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Gletschers vo.r einem sich loslösenden LiSstllck getrofsen worden sein. Der officielle Bericht hatte diese That- sache nicht erwähnt, sondern nur mitzetheilt, daß sich Theil« der EiSmaffen während der Anwesenheit de» Kaiser» losgelöst hatten. Nunmehr bringt die „Köln. Ztg." eine an Bord der „Hohenzollern" geschriebene ausführliche Schilderung deS Besuche» des Buarbrä- GletscherS durch den Kaiser, welcher ergiebt, daß den norwegischen Meldungen eine arge Uebertreibung zu Grunde gelegen hat. ES heißt in dem Berichte: „Zwischen zwei hohen Helswänden, die noch oben immer weiter auseinander gehen, liegt das breite, zum großen Theil blendend weche Tchnccseld des Buarbrä Gletschers oben am Horizont in zinnenähnliche Spitzen ausgezackt, drängt und zwängt sich gleichsam gespalten und zcrllüstct die Gis- und Lchnecmasse in das enge Thal hinab, die Moräne gleich einer gewaltigen Zunge weit vor sich hinschiebend. Die vorderste Spitze bildet ein hochgewölbtes, gezacktes und zerklüftetes Eisthor, dessen gigantischer Bogen m tiesdunklem Blau leuchtet, aus dem Tausende von kristallenen Tropien herniederrieseln. Aus dein Thore selbst schießt mit betäubendem Getöse der Bergbach her vor, um sich in gewaltigen Strudeln thalabwärts zu wälzen. Im ganzen Gletscher hört man das Tosen und Arbeiten der Natur, überall erblickt das Auge abschießcnde Bäche, die in Len Klüften und Spalten verschwinden. Und dicht neben diesen EiSmaffen arbeitet sich die Ulme und die Birke aus dem moos grünen Felsen hervor. Hundert Schritt davon hat die fleißige Menschenhand sorgsam bestellte Hafer-, Gerste- und Kaitoffel- selder geschaffen. — Nachdem der Kaiser sich längere Zeit ganz dem Eindruck dieser gewaltigen Natur hinaegeben hatte, wurde das Frühstück eingenommen, das in großen Körben von den wie Gemsen kletternden norwegischen Pferdchen hier hcrausge- fchafft worden war. Unter gegenseitigem Austausch der Ein drücke, die man empfangen, und bei manchem fröhlichen Scherz über den sonnigheißen Weg, den man zurückgelegt hatte, wurde der mitgebrachte Proviant aufgczchrt. Nun traten auch die freiwilligen Photographen, Maler Salzmann und Dr. Süßseld in ihr Recht. — Letzterer hatte eben ein Gruppenbild ausge nommen, als plötzlich ein gewaltiges Krachen erfolgte und vor den Augen des erstaunt aufspringenden Kaisers mit einem furchtbaren, donnerähnlichen Schlage das Eisthor des Gletschers zusammenftürzte. Die schweren Eismassen, die den Bogen des Thores gebildet, hatten sich losgelöst und waren dumpsdröhnend in den Bach gestürzt. Viele Eentner schwere Eisblöckc sprangen wie Bälle über Felsen und Geröll hinab und wälzten sich in wuchtiger Schwere durch das strudelnde und hochauffchäumende Wasser. Alle Anwesenden standen wie gebannt vor diesem überwältigenden Schauspiel und schauten schweigend auf diesen imponirendcn Ausbruch der elementaren Naturkräste. Es ist aber solch ein Glctscherzusammensturz auch ein Bild, wie es nur wenigen Sterblichen vergönnt ist. Die wenigsten selbst der bekanntesten Bergbefteiger können nach dem Zeugnih -es in diesen Sachen wohlerfahrenen Dr. Güßfeld sich rühmen, einem solchen Einsturz beigewohnt zu haben. Dem ersten folgte bald ein zweiter Sturz von geringerer Bedeutung. Kurz nach l2 Uhr wurde der Rückmarsch angetrcten, auf dem eine Zeit lang noch die rollenden Eisblöcke die Wanderer begleiteten, bis die Blöcke einer nach dem anderen an den Felsen zerschellten oder an den großen Steinen sich Magerten; kleine Eisstückc schwammen mit bis hinab zum See." Wie aus Lindau i. B. telegraphisch gemeldet wird, ist zwar die Verschärfung der Zollrevision nicht ganz