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raihunzen auch Telegirte des Verbände- deutscher Müller theilnehmen. Damit würde ein groß«» Theil der Jnterefienten in dieser Frage zu einem gemein samen Borgehen vereinigt sein. vom Reichstag. Um Mittwoch setzte der Reichstag die EtalSberathung bei dem Posten sür Kamerun fort. Bei der Position sür Togo erhob der Abg. Richter den Vorwurf, daß Togo im Gegensatz zu den umliegenden englischen Kolonien ein Hauptsitz des Sklavenhandels, und ferner, daß der sog. Aufschwung des Handels von Togo nur eine Folge des Schmuggel« sei. Der Negiernngsvertreter gab eine Darlegung der kommerziellen Bedeutung deS Togogebietes und stellte den vom Reichskommisiar in Togo erngeforterten Bericht in Aussicht. Die Mittheilungen des Regrerungs- kommisiars über die Bedeutung des Handels von Togo wurden durch den Abg. Woermann ergänzt. Derselbe betonte die Nothwendigkeit einer aktiven Kolonialpolitik als Stützpunkt der weiteren Ent wickelung unseres Welthandels, und ermahnte unter diesem Gesichtspunkte, von unserem Besitz in Afrika keinen Fuß breit aufzugeben, vielmehr denselben nach Möglichkeit zu erweitern. Nach einer Erwiderung des Abg. Richter wurde die Debatte geschlossen. Bei der Position sür das südwcstafrikanische Schutzgebiet wurde zugleich der Zuschuß zur Bestreitung der Verwaltungs ausgaben in diesem Gebiete mit zur Diskussion gestellt. Die Mittheilungen, welche der Berichterstatter Abg. Bürklin über die gegenwärtige Lage des sübwestafrikanischen Schutzgebietes machte, wurden durch den Staatssekretär Grafen Bismarck ergänzt. Aus ter Darlegung des selben ist zunächst zu entnehmen , daß die großen Be sorgnisse, welche man längere Zeit »eg>n des Schicksals der unter dem Hauptmann v. Franxois stehenden Schutztruppe hegte, wohl nicht begründet sind. Des ferneren scheint die Möglichkeit, daß ein großer Theil des Gebiets durch Kauf an Engländer gelangen werte, nicht mehr zu befürchten zu sein. Dagegen ist eine deutsche Gesellschaft in dieser Richtung in der Bildung begriffen. Abg. Bamberger bezeichnete schließlich die ganze Kvlonialpolitik als einen mit der Lage unseres Budgets nicht zu vereinbarenden Luxus. — Am Donners tag wurde die zweite Berathung des Etats mit dem Titel „Gesandtschaften, Consulate und Schutzgebiete" fortgesetzt. Abg. v. Kardorff führte aus: die Pflicht und der Beruf des Staates sei, für die Colonialpolitik einzutreten, sobald es seine Machtstellung erlaube. Abg. Barth behauptete, der Nutzen der Colonialpolitik sei nicht nachgewiesen und bemängelte die statistischen Angaben bezüglich des Imports und Exports der Schutzgebiete. Gerade Südwestafrika sei von allen deutschen Schutzgebieten das werthloseste. Abg. Woer- mann meinte, es sei aller Grund vorhanden, mit dem Colonialverkehr zufrieden zu sein. Der Titel „Süd- westafrika" ward bewilligt, ebenso die Schutztruppe des Extraordinariums. Bei dem Titel „Neuguinea" sprach Abg. Bamberger gegen die Bewilligung, während Abg. Hammacher dafür war. Die Beamten würden ihres Amtes erfolgreich walten, wenn dieselben vom Reiche oder von einzelnen Staaten angcstellt würden. Abg. Richter wendete sich gegen die Neuguinea-Compagnie; dieselbe habe keine Zukunft, weil die Arbeiterfrage dort große Schwierigkeiten mache. Nachdem die Abgg. Hammacher und Bamberger an der weiteren Debatte sich noch betheiligt, ward der Titel bewilligt. Im Uebrizen wurde der Etat des Auswärtigen Amtes ohne erhebliche