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Bettage zum „M-Matt mW Anzeiger". KA. Sonnabend, den 18. Mai 1878. 81. Jahrß. Haupt-Berhandlnng des Vezirk-aerichis z« Oschatz über de« Wurzener MafsenblntvergtftnngSproeeff. Am IS., 14., IS. und 16. Mai fand vor dem hiesigen Königlichen Bezirksgericht, unter Mit wirkung von Gerichtsschöffen die Hauptverhandlung in der Untersuchung «gen den Rittergutspachter Albert Möller in Obernitzschka und die beiden Fleischer Her mann Julius Richter und Karl Friedrich Künzel statt. Den Vorsitz führte Herr Bezirksgerichtsdirector Müller, wogegen die Königliche Staatsanwaltschaft von den Herren Gerichtsrath Falian hier und Staatsanwalt v. Mangold auS Dresden vertreten war. Als Verthei- diger fungirten die Herren Justizrath vr. Schafftath auS Dresden für Möller und Adv. Freitag aus Leip zig für Richter und Künzel. Möller ist bereits vor 10 Jahren mit einer Geld strafe belegt worden, weil er Fleisch von einem in seinem Gehöfte geschlachteten an der Lungenseuche er krankten Stück Vieh durch einen Fleischer ohne behörd liche Genehmigung hatte fortschafsen lassen. Richter hat wegen Verkaufs finnigen Schweinefleisches bereits früher eine geringe Geldstrafe erlitten. Per der Anklage zu Grunde liegende Thatbestand ist folgender: . Möller offerirte mittels Briefs vom 9. Juli vor. Jahres dem Fleischer Schubert in Wurzen eine Kuh, welche er nach ferner Rückkehr von einer Reise erkrankt im Stalle vorgefunden, zum Kaufe oder doch zum Nachweise einer anderen Verkaufsgelegenheit. Er be zeichnete in seinem Briefe diese Kuh als „defekt, übri gens sehr wohlgenährt" und bemerkte weiter: daß dieselbe nur per Wagen abgeholt werden könne, am passendsten aber gleich in Obernitzschka geschlachtet werden müsse. Der Fleischer Richter, der von dieser Offerte Kenntniß erhielt, beschloß hiervon Gebrauch zu machen und kaufte am nächsten Morgen die Kuh, obschon sie nur durch Fortschleifen von der Stelle zu bringen war, um den Preis von 75 Mark, excl. 1^/, Mark soge nannten Schwanzgeldes. Dieselbe ist sodann mittels Wagens nach Wurzen tranSportirt und dort in dem Schlachthause des Fleischers Schubert juu. von Richtern und dem Fleischer Künzel geschlachtet worden, das Fleisch davon aber in das Richtersche Verkaufslocal, von da zum vierten Theil in den KünzelsHen Fleisch laden gebracht und soweit es nicht später m Beschlag genommen und vergraben worden, von beiden genannten Fleischern an ihre Kunden verkauft worden. Wenige Tage später erkrankten mehr als 200 Per sonen, welche von jener Kuh herrührende Fleischwaaren genossen hatten und bei sechs dieser Personen hatte die Krankheit einen tödtlichen Ausgang. Die Erkran kung dieser und der übrigen verletzten Personen war nach dem Ausspruch der dieselben behandelnden Aerzte und anderer Sachverständiger überhaupt auf eine Ver giftung durch thierisches Gift und den Genuß des ge sundheusschädlichen Fleisches der Möllerschen Kuh zu rückzuführen, insbesondere war mit Gewißheit anzu nehmen, daß der Tod dieser Personen durch den Genuß solchen Fleisches erfolgt sei, denn nach den Ergebnissen der Hauptverhandlung kann auch ein Zweifel darüber nicht obwalten, daß sich die Möllersche Kuh schon zur Zeit des Verkaufs in krankhaftem Zustande befunden hat, deren Fleisch ein krankes, verdorbenes und genoffen der menschlichen Gesundheit schädliches gewesen ist. Der empirische Thierarzt Kinder in Obernitzschka hatte die Kuh schon am 30. Juni krank gefunden und bis zum 9. Juli behandelt; er hielt sie für buchverstopft und euterkrank, hat auch während deren Behandlung geäußert: „die Kuh müsse was Giftiges gefressen haben, sie werde wohl drauf gehen." Von diesem Kranksein der Kuh hatten nicht nur diejenigen Personen Kennt niß, welche in deren Nähe verkehrten und mit deren Abwartung bez. der Anwendung und Eingabe der thirrärztlich verordneten äußeren und inneren Heil mittel betraut waren, sondern auch Möller selbst. Derselbe war zwar erst am 8. Juli von einer Reise zurückgekehrt, hatte aber schon vorher brieflich durch feine Tochter von dem Kranksein der Kuh