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Beilage zum „Elbeblatt und Anzeiger". «R Dienstag, den 15 April 1890. 4-8. Jghrg. Tagesgeschichte. Ueber die in Aussicht stehende Militärvorlage bringt die „Post" anscheinend au» kundiger Keder die nach stehenden Andeutungen: Bei den kommenden HeereS- vorlagea handelt «» sich in erster Lmi« um die völlige Ausgestaltung der beiden neuen ArmeecorpS und die Ausgleichung aller Abnormitäten, welche bei den älteren Armeekorps durch di« Aufstellung jener entstanden sind ober sonstwoher noch bestehen. ES kommen hier die EtatSverhältaiffe der Infanterie, die Vervoll ständigung der K«ld-A»tl>erie, der Pioniere, der TiainS, ' wie der Fuß-Artillerie in Betracht. Im Reichsland sind zur Zeit noch 7 Infanterie-Bataillone hrnstchllrch der Mannschaften auf dem niederen Etat. Die derben ' Armeekorps in Ost- und W-Ppreußen haben überhaupt noch keine Jnfanterietruppentheile auf dem hohen Etat, waS im Interesse der Krre^Sberertschuft doch hier eben so erforderlich erscheint a'.S im Reichslande. Bei der Feld-Artillerie handelt eS sich darum, alle fahrenden Abtherlungen auf 3 Batterien, alle Regimenter auf 3 fahrende Abtheilungen zu bringen. Eme Errichtung neuer reitender Batterien steht nicht in Aussicht, da gegen durchgehends die Bildung von Abtherlungen zu zwei Batterien, wodurch es nicht nur möglich ist, bei dem jetzigen Stande an reitenden Batterien alle Armee korps mit reitender Artillerie auszustatten, sondern der verband sich besser als bisher der kriegerischen Ver wendung anpaßt. Die Zahl der neu zu bildenden Abtheilungen bezw. Batterien der gejammten Feld- Artillerie -kann darnach leicht berechnet werden. Daß sowohl die Zahl von 100 als von 72 neuen Batterien zu hoch gegriffen ist, ergiebt sich ohne Weiteres. Die Aufstellung von 1 Pionier-Bataillon, 3 Train- Bataillonen, 3 Fuß-Artillerie-Bataillonen nebst 2 RegimentLVeibänden der letzteren würde den Abschluß der durch die Vermehrung der Armeekorps bedingten Maßregeln auSmachen; die betreffenden Vorlagen stehen unbedingt für die erste Tagung deS neuen Reichstags in Aussicht. Die sonstigen Militärvoilagen, wie die Ausstellung von einem Reserve - Infanterie - Bataillon und einer Reserve-Escadron in jedem ArmeerorpSbc- zirk, und die mit der Aufbesserung der Beamtengehälter im Reich und in Preußen zusammenhängende Gehalts erhöhung gewisser Offizierklaffen, fallen vielleicht mit dem nächsten ReichShauShaltSetat zusammen. Die zunächst kommenden Vorlagen schließen eine wesentliche Vermehrung der Mamrschaftszrffrr und damit eine Durchbrechung deS sogenannten EeptennatSgesetzeS von 1887 in sich. Ob damit die Vereinbarungen auf längere Zeitdauer überhaupt aufgegeben werden, wie man vielfach annimmt, entzieht sich der Beurtheilung. lieber den ersten Mai und die Achtstundenbewegung schreibt die „S.