Erörterungen bewilligt. Bei der Be rathung des Nachtrags-Etats für die Expedition des Reichskommissars Wißmann wies der Staatsflkietär Graf Bismarck rühmend auf die große Entschlossenheit, Vorsicht und Tapferkeit Wißmanns bei der Erreichung der vorgesteckten Zwecke hin und kündigte die Ver öffentlichung weiterer, erst kürzlich cingegangener Berichte an. Die Forderungen des NachStrags - Etats seren theilweise schon verwendet; für ein weiteres Vorgehen sei die bisherige Politik des Zusammengehens mit den Engländern, welche sich durchaus bewährt habe, zu be folgen; cs wäre unmöglich gewesen, ohne die legale Unterstützung Englands größere Erfolge zu erreichen. Man sei bereits ein gutes Stück vorwärts gekommen. Die Regierung werde mit der Ostafrikanischen Gesell schaft in Verbindung treten, um ern weiteres Vor gehen zu vereinbaren; ein weiterer Erfolg sei die Theilnahme Deutschlands an der Antisclavercibewegung. Die Brüsseler Conferenz werde sehr viel Material bei bringen ; hoffentlich würden bindende Abmachungen er zielt. Wißmann wurde überall von den Eingeborenen als Befreier begrüßt. Die nächste Aufgabe werde die Sicherung der südlich gelegenen Küste sein. Major Liebert erklärte, die für Ostafrika früher bewilligte Summe wär nicht ausreichend, da man hierfür noch keine Erfahrungen gemacht hatte. Die Ausgaben wären zu gering veranschlagt. Redner »ieS die« i« Einzelnen nach. Die Unterbringung der Sklaven verursachte große Mehrkosten. Wißmann habe seine Aufgabe mit großem Geschick gelöst. Ter Sklavenhandel an der 700 Kilo meter langen Küste sei fast unmöglich gemacht. Der Nachtrag«-Credit reiche jedenfalls bi« zum 1. April 1890 au«. Abg. Richter sprach gegen die Ausführungen de« Lommiffar« und bemängelte die Bedeutung des Brüsseler CongresseS. Die Abgg. Windlhorst und Hobrecht waren für die Vorlage und sprachen die höchst« Anerkennung sür Wißmann auS. Der Nachtragsetat ward mit sehr großer Mehrheit bewilligt. Oesterreich.Ungarn. Im ungarischen Unter hause machte die Opposition am Mittwoch einen solchen Lä,m, daß Ministerpräsident Tisza nicht mehr weitersprechen tonnte und der Präsident die Sitzung adbrechen mußte. Frankreich. Die Nachricht, Boulanger hätte die Insel Jersey verlassen und sich nach Spanien be geben, erweist sich als unbegründet. 300 Pariser Boulangisten wollen eine „Wallfahrt" noch Jersey machen. Eine Anzahl von Arbeitern, welche nach dem Beispiel des sozialistischen Abgeordneten Thioner mit Blusen bekleidet der Kammersitzung beiwohnen wollten, wurde zurückgewresen. Thioner will deswegen eine Interpellation eindiingen. England. In London ist man, wie der „Kreuz-Alg." mitgetherlt wird, lebhaft beunruhigt über die republikanischen Agitations-Nachrichten aus Kanada. Stanley wiid in London, wie dortige Blätter melden, erst Ende Januar erwartet und später zum Gouverneur der britischen Besitzungen in Ostafnka ernannt werden. RuHland. Ein ehemaliger bulgarischer Ve-r schwörer, Kcßjakow, gelangt jetzt in Rußland zu hohen Ehren. Er war hervorragend betheiligt bei der Ver schwörung gegen den Fürsten Alexander von Bulgarien, wuroe vor etlichen Jahren zum russischen Bataillons kommandeur ernannt und ist jetzt Kommandeur e>,:S an der preußischen Grenze stehenden Regiments ge worden. Die Sache macht um so mehr Aufsehen, als bis jetzt noch niemals ein Batattlonskommanoeur zum Regimentskommandeur ernannt wurde, ohne vorher ein selbständiges Bataillon befehligt zu haben. Balka«staate»>. Wie