Kenntniß erlangt und letztere alsbald nach feiner Rückkehr in Augenschein genommen. Die Krankheit will er, nach seiner Aussage, jedoch nur für einen Verschlag gehalten und deshalb beschlossen haben, die Kuh sobald als möglich zu verkaufen. DaS Schlachten in Obernitzschka sei deshalb von ihm empfohlen worden, weil die Kuh nicht habe gehen können. Richter, dem nach seiner Aussage zwar die Kuh von Möllern als ein -gutes, genießbares Stück Vieh verkauft worden sei, hat seiner seits durch vergebliches Anwenden gewaltsamer Reiz mittel von dem Unvermögen deS ThiereS, sich z« er heben, und dessen krankhaftem Aussehen und Zustande sich überzeugt, hierbei auch zu dem damaligen Volontair Pitzschke die Aeußerung fallen lassen: „dre Kuh muß doch durch und durch brandig sein, sie crepirt doch bald, sie wird« nicht lange mehr machen" re. Auch die Anweisung Richter'« an den Fuhrknecht, die Kuh um die Stadt zu fahren, „damit eS die Leute nicht sehen", daS Schlachten in den von Richtern hierzu noch nie benutzten Schlachträumen Schuberts, welche die dem Publikum unbemerkte Einfuhr deS Wagens mit dem Schlachtstück gestatteten, läßt daS Bewußtsein Richter's, Etwas Unerlaubtes, Strafbares vorzuhaben und zu beginnen, das Bestreben, sein Thun vor dem Publikum und den Behörden zu verbergen, deutlich erkennen. Den Angeschuldigten konnte aber der krank hafte Zustand umsoweniger entgehen und unbekannt sein, als Möller Landwirth ist, dre Oekonomie handels mäßig betreibt und seit Jahren nicht unbedeutenden Viehbestand besitzt, Richter und Künzel aber gelernte Fleischer sind, und das Handwerk betreiben. Künzel giebt auch zu, daß ihm bei Schlachten der Kuh wohl das Euter aufgefallen sei, daß aber Richter auf die an ihn gestellte Frage: „was denn der Kuh fehle?" ihm geantwortet habe: „sie habe sich überfressen", und darauf hin habe er von dem Fleische verkauft und auch mit seiner Familie davon gegessen, worauf er selbst acht Tage lang krank gewesen sei. Richter hatte außerdem, wie derselbe auch geständig, einen Theil der geschlachteten Kuh, welche zwar auf Schubert versteuert war, in seinem nur zumSchlach- ten deklarirten Schuppen aufbewahrt und zu diesem Behufe aus den deklarirten Gewerbsräumen entfernt, damit aber gegen das Steuerstrafgesetz verstoßen. Unter Darlegung der Erlebnisse der Untersuchung und Bezugnahme auf den erbrachten Beweis des ob jektiven und subjektiven Thatbestandes der den Ange klagten zur Last gelegten Vergehen, beantragte der Vertreter der König!. Staatsanwaltschaft, Herr Ge richtsrath Falian, die Bestrafung Möllers wegen Tödtung und Körperverletzung aus Fahrlässigkeit unter Uebertretung einer Gewerbspflicht, nach ßß 222., und 230., des Reichsstrafgesetzbuchs, desgleichen die Bestra fung Richters wegen derselben Vergehen, sowie wegen Verstoßes gegen das Steuerstrafgesetz, und endlich die Bestrafung'Künzels nur wegen des in 8 230., des angezogenen Gesetzbuches gedachten Vergehens. Der Vertheidiger Möllers, Herr Justizrath vr. Schaffrath, beantragte nach einer längeren Rede unter Hinweis darauf, daß die Anklagethatsachen nicht erwie sen seien, Klagfreisprechung seines Defendenden, wo gegen der Vertheidiger Richters und Künzels, Herr Advokat Freytag, da denselben eine Fahrlässigkeit nicht beizumessen sei, deren Klagsreisprechung, event. Zuer kennung einer milden Strafe beantragte. Das hierauf Abends >/<7 Uhr verkündete Er- kenntniß lautete auf ;e drei Jahre Gefängniß für Möller und Richter, wogegen Künzel von der gegen ihn er hobenen Anklage freigesprochen worden ist; auch haben Möller und Richter denjenigen Personen, welche sich am Strafverfahren angeschloffen haben, die verlangten Bußen zu gewähren. Eingesandt. Nachdem die während den vorjährigen Manöver« angestellten Versuche mit dem Salicylsäure-Streupulver ausgezeichnete Resultate ergaben, hat die deutsche Armee- Verwaltung die allgemeine Einführung desselben be schlossen. Von Interesse ist es, daß bereits im De- cember 1874 der Entdecker der Salicylsäure, HerrGe- heimraty Prof. Kolbe in Leipzig, im „Journal für praktische Chemie" schrieb: ' „Seit