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EIMall un- Anzeiger. Amtsblatt fiir die Königl. Gerichtsämter sowie die Stadträthe zu Mesa und Strehla. Redaction, Druck und Verlag von G. Ponsong in Riesa. AZ. Dienstag, den 4. November 1873. '-"DitiesHatt erscheint in Riesa wöchentlich dreimal, Dienstag», Donnerstag» und Sonnabend», und kostet vierteljährlich 10 Ngr. — Bestellungen «erden bei jeder Poft. Anstalt, in unseren Expeditionen in Riesa und Strehla, sowie von allen unser« Boten entgegen genommen. — Inserate werden die einspaltige Lorpu-zeile mit 1 Ngr., die jweispaltige mit 2 Ngr. und die dreispaltige mit 3 Ngr. berechnet. — Zur Annahme von Inseraten find bevollmächtigt Haasenstein L Vogler in Hamburg-Altona, Leipzig und Frankfurt a. M., R. Mosse in Leipzig, F. W. Saalbach in Dresden und Eugen Fort in Leipzig. Bekanntmachung. Da» auf de» Namen Robert Herrmann Möbius in Gröba unter Nr. 10,222 von der hiesigen Sparkassen-Verwaltung ausgestellte Einlage- und Quittungsbuch mit 200 Thlr. —- —- Guthaben ist nach einer anher erstatteten Anzeige verloren gegangen. Der unbekannte Inhaber diese» BucheS wird hiermit aufgefordert, binnen 3 Monaten seine Rechte oder Ansprüche an jenes Buch und die gemachte Einlage bei uns bet Verlust derselben anzumelden. Riesa, den 27. October 1873. Der Stadtrath. Sieger. Tagesgeschichte. Dresden, 1. Nov. Die feierliche Beisetzung des verstorbenen Königs Johann in der Fürsten gruft der katholischen Hofkirche hat gestern Abend 9 Uhr stattgefunden. Derselben wohnten außer dem König Albert und dem Prinzen Georg zahl reiche Fürstlichkeiten bet, deren Reihe der Kron prinz des Deutschen Reiches und von Preußen, Prinz Alfred von England und Erzherzog Carl Ludwig von Oesterreich eröffneten. Diesen schlos sen sich an: Der Großherzog von Baden, der Erbgroßherzog von Sachsen-Weimar, die regie renden Herzöge von Sachsen-Altenburg und von Sachsen-Meiningen, ferner Prinz Herrmann von Sachsen-Weimar, der Erbprinz von Sachsen- Meiningen, Herzog Elimar von Oldenburg, Prinz August von Sachsen-Coburg, Prinz Günther von Schwarzburg-Rudolstadt und die beiden regieren den Fürsten von Neuß. Außerdem waren De putationen der Preußischen, Bayerschen und Oesterreichischen Regimenter, deren Chef König Johann war, anwesend. — Die Verordnung, durch welche die Zeit abgekürzt wird, innerhalb derer keine öffentlichen Lustbarkeiten stattfinden dürfen, ist auf den aus drücklichen Wunsch des Königs Albert erlassen worden. In dem Testament des entschlafenen Königs soll sich keine dahin zielende Bestimmung finden. Der jetzige König hat sich dadurch, daß ec einem in den Herzen vieler Hunderte von Gewerbtretbenden ruhenden Wunsche ohne äußeren Anlaß aus eigenem Antriebe entsprochen hat, den aufrichtigen Dank des Volkes erworben. Leipzig, 31. Oct. Beim heutigen Wechsel des UniversitätsrectorateS hob der neue Rector Geheimrath Schmidt in seiner Antrittsrede die Nothwendigkeit eines einheitlichen deutschen bürger lichen Gesetzbuchs hervor. — Die Gesammtzahl der Studirenden an der hiesigen Universität be trägt gegenwärtig 2796 (gegen 2720 im vorigen Semester) und dürfte sich, da die Jnscription noch nicht geschloffen ist, voraussichtlich noch bedeutend erhöhen. Paris, 30. Oct. In der heutigen