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EMIall und Anzeiger. Amtsbtatt -er König!. Ämtshauptmamischaft Großenhain, der Lönial. GerlchtsSmter Mesa nnd Strehla, sowie -es Ztadtraths M Mesa. Druck und Verlag von Langer L Winterlich in Riesa. Für die Redaction verantwortlich: T. Langer in Riesa. 103. Donnerstag, den 4. September 1879. 32. Jahrg CMeim in Aiesa wöchentlich dreimal: Dienstag, Donnerstag und Sonnabend. — «bonnementsprcis vierteljährlich l Mark esP'g. — «eftellunaen nehmen alle «alsert.Pvst-«niiallen die Crpcditioiicn IN Riesa und Strehla (E. Schön), sowie alle Bolen entgegen. — Inserate, welche bei dem auszebretieten; Leserkreise eine wirksame Veröffentlichung finden, erbitten wir uns bis Tags vorher Bormittags in Uhr. > Nachdem am 26. dies. Mts. in Zeithain ein Hund getödtet worden ist, welcher bei der tezirksthierärztlichcn Scction als der Tollwuth dringend ver dächtig erkannt worden ist, so wird hiermit für Zeithain und die umliegenden Ortschaften im einmeiligen Umkreise die Hundesperre bis zum SS. November 187S angeordnet. Bis zu diesem Tage sind daher innerhalb des vorgeschriebenen Districts alle Hunde eingesperrt zu ha lten oder nur mit einem vorschriftsmäßig con- struirten und gut befestigten Maulkorbe versehen frei zu lassen. Zuwiderhandlungen werden mit Geld bis zu 15 Mark bez. Haft bestraft und es haben die Gemeindevorstände der betroffenen Ortschaften über ge naue Befolgung dieser Anordnung zu wachen, auch dafür zu sorgen, daß die vorgeschrieb cnen Cavillcrumgänge gehalten werden. Großenhain, am 30. August 1879. D i e K ö n i g l i ch e A m t s h a u ft t m a n n s ch a f t. Pechmann. Fr. 7.7 " " — — --n- . » Tligesgeschichte. Deutsches Reich. Berlin, 2. September. Die heutige Parade des Gardecorps vor dein Kaiser auf dem Tempelhofer Felde nahm bei herrlichem Wetter den glänzendsten Verlauf. Ter Kronprinz, Prinz Karl, Prinz Friedrich der Niederlande und die Erbprinzessin von Sachsen-Meiningen mit glänzendem Gefolge, sowie die militärischen Abgesandten vieler fremdländischen Armeen wohnten der Parade zu Pferde bei; die Kaiserin und die Prinzessin Friedrich Karl zu Wagen. Prinz Wilhelm führte die 1. Compagnie, Prinz Leopold einen Zug des 1. Garderegimenls. Das Gardecorps war in zwei Treffen aufgestellt. Die Parade wurde von dem Prinzen August von Württemberg coinmandirt. Nachdem der Kaiser mit Gefolge die Front beider Treffen adgeritten hatte, erfolgte zweimaliger Vorbei marsch. Der Kaiser, die Kaiserin und der Kronprinz wurden auf dem Hin- und Rückweg von den m den Straßen und auf dem Tempelhofer Felde versammelten dichtgedrängten Menschenmaffe» mit unaufhörlichen Jubelrufen begrüßt. Nach einer Mittheilung des Wolff'schen Telegraphen- Bureau reist Se. Mas. der Kaiser morgen von hier zunächst nach der russischen Grenze, woselbst in Alexandrowo eine Begegnnng mit Sr. Majestät dem Kaiser Alexander, der aus Warschau dorthin kommt, stattfinden wird. Am Donnerstag setzt Se. Majestät die Reise zu den Manöver» nach Königsberg fort. Der Kaiser reist nur mit dem militärischen Gefolge. Diese Nachricht wird um so eindrucksvoller wirken, je weniger man wenigstens in de» letzten Tagen auf eine persönliche Begegnung der beiden befreundeten Souveräne gefaßt war. Die Sendung des Generals v. Manteuffel, der vielleicht, soweit Wünschenswerth, den Boden für diese Eutrevue vorbereiten sollte, erscheint dadurch schon jetzt im Lichte einer nach allen Seiten hin glücklichen und gelungenen