aufgehoben, wird jedoch jetzt derartig vollführt, daß eine Belästigung der Reisenden nicht mehr stattfindet. Die Zollformalitäten werden so rasch erledigt, daß bei den äußerst kurz bemessenen Zeitfristen zwischen An kunft der Dampfer und Abgang der Bahnzüge Ver spätungen nicht vorkommen. Die Behandlung der aus der Schweiz eintreffenden Güter unterliegt dagegen einer schärferen Kontrole. Der „Reichs-Anzeiger" veröffentlicht, daß, um jeden Einwand gegen die Vollständigkeit und Unpartei lichkeit der Commission zur Untersuchung der von den Bergleuten im rheinisch - westphählischen Kohlenrevier erhobenen Beschwerden von vornherein zu beseitigen, die Oberpräsidenten von Rheinland und Westphalen und das Oberbergamt zu Dortmund durch den Mi nister des Innern ermächtigt worden sind, die Unter suchungs-Commission anzuweisen, daß außer den durch die Commission bestimmten Bergleuten, welche ver nommen werden sollen, auch noch jeder Bergarbeiter, welcher bisher schriftlich oder mündlich eine Beschwerde anbrachte, sowie überhaupt Jeder, welcher vernommen zu werden wünsche, protokollarisch gehört werden soll. Graf Waldersee soll dem „Hamb. Corr." zufolge erklärt haben, er lege Werth auf das Bekanntwerden der Thatsache, daß er die Berathschlagung mit dem Kaiser über Krieg oder Frieden als ausschließliche Auf gabe des Fürsten Bismarck betrachte und daß er in keinerlei Verbindung mit der Kriegstreiber ei der „Kreuzzeitung", überhaupt in keiner Beziehung zur „Kreuzzeitung" stehe. Ueber die verschärfte Controlle und Visitation an der Schweizer Grenze bringen einige Organe Andeutungen, als ob es sich dabei seitens der deutschen Regierung um eine kleinliche Rancune und verdrießliche Plackerei handele. Selbstverständlich, so wird offiziös geschrieben, liegen derartige Beweggrllndeder Regierung des Deutschen Reiches vollkommen fern. Unseres Erachtens wird man aber nicht übersehen dürfen, daß die Regierung darauf angewiesen ist, der Einführung reichS- und staatsgefährlicher, verbotener Schriften mit allen gesetz lichen Mitteln wirksam entgegenzutreten. Die ganze Kavallerie der preußischen Armee soll, wie der „Post" zufolge in militärischen Kreisen ver lautet, demnächst mit Lanze» bewaffnet werden. Der preuß. Militärattache am Müchener Hofe v. Blumenthal, ein Neffe deS JeldmarschallS, hat sich, wahrscheinlich wegen eines von ihm für unheilbar ge haltenen Leidens, erschossen. Der Gesetzentwurf über die Verwendung deS auS der GehaltSsperre der katholischen Geistlichen angesammelten Fonds ist bekanntlich in der verflossenen preuß. Land- tagSsesion nicht mehr zur Vorlage gekommen, und zwar nur wegen deS unvermuthet frühen und plötzlichen Schluffes der Sitzungen. Wie man hört, steht der Gesetzentwurf in der nächsten Session mit Bestimmtheit zu erwarten, und zwar nach Verständigung mit maß gebenden kirchlichen Instanzen über Verwendungszwecke. Oesterreich - Ungar». Die Jungtschechen wollen sich die Einmischung des Kaisers Franz Joseph in ihre inneren politischen Kämpfe nicht gefallen lassen. Der Klub der jungtschechischen Abgeordneten wählte eine viergliedrige Deputation mit dem Auftrage, beim Statthalter Böhmens Vorstellungen über die angeblichen Aeußerungen des Kaisers, das tschechische Volk habe sich ein Armuthszeugniß durch die Massen wahl von Jungtschechen ausgestellt, zu erheben. Falls der Bericht über die Worte des Kaisers tendenziös sei, solle derselbe offiziell richtig gestellt werden, falls er aber richtig sei, werde der Statthalter ersucht, für eine verläßliche Schilderung Sorg« zu tragen, damit die maßgebenden Kreise ein richtiges Urtheil über die politische Reife des tschechischen Volkes gewinnen. Frankreich. Die