Zusam menkunft der Neunercommisfion der Rechten er wartete man bis zum letzten Augenblicke der Sitzung ein Telegramm aus FrohSdors, welches die Veröffentlichung des Brieses des Grafen Chambord untersagen sollte. Das rechte Centrum scheint mit dem Inhalte desselben sehr unzufrieden. Das linke Centrum war heute gleichfalls ver sammelt und hat einstimmig eine Resolution an genommen, wonach der geeignete Augenblick ge kommen ist, die gegenwärtige provisorische Re- aterungSform aufzugeben und die conservattve Republik definitiv zu organistren. Pari», 31. Oct. Fast alle Abendblätter betrachten die Verlängerung der Gewalten de» Marschalls Mac Mahon als den einzig möglichen Ausweg. Da» „Journal de Paris" erklärt die Thronerhebung de» Grafen Chambord materiell für unmöglich; wolle die Rechte ihr monarchi sche» Programm aufrechterhalten, so sei nur die Monarchie mit einem Generalstatthalter oder mit einem Regenten denkbar; sei die Rechte dazu nicht geneigt, so müsse man an etwas Andere» denken, denn die Nationalversammlung habe Frankreich eine definitive Regierung versprochen. Paris, 1. Nov. Der Ministerrath, welcher heute zusammengetreten war, ist, wie die „Agence HavaS" vernimmt, darin übereingekommen, den Antrag auf Verlängerung der Gewalten des Marschall-Präsidenten zu unterstützen, sobald der selbe in der Nationalversammlung zur Abstimmung gelangt sein würde. Man gewann die Ueber- zeugung, daß man die Abstimmung über die konstitutionellen Gesetze nicht abwarten dürfe, da mit die Executivgewalt schneller organisirt werde. — Die Bureaux der Rechten und des rechten Centrums haben heute Abend eine Versammlung abgehalten, um einen gemeinsamen Entschluß zu fassen. — Wie man versichert, würde der Marschall-Präsident sich nur zu einer Ver längerung der Gewalten als Präsident der Re publik verstehen, wenn er sich auf die conser- vativen Parteien stützen könne und würde er die Gewalt nur mit constitutionellen Garantien, die seine Stellung stark und stabil machen, annehmen; andere Combinationen, welche dahin gehen, ihn zum Generallieutenant des Königreichs oder zum Regenten zu ernennen, müsse er zurückweisen. Spanien. Die Situation in Spanien bleibt unverändert. Carthagena setzt seinen Widerstand gegen die vereinigten Land- und Seekräfte der Republik fort. In dem belagerten Communisten neste soll der Zwiespalt zwischen den verschiedenen Leitern der Jnsurrection immer tiefer werden. Keiner traut mehr dem Andern. Delbalza, einer der Hauptführer der Intransigentes, ist durch seine Genossen eingesperrt worden; man glaubt, daß ein offener Conflict zwischen den verschiedenen Parteigängern unmittelbar bevorstehe. Inzwischen wird in der Stadt jeder irgendwie waffenfähige Bewohner in die Uniform gesteckt. Es werden ferner Waffenläden, Waarenmagazine und Wohn häuser geplündert, kurz, es herrscht — nach os- ficiösen Mitthetlungen wenigstens — ein geradezu chaotischer Zustand. — Im Norden Spanien» ist die erwartete große Schlacht bei Estella zwi schen Don Carlos und Moriones noch nicht ge schlagen. Die Carlisten sollen indeß neunzehn Bataillone stark in genanntem Orte stehen. Die Gefahr, daß Tristanh bis in die Nähe von Barcelona Vordringen werde, ist nach neueren Nachrichten wieder mehr in die Ferne gerückt. Die