Mission. Das Zusammentreffen der beiden Mo narchen in Alexandrowo wird die Schatten nach drücklich verscheuchen, die seit dem diesmal unterbliebenen Frühjahrsbesuch des Czaren in Berlin über den politischen Beziehungen der beiden Reiche lagerten, gleichviel ob an der „Kanzler-Fehde" damit etwas geändert wird oder nicht. Oesterreich. Wien, 1. September. Andrassy ist gestern iin Brücker Lager gewesen und nach zwei stündiger Audienz beim Kaiser Abends nach Wien zu rückgekehrt. Prag, 31. August. In vielen Bezirken Böhmens, tschechischer und gemischter Nationalität, wurden Adressen an den Grafen Taaffe votirt, in welchen der Wunsch nach einer Versöhnung mit den deutschen Brüdern auf dem Wege der Verfassung und unter Wahrung der freien Institution ausgesprochen wird. Italien, Wie aus dem Vatican gemeldet wird, ist der Papst in den letzten Wochen rastlos thätig; er beabsichtigt, seine jüngste Encyklica über den philoso phischen Unterricht in den katholischen Schulen durch eine Reihe von Instructionen zu ergänzen, welche genau die Methode verzeichnen werden, in welcher er den Thomas von Aguin docirt und cvmmen tirt zu sehen wünscht. Frankreich. Am 30. August ist zwischen Frank reich und England über Aegypten eine Vereinbarung getrosten worden: Tie Liquidationskommission wird die Finanzlage prüfen auf Grund des Berichtes der Unte>- suchungscommission vom April d. I. Ta ihre Mit glieder ganz dieselben sind, so werden auch deren Be schlüsse ganz dieselben sein. Die neue Commission wird gesetzgebende Vollmacht und ihre Beschlüsse werben Gesetzeskraft haben. Die Commission wird nnr zeit weilig sein; nachher Halen die Controlleure Bligneres und Bärin g Vollmacht, die ganze Verwaltung zu be aufsichtigen. — Wie mehrere italienische Blätter melden, beabsichtigt die französische Regierung in der Nähe von Jaffa (Palästina) einen großen Landstrich zu erwerben und dort eine Art Colonie für den Verkehr mit Pa lästina und Arabien zu gründen. Die Colonie würde zumeist aus Handelsfac!oreien und Fabriken bestehen und soll von dort aus zugleich eine Eisenbahn nach dem Suezkanal und Kairo führen. - - Großbritannien. Loudon, 1. September. Einem kriegsministeriellen Ausweise zufolge beläuft sich die Stärke der englischen Annee für das Jahr 1879/80 auf 336,755 Mann aller Waffengattungen. Davon kommen 1302 Mann auf die Gardecavallerie (Horrss- Irolcl Lavallr^), 15,988 Mann auf die Limenca- vallerie, 35,215 Mann auf die Artillerie, 5950 Mann auf die Fußgarde, 120,005 Mann auf die Linienin- fanterie, 17,622 Mann auf die Artilleriemiliz, 118,625 Mann auf die Jnfanteriemiliz und 14,510 Mann auf die Gendarmerie Die Zahl der Freiwilligen (Volurrtsers) ist auf 244,263 Mann angegeben, so daß die britischen Streit- und Verthei- digungskräfte im Ganzen eine Stärke von 581,018 Mann repräsentiren. Türkei. Pera, 31. August. Die albanesische Liga hat beschlossen, zwei Drittel ihrer Truppen zu verabschieden. Die in dein Artikel 13 des Berliner Vertrags erwähnten Verwaltungsmaßnahmcn sind bereits ausgearbeitet und werden nun den Provinzialveuval- tungsräthen vorgelegt werden. Nach Genehmigung der selben seitens der europäischen Commissionen für Ost- rumelien sollen sie sofort ausgeführt werden. Spanien. Im Augenblick, da König Alfonso sich zur Heirath auschickt, wird das Testament seiner ttzroßmutter, der Königin Christine von Spanien ver öffentlicht. Dieser „letzte Wille" der im vorigen Jahre in Frankreich verstorbenen Königin Donna Maria Christiana de Borbon y Vorbon ist vom 31. Tezbr. 