische Grenze überschreite, um Thessalien, Epirus und Makedonien zu besetzen, daselbst die Ruhe aufrecht zu erhalten und Niedermetzelungen der Christen vor zubeugen. Die Kammer bewilligte einen Credit von 10 Millionen Drachmen. Paris, 2. Febr. Der „Agence Havas" wird aus Constantinopel vom 1. Febr. über Alexandrien gemeldet: Das Protokoll über die Friedenspräliminarien und den Waffenstillstand ist in Adrianopel unterzeichnet worden. Vnglaud. London, 1. Febr. Unterhaus. Schatzkanzler Northcote erklärte auf eine Anfrage Hartingtons, der türkische Botschafter, Musurus Pascha, habe ein Telegramm der Pforte erhalten, wonach die allgemeinen Grundlagen für einen Waffenstillstand und Frieden gestern in Adrianopel unterzeichnet worden seien. Ob in der That die Unterzeichnung statt gefunden habe und welchen Charakter die Bedingungen trügen, sei der Regierung nicht bekannt. — Dem „Reutu'schen Bureau" wird aus Constantinopel von gestern telegraphirt, der Sultan habe sich telegraphisch an den Kaiser Alexander gewendet, um den Abschluß des Waffenstillstandes zu erbitten. Rußland. St. Petersburg, 3. Februar. Officiell wird aus Adrianopel unterm 31. Januar, Abends 6 Uhr, gemeldet: Die Friedensbasen sind soeben vom Großfürst Nicolaus und den Bevollmächtigten des Sultans unterzeichnet worden. Desgleichen der Waffenstillstand. Der Befehl, die Operationen ein- zustellen, geht sofort ab. Alle Donaufestungen, sowre Erzerum, werden von den Türken geräumt. Griechenland. Athen, 1. Februar. Die Nationalversammlung von Kreta hat ihre Unabhängig keit von der türkischen Regierung und ihre Annexion mit Griechenland proclamirt. Die Bevölkerung Kreta's hat den Beschluß der Nationalversammlung mit En thusiasmus ausgenommen und genehmigt. In Griechen land ist die ganze männliche Bevölkerung zur National garde einberufen, es herrscht überall Begeisterung für den Krieg. Spante«. Madrid, 29. Jan. Die Ver- mählungsfeierlichkeiten sind beendet; der König und die Königin haben sich nach Pardo begeben. GgyPten Der Vicekönig von Egypten hat, wie sich „H. T. B." auS Paris berichten läßt, seine Zahlungen eingestellt. Vom Kriegsschauplätze. Constantinopel, 31. Jan. Die Aufregung hat hier den größten Grad erreicht. Rußland ver weigerte im letzten Momente sowohl die Unterzeichnung deS eigentliche» Waffenstillstandes als überhaupt der allgemeinen Basis. Die Ruffen rücken auf der ganzen Liuie vor und stehen in Tscherkeskiöi an der Eisenbahn zwischen Tschorlu und Constantinopel, von Letzterem rn gerader Linie nur 8b Kilometer entfernt. Der Telegraph nach Varna ist unterbrochen, und man be fürchtet, daß bald der Telegraph nach ganz Europa abgeschnitten sein wird. Am 28. Jan. Abends sind ! die Russen in Tschorlu, Lüle-Burga- und in Nodosto an der See eiagetrofseu. Mehemed Ali und Moukhtar werft« sich ihnen eat-egeu. In ihrer Armee haben sie 24000 Nizams. Auch Suleiman ist mit seiner Armetaufstellung fertig und wird demnächst den Kampf aufnehmen. Belgrad, 30. Jan. Wie man der „Polit. Torr." telegraphirt, operiren die serbischen Truppencomman- danten unverdrossen darauf loS und haben neuerlich einige kleine Erfolge zu verzeichnen. So hat die Division deS Obersten Zdravkomc das von 2000 Türken besetzte Belgradschik vollständig cernirt. Andererseits nahm daS Corps des Obersten Leschjanin einige be festigte Positionen vor Vuciteru. General Belimarkovic ist bis Janjevo vorgedrungen, und die Avantgarde des Obersten Horvatovic hat Kumanovo besetzt. — In serbischen Regierungskreisen ist man von der Ver zögerung, welche der Abschluß der Verhandlungen über die Friedenspräliminarien erfährt, sehr befriedigt, und giebt sich der Hoffnung hin, daß derselbe nicht vor Mitte Februar erfolgen werde. Ragusa, 30. Jan. Die türkischen Truppen räumten Trebinje, zu dessen Besetzung bereits eine montenegrinische Abtheilung auf dem Marsche ist. Fürst Nicolaus ist vor Scutari