Jahresfrist benutze ich mit Salicylsäure ver mischtes Zahnpulver, wie auch eine alkoholische Lösung von Salicylsäure, welche, in kleiner Menge in lau warmem Wasser vertheilt, ein vorzügliches sog. Mund wasser liefert, mit Erfolg zur Reinhaltung der Zähne und deS Mundes. Der Gebrauch solchen Wassers, zumal nach genommener Mahlzeit, nach dem Genuß von Kaffee rc. stellt sofort reinen Geschmack im Munde her und benimmt meist auch Übeln Geruch des MundeS, woran Manche dauernd leiden. Ebenso hat sich die Salicylsäure als vortreffliches Mittel bewährt, dem riechenden Fußschweiß, woran Manch« leiden, den Übeln Geruch zu benehmen, also die Blldung der Buttersäure, Baleriansänre und der verwandten Säuren, welche die Füße corrodiren, zu verhindern —, ohne den Schweiß selbst zu unterdrücken. — Hin Apotheker Paulcke in Leipzig, welcher auch die eben erwähnten Mischungen zum Remhalten der Zähne und deS MundeS in vorzüglicher Qualität in de» Handel bringt, hat auS Salicylsäure ein Streupulver bereitet, welches dem damit betupften Fuße außer Be seitigung d«S Geruchs auch eine angenehme Weichheit giebt. — Die Wirkung diese« Pulvers ist so vonüg- luh, daß ich Überzeugt bin, eS wird demnächst Kd« Soldat auf dem Marsche eine Büchse mit Sali^lsäure- Streupulver im Tornister bei sich führe» müsse«. Diese Voraussicht hat sich jetzt glänzend verwirklicht und gebührt dem Apotheker R. H. Paulcke in Leipzig daS Verdienst, der Erfinder desselben zu sein und zu erst dessen hohen hygieinischen Werth für die Marsch- LeistungSfäHgkeit de« Soldaten wie d«S Touristen er kannt zu haben. Die Paulcke'schen Salicylsäure-Präparate find von den vielen Nachahmungen äußerlich durch Etiquette mit Fabrikmarke zu unterscheiden und durch alle Apotheken und Droguenhandlungen zu beziehen. Der Director deS analytisch-chemischen Labora toriums und polytechnischen Institutes zu BreSlau, vr. Theobald Werner, hat sich üb« die in Pirna von der Firma Gebr. Süßmilch fabricirte RicinuSöl- Pommade, welche sich eines so ausgezeichnete» RufeS erfteut, in einem Gutachten in der günstigsten Weise geäußert. Er sagt unter Anderem: „Diese RicinuSöl- Pommade ist eine aus bestem vollständig harzfreien Ricinusöl kunstgerecht bereitete Haar-Pommade. Das RicinuSöl ist versetzt mit vegetabilischen Extractionen, deren günstige Wirkung durch naturgemäße Anregung d« Kopfhaut und Haarwurzeln auf daS Wachschum der Haare schon längst durch die Wissenschaft constatnt und in der praktischen Medici» mit Erfolg in An wendung gebracht ward. Außerdem enthält dieselbe noch eine Menge ätherisch« und balsamisch« Stoffe, die reinigend auf die Kophaut wirken. Diese Pom made ist vollständig frei von scharfen oder überreizen den Ingredienzen, welche leider in neuester Zeit so vielfach bei Haarwuchsmitteln verwendet wurden. Alle diese Vorzüge berechtigen mit dies« Ricinusöl-Pommade das Prädicat „vorzüglich" zu ertheilen und die Anwendung derselben aus vollst« Ueberzeugung zu empfehlen". Zu verkaufen steht eine Schmiede mit 12 Scheffel Feld und 2 Kühen. Zu erfragen in der Expeditton d. Bl. 2 Herren können Schlafstelle erhalten Elbstraße Nr. 24, 1 Treppe. Ein kleines Stübchen mit separatem Ein gang ist an einen einzelnen Herrn sofort zu ver mischen 191 Hauptstraße 191. Ein Familien-Logis im Preise von 90 bis 100 Mk. wird bis 1. Juli zu miethen gesucht. Gefl. Adr. unter „Logis" bittet man in der Exp. d. Bl. abzugeben. Ein größeres Familienlogis, womöglich mit Gartengenuß, wird zum 1. Juli zu miethen gesucht und Offerten mit näherer Angabe unter „Familien- logis" in die Expeditton d. Bl. erbeten. wird ein Mädchen oder auch eine VZ/Vs UU^«. ältere Person, welche Lust und Liebe zu Kindern hat und etwas Nähen und Plät- ten kann. Näheres in der Exped. d. Bl. Ein ordnungsliebendes Mädchen von 14 Jah ren, achtbarer Eltern, sucht sofort einen Dienst. Zu erfragen in der Exped. d. Bl. Ein ordentliches Stubenmädchen wird zum 15. Juni gesucht. Wo? sagt die Exped. d. Bl. Zum sofortigen Antritt wird eine Hausmagd und eine Schweinemagd gesucht. 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