-C.": Die Arbcilerfvrderur g-n überstürzen sich dergestalt, daß den Führern selbst bange wird und daß in ihrem eignen Lager der Streit entbrannt ist. DaS ungeheuerlichste Attentat auf die persönliche Frei heit von Millionen und der läche,liebste versuch, alle Berufszweige unter eine einzige Schablone zu bringen, ist wohl die Aumuthung, baß die ganze europäische Unternehmer- und Arbeiterwclt nach der Pfeife einiger in Paris zusammengetretener Agitatoren, die nur zum kleinen Theil wirklich« Arbeiter waren, tanzen und plötzlich am ersten Maita-e den allgemeinen achtstündigen Arbeitstag proclamiren soll! Erfahrungen der Wirth- schastSgeschichte scheinen für den Pariser Arbeiterroogreß überhaupt nicht existirt zu haben. Wenn eS ein Land giebt, wo die Achrstundeubewegung noch am leichtesten hätte Erfolg erzielen können, so waren eS die Ber einigten Staaten von Nordamerika, in denen die Forder ung: „Acht Stunden Arbeit!" schon seit Jahrzehnten das Publikum beschäftigt und sogar zur gesetzlichen Eine sührung in den Regierung-Werkstätten einiger nordameri- kanischer Staaten geführt hat. Aber auch in Amerika wird thatsächlich in der Regel zehn und nicht acht Stunden gearbeitet und die große Bewegung, welche in Amerika im Jahre 1888 auch mit dem 1. Mai beginnen sollte, ist dort kläglich im Sande verlaufen. Wenn eS nach den Befehlen de» neuernannten Reichstagsabgeordneten Schippe! anstatt nach den älteren erfahrenere» Führern der Sozialdemokratie gehen sollte, so würde der erste Mai und die Achtstundrnbewegung auch in Deutschland in eine groß, Blamage für die Arbeitnwelt hinauS- laufen und daS kann kein Freund der Arbeiter wünschen. Man kann di« Arbeiter nur vor Uebnschätzung ihrer Macht und vor Enttäuschungen warne» und ihnen rathen, ihre gegenwärtige günstige Lage nicht durch geringere Leistungen und durch eine Herabminderung der Güterprodurtwn zu verscherzen. Die internationale Arbeiterschutz-Tonferrnz muß doch alle Arbeiter über zeugt haben, daß man ihnen gern alle möglichen Erleichterungen verschaffen will, aber an eine schab lonenhafte Feststellung der Arbeitszeit gar nicht zu denken wagt. So lange man aber in England und Amerika zehn Stunden und in anderen Ländern 11, 12 und mehr Stunden täglich arbeitet, wäre eS gerade zu eia selbstmörderisches Beginnen, allen deutschen Arbeitgebern die achtstündige Arbeitszeit plötzlich auf» dictrrea zu wollen. — verkürzte Arbeitszeit könnte einen vorübergehenden vortherl nur Denjenigen bringen, welche feste Wochenlöhne beziehen und dir Höhe derselben garantirt erholten. Ader welcher «rdertgeber kann dauernd hohe Lvyne gaianliien? Alle im Arco dlohn beschäftigten Personen haben er» starkes Interesse, daß di« Arbeitsstunden nicht unnölhig eingeschräi kl werden. Auch den Millionen Männe»» und Frauen, die auf industrielle Hausarbeit angewiesen sind, könnte eine allgemeine achtstündige Arbeitszeit nicht daS Mindeste nützen. ES wäre schon ein großer Fortschritt, wenn man, wir in der Schweiz, auch in Deutschland die hier und da noch auf 13, 14 und mehr Stunden aus gedehnte Arbeitszeit auf eine Arbeitszeit von 11 Stunden herabbrirgen könnte. Die Achlstundenbewegung kann gegenwärtig die Bemühungen für einen Arbeitstag von 11 Stunden nur dura kreuzen und lahmlegen. Deutsches Reich. Entsprechend den Weisungen des Kaiser» verfügte nach den „M. N. N." Minister v. Herisuilh, daß die Demonstration am 1. Mai polizeilich möglichst ungehindert bleibe, nur äußersten Falles sei einzuschreiten. Der Kaiser stellte dem Fürsten Bismarck seinen Besuch in FriedrichSruh in Aussicht. Glaubwürdig wird versichert, daß der Kaiser dem Grafen Herbert BiSmarck bei seinem jüngsten Besuche wiederholt einen Botschafterposten angeboten