eingetroffen. Wiatka, 29. Jan. Von den 600 türkischen Gefangenen, die von Moskau und Nischnj hierher gebracht werden sollen, sind 450 unterwegs gestorben oder auf diversen Stationen schwer erkrankt zurück gelassen worden. Tirnowa, 29. Jan. Die russische Armee setzt lang sam ihren Marsch auf der Straße nach Constantinopel fort. Bei Bujuk-Bulanlik wurden 2 Tabors, an 800 Mann stark, gefangen genommen. Der türkische Commandant erklärte, nicht kämpfen zu wollen, da der Waffenstillstand abgeschloffen sei; der russische Com mandant erklärte, darauf nicht eingehen zu können, entwaffnete die beiden Tabors und nahm 2 Kanonen und 40 Pferde weg. — Der Großfürst Nicolaus er ließ einen Armeebefehl, worin jede Mittheilung an die Mannschaft über Waffenstillstandsverhandlungen streng untersagt wird. Oertliches und Sächsisches. Riesa, 4. Febr. Von der Direktion der „Sächs. Feuer-Vers.-Gen. in Chemnitz ging uns nachstehendes Schreiben zu: „An die Redaction des Elbeblattes und Anzeigers, Riesa. In Nr. 15 Ihres geschätzten Blattes finden wir ein Referat über die am 25. v. M. stattgefundene Versammlung von Mitgliedern unserer Genoffenschaft. Daffelbe enthält außer anderen Ungenauigkeiten die Behauptung, daß die Absendung der fraglichen Petition trotz allen Sträubens der Direction zum Beschluß er hoben worden sei. Wir sehen uns in Folge dessen veranlaßt, Ihnen hierauf zu erklären, daß diese Be hauptung vollständig aus der Luft gegriffen ist und der Wahrheit strikte entgegensteht. Es ist jener Antrag auf Revision der Bücher nicht nur einmal, sondern zweimal mit ausdrücklichen Worten von uns unter stützt worden. Wir haben ja auch thatsächlich von einer derartigen Revision nur zu erwarten, daß dem Agitations- pp. Getriebe der Herren Horn und Genossen die letzte Stütze genommen wird." Gleichzeitig mit vorstehendein Schreiben sandte uns genannte Direction einen Ausschnitt eines Referats in der „Chemn.Ztg", welches der Wahrheit mehr ent sprechen soll. Wir lassen hier betr. Referat folgen: — (Chemn. Ztg.) Die von „mehreren Genoffen" der sächsischen Feuerverstcherungsgenoffenschaft einberufene Versammlung im „Bellevue" war schwach besucht. Zum Vorsitzenden der Versammlung wurde ein Herr Winker aus Riesa und zum Referenten der aus verschiedenen Angriffen gegen die genannte Genoffenschaft bekannte Agent Guido Horn hier gewählt. Gegen diese Wahl protestirte ein Mitglied der Direction, well beide, Winkler und Hom, gar nicht Mitglieder der Genoffenschaft seien. Nachdem Herr Guido Horn ein längeres Schriftstück verlesen hatte, worin er den Stand der Genoffenschaft als einen ungünstigen darzustellen versucht, wurden von Seiten der anwesenden Directionsmitglieder die Be hauptungen von Hom, der als Agent einer Concurrenz- gesellschaft nur die Interessen seiner Gesellschaft hier verträte, aufs Entschiedenste bekämpft. Nach einer langen oft sehr erregten Debatte wird der Antrag — „Dre BrandversicherungScommisffon um Untersuchung des jetzigen Geschäftsstandes der Genoffenschaft anzu gehen" nachdem derselbe mehreremals von Seiten eines DirectwnsmitgliedeS unterstützt worden war, zum Be schluß erhoben und eine darauf bezügliche Petitton von Herrn Winker zum Vortrag gebracht. Für den un befangenen Zuhörer ging aus den Verhandlungen un- zweiftlhaft hervor, daß die Veranstalter dieser Versamm lung da« Interesse der Genossenschaft nrcht gefördert haben; eS schien vielmehr, al« ob diese Versammlung nur die Agitation derjenigen spekulativen Concurrenz unterstützen solle, die au« der Schädigung der tSenossen- schaft sich selbst Bortheile verspricht? Um nicht einseitig zu erscheinen, wollen wir noch ein dem „Leipz. Tgbl." entnommenes Referat hier an fügen. Bemerken aber, daß eS schwer ist, auS dem bis jetzt von beiden Seiten zu Tage geförderten Material herauszufinden, wer Recht hat. Jedenfalls dürfte aber eine behördliche Untersuchung, die ja