Generalrathswahlen finden am 28. d. statt. Es wird die Hälfte der Generalräthe, etwa 1500, neu gewählt. Davon gehörten bisher etwa 1200 der republikanischen, die übrigen den monarchistischen Parteien an. Für die Republikaner handelt es sich darum, ihren Besitzstand zu wahren, was ihnen gegenüber den vereinigten Boulangisten, Bonapartisten und Orleanisten nicht leicht sein wird. Das Nationalfest am Sonntag, der Hundertjahrs- tag des Bastillensturmes, ist den Franzosen zu Wasser geworden. Die große Pariser Parade verregnete total und auch der im Saal des JndustriepalasteS von der Regierung und der Stadtverwaltung den Arbeitern der Weltausstellung gebotene Ball mit 40000 Einladungen hatte keinen rechten Erfolg. Die Begeisterung war ebenso wie der Fahnenschmuck der Stadt, wie die Sommertoiletten der Damen und die abendliche Illumination gründlich verregnet. Auf dem Pariser Arbeitercongreß, bei welchem die deutschen Sozialisten durch 93 Delegirte vertreten waren, wurden Vaillant und der Abg. Liebknecht zu Vorsitzenden gewählt. Italien. Im Vatikan wird der Wiener Nuntius Galimberti erwartet, welcher angeblich Ueberbringer mehrerer sehr wichtiger Briefe sei, darunter eines vom Kaiser Franz Joseph, worin derselbe dem Papst dringend abräth, Rom zu verlassen. Schweiz. Wie man aus Bern meldet, soll man dort eine Verschiebung der internationalen Arbeiter- schutz-Conferenz in Aussicht genommen haben, da Ruß land eine Betheiligung an derselben abgelehnt habe und die Mitwirkung des Deutschen Reiches vorläufig nicht zu erwarten sei. Durch den Aufschub würden auch die Ver. Staaten von Nordamerika zur Theil- nahme eingeladen werden können. Oertliches und Sächsisches. Riesa, den 17. Juli 1889. — In der gestern unter Vorsitz deS Herrn Rendant Thostabgehaltenen Sitzung des Stadtverordneten collegiums, in der 15 Mitglieder, die Herren: Thost, Sinz, Starke, Hering, Bretschneider, Nicolai, Hammitzsch, Kreyß, Nitzsche, Thalheim, Thieme, Donat, Fritzsche, Schütze und Müder, als Rathsdeputirte die Herren: Bürgermeister Klötzer und die Stadträlhe Ruckdeschel, Grundmann, Heinrich und Hille anwesend waren, wurde Nachstehendes verhandelt und beschlossen: 1. Herr Stadtverordneter Nitzsche referirte über die von dem Armenhausverwalter Herrn Lobner abgelegte Berwaltungsrechnung auf das Jahr 1888. Hier nach hat das Armen- und Krankenhaus in dem genannten Jahre ein Gesommterforderniß an 6478 Mark 60 Pf. gehabt, darunter 4604 Mark 37 Pf. für Beköstigung, 566 Mark 48 Pf. für Be kleidung und Unterhaltung, 498 Mark für Feuerung und Beleuchtung, 307 Mark 14 Pfg. für Medicamente und Arzt rc. In das Armenhaus ausgenommen wurden 8 Männer, 8 Frauen und 21 Kinder. Im Krankenhause verpflegt wurden inSgesammt 63 Kranke mit zusammen 2899 Tagend Referent bezeichnete die eingeführte neue Buchführung als sehr zweckentsprechend und sprach sich über die Thätizkeit deS Herrn Lobner^ sowie auch über die Verdienste d«S Herrn Rathsvoll zieher Hammitzsch bei Einführung deS neuen vuchungs» und Rechnungswesen» in anerkennender Weise auS. 2. Der Rathsbeschluß, nach welchem der Schutz mann Fischer künftig für den HauSmanoSdieust im Rathbause und nebenbei für den Büreaudienst, sowie zeitweilig für den Nachtpolizeidienst verwendet werden soll, wurde genehmigt. 3. Dem Rathsbeschluffe über Anstellung einet neuen Schutzmanns mit 900 Mark Gehalt und 50 Mark Bekleidungsgeld, sowie mit eventuell nach Jahresfrist eintretender Pensionsberechtigung wurde ein stimmig beigetreten. Die Stelle soll nicht ausgeschrieben, sondern aus der Zahl der Bewerber um die letzt« Schutzmannstelle eine puffende Auswahl getroffen werdens. 