hat, daß dieser aber vorläufig ablehnte. Dessen ungeachtet ist eS sehr wahrscheinlich, daß Graf Bismarck in abseh barer Zeit als Botschafter Verwendung finden und später auf diesem Umwege als Leiter in's Auswärtige Amt zurückt,hren wird. Kaiser Wilhelm trug ihm viele Grüße an den Fürsten und die Ansage für einen baldigen Besuch in FriedrichSruh auf. Der Kaiser und Graf BiSmarck verkehrten in auffallend herzlicher Weise. Am Sonntag oder Montag wollte Prinz Heinrich mit dem deutschen Geschwader in Lissabon eintreffen, woselbst er dem portugiesischen König-Hofe einen Besuch «bstattet. Nun ist die Königin Amalie eine Tochter deS Grafen von Pari- und al- eine echte Orleans auf Deutschland nicht gut zu sprechen. Die Nachricht des „B. T.", daß die Königin zwar leidend gewesen, jetzt aber wieder ausgehen dürfe, aber noch freiwillig einige Tage daS Zimmer hüten wolle, um den Prinzen Heinrich nicht empfangen zu müssen, hat daher viel innere Wahrscheinlichkeiten. Der Kaiser hat den Handelsminister v. Berlepsch und den Staatssekretär deS Auswärtigen Amte« Marschall v. Bieberstein zu Bevollmächtigten zum vundesrath für Preugen ernannt. Die Zusammenkunft von Caprivi, Kalnvky und Crispi, welche wir schon erwähnt haben, wird laut dem Londoner „Standard" Ende Mai in Karlsbad stattfinven. AuS unterrichteten studentischen Kreisen geht Ber liner Blättern die Nachricht zu, daß die grsammte Berliner Studentenschaft in nächster Zeit zu Ehren de» Fürsten BiSmarck einen großen EommerS zu ver anstalten gedenkt. SS haben sich die „schlagenden Couleuren" der Berliner Universität zusammengethan, um die Feier in würdiger Weise in» Werk zu setzen. Ursprünglich war beabsichtigt, die «Ums. raster durch eine Abordnung bei dem Fürsten BiSmarck vertreten zu lassen; aber mau uahm au« Rücksicht darauf, daß der Fürst gerade in letzter Zeit durch derartige Kund gebungen vielfach in Anspruch genommen wurde, da von Abstand. In der socialistischen Partei wird fortgesetzt trotz der Erklärungen und Abmachungen de» Abz. Liebknecht an vielen Stellen für eine Arbeitseinstellung am 1. Mai agitirt. So geschah eS auf dem verbandS- tag der socialistischen Glasnvereine in Halle in diesen Tagen. Ebenso hat eine Generalkommisston socialistischer Arbeiter Magdeburg» sich für eine ArbeitSeiustellung erklärt. Ein Freund der „Post" schreibt derselben unter dem 9. d. M. au- San Remo: Gestern war der Ge burtstag deS Grafen Waldersee. Man merkte, daß etwas besondere- im Hotel Quisisana stattfinde» müsse. Unaufhörlich begaben sich Post- und Telegraphen beamte in dasselbe. Ueber dreißig Telegramme und mindestens ebenso viele Brief« solle» für de» Gra?ü abgegeben sei». Wie ich heut» erfahre, sandte anH unser Kaiser ei» Glückwunsch-Telegramm und Majestät soll dem Grast» eine von Golznmn» ge malte »orwegische Landschaft zum Geburtstage gescheht haben. Der General ve latzr heute San Rem» «no wird sich, wie verlautet, zunächn nach Tu>ia begehn. Italien. Em am Soimrag in No» statt' habteS, Tausende von Teilnehmer» zählende» Meet^, beschäftigungsloser Arderter wurde w gen aufreizei' r Aeußeinngtn der Redner aufgelöst. Die auSeinant-er geh, nve Menschenmenge wu de wegen des V-,such* vrn Ansammlungen von den Truppen zerstreut. Mehrere Verhaftungen wurken vorgenomme». Der Pupst