von der Direction sogar gewünscht wird, am geeignetsten sein, in dicseAnge- legenheit, die schon so viel Staub aufgewirbelt hat, die nöthige Klarheit zu bringen, was wir im Interesse der in hiesiger Gegend sehr zahlreich vertretenen Ge nossenschafter wünschen möchten. Das Referat lautet: Die Verhältnisse der Sächsischen Feuerversiche rungs-Genossenschaft zu Chemnitz spitzen sich neuerdings immer mehr zu und lasten eine baldige Auflösung dieser ruinirten Anstalt erwarten. Nachdem vor Kurzem ein Nachschuß von 30 Proc. von den Versicherten ein gefordert worden, sind in den Kreisen der letzteren ge gründete Zweifel darüber aufgetaucht, daß dieser Nach schuß zur Deckung des vorhandenen Deficits und zur Beseitigung aller weiteren Calamitäteu ausreichen werde. Um nun weitere empfindliche Schädigung von sich ab zuwenden, haben eine größere Anzahl von Chemnitzer Betheiligten dieser Tage eine Petition au die k. sächs. Brandversicherungs.Commission in Dresden gerichtet, in welcher gebeten wird: die erforderliche Prüfung des Vermögensstandes der Genossenschaft sofort anzuordnen und alsdann unverweilt die Einstellung des Geschäfts betriebes, sowie die Liquidation der Genoffenschaft zu verfügen." Riesa, 4. Febr. Heute Vormittag wurden über die neue Brücke die ersten Probefahrten unternommen, zu welchem Zwecke man 6 der schwersten Lokomotiven sammt Tender, welche ein Gesammtgewicht von circa 7000Ctr. repräsentirten, benützte. Das Resultat war ein sehr günstiges, die Senkung betrug nur 32 mm. Ein zahlreiches Publicum wohnte diesem interessanten Schauspiel bei. Dresden, 1. Febr. Wie bereits mehrfach mit- getheilt, wird die Ziehung der Gewinne der Albert- Vereinslotterie am 11. Febr. beginnen. Im Interesse einer guten Sache wollen wir nicht verfehlen, hiermit noch besonders darauf aufmerksam zu machen. Die Anfangs Januar geschloffene hiesige Ausstellung dieser Gewinne hat alle Diejenigen, welche den Reichthum derselben und den Werth der ausgestellten einzelnen Gegenstände aus eigener Anschauung kennen gelernt haben, gewiß schon längst bestimmt, sich mit Loosen zu versehen; möchten Diejenigen, welche dies etwa bisher noch versäumt haben sollten, sich nunmehr be eilen, es nachzuholen, ehe es „zu spät" wird. Vermischtes. * Dem Kohlendunst sind in Berlin wiederum zwei Menschenleben zum Opfer gefallen: der Küster an der Gertraudcnkirche daselbst, Glotz, und dessen Schwester, eine Wittwe Scholz, welche ihm die Wirt schaft führte und bei ihm wohnte. Man fand am Montag den Küster in seinen Pelz gehüllt lang aus gestreckt todt an der Thüre seiner Wohnung liegen, während die Schwester, den Kopf auf einen Tisch ge stützt, vor sich ein halb geleertes Glas Wasser, todt auf einem Stuhle vorgefunden wurde. Der Küster hatte noch Sonntag früh bis '/«I Uhr seinen Dienst in der Kirche verrichtet und war dann nach Hause gegangen. Er muß seine Schwester bereits unwohl angetroffen haben, denn in der Küche fand sich an gefangene Arbeit zur Bereitung des Mittagsmahles vor. Er scheint derselben Beistand geleistet und ein Glas Waffer gereicht zu haben, doch hatten auch ihn die durch zu frühes Schließen der Ofenklappe ent wickelten giftigen Kohlengase betäubt zur Erde geworfen und getödtet. Glotz war 55, seine Schwester 58 Jahre alt. Eigentümlich ist der Umstand, daß von zwei in der Wohnung befindlichen Canarienvögeln einer noch am Leben war. * Frankfurt a. M., 31. Jan. Baron Raphael Erlanger, Chef des Bankhauses v. Erlanger u. Söhne, ist nach kurzem Krankenlager heute Nacht gestorben. * Dieser Tage starb in Triest der Greis Anton Miclancic, welchem an 114 vollen Lebensjahren nur drei Monate fehlten. Derselbe war am 10. April 1764, also fünf Jahre vor der Geburt Napoleons I. geboren. Mehrere Freunde haben beschlossen, für den - Verstorbenen, welcher vielleicht der älteste Mensch Europa's war, ein feierliches Leichenbegängniß zu veranstalten.