4. Ebenso wuide der Rathsbeschluß, die An stellung eines Waffermeisters für das städtische Wasser werk mit einem Jahresgehalt von 1200 Mark betreff, einstimmig genehmigt. Auf Antrag des Herrn Starke spricht das Collegium den Wunsch auS, der Stadtrath wolle künftighin Sachen, die die Wasser leitung betreffen und zweckmäßiger Weise erst in einem Ausschüsse vorberathen werden, ehe sie zur Berathung im Plenum gestellt werden, dem Bauausschuffe überweisen. 5. Auf die in der Sitzung des Collegiums vom 25. Juni gefaßten Beschlüsse hat der Stadtrath beschlossen: L. der Belegung beider Fußbahnen an der Bahnhofsstraße mit Cementtrottoir zuzustimmen, b. die Erhöhung der bereits fertigzestellten gußbahn an dem Schienengeleise der Dampsschneidemühle von C. C. Brandt in das Niveau der anderseitigen Fuß bahn wegen der dort vorliegenden örtlichen Verhältnisse abzulehnen und c. der Belegung der Fußbahnen an der Wettinerstraße mit Cementtrottoir zuzustimmen. Doch sollen diejenigen Hausbesitzer, welche vor ihren Grundstücken bereits Fußbahnen von Mosaitpflaster her gestellt haben, das dazu vei wendete Material der Stadt unentgeltlich überlassen und außerdem zu den Kosten des Trottoirs 3 Mark für den laufenden Meter bei tragen, da der Bordstein künftig höher zu liegen kommt und das vorhandene Mosaikpflaster einmal umgepflastert werden müßte. Bei Punkt d wurde Beruhigung gefaßt, dem Raths beschluffe unter c einstimmig beigetretcn. Die Herren Nitzsche und Starke enthielten sich hierbei als Betheiligte der Abstimmung. 6. Das Gesuch des Lehrers Herrn Paul um Verlängerung seines Urlaubs für die Monate August und September hat der Städtisch genehmigt und gleichzeitig beschlossen, Herrn Paul zur Erstattung der Kosten der Stellvertretung wie bisher nicht heranzu ziehen. Letzterem Beschlüsse stimmte das Collegium einstimmig zu. 7. Eia Bittgesuch um Erlaß von Schulgeld wurde nach Kenntnißnahme von der Sachlage dem Rathsbeschluffe gemäß einstimmig genehmigt. Nachdem hierauf noch eine gemeinschaftliche Be sichtigung der Wasserleitung in Oschatz für Montag, den 22. Juli, in Aussicht genommen worden war, wurde die Sitzung nach Vorlesen des Protokolls geschloffen. — Der Höhepunkt des Jahres liegt hinter unS und die Tage neigen sich abwärts und werden wieder kürzer. Gegenwärtig beträgt die Abnahme zwar nur anderthalb Minuten, gegen Ende d. M. beläuft sie sich jedoch schon auf drei Minuten. Die Dämmerung, welche es bis jetzt nie ganz Nacht hat werden lassen, hält noch bis zum 20. d. M. an, von da ab wird eS aber um Mitternacht wieder vollkommen finster. Am 22. Juli tritt die Sonne in das Zeichen des Löwen und damit beginnen die „Hundstaze", die ihren Namen von dem Hundsstern Sirius) herleiten, bis zum 23. August währen und als die heißesten Tage im Jahre bekannt sind. — Der auch an dieser Stelle schon mehrfach er wähnte, am hiesigen Orte bestehende „Werkmeister- Verein" feierte am vergangenen Sonnabend im festlich decorirten Münch'schen Gartensalon sein 2. Stiftungsfest. ES waren dazu College» von den geehrten Brudervereinen in Oschatz und Großenhain erschienen und gereichte es dem Verein zur besonderen Ehre, daß auch einige von den dazu geladenen Herren ChefS durch ihr Erscheinen das Fest verschönern halfen. Die fröhliche Stimmung hielt die Theilnehmer bis in die frühe Morgenstunde beisammen. Der „Deutsche Werkmeister-Verband", drsien Central-Sitz in Düssel dorf ist, mit seinen edlen und humanen Bestrebungen, hatte sich in kurzer Zeit einer Mitgliederzahl von über 15000, welche über ganz Deutschland verbreitet sind, zu erfreuen und wurde dem Verband daS beste Wohlwollen der verbündeten Regierungen sowie der höchsten Behörden zu Theil. Möge der „Deutsche