unterbrochen gewesene Bahnverbindung zwi schen Barcelona und Tarragona wenigsten» hat wieder hergestellt werden können. Madrid, 1. Nov. Da» deutsche Geschwader ist von Malaga nach Karthagena abgeganaen; die deutsche Fregatte „Elisabeth" hat, dem Ver nehmen nach, telegraphische Ordre-erhalten, sich demselben amuschließen. — Nach Berichten au» Karthagena find daselbst die Demoralisation und der Mangel der DiSeiplin auf ihrem Gipfel. Di« Galeerensklaven überwachen sehr aufmerksam die Führer der Bewegung, weil sie fürchten, von ihnen verlassen zu werden. Vermischtes. — (Das deutsche Schulwesen im vo rigen Jahrhundert.) Ist e» schon in diesem Jahrhundert kein glückselige» Loo», da» der Lehr stand gezogen hat — im vorigen war e» da» gewiß nicht. Mit dem Gehalte und der socialen Stellung der deutschen Volksbildner sah e» recht traurig aus. In Kursachsen, wo man seit der Reformation traditionell der Schule mehr Sorg falt zugewendet hatte, al» in den anderen Län dern, gab es noch an der Schwelle des 19. Jahr hunderts 622 Lehrerstellen mit weniger al» 80 Thlr. Gehalt. In Hannover vegetirten einige Hundert Lehrer, deren Jahreseinkommen zwischen 5 und 20 Thaler betrug; die Rectorstelle in Waren in Mecklenburg warf gerade 30 Thaler ab. In einem preußischen Rescript von 1741 wird den Lehrern Weidefreiheit für einige Stück Vieh, ein Stück Acker, 12 Scheffel Getreide, an baarem Gelbe aber — 10 Thaler jährlich zugebilligt. Eine glänzende Ausnahme machte damals der Herzog Peter von Oldenburg in Eutin, in dessen Ländchen es Schulstellen bis 250 Thaler nebst Feld gab. Natürlich konnte unter diesen Um ständen das Lehramt nichts weniger als Selbst zweck sein, und wurde vielmehr für gewöhnlich nur als Nebengeschäft betrieben. Wenn ein Lehrer vom Küster-, Büttel- oder Flurschützendienste be freit wurde, damit er sich dem Schuldienste ganz widmen konnte, so galt das als Ausnahme. Für gewöhnlich betrieb der Lehrer außer dem Meßner- und Bütteldienste noch irgend eine andere „ehr same Zunft". Das brandenburgische Patent von 1722 verordnete, „daß zu Küstern und Schul meistern auf dem Lande außer Schneidern, Lein webern, Schmieden, Radmachern und Zimmer leuten sonst keine andern Handwerker genommen werden sollen" und noch in der Schulordnung von 1736 heißt es: „Ist der Schulmeister ein Handwerker, so kann er sich schon nähren; ist er aber keiner, so wird ihm erlaubt, sechs Wochen auf Tagelobn zu gehen." Ein Rescript von 1738 endlich schützte die Schulmeister in ihrem Handwerksbetrieb, indem eS verordnete: „daß außer dem Schulmeister kein Schneider auf dem Lande zu dulden". Daß von solchen Schul meistem — manche „vermiethrten" sich übrigens nur im Winter als Lehrer und „dienten" im Sommer beim Bauer — nichts GrscheidteS ge lehrt wurde, liegt auf der Hand. Lesen war der hauptsächlichste Lehrgegenstand, Rechnen und Schreiben galt als Luxus, und der Rechen- und Schreibeschaler mußte darum auch 1 Stlbergro- schen wöchentlichen Schulgelde» zahlen, während der bloße Leseschüler mit 6 Pfennigen fortkam. — Man schreibt au» Linz, 27. Oct.: „Die Schauspielerin Fräulein Remmark hat fick heute Nachts erschossen. Den Abend zuvor spielte sie noch die Fee Cheristane und ging dann mit ihrem an demselben Abend im Stucke beschäftigten