1874 datirt, nebst einer» Kodizill vom 6. Sept. 1875 und jetzt in — Loudon publizirt worden. Tas Testa ment setzt zuerst eine beträchtliche Summe für zu lesende Seelenmessen aus; 5000 Messen sollen für ihre eigene Seele, eine gleiche Anzahl für die Seelen ihrer ver storbenen Gemahle, 1000 für die Seelen ihrer ver storbenen Kinder und 500 für die Seelen ihrer ver ¬ storbenen Enkel gelesen werden. Ferner hinterläßt die Verstorbene ansehnliche Summen für die Armen ver schiedener Districte in Spanien und Frankreich. Be züglich der zahlreichen Papiere enthält das Testament besondere Verfügungen; dieselben sollen in 4 Klaffen gesondert werden, nämlich: geschäftliche, politische, ver trauliche und intime PrivatsLriftstücke. Der Secretär der Verstorbenen, Don Antonio Maria Rubio ist mit der Sortirung der Briefschaften betraut und wird die drei ersten Kategorien dem Sohne Don Fernando, die letzte dagegen der Tochter, Donna Maria Christiana, der Erblasserin versiegelt übergeben. Diese versiegelten Pallete sollen erst 40 Jahre nach dem Ableben der Königin geöffnet werden, nicht weil dieselbe ihre Ver öffentlichung zu scheuen habe, sondern aus Rücksicht für lebende Zeitgenossen. Schriftstücke, welche sich auf die Regierung Spaniens beziehen, sind dem König Alfonso cuszuhändigen. Den Rest ihres Vermögens, welcher sehr beträchtlich ist, vertheilt die Erblafferin unter den Mitgliedern ihrer Familie. ErcherMgiil Marie Christine. In der „N. fr. Pr." veröffentlicht eine Dame, welche durch einige Zeit in der Umgebung der Erzherzogin Christine gelebt hat, über die junge Prinzessin, um welche König Alfons von Spanien wirbt, eine Skizze, der wir Folgendes entnehmen: „Unter dem liebevollen, aber zugleich strengen Schutze einer sorgsamen Mutter, an welcher sie init unbeschreiblicher Zärtlichkeit häuAt> genoß Erzherzogin Christine eine umfassende reiche Bil dung. Sie beherrscht vier fremde Sprachen wie ihre Muttersprache, zeichnet und malt mit Vorliebe, zu meist Blumen, und ist eine außerordentlich begabte Dilettantin auf dem Klavier, wobei ihr besonders ein natürlicher, warm empfundener Vortrag zu statten kommt. Die Erzherzogin trieb sogar mit ihren Brüdern (die Erzherzogin ist bekanntlich eine Schwester der Erz herzöge Friedrich, Stephan und Eugen) ein wenig Latein, was mehr ist, als man von einer Prinzessin erwarten kann. In Gmunden, wo ihre Familie fast regelmäßig den Sommer zuzubringen Pflegt, beschäftigte sich die Erzherzogin auch unter Anleitung eines geschickten Holz schnitzers mit Bildhouerarbeit. Jahre hindurch ließ sie sich's nicht nehmen, zu Weihnachten eine große Anzahl selbstgeferligter warmer Kleidungsstücke an arme Kinder zu vertheilen. Tie Erzherzogin ist von der rührendsten Hingebung für ihre Lehrer und Lehrerinnen, voll von Rücksichten und Aufmerksamkeit gegen ihre Umgebung; sie schleppt Kissen und Schemel herbei, wenn eine ihrer älteren einstigen Hüterinnen sie besuchen kommt, und unzählige Male konnte inan die junge Erzherzogin die steile Holztreppe zu einer in Gmunden lebenden, ehe maligen Erzieherin hinaufspringcn sehen. Sie giebt sich ohne Widerspruch zu jeder, noch so langweiligen Ucbung her, wenn ein Lehrer solche von ihr fordert, und freut sich wie ein Kind über gespendetes Lob. Vollkommen selbstständig aber und keinem fremden Ein flüsse zugänglich ist sie in ihren politischen Ansichten, wobei sie ihre sehr bestimmten Antipathien nie verhehlt.