man aus Konstantinopel meldet, wird der kaiserliche Ferman betreffend die Amnestie für Kreta durch den Admiral Achmed Ratib Pascha überbracht werden. General Hobe Pascha be grübt sich nach Berlin, um im Auftrage des Sultans sechs edle arabische Pferde nach dort zu bringen, von denen zwei für den Kaiser Wilhelm und je eins für die Kaiserin, den Prinzen Heinrich, den Herzog F.redlich Wilhelm von Mecklenburg und den Grafen He.bert Bismarck bestimmt sind. Am Diensiag wurde der türkische Vizekonsul in Wravja (Serbien) verhaftet, weil ec rm Verdacht steht, serbische Offiziere und Beamte bestochen zu Haden, um milttärische Aufnahme- und Befestigungsarbeiten zu erhallen und weitere Dienstgeheimnisse zu erforschen. Ern P:otest des türkischen Konsuls in Belgrad gegen die Verhaftung ist ersolglos geblieben. An die Pforte wurde in dieser Angelegenheit eine scharfe diplomatische Nole gerichtet. Ueber die angebliche B.lagerung des auf türkischem Gebiete an der serbischen Grenze gelegenen Klosters Detschan durch bewaffnete Arnauten wird jetzt von Belgrad aus die berichtigende Mittheilung verbreitet, daß zwischen dem Kloster und den Arnauten Streit um Ländereien bestanden habe, derselbe sei jedoch du>ch die Behö den geschlichtet worden. Doch haben die Mönche das Kloster verlassen und sind nach dem Kloster Ipek verzogen. In letzterem Orte liegt eine türkische Garnison, wodurch die Sicherheit des Lebens und Eigeuthums unter allen Umständen erhöht wirb. Afrika. Am nächsten Montag oder Dienstag werden Stanley und Emin, denen Karawanen mit Lebensmitteln und andern Bedürfnißgegcnstäuden ent- gegengesanbt wurden, in Bagamoyo entreffen. Die Blätter stellen jetzt allerhand Betrachtungen über die kürzlich in London veröffentlichten Briefe Stanleys an und meinen, aus denselben ergebe sich, daß Emin eigentlich keinen Entsatz gebraucht habe, daß seine Lage erst durch die Ankunft Stanlrys in Wadelai gefährlich geworden sei und daß er wohl nicht ganz freiwillig mit Stanley abgezogen wäre. Jedenfalls wird der Telegraph nun duld nähere Ausschlüffe geben. Emin hat versprochen, nach London zu komme», wenn dre ägyptische Regierung es ihm erlaube, daran« geht her vor, daß er sich »och als in ägyptischen Diensten stehend betrachtet. Reueste Nachrichten und Telegramme Sette 6. Oertliches und Sächsisches. Riesa, den 29. November 1889. — Gestern Abend gegen ^7 Uhr ertönten die Fcueralarmsignale wieder und Ve»kündeten da« innerhalb der Stadtgrenze ein Schadenfeuer ausgebrochen war: e« brannten die in dem oberen Theile deS G. Moritz Förster'schen, hinter der Seiferl'schen Gärtnerei gelegenen Holzhofe aufgestapclten großen trockenen Bretter- und Nutzholzvorräthe und haushohe Flammen loderten, rapid schnell um sich greifend, zum Himmel empor, denselben weithin sichtbar röthend. Unsere Feuer wehren waren alsbald zur Stelle, voran das freiwillige Rettungskorps, und suchten das wüthende Element möglichst zu beschränken, insbesondere auch den im Hofe stehenden, stark bedrohten Futterschuppen zu er halten, was bei der glücklicherweise herrschenden Wind stille auch gelang. Auch die Spritzen aus den Nachbar dörfern kamen herbei, um sich an den Rettnngswerke zu betheiligen. In der 11. Stunde konnte die Bürger feuerwehr adtreten und das freiwillige Rettungskorps blieb bis Nachts 2 Uhpnoch allein amBrandplatze, während eS alsdann bis heute früh 8 Uhr eine Feuerwache stellte. — Der durch das Feuer angerichtete Schaden dürfte ein beträchtlicher sein. Wie der Brand ent standen, darüber fehlt gegenwärtig noch jeder Anhalt. Be merkt sei schließlich noch, daß eine Stange der Post amt I und II verbindenden Telegraphenleit rng mitten im Feuer sich befand und durchvrannte, oaß aber dadurch die Leitung selbst nicht uaterb>ochcn worden ist. — An einem der nächst » Sonntage werten in Jahnishausen die beiden Kinder-Festspiele „Herbst und Wmter" mit verbindender Deklamation, Dichtung von Frieda Schanz, komvonirt von Goepfahrt, zur Auf führung kommen. Der Reinertrag soll zur Vergrößer ung der Schülerbibliothek und zur Ausschmückung des ersten Pausitzer Schullokals verwendet werben. — Vom 1. November, d. I. ist wiederum eine Ermäßigung der Eilbestellgebühr für Telegramme nach Landorten - von 60 Pf. auf 40 Pf. — für den Fall der Vorausbezahlung dieser Gebühr durch den Telegramm-Absender eingetreten. Bei dem geringen Gebrauch, welcher von der Vorausbezahlung der Be st llgebühr trotz ter Vortheile, welch- die Einrichtung gewählt, elsahlungsmäßiz gemacht wird, ist darauf zu schloßen, daß die Zulässigkeit und Zweckmäßigkeit dieses Verjährens nicht genügend bekannt ist, weShalb wir nicht unterlassen wollen, hiermit nochmals auf diese Einrichtung und die eingetretene Gebührenermäßigung noch besonders hinzuweisen. — In fast jecer Wohnung deS Mittelstandes finden wir da« sogen, „gute Zimmer". Es ist dies, was die räumliche Beschaffenheit anlangt, der beste Plitz in der ganzen Wohnung, aber sonderbar, es wird fast nicht benutzt. Es ist auf das Bestmöglichste aus gestattet und darum glaubt die Familie es schonen zu sollen. Gut ist doch nur, was seinem Zwecke voll und ganz entsp ichl. Das thut das betreffende Zimmer nun keineswegs, und sollte man es danach benennen, in welcher Werse es benutzt wird, so müßte es das „llberflüfsige Zimmer" heißen. Es wird nur etwa an den höchsten Festtagen oder nur dann in Gebrauch genommen, wenn Besuch erscheint, sonst liegt eS mit verhüllten Möbeln in immer währender Ruhe da. Es ist cigenthümlich, daß in den großen Städten, in denen doch die Preise der Miethen gewaltig hoch sind, die Leute sich noch ein überflüssiges Zimmer erlauben können. Aber die Ursache? Das ist die liebe Eitelkeit. Der Hausvater, die Mutter sollten aber bedenken, daß doch die Forderungen der Gesundheit viel höher gestellt werden sollten, als die der Eitelkeit. Unsere Gesund heit verlangt, daß wir das geräumigste Zimmer der Wohnung zum gewöhnlichen Aufenthalt machen und in dem zweitgrößten schlafen, denn in dem Ersteren bringen wir etwa r/g, in d<m Letzteren r/z unserer Lebenszeit zu. Wenn dann noch rin Raum da ist, der mag meinetwegen den hoh-n Namen „das gute Zimmer" bekommen. Die uns besuchenden Freunde werden uns eine derartige Vertheilnng des Platzes auch nicht übel nehmen, auch wenn wir sie nicht in daS Putzzimmer führen. Sie wollen «nS ja in unserer Häuslichkeit besuchen, nicht aber unsere Putzgegenstände und feinen Möbel u. dergl. bewundern. Üebrigens ist in dem sogen, guten Zimmer der Aasenthalt immer ein ungemüthlicher, wie in ollen Räumen, in denen nichts die Gegenwart des Menschen anzeigt. Die Franzosen und Engländer kennen eine solche, gelinde gesagt, nicht berechtigte Einrichtung der Wohnung nicht. Es wäre gut, wenn eS auch bei un« anders wtrde. Unsere Baumeister stellen un« Wohnräume her, die mit de» Forderungen der Gesundheitspflege im Einklang stehen. Wenn wir si« doch auch zweckmäßig verwertheu wollten.