txabsichtt.t, an di« Nuntien und Bisck^- ein Rundschr-rben zu richten, in welchem er »i« Ansi dt aussprcht, daß die künftige Papftwahl in Rom ft ' ' zufinden Hube; bas Zirkular sagt ferner, der Pap?, dürfe Rom nicht veilaffen, um nicht daS Aare-! de« PapstthumS auf Rom und dessen Gebiet zu un: brechen. Oesterrei t>. Die durch die Epz-ffe veranlaßt:: polizeilichen Maßnahmen sind am Sonntag mit Polizei-Erlaß aufgehoben morde». Echtveiz. Der schweizerische BuodeSrath die Bildung von vorläufig 4 Kompagnie» Keftao. aNillene beschlossen, vo» denen eine für Airol«, z'.e für Andermatt und eine für die Oberalp, de» Fu und den St. GotthardS-Paß bestimmt sind. Belgien. Die Aufnahme einer ISO Milli» betragenden dreipr ozentigen Tonga - Anleihe r> belgischer Staatsgewähr wird geplant. Der E»tt wird demnächst der Kammer zugehen. Bekann besteht überhaupt die Absicht, den bisher nur d Personalunion mit Belgien verbundenen Eongof zu einer belgischen Colonie zu machen. Ob Bedien ' bei gut fahren wird, steht dahin. Spanien. In der Deputirt ru..mrr bl der Abgeordnete Aliz die Unruhen " Sprache; er behauptete, die Stadt ! l s i während »oller 7 Stunden io den der i rührer befunden. Der Minister del < »r r», i<u seiner Eiwiderung dem Bedauern de » .s-'-ig diese Vorgänge Ru-druck, dir sie nicht v konnte. Die Nachrichten in den Zeit i n übertrieben. Einige der Brandstift , -r- worden. Türket. Me die „Agenre d iantw- meldet, hat der Sultan ein Jrade , L welche- er seine oberherrliche Genehmigung zu . zwischen dem Finanzminister und einem intrrnaüov Konsortium abgeschlossenen Uebereinkommen bet Lonvertiruog der Prioritäten und Emission ei»eS lehenS unter der Bedingung ertheilt, daß von >er b Millionen-Anleihe, welche neben derjenige» 7*/a Millionen Pfund Sterling zur Eoaverfioa : Prioritäten vereinbart wurde, 1*/, Millionen mit ? statt, wie alles Uebrige, mit 75 Prozent zur Emi su, gelangen sollen, von den verbleibenden 8*/, Milli , r», sollen 2*/, Millionen zur Conveifio» der im Schuld verwendet werde» «ad 4 Million z»r i fügung de« Schatzes bleiben. Sir Edgar Bi»«»! L Namen- der betheiligte» Bankhäuser bi« Md« angenommen haben. Neue Patente. Bericht de« Patent-Vurea« von »erson L Sachs«, Serllr « Li« Firma ertheilt Abonnenten AuSkünstr über Pate . , Muster- und Markenschutz gratis! An seinem durch Preßluft betriebene» Werl bringt Sielaff in Berlin eiurn Handgriff (Pat. 31, an, welcher so eingerichtet ist, daß die Luft br n, von dem Werkzeuge abgesperrt, wie auch zur Jubel u setzung deS Letzteren wieder zum Einstrvmr» gelr werden kann. Auf dem, am äußere» Sad« be zeug- befestigten Einlaß» ohr läßt sich luftdich Handgriff verschieben, der den Schlauchst»-«» /. Drückt man zur Be»utz»ng deS Werkzeuge« an, Handgriff, so tritt der Schlauchstutzen der Dnrchbo! de« SinlaßrohreS gegenüber, die Preßluft ström: und da- Werkzeug wird in Bewegung »ersetzt. Zum gefahrlosen AuSwrchsrln der Schmirrl von Maschinen, Wellenleitungen «nd dergl. die» Vorrichtung (Pat. 51188) von G. F. Deuarrll Mindelheim. Dieselbe besteht au- eine« an lange» Rohr wontirten Schnabel, dessen durch j druck zusammengeprrßte Thcile mittels eine* L Hebel» auLeinandergestellt werden. Zu« Erfasse Schmierbüchse läßt man de» Wivkelhebrl loS «n dieselbe